anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 19. Januar 2018
Die Memorandum
Jeder hat ja so seine Knöpfe, auf die er immer reagiert.
Manche Knöpfe sind dabei einfach nur dicke Knubbel, sowas wie eine Warze. Wenn jemand da drankommt, dann reagiert man, weil etwas hängen bleibt, oder weil man da nicht so glatt und fließend drüberstreichen oder drüberhinweggleiten kann, wie über die übrigen glatten Stellen der eigenen Außenhaut.
Manche Knöpfe sind aber auch chronisch wunde Punkte. Jedesmal wenn sich das Thema so einem wunden Punkt auch nur nähert, geht man schon weit vorher in Abwehrhaltung und beißt alles weg. Bloß nicht drankommen, hat man Erfahrung mit, ist schon zu oft passiert, tut weh, muss dringend vermieden werden.

Ich gebe mir immer viel Mühe, meine Knöpfe wenigstens zu (er)kennen und wenn möglich auch passend zu diagnostizieren.
Einer meiner wunden Punkte ist die Konfrontation mit den Erwartungen der "bürgerlichen Mitte". Oder genauer "der gehobenen bürgerlichen Mitte", mit Menschen vom Typus "Berlin-Mitte" sozusagen, wobei ich glaube, die wohnen aktuell vor allem am Prenzlauer Berg.
In meiner Kindheit wohnten sie in Meererbusch und den Neubaugebieten der Rheingemeinden. Menschen, mit einem hohen Bildungsstand und einem guten Einkommen, die sich ihre ganz eigenen gesellschaftlichen Vorgaben gebastelt haben. Also genau die Gruppe Menschen, zu denen ich heute nach den äußerlichen Rahmenbedingungen auch gehöre oder gehören könnte, wenn ich nicht jedesmal sinnlos aggressiv um mich beißen würde, bewege ich mich nur näherungsweise im Dunstkreis dieser Gruppe.
Hier muss ich noch dran arbeiten und eine deutlich größere Gelassenheit üben, aber wunde Punkte sind halt offene Wunden und irgendwie ist es mir bis heute nicht gelungen, dieses Loch heilen zu lassen.

Über die Warzen kann ich dafür meist grinsen, die finde ich eher harmlos. Die stören mich nicht, die sind einfach nur ein Tick. Es gibt zwar viele Leute, die finden Warzen hässlich und würden die wegmachen lassen, aber herrjeh, ich denke, es hängt von der Größe und der Sichtbarkeit ab. Wenn ich eine Warze mitten auf der Nase hätte, an die ich ständig dranstoßen würde und kleine Kinder Angst vor mir hätten, weil sie denken, ich bin eine alte Hexe, dann würde ich mich sicherlich auch damit beschäftigen, sie wegmachen zu lassen. Wenn es aber eher nur ein kleines Muttermal ist und man auch noch lange Ärmel drüberziehen kann, ja nun, dann stört es mich wirklich nicht.
Dann mache ich meine Witze darüber und gut ist.

Einer dieser Warzenknöpfe ist zum Beispiel meine Empfindlichkeiten bei falsch benutzter Grammatik.
Der tiefbegabte Assistent unseres Chefs erster Ordnung sagt regelmäßig "das Schemata". Wenn er dann mehrere gleichzeitig meint, sind es logischerweise "die Schematas".
Entsprechende Witze über falsch gebildeten Plural von italienischen Lehnwörter gibt es natürlich zuhauf, aber den Menschen fallen ja auch reichlich andere Sprachvergewaltigungen ein - und jedesmal zucke ich leicht zusammen, weil dabei meine "Sprachwarze" gezwickt wird.
Ich arbeite zB in einer Firma, die eine GmbH ist, was bedeutet, dass die ganze Firma "die" ist, denn es ist halt "die Gesellschaft". Jetzt gibt es eine andere Firma, die so ähnlich heißt, die ist aber ein Verein, und deshalb natürlich "der". Wenn nun Menschen "meine" Firma maskulinisieren, dann berichtige ich sie grundsätzlich sofort, weil ich da halt diese Warze habe, "der Gesellschaft" lässt mich jedesmal zusammenzucken.
Manche sind dabei aber extrem stumpf und unbelehrbar. Vor einiger Zeit hatten wir einen Trupp Bänker hier, die unbedingt mit uns ins Geschäft kommen wollten. Sie brachten eine Präsentation und einen durchaus interessanten Anlagevorschlag mit. Der Hauptbänker sagte aber auch nach meinem wiederholten Hinweis hartnäckig weiter "der Gesellschaft". Im Ergebnis war es mir unmöglich, mit dieser Bank in näheren Kontakt zu treten.

Aktuell laufen in einer Firma, für deren Verwaltung ich zuständig bin, bestimmte Verhandlungen, wo viele kluge Leute schrecklich wichtige Dinge besprechen und alles ist sehr geheim. Und weil alles so geheim ist, ist der Protokollführer auch einer der Großkopferten - bloß kein Loch schaffen, wo unerwünschte Informationen rausschlüpfen könnten. Da ich für die Verwaltung dieser Firma zuständig bin, landen diese geheimen Protokolle dann aber zwangsläufig auf meinem Schreibtisch, zur geheimen Ablage. Natürlich lese ich sie vorher durch, ich muss ja wissen, was da so geplant ist, weil ich im Zweifel irgendwann (meist sehr kurzfristig) eine steuerliche Beurteilung der Pläne abgeben muss.
Die aktuellen Protokolle beschreiben grade den Inhalt einer geplanten Absichtserklärung. Eine Absichtserklärung ist die Vorstufe zu einem Vertrag. Darin legt schon mal jeder nieder, was er plant bzw. was eben alle gemeinsam planen und dann kommt man da nur noch schlecht raus, ohne sehr viel Ärger. In der Politik heißt das Sondierungsprotokoll.
In der gehobenen Wirtschaft benutzt man natürlich nicht so plumpe, niedere und vor allem so leicht zu verstehende deutsche Wörter wie "Absichtserklärung", sondern hier muss was Besseres her, etwas Ausländisches, Englisch ist gut, Latein aber auch.
Und weil da die Vorlieben variieren, gibt es neben der einfachen englischen Bezeichnung für Absichtserklärung, nämlich "Letter of Intent", die selbstverständlich grundsätzlich nur abgekürzt als "LoI" verwendet wird, denn nur abgekürzte Fachbegriffe sind echte Fachbegriffe, neben dieser monolinguistischen Einfachversion gibt es auch noch eine Edelvariante namens "Memorandum of Understanding" bzw. "MoU". Die Bedeutung ist immer die gleiche, aber nur die denutative Bedeutung. In der Konotation der Begriffe schwingt natürlich viel mehr mit.
Für deutsche Verhandlungen in deutschen Firmen eine latenglische Wortschöpfung zu verwenden, das zeugt von Stil und Wissen, damit ist man ganz weit vorne, meint man.

Und deshalb ging es in diesen Protokollen nicht um den Abschluss einer Absichtserklärung, sondern um den Abschluss einer MoU - ja, richtig gelesen, in den Protokollen war die MoU streng weiblich, so wie die Absichtserklärung es ja auch gewesen wäre, wäre das deutsche Wort nicht viel zu banal für derart wichtige Gespräche gewesen (und außerdem kann man es nicht so schick abkürzen).
Nur diese MoU, die triezte meine Warze und machte mich beim Lesen völlig strubbelig. Wenn ich eine Absichtserklärung in latenglisch übersetze, dann bestimmt halt das Memorandum den Genus und so verzweifelt man auch versucht, die Frauenquote hochzuhalten - beim Memorandum wird es einfach lächerlich.
Ich bin jetzt sehr versucht, ein steuerliches Gutachten zu schreiben, das zu dem Schluss kommt, dass alle weiteren Verhandlungen abgebrochen werden müssen, weil steuerliche Katastrophen drohen (das ist ja das Gute an meinem Fachgebiet, wenn ich sage "Uiuiui, das ist aber steuerlich nicht möglich" - dann ist das ein nicht zu hinterfragendes Totschlagargument.) Denn im Ernst, was kann bei Verhandlungen, die von Menschen geführt werden, die ein Memorandum verweiblichen, schon Sinnvolles rauskommen?

Und wenn ich hier schon altsprachlich klugscheiße, dann muss ich auch gleich noch meinen Lieblingsspruch hinterher schicken:
ultra posse nemo obligatur

Aber genau deswegen sollten die Leute, die diese Verhandlungen grade führen, sie vielleicht doch lieber nicht führen, sondern an jemanden abgeben, für den so ein Memorandum nicht ultra posse ist

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Freitag, 3. November 2017
Gummibären sortenrein
Mit Süßigkeiten habe ich es ja nicht so. Die Süßigkeiten, die ich überhaupt esse, sind deshalb immer genau definiert und dürfen sich auch nicht verändern.
Da ich aber auch von den Dingen, die ich tatsächlich esse, stets nur kleine Mengen esse, bevor mir auch die eigentlich gemochten Süßigkeiten schon wieder zu viel sind, sind gemischte Packungen einerseits ideal für mich, da ich ja eh nicht so viel davon essen mag, andererseits bleibt aber auch enorm viel übrig, was ich überhaupt nie jemals essen würde.
Schokolade zB mag ich eigentlich gar nicht, außer Marzipanschokolade, und die auch nur, wenn außen Zartbitter ist, eigentlich also nur die Merci-Stangen mit der roten Banderole.
Von Quality Street esse ich zB nur die in dem orangenen Glitzerpapier und die in dem tornadoroten Papier. Es gibt auch welche in himbeerrotem Papier, die finde ich sehr eklig, da muss ich stets sehr, sehr genau aufpassen, damit ich mich da nicht vertue.

Und von Gummibären mag ich nur die weißen.
Früher auch die grünen, aber irgendwann schmeckten die grünen nicht mehr wie grüne und seit der Zeit bin ich was grüne Gummibären angeht, sehr vorsichtig.

Alle anderen Gummibären finde ich sowieso sehr eklig. Rot und gelb zB geht gar nicht, orange ganz, ganz eventuell, aber eigentlich auch nur, wenn ich Hunger habe und es sonst nichts anderes gibt.
Rote und gelbe Gummibären würde ich aber noch nicht mal bei großem Hunger essen, so viel Hunger kann ich gar nicht haben.

Was ich dann als Kombination sehr, sehr lecker finde, sind weiße Gummibären mit Salmiakpastillen (hier natürlich auch nur eine spezielle Sorte, die es nur in Venlo in einer Apotheke gibt.)

Die Kinder sind von klein auf daran gewöhnt, dass die weißen Gummibären aus einer Gummibärentüte für mich gesammelt werden, irgendwann haben sie mal 50 Gummibärentüten gekauft und aus allen Tüten die weißen rausgesammelt, um mir dann eine Großportion nur weiße Gummibären zum Geburtstag zu schenken. Ich war damals sehr gerührt und wusste die Liebe zu würdigen, die dahinter steckt.

Und jetzt hat auch Haribo selber reagiert, denn das hier habe ich mir gestern einfach so im Laden kaufen können:


Es gab auch Packungen mit nur roten oder nur gelben, ich frag mich allerdings, wer die kaufen soll, die schmecken ja nun wirklich gar nicht
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Dienstag, 3. Oktober 2017
Maria heißt jetzt Wolfgang
Eben gelernt: Das aktuelle Tiefdruckgebiet, das für das ständige Plubb auf meinem Handy sorgt, heißt Wolfgang und ist eigentlich der Hurrikan Maria, der vorletzte Woche Puerto Rico verwüstete.
Ist das jetzt ein meteorologischer Transgender-Vorgang oder nur spinnerte deutsche Bürokratie?
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Mittwoch, 30. August 2017
Lifehacks
Manchmal gibt es Dinge, über die hat man sich jahrelang geärgert, weil sie nie richtig funktioniert haben, andere waren lästig oder unpraktisch und bei wieder anderen hat man einfach nicht verstanden hat, wie man sie bedienen muss oder man hat manche Dinge schlicht nicht besessen, weil man dachte, dass man es sich nicht leisten kann - und dann - eines Tages, unerwartet und plötzlich, lernt oder sieht man, wie andere Leute mit eben solchen Dingen umgehen und man schlägt sich nur noch frustriert mit der Hand vor die Stirn, weil man nicht fassen kann, weshalb man auf solch eine einfache Lösung nicht schon lange selber gekommen ist.
Es gibt einige Dinge aus dieser Rubrik, an die erinnere ich mich sehr gut, weil ich schon relativ alt war, als ich den Trick lernte, wie man aus kompliziert ganz einfach einfach macht und mir grade wegen meines fortgeschrittenen Alters besonders heftig vor die Stirn schlug, da ich mich eben schon sehr lange mit der Umständlichkeit einzelner Dinge herumgeplagt hatte, ohne zu erkennen, wie man es völlig problemlos deutlich vereinfachen kann.
Als erstes fällt mir dabei immer ein, wie ich im zarten Alter von ungefähr 48 Jahren lernte, wie man Stiefel über Hosen anzieht.
Ich meine, nicht, dass ich schon mein ganzes Leben immer wieder Stiefel über Hosen getragen hätte, ich bin schließlich sowohl ein reines Hosenmädchen als auch ein überzeugter Stiefelfan, da liegt es nahe, dass man die Stiefel auch gerne über den Hosen trägt und nicht immer unter den Hosenbeinen versteckt, aber das Problem war natürlich stets dasselbe: Wie bekommt man die Hose in die Stiefel, wenn die Stiefel keinen Reißverschluss haben? Und ich habe viele Stiefel ohne Reißverschluss, da ich so dünne Spillerbeine habe, dass ich im Grunde auch keinen Reißverschluss brauche, um in Stiefel reinschlüpfen zu können. Nur halt die Hose, die hat sich dabei immer hochgeschoben, gekrumpelt, gebeult - kurz, es war regelmäßig ein Drama.
Bis sich dann eines Tages in der Umkleidekabine der Sauna eine Frau neben mir anzog, erst die Hose, dann die Kniestrümpfe und dabei die Kniestrümpfe über die Hose zog, um dann, einfach, leicht und schwupps, in ihre Stiefel ohne Reißverschluss zu schlüpfen.
Ich war maßlos fasziniert.
Nicht nur von diesem Trick, sondern vor allem von mir. Wie blöd kann man sein, dass man da nicht selber draufkommt und sich lieber jahrelang mit krumpelnden, hochgeschobenen, ausgebeulten Hosenbeinen in Stiefelschächten rumschlägt? Ich meine, dass ausgerechnet mir das nicht eingefallen ist, wiegt zehnmal schwer, denn schließlich bin ich jahrelang geritten - und bei einer Reithose ist es selbstverständlich, dass man die Strümpfe über die Hose zieht und dann erst in die Stiefel schlüpft.
Wie kann es sein, dass ich diese winzigkleine Transferleistung - was für Reitstiefel gilt, kann auch für Straßenstiefel gelten - nicht hinbekommen habe? Es ist einfach eine ausgesprochen peinliche, intellektuelle Niederlage, die ich mir da selber eingestehen muss, aber sie ist nun mal passiert - und ich erinnere mich noch gut.

Heute habe ich etwas ähnliches, wenngleich längst nicht derart peinlich und naheliegend, aber in gewisser Weise doch vergleichbar, erlebt.
Seit heute kann ich nämlich Videos bearbeiten.
Erst neulich schrieb ich noch, dass ich das ja schon so lange können möchte, aber immer noch so gar keine Ahnung habe, aber natürlich bemüht sei usw. usw.
Und ich möchte wirklich schon seit vielen Jahren Videos bearbeiten können. Mindestens so lange wie Fotos. Fotos erschien mir aber immer noch einen Tick dringlicher, weshalb ich über 100 verschiedene Fotobearbeitungs-Apps gesammelt habe, immer in der Hoffnung, da ist eine bei, die ist derart selbsterklärend, intuitiv und logisch, dass ich es spontan begreife.
War bisher nicht, dafür habe ich für Fotos aber auch eine Menge Bearbeitungsinteresse verloren, denn irgendwas mit Filtern oder "wegretuschieren" etc. finde ich inzwischen derart langweilig, dass ich es sowieso gar nicht mehr benutzen würde, selbst wenn ich es perfekt könnte, ich finde #ohnefilter viel spannender und bin mit meiner Lösung, die Fotos in dieser Collage-App zusammenzustellen und dann hier hochzuladen, rundum zufrieden, mehr brauche ich nicht.

Aber Videos, da ist noch ein großes Wissensloch, was mir seit Jahren nicht gelungen ist, zu schließen. Immer wieder habe ich Anläufe unternommen, das endlich mal zu lernen, aber erstens kenne ich niemanden persönlich, der damit umgehen kann (dann wäre es einfach, dann könnte ich ja jemanden direkt befragen) und zweitens überhaupt.... Ich habe mal rumgegoogelt, durchaus auch ein paar Nachmittage und vor allem ganze Wochenenden damit vertrödelt, rauszukriegen, wie man Videos schneidet, zusammenbastelt und nachvertont, aber Videos blieb ein Mysterium.
Video-Apps gibt es jetzt nicht ganz so viele wie Foto-Apps, aber auch hier habe ich natürlich alle Apps gesammelt, die ich kriegen konnte. Über 20 verschiedene sind da auch zusammengekommen, aber keine, mit der ich einfach so und problemlos Videos schneiden könnte. Oder gar nachvertonen, oder noch wilder: Zusammensetzen. Ich habe es zumindest nicht begriffen.
Wie gesagt, bis heute.
Denn heute habe ich mal eine ganz kreative Suchbegriffskombination bei Google eingegeben: "Videos iPhone bearbeiten"
Und was spuckt Google aus? Die Apple-Standard-App zur Videobearbeitung, iMovie, und jede Menge Erklärbärleute sind sich überraschend einig, dass dieses Programm das einfachste, beste und vielseitigste ist, wenn man Videos bearbeiten möchte.
Ich hatte die App natürlich auch schon mal aufgemacht - aber auf den ersten Blick spontan nix verstanden, deshalb wieder zugemacht und gejammert, dass ich keine Videos bearbeiten kann.
Da mir Google heute aber eigentlich nur Links zu You-Tube-Seiten oder anderen Tutorials anzeigte, habe ich also tatsächlich mal ein You-Tube-Video dazu angesehen - und was soll ich sagen? Jetzt kann ich es. Ich meine, Videos bearbeiten.
Ist echt nicht kompliziert, man muss nur die Nerven haben, sich ein 20 Minuten Video ohne vorzuspulen anzusehen (das war der harte Teil der Challenge) - dann weiß man alles und kann komplett alleine loslegen.

Was ich insgesamt damit eigentlich sagen will? Nun, die Nummer mit den Socken über der Hose kann man heute sicherlich auch in irgendeinem You-Tube-Video als heißen Tipp finden, life hacks heißt das heutzutage, aber mein wichtigster life hack, den ich heute gelernt habe, lautet: Es kann durchaus sinnvoll sein, so ätzend langweilige Tutorial-Videos tatsächlich konzentriert von Anfang an zu gucken, wenn man an dieser Stelle mal ungeleante 20 Minuten investiert - dann kann das 20 Stunden weitere Suche locker einsparen
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Sonntag, 23. Juli 2017
Idylle zum Frühstück
Wir sitzen auf der Terrasse und frühstücken, vor dem Haus ist eine anthroposophische Familie (Mutter, Vater, drei Kinder im Alter zwischen eins und vier, außerdem dabei: Oma und junge Tante, die Familienverhältnisse sind geraten, aber so kann man sich die Altersstruktur in etwa vorstellen) auf dem Weg zum Strand.
Ein Kind im Bollerwagen, ein Kind auf dem Laufrad, ein Kind auf dem Fahrrad, alle tragen Sonnenhüte, die beiden Kinder auf dem Laufrad und dem Fahrrad tragen unter dem Sonnenhut auch noch einen Fahrradhelm.
Das Kind auf dem Laufrad fährt plötzlich mitten auf die Straße und fängt ein mörderisches Gebrüll an: "Will nicht Strand. Will nicht Strand."
Alle bleiben stehen, die Mutter beginnt eine Diskussion mit dem Schreihals.
Die Diskussion verläuft wie alle "ruhigen" Diskussion mit bockigen Zweijährigen verlaufen. Das Kind brüllt immer lauter, die vernünftigen Argumente der Mutter verhallen im Geschrei. Inzwischen brüllt das Kleinkind im Bollerwagen auch und versucht aus dem Wagen raus zu krabbeln. Der Vater redet gut aber ähnlich erfolglos auf das Kleinkind ein.
Die (deutlich jüngere) Tante hat sich auf unsere Mauer gesetzt und ihr Smartphone samt Kopfhörer rausgeholt. Die Großmutter steht sehr bewegungslos auf dem Bürgersteig und schaut ins Nichts, man sieht wie sie sehr bewusst atmet.
Das älteste Kind war auf seinem Fahrrad schon vorgefahren, inzwischen ist es umgedreht und wieder zur Truppe gestoßen. Es schmeißt sein Fahrrad in die Dünen und beginnt auf der Straße singend seinen Namen zu tanzen.
Die Tante murmelt leise, aber doch deutlich hörbar:"Ein Kondom hätte so viel verhindert." Die Großmutter antwortet zwischen zwei langen Atemzügen:"Der Ratschlag kommt exakt 32 Jahre zu spät."
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Samstag, 24. Juni 2017
Nein, meine Sachen geb ich nicht
Auf dem Thema "Verleihen" kaue ich gedanklich immer noch rum, denn ich habe das Gefühl, dass meine ausgeprägte Sozialunverträglichkeit in vielen Fälle auch darin begründet ist, dass ich einfach keine Lust habe, meine Dinge von anderen Leuten benutzen zu lassen.

Ganz grundsätzlich würde ich von mir behaupten, ich hänge nicht an Gegenständen und ich bin auch nur eingeschränkt pingelig, was Kratzer oder Macken angeht, da ich die meisten Dinge sehr pragmatisch als Gebrauchsgegenstand ansehe und die müssen nicht zwingend immer makellos sein.
Meinen Westfalenmann, der von Hause aus ein sehr sorgsamer Mensch ist, bringe ich damit häufiger mal zur Verzweiflung. Als an meinem funkelnagelneuen Auto schon nach 14 Tagen ein dicker Kratzer hinten an der Stoßstange war, weil ich erst lernen musste, wie lang das neue Auto wirklich ist und deshalb gleich als erstes leider mal die Garagenwand gestreift habe, fand er das ganz schrecklich und suchte sofort nach einer Lackiererei, um den Kratzer wieder weglackieren zu lassen - ich dagegen fand das völlig übertrieben, habe nur entspannt die Schultern gezuckt und gesagt, dass ich doch noch gar nicht fertig sei mit Kratzermachen, besser und vor allem preiswerter sei es, wir geben den Wagen erst kurz bevor wir ihn wieder verkaufen wollen in die Lackiererei. Vorher lohnt einfach nicht.

Soweit meine Haltung, wenn es um Dinge geht, die ich selber kaputt gemacht habe.
Worüber ich mich aber maßlos ärgern würde, wäre, wenn jemand anderes mit meinem Auto fährt, dabei aus Versehen die Garagenwand touchiert und ich dann mit den Kratzern leben müsste.
Das Ergebnis ist rational betrachtet dasselbe - und trotzdem ist meine Reaktion eine andere. Da ich immerhin soweit reflektiert bin, dass ich sehe, wie irrational ich da reagiere, musste ich mir Wege schaffen, damit umzugehen.
Eine der einfachsten Lösungen wäre, einfach "Nein" zu sagen, aber genau damit habe ich dann auch wieder ein Problem, weil sich so ein schnödes, spießiges "Nein" nicht mit meinem Selbstbild vereinen lässt. Dann schäme ich mich wieder für mein eigenes "Nein", beiße also die Zähne zusammen und sage lächelnd "Ja", um mich anschließend wie blöde aufzuregen, wenn ich das verliehene Teil nicht in genau dem Zustand zurückbekomme, wie ich es hergegeben habe.

Es ist also kompliziert und im Ergebnis habe ich zu vielen Leuten, die nicht die ausreichende Sensibilität hatten, ein verklausuliertes "Nein" rechtzeitig zu erkennen oder besser noch, gleich gar nicht erst zu fragen, ob sie sich dies oder jenes borgen dürfen, einfach den Kontakt abgebrochen. Bevor ich mich ständig darüber ärgere, dass ich mal wieder etwas verliehen habe, was ich nicht verleihen wollte, gehe ich diesen hartnäckigen Borgern einfach von vornherein aus dem Weg.

Früher, zu Zeiten unserer Großfamilie, hatten wir immer mindestens drei Autos und eines davon war immer ein sehr großer Multivan. Man kann sich leicht vorstellen, dass es genug Leute gab, die immer mal wieder Transportbedarf hatten und sich dann unseren Van borgten, schließlich hatten wir mit drei Autos ja sowieso eines "immer über".
Und ich hatte regelmäßig mein übliches Problem mit dem Neinsagen, schließlich sind es alle "nahe Menschen", die einen da um einen Gefallen bitten, Verwandtschaft oder gute Freunde - und wie steht man da, wenn man hartherzig "Nein" sagt, wo es doch objektiv überhaupt keinen Grund dafür gibt. Man braucht das Auto doch grade nicht und sie tanken es auch wieder voll und mit Glück bekommt man es sogar frisch gewaschen zurück und selbstverständlich geben sie gut acht und behandeln das Auto so sorgsam als wäre es ihr eigenes. - Aber genau da ist dann schon das erste Problem; "wie das eigene" - ich sag nur: Garagenwand...
Wenn es dann also doch passiert , tut es jedem ganz schrecklich leid, hat er ganz bestimmt nicht gewollt usw. usw - aber den Kratzer jetzt teuer reparieren zu lassen, wäre ja Quatsch, weil der Wagen ja vorher schon verkratzt war und mir Kratzer an Autos ja ganz offensichtlich nichts ausmachen.
Dazu kommt, dass Autos auch einfach nur durch bloßes Benutzen verschleißen. Ich verleihe den Wagen und wenn ich ihn zurückbekomme, funktionieren die Scheibenwischer nicht mehr. Meist weist mich der Mensch, der sich das Auto geliehen hat, auch extra daraufhin, im Zweifel ruft er mich sogar noch von unterwegs an, um mir mitzuteilen, dass an meinem Auto plötzlich die Scheibenwischer ausgefallen sind und was er jezt tun solle. Natürlich ist der Ausleiher nicht daran schuld, er hat wirklich nichts gemacht, das weiß ich auch - aber es gehört zu den absolut verlässlichen Standarderfahrungen, die ich immer und immer wieder gemacht habe, wenn jemand anderes meine Dinge benutzt - irgendwas ist anschließend immer kaputt und ich muss mich dann darum kümmern, dass es wieder repariert wird. Schuld ist in aller Regel keiner - und es wäre mir im Zweifel auch ganz bestimmt selber passiert - nur dann wäre es für mich gefühlt einfach etwas anderes.

Heute habe ich nur noch ein kleines Auto, da hat sich das Auto-Thema von alleine erledigt, aber ich habe schon seit vielen Jahren ein zweites Haus. Und das auch noch auf Borkum. Was liegt da näher, als wie selbstverständlich davon auszugehen, dass es doch für mich wohl kein Problem sein kann, wenn ich grade sowieso nicht auf Borkum bin, dass dann jemand anderes das Haus benutzt. Genau dafür sind Ferienhäuser doch gemacht - dass man da Urlaub macht.
Anfangs fand ich die Vorstellung auch ganz toll - und wir haben schon beim Einrichten des Hauses darauf geachtet, dass im Wohnzimmer und im Büro ausziehbare Schlafcouchen stehen, in allen Kinderzimmern gab es zwei Betten, so dass man ohne Problem jederzeit für 12 Leute ein Bett hatte. Das ganze Haus war auf Besuch und viele Leute ausgelegt.
In den ersten zwei Jahren war auch ständig Besuch da - und es haben auch immer wieder Leute in dem Haus gewohnt, wenn ich nicht da war, es hätte also alles ganz toll sein können.
Wenn ich mich nicht ständig und pausenlos geärgert hätte, denn irgendwas war immer.
Ich bin relativ technikaffin, d.h. ich habe jede Menge Hightech in dem Haus und in der Küche habe ich für fast alles irgendeine Maschine. Das ist für mich kein Problem und auch nicht für die Kinder oder den Mann - aber für alle anderen Menschen durchaus, denn die wenigsten können mit all dieser Technik umgehen. Und wenn dann andere Leute da waren, musste ich mir anschließend immer mein eigenes Haus wieder "einrichten".
Grade die Küche war für mich ein Dauerärgernis. Die Küche auf Borkum ist besser eingerichtet als die Küche im Festlandhaus, weil ich auf Borkum viel mehr Zeit zum Kochen habe und dann möchte ich das eben auch mit "gutem Werkzeug" machen. Dazu gehören zB scharfe Küchenmesser, die eine ganz spezielle Behandlung verlangen. Man steckt sie nicht in die Spülmaschine und man benutzt sie auch nicht zum Schnitzen.
Das Licht im Haus wird elektronisch gesteuert, genauso wie die Heizung. Im Kühlschrank ist eine Eismaschine, bei der es wichtig ist, dass man immer sicherstellt, dass das Wasser bei der Waschmaschine aufgedreht ist, sonst geht der Motor im Kühlschrank kaputt. In den Fernsehern habe ich meine persönliche Lieblingssenderreihenfolge programmiert und die CDs und die Bücher sind alphabetisch sortiert. Wenn man wieder abreist, muss man alles pingelig saubermachen, sonst hat man ruckzuck Ungeziefer im Haus. Ich kann glaubhaft versichern, dass es kein großer Spaß ist, wenn man abends groggy auf der Insel ankommt und eine breite Ameisenstraße quer durch die Küche vorfindet, weil irgendjemand ein leeres (aber nicht ausgewaschenes) Honigglas auf der Arbeitsplatte stehengelassen hat. Es ist ein ziemlich altes Haus - mit genug Ritzen und Öffnungen für jede Sorte Kleingetier, das sich in einem Haus, das schon mal einige Wochen leersteht, sehr wohl fühlt und schnell vermehrt. - Es ist, kurz gesagt, kein Haus, was leicht zu bedienen ist, und es ist kein Ferienhaus, sondern es ist mein Zuhause. Das Haus ist randvoll gestopft mit meinem persönlichen Kram, von Unterhose bis Steuererklärung - in den Schränken ist überhaupt kein Platz, für Sachen von Leuten, die dort Urlaub machen wollen.

Im Ergebnis habe ich sehr schnell gelernt, dass es keine gute Idee ist, wenn andere Leute alleine in dem Haus wohnen, was sich die anderen Leute selber aber meist nicht vorstellen können, denn es rechnet ja keiner mit so einem komplizierten Haus. Und es rechnet keiner mit meiner extremen Pingeligkeit, was "Aufräumen" angeht. Mein kleines Schälmesser hat, verdammt noch mal, immer an derselben Stelle im Messerblock zu stecken - und nicht irgendwo, wo grade Platz ist.
Der Pürierstab liegt neben den Raclettepfännchen in der zweiten Schublade von unten - und wenn den jemand woanders hinräumt, dann finde ich ihn nicht mehr und rege mich auf. In die Teekanne darf nur original Ostfriesentee und dann wird sie von innen nur kurz ausgespült, nicht (NIEMALS!) mit Spüli sauber machen und ebenfalls NIEMALS Pfefferminz- oder gar Ingwertee darin ziehen lassen.
Die Vorratsregale sind voll mit Vorräten, die benutzt werden können, WENN MAN ETWAS GLEICHARTIGES WIEDER ERGÄNZT.
Wenn ich beginne Nudelsalat zu machen (und das kann bei mir auch gerne mal um Mitternacht sein), dann kontrolliere ich nicht vorher, ob ich noch genug Erbsen habe, denn ich habe immer genug Erbsen im Haus - außer jemand hat sie verbraucht und nicht wieder aufgefüllt. - Und so könnte ich jetzt noch 27 Seiten weiter aufzählen, welche Fehler man alle in diesem Haus machen kann, es lässt sich im Grunde gar nicht vermeiden, dass jemand Fehler macht, wenn er dort wohnt, so dass es sich auch nicht vermeiden lässt, dass ich mich aufrege. Und das wiederum bekommt dann Freundschaften nicht gut, es ist ein sehr kompliziertes Thema.
Zusätzlich kompliziert bin ich dann noch mit meinem Anspruch auf Privatsphäre. Denn natürlich gibt es in dem Haus auch rote Schippchen, also Bereiche, die ich einfach gar nicht für andere Leute öffnen möchte. Mein Schlafzimmer gehört dazu. Und mein Bad. Das ist für mich Intimsphäre, bei der ich so verkrampft hysterisch bin, dass ich noch nicht mal locker drüber reden kann. Ich möchte weder, dass jemand kontrollieren kann, ob dort irgendwo Sextoys rumliegen, noch dass er feststellt, dass dort kein Schweinkram zu finden ist. Ich möchte nicht, dass jemand meine "Miederhöschen" sieht und auch nicht, dass jemand bemerkt, dass die Packung Kondome nur bis zum Jahr 2014 haltbar war. Was sich sonst noch so in meinem Bad versteckt, geht auch niemanden etwas an - und ich will einfach nicht andererleuts Haare aus meinem Abfluss sammeln.

Mittlerweile habe ich deshalb rigoros verkündet, dass niemand mehr ohne Anwesenheit eines Familienmitgliedes in diesem Haus wohnen darf, denn die Familie ist natürlich mit der Technik des Hauses groß geworden und kann damit umgehen, sie wissen, wie hysterisch ich werde, wenn es um Ungeziefer geht und wenn das Haus wirklich ganz voll wird, dann schläft halt ein Kind in meinem Bett, das kann ich grade eben noch akzeptieren.
Damit geht es mir inzwischen also relativ gut und wenn mich jemand fragt, ob ich nicht mal eine Ausnahme machen würde, biete ich demjenigen regelmäßig an, ich würde ihm gerne die Kosten für die Miete einer Ferienwohnung irgendwo anders auf der Insel zahlen, wenn er sich das nicht selber leisten kann, aber mein Haus steht leider nicht zur Verfügung. Üblicherweise ist das dann meist das Ende unserer Bekanntschaft und ich habe einmal mehr meine Sozialunverträglichkeit demonstriert

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Mittwoch, 21. Juni 2017
Fußweh
Mental note to myself: Wenn mir morgens beim Anziehen nach hochhackigen Pumps ist, grundsätzlich und ganz dringend sorgfältig den Terminkalender checken, wo die Termine des kommenden Arbeitstages stattfinden werden.

Habe ich nämlich heute morgen nicht gemacht.
Was dazu führte, dass ich mir heute am frühen Nachmittag, zwischen zwei Terminen, die eben leider beide nicht im heimischen Büro stattfanden, ein zweites Paar Schuhe (flach!) kaufen musste, um überhaupt noch eine reelle Chance zu haben, zu dem zweiten Termin, der, so wie der erste heute zufällig auch mitten in der Innenstadt stattfand, um also dort überhaupt noch selbstständig laufend eintreffen zu können.

Termine in der Innenstadt, außerhalb der Reichweite von vor der Haustür liegenden Parkplätzen, sind des Teufels. - Zumindest wenn man hochhackige Pumps anhat und damit dann kilometerweit über das schicke Münsteraner Kopfsteinpflaster schweben soll.
Wenn es dann noch Temperaturen so um die 30°C hat, die die Schuhe auch eher kleiner werden lassen (oder die Füße dicker, einen Blickwinkel, den ich aber aus ästhetischen Gründen streng ablehne), dann geht erst recht gar nichts mehr in der Kombination von Pumps und Laufen.

Das war heute also ein fußharter Tag, aber immerhin habe ich ein neues Paar Schuhe, so gesehen, dann auch wieder nicht schlecht
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Donnerstag, 15. Juni 2017
Spannendes Bild
Durch Zufall habe ich gestern den "Halbtagsblog" gefunden und dort diesen Beitrag, in dem Herr Klinge erklärt, wie Mathematik funktioniert.

Nach seiner Meinung, kann man Mathematik nur "plötzlich verstehen", dann hat es aber auch dauerhaft "klick" gemacht, weshalb er der Meinung ist, dass die klassische Nachhilfe, in der der Schüler nur immer wieder und wieder "durch die Mathematikaufgaben geführt" wird, zu nichts führt, außer dazu, dass der Schüler dann weiß, was er "sehen" soll, ohne es wirklich selber zu sehen.

Ob das mit der Mathematik und dem Mathematikverständnis wirklich so ist, lasse ich einfach dahingestellt. Für mich funktioniert Mathematik nämlich noch mal anders: Für mich haben Zahlen Farben und wenn ich eine Statistik oder eine lange Zahlenreihe sehe, dann habe ich zur Verzweiflung aller Menschen, die um mich herum arbeiten, eine extrem hohe Trefferquote beim Entdecken von Fehlern. Ich sehe einer Zahl einfach an, dass sie da nicht hinpasst, sie hat eine "falsche Farbe" - besser kann ich nicht begründen, warum ich so auffällig treffsicher und vor allem so schnell aus allen möglichen Zahlenwerken immer genau die Zahlen rauspicke, die verkehrt sind.

Dieser individuelle Umgang mit Zahlen setzt sich bei mir dann natürlich auch beim Rechnen fort, d.h. meine "Rechenwege" passieren zu mindestens 50% im Bauch. Ich weiß nicht, wie ich auf das Ergebnis komme, aber ich weiß, dass nur dieses Ergebnis richtig sein kann.
Das führte in der Schule früher häufig zu Punktabzug, weil die Lehrer darauf bestanden, dass ich meinen Rechenweg dokumentiere, was ich aber grade nicht konnte. Ich wusste nur was rauskommt, woher ich das wusste, konnte ich aber nicht sagen.

Davon abgesehen habe ich in der Schule immer nur dann Probleme mit Mathematik gehabt, wenn es nicht um Zahlen ging, sondern um Zeichnen. Das Wort "Geometrie" löst bei mir bis heute reflexartige Fluchtgedanken aus. In der Geometrie sind meine ansonsten farbigen Zahlen entzaubert, verkümmert und einheitlich grau. Da wirken andere Kräfte, die ich bis heute nicht begreifen kann.
Auch Physik und Chemie sind für mich Wissenschaftsbereiche, die sich meinem Verständnis entziehen, aber vielleicht passt hier dann auch der Vergleich von Herrn Klinge wieder: Ich sehe die Logik dahinter einfach (noch?) nicht.

Was das von Herrn Klinge gezeichnete Bild angeht, habe ich tatsächlich sehr lange da drauf starren müssen, absolut sogar länger als es meine üblicherweise nur sehr gering ausgeprägte Frustrationstoleranz sonst erlaubt, aber weil ich das Bild in meiner Verzweiflung auch mal ausgedruckt hatte, (denn ich habe einfach nichts Sinnvolles darauf erkannt), und es dann meinem Westfalenmann gezeigt habe, der (als echter Westfale) eine bewunderswerte Hartnäckigkeit im auf Dinge starren hat, deshalb habe ich insgesamt auch länger auf dieses Bild gestarrt als ich es sonst ohne Wutanfall und Bildzerstörung ausgehalten hätte - und plötzlich machte es "klick".
Es war wirklich ein extrem plötzchlicher "Ich sehe es" Moment, so etwas habe ich ansonsten noch nie erlebt (wahrscheinlich, weil ich sonst auch nie die Geduld habe, darauf zu warten), aber ich kann bestätigen: Auf dem Bild in dem Beitrag von Herrn Klinge ist tatsächlich etwas Sinnvolles zu erkennen und wenn man es einmal gesehen, dann sieht man es für immer. Und vor allem ist man sich im selben Moment ganz sicher, dass man das richtige sieht, da gibt es keine "Deutungsspielräume". Jeder kennt es im übrigen, es ist nichts Geheimnisvolles, keine Landschaft mit irgendwelchen Schluchten oder Abgründen, nichts Abstraktes, nichts Besonderes, sondern etwas völlig "Alltägliches". Im Grunde ist es ein Foto, in dem die Kontraste extrem überschärft wurden, der Kopf muss einfach nur wissen, was er sehen soll - dann sieht man es für immer und es fällt einem sogar schwer, die seltsamen schwarzweißen Muster, die man vorher gesehen hat, jetzt noch wahrzunehmen.

Ich weiß natürlich, dass es sich wahrscheinlich um ein Bild handelt, was schon einunddrölfzig Mal durchs Internet geschleift wurde, ich kannte es aber bis heute gestern nicht - und es hat mich extrem fasziniert, weshalb ich es hier jetzt unbedingt verlinken musste
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Mittwoch, 31. Mai 2017
Altersmilde?
Seitdem ich immer mehr dazu übergehe, Texte nicht mehr selber zu tippen, sondern von der Diktierfunktion des Handys schreiben zu lassen, entwickle ich auch eine immer größer werdende Gelassenheit gegenüber Schreib- und Grammatikfehlern.
Früher hätte es mich extrem kribbelig gemacht, wenn ich in einem von mir selbst geschriebenen Text im Nachhinein noch Fehler entdeckt hätte. Dann hätte ich alles mögliche unternommen, um die noch nachträglich zu korrigieren, niemals hätte ich einfach achselzuckend darüber hinweg lesen können.

Gleichzeitig habe ich bei bestimmten Rechtschreibregeln, die sich im Rahmen der ersten und zweiten Rechtschreibreform neu ergeben haben, inzwischen aber auch kapituliert, weil ich eingesehen habe, dass ich die in diesem Leben wohl nicht mehr mit gutem Gefühl fehlerfrei werde anwenden können. Bei Groß- oder Kleinschreibung bin ich beispielsweise sehr häufig sehr unsicher, genauso wie bei der Frage nach "getrennt oder zusammen geschrieben" und manche Änderungen kann ich mir auch einfach nicht merken.

Die dadurch sowieso latent vorhandene Fehlermachgefahr, kombiniert mit der AutoKorrektur moderner, digitaler Geräte und eben seit einiger Zeit auch dieser Diktierfunktion, ergibt eine äußerst entspannte “ istmireigentlichvölligegal – Haltung“, die ich mir selber niemals never je zugetraut hätte.
Aber je mehr ich mich daran gewöhne, Texte mit Fehlern einfach unkorrigiert stehen zu lassen, (o. k., nur im Privatbereich, beruflich ist das etwas komplett anderes), umso kritischer beginne ich diese Gewöhnung nunmehr selber zu beobachten.
Ganz sicher bin ich mir nämlich nicht, ob das nicht die ersten, gefährlichen Anzeichen einer beginnenden Vergreisung sein könnten.
Spätestens wenn ich demnächst nur noch jeden zweiten Tag dusche, weil ich es nicht mehr so wichtig finde, sollte ich mir darüber wohl ernsthaft Gedanken machen
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Mittwoch, 31. Mai 2017
Stadtstimmung
Heute war ich mal wieder auf dem halbjährlich stattfinden Bänker-Stammtisch in einer Münsteraner Traditionsgaststätte und wie jedes Mal, war ich auch diesmal wieder sehr erstaunt, nicht nur wie viele, sondern auch was für Menschen sich dort an einem ganz normalen Dienstagabend aufhalten. Der Laden war gesteckt voll mit Menschen in einem Durchschnittsalter über 60 70.
Dass in einer Unistadt wie Münster an einem Wochentag abends die Kneipe voll ist mit jungen Menschen, das fände ich nicht weiter verwunderlich, aber hier waren keine jungen, sondern wirklich nur sehr alte Menschen, und auch überwiegend nur Männer.
Als ich gegen 22:00 Uhr nach Hause ging, saßen viele von ihnen immer noch dort wo sie schon saßen als ich um 18h kam. Einige am Tresen, aber die meisten in Gruppen zu dritt oder viert um Tische herum, tranken Bier und schwiegen sich an.
Westfalen sind ja von Hause aus keine echten Plaudertaschen, aber in dieser Kneipe fällt das noch mal extra deutlich auf. 40-50 Menschen in einem Raum und es ist für eine Kneipe außergewöhnlich leise.
Dafür haben sie Sitzfleisch, wirklich beeindruckend.
Draußen vor der Kneipe, auf dem Prinzipalmarkt, war die Stadt dafür wie leer gefegt. Kaum eine Seele unterwegs und mir war schon fast unheimlich, so alleine durch die leeren Gassen gehen zu müssen.
Ich bin ja nun ausdrücklich kein Stadtmensch und vielleicht empfinde ich nur deshalb die Stimmung, die in einer Stadt herrscht, als so ungewöhnlich und bedrückend. Aber jedes Mal, wenn ich mal wieder ein paar Stunden in der Stadt verbracht habe, bin ich froh, wenn ich wieder zu Hause bin.
Wenn ich schon schweigend vor einem Bier sitzen möchte, finde ich das zu Hause doch deutlich gemütlicher
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