anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Samstag, 29. Dezember 2018
Einkaufsmethoden
Um das mit dem aktiven Leben nicht zu sehr zu übertreiben, war ich heute vorsichtshalber mal wieder nicht vor der Tür, als weitere Begründung für die Unsinnigkeit jedweder Draußenaktivität kam mir der Dauerregen, der wohl nur gestern mal eine Pause gemacht hat, sehr gelegen.

Bis 13h lagen wir im Bett und haben uns gegenseitig wohlig gemütlich aus dem Internet vorgelesen, dann schellte der Briefträger und brachte einen ganzen Stapel Post, fast alles, was wir am 23.12. gekauft haben, kam heute schon an, nur die beiden Bildschirme fehlen noch, schade.

In meiner Filterblase gab es diverse Diskussionen pro und contra online-Einkäufe, ich habe sie interessiert gelesen und festgestellt, dass ich mal wieder so anders bin und lebe als die meisten anderen Menschen, dass meine Gründe für oder gegen die eine oder die andere Einkaufsform so individuell sind, dass ich nicht sinnvoll mitdiskutieren kann.

Ich gehe mit Begeisterung einkaufen, aber bis auf Lebensmittel brauche ich üblicherweise nie etwas, weil ich alle anderen Gegenstände, die man sonst noch kaufen kann und die es nicht im Discounter gibt, entweder auf dem Flohmarkt oder bei eBay kaufe.
Hauptsache gebraucht, weil ich neu nicht wirklich vorteilhafter finde und den Aufpreis, den neu kostet, in aller Regel nicht bereit bin, zu bezahlen. Außerdem finde ich gebraucht deutlich nachhaltiger, ein Aspekt, der mir erst als positive Nebenerscheinung auffiel, als Nachhaltigkeit überhaupt zum Thema wurde.
Insbesondere bei Kleidung erschließt sich mir der Vorteil von neu endgültig gar nicht mehr, weil, wenn ich mitbekomme, was grade die neuste Mode ist, dann sind die Flohmärkte schon wieder voll davon.....
Naja, und außerdem mag ich zeitlos schlicht sowieso am allerallerliebsten, so dass mein Kleiderschrank zu 95% aus Basics besteht und die findet man immer auf dem Flohmarkt.
Haushaltskrempel und Bücher kann man ebenfalls exzellent auf dem Flohmarkt finden (Bücher übrigens oft mit super Beratung, weil die Verkäufer die Bücher meist wirklich selber gelesen haben und sie nur weiterverkaufen, weil es immer mehr Menschen gibt, die Bücher statt Tapete nicht zwingend als notwendige Standardeinrichtung betrachten), genauso wie jede Art von Dekoschnickschnack und Kleinmöbel, (Großmöbel gibt es auch, aber die lassen sich so schlecht tragen, die kaufe ich nur, wenn ich weiß, dass mein Westfalenmann mich abholt :-)
Im Grunde bleibt also nur Elektronik als Zeug, wo selbst ich einsehe, dass neu besser ist als gebraucht, weil neu eine deutlich höhere Chance auf wenigstens mittelfristige Funktionstüchtigkeit hat.

Und alles mit Elektrik, ja nun, hmm, das kaufe ich deshalb nicht im örtlichen Fachhandel, weil es gar keinen kompetenten örtlichen Fachhandel gibt, ich habe zumindest noch keinen gefunden.
Also lese ich solange im Internet rum und befrage im Bekanntenkreis alle Menschen, die ähnliches benutzen nach ihren Erfahrungen und Empfehlungen, bis ich mich für ein Teil entscheide, dann suche ich den günstigsten Preis und lasse es mir bringen, weil ich mir Dinge wie Spül- und Waschmaschinen auch vor 30 Jahren schon habe bringen lassen und alle Büroartikel sowieso übers Büro gekauft werden.

Als weitere Besonderheit kommt bei mir ja noch hinzu, dass das Leben auf einer Insel sowieso andere Einkaufsgewohnheiten befördert, hier ist traditionell schon immer viel bestellt worden, Quelle, Otto und Neckermann waren hier die Händler mit dem größten Umsatz, früher.
Heute hat sich für die Inselbewohner einfach nur das Angebot vergrößert, aber deshalb darüber nachzudenken, ob man lieber den örtlichen Handel unterstützt, nö, ich denke, das hat hier noch nie jemand gemacht und es fühlte sich auch irgendwie eigenartig an, weil es den örtlichen Handel im Grunde nur für die Touristen gibt.

Wenn ich also meine eigenen Einkaufsgewohnheiten betrachte, dann kann ich feststellen, dass sich bei mir in den letzten 30 Jahren kaum etwas verändert hat.
Okay, mittlerweile gibt es eBay, was für mich so etwas wie ein online-Flohmarkt ist, aber im Wesentlichen kaufe ich heute noch genauso ein wie vor 30 Jahren.

Ich fand "shoppen gehen" schon immer anstrengend. Es geht los mit der Unmöglichkeit der passenden Bekleidung für einen Einkaufsmarkt: wenn es draußen heiß ist und man selber wegen der Hitze nur spärlich bekleidet ist, dann friert man sich tot in den maßlos runterklimatisierten Läden, im Winter schwitzt man sich dagegen zu Tode, weil man ja erst mal in den geheizten Laden hingelangen muss, und dafür braucht es halt Mütze, Schal und Daunenjacke, die innen sofort überflüssig werden.
Dann habe ich das Problem des Tragens: Auf dem Flohmarkt gehört ein geräumiger Hackenporsche zur Profiausstattung, aber im Kaufhaus ist das Teil einfach lästig und außerdem peinlich, Tüten schleppen ist dagegen mindestens genauso ätzend, es gibt keine positive Lösung.
Ein weiteres, für mich meist äußerst unangenehmes Extra des Ladeneinkaufs ist das in aller Regel (so die Erfahrung aus meinen wenigen Ladeneinkäufen) gestresste, genervte, schlecht gelaunte oder sonstwie miesepetrige Verkaufspersonal. Kommt auf dem Flohmarkt in der Form sozusagen nie vor. Dort ist es genau umgekehrt, da freuen sich die Verkäufer, wenn man sich für ihre Ware interessiert, weil es ja ihre eigene Ware ist, die sie verkaufen.
Und schließlich gibt es einen ganz entscheidenden Punkt, der für mich gegen "in der Innenstadt einkaufen" spricht: Ich mag keine Städte. Ich kriege sofort schlechte Laune, wenn ich mich in einer Stadt aufhalte, mir ist es dort zu voll, zu laut, zu beengt und insgesamt eben einfach viel zu rummelig. Nein danke, für mich nix Stadt. Habe ich ja erst vor zwei Monaten ausführlich drüber räsoniert. Hier und hier
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Mittwoch, 26. Dezember 2018
Weihnachten
Meine Mutter fragte heute, ob wir überhaupt einen Weihnachtsbaum hätten und selbstverständlich haben wir einen Weihnachtsbaum, sogar mit Krippe und allem Pipapo



Ich gebe allerdings zu, dass es knapp war, denn ich habe mich geweigert, mich darum zu kümmern. Ich habe mich sogar soweit geweigert, mich darum zu kümmern, dass ich noch nicht mal jemand anderes gebeten habe, sich darum zu kümmern, ja, ich habe noch nicht mal pauschal gesagt, dass ich überhaupt gerne einen Weihnachtsbaum hätte. Ich habe einfach gar keine Meinung zu dem Thema gehabt und den Kindern ganz unverbindlich nur mitgeteilt, wenn sie gerne die letzten Formalitäten einer Weihnachtsfeier retten wollten, dann müssten sie sich halt kümmern.

Ich kann mich dieses Jahr über Weihnachten nicht beschweren, es war erstaunlich stressfrei, es gab keinen Streit und es war auch mental nicht übermäßig anstrengend.
Trotzdem bin ich jetzt froh, dass es vorbei ist. Wenn ich wählen dürfte, würde ich Weihnachten ersatzlos abschaffen und dafür lieber irgendwann im Sommer eine Handvoll bundesweiter (von mir aus auch europaweiter) Feiertage festlegen, ich bin sicher, da hätte jeder mehr von.
Aber egal, es ist wie es ist, Gejammer hilft nix, also muss jeder alleine lernen, wie er die Weihnachtszeit für sich selber am besten organisiert.

Da keines der drei Kinder bisher eine eigene Familie gegründet hat, kommen sie alle drei Weihnachten noch nach Hause und ich denke, es ist auch gut so, denn immerhin haben sie hier noch ein Zuhause und müssen nicht alleine rumsitzen und so tun, als hätten sie sowieso kein Interesse an Weihnachten oder - meiner Meinung nach noch schlimmer, sie würden als demonstrativer Beweis für das gute Herz einer fremden Familie die auf keinen Fall zu bemitleidende Inklusionsfigur einer weltoffenen Weihnachtsfeier bei guten Freunden mimen.

Denn, auch wenn man selber so gar nichts mit Weihnachten und den ganzen Werten, die dazu gehören, am Hut hat, so ist es gleichzeitig genausowenig schön, wenn man sich bei dieser Gelegenheit seiner persönlichen Einsamkeit so richtig gründlich bewusst wird.
Weihnachten ist nunmal ein Familienfest - und wenn man Weihnachten alleine verbringt, dann ist einem die Familie abhanden gekommen.
Hilft ja nix, es zu beschönigen.
Man mag das an 364 Tagen im Jahr sogar gut finden und sich dazu beglückwünschen, dass man sich von der oft anstrengenden, einengenden, andersdenkenden, anspruchsvollen, unverschänmten, rücksichtslosen oder wie auch immer blöden Familie gelöst hat, nur an diesem einen Tag im Jahr, da kommen die Gedanken dann doch.

Was wäre wenn?

Was wäre, wenn ich eine tolle Familie hätte? Eine, in der sich alle mögen und keiner den anderen runtermacht?
In der jeder für jeden Verständnis hat und keiner übergriffig wird? In der alle auf Augenhöhe miteinander umgehen und keiner hinter dem Rücken des anderen die Augen rollt? In der Erwartungen, Ansprüche und Möglichkeiten fließend zueinander passen, so dass es weder Enttäuschungen, noch unerfüllte Einzelsehnsüchte gibt?
Eine Familie, in der alle ähnliche Grundwerte haben und wo jeder mit seiner Rolle innerhalb der Familie rundum zufrieden ist?
Eine Familie ohne internes Machtgerangel, ohne Eifersüchteleien und ohne Empfindlichkeiten?

Ja, das wäre natürlich sehr schön. Genauso schön wie Weltfrieden und eine sofortige Umsetzung aller Klimaziele.
Ich habe nur das dumpfe Gefühl, dass ich dann erst recht ausgeschlossen wäre aus meiner Familie, weil ich selber diesen Ansprüchen ganz sicher nie genügen könnte.

Ich finde es ja schon kompliziert, eine einigermaßen ausgeglichene Zweierbeziehung zu führen - jede zusätzliche Person ist eine zusätzliche Herausforderung für die Symmetrie bzw. Balance.

Und es mag sein, dass es diese Idealfamilien gibt, aber wenn ich mit all meinen Ecken und Kanten durch einen schrägen Zufall in so eine Idealfamilie hineingeraten würde - tja, dann wär's das wohl mit der Idealfamilie, denn ich bin einfach nicht stromlinienförmig genug, um in so einer idealen Umgebung nicht ständig unangenehm aufzufallen. Und leider bin ich gleichzeitig nicht stumpf genug, um das zu ignorieren.

Jetzt mag es natürlich auch Leute geben, die haben einfach deshalb keine Familie, weil sie keine Familie mehr haben. Sie ist ihnen weggestorben und sie sind alleine übrig geblieben. Für diese Menschen ist Weihnachten sicherlich schon deshalb belastet, weil sie den Verlust der Familie noch mal so deutlich bemerken.
Für diese Fälle habe ich leider auch keine Lösung, hier kann man sich das Wegbleiben der Familie noch nicht mal schön denken, im Gegenteil, je mehr man darauf herum denkt, um so schlimmer wird es, hier ist es wahrscheinlich wirklich das allerbeste, über Weihnachten insgesamt so wenig wie möglich nachzudenken und sich nur fürs nächste Jahr vorzunehmen, sich intensiv um das Schaffen einer neuen Familie zu kümmern, denn es braucht nur einen einzigen weiteren Mensch, mit dem man gerne seine Zeit verbringt - und schwupp, schon ist Familie entstanden.

Mein Mensch ist mein Westfalenmann und wenn ich nach vorne schaue, dann ist er für mich die einzige Familie, die (hoffentlich) auf Dauer bleiben wird.
Die Kinder werden irgendwann ihre eigenen Familien gründen, das wünsche ich ihnen zumindest und ich wünsche ihnen, dass sie sich dort wohl fühlen und deshalb beginne ich jetzt schon mit loslassen - kein Kind soll sich verpflichtet fühlen, Weihnachten mit mir zu verbringen.
So schön Traditionen sein mögen, weil sie Sicherheit und Zuverlässigkeit bedeuten, so anstrengend können Traditionen aber auch werden, wenn sie in Zwang und Verpflichtung ausarten.

Wir hatten dieses Jahr noch einen Weihnachtsbaum, wir werden sehen, wie es nächstes Jahr wird
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Montag, 10. Dezember 2018
Nachhall
So ein Wochenende mit Psychostress hallt nach, konnte ich heute feststellen. Es fiel mir den ganzen Tag schwer, mich länger zu konzentrieren und ich habe mich mehrfach dabei ertappt, wie ich Löcher in die Luft starrte und darüber nachgrübelte, was ich eigentlich grade tun wollte.

Und ausgerechnet heute, wo ich auf dem Problem der adäquaten Kommunikation mit Kindern, die extreme Wortfetischisten sind und erratische Wutanfälle bekommen, rumkaue, ausgerechnet an so einem Tag stoße ich auf einen Blogartikel über das Leben mit einem Autistenspektrum-Asperger Kind.
Das hilft dann wieder sehr, die Dinge richtig zu rücken.
Manche Dinge sind eben wie sie sind, mich wundert nur, dass ich mich immer wieder darüber wundere, denn dass man diese Besonderheit vielleicht ein wenig umtrainieren kann, so dass das Störende im Alltagsbetrieb etwas weniger stark ist, bedeutet eben nicht, dass man diese Besonderheit je komplett ablegen kann. Was wunder ich mich also
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Montag, 12. November 2018
SM Gemuckel
Diese Überschrift wollte ich schon lange benutzen, es hat aber bis jetzt gedauert, bis ich einen neuen Anlauf genommen habe, um nun tatsächlich ein wenig aufgeräumter mit meinen Socialmedia-Aktivitäten umzugehen als bisher.
Eine meiner Uraltklagen ist ja, dass ich die Sache mit Twitter irgendwie nie so richtig in Griff bekommen habe.
Zwar habe ich schon seit sehr vielen Jahren ein Konto, dass ich dann gemeinsam mit meinem ersten Blog irgendwann löschte, um anschließend alles wieder neu zu starten, dieses "Zwischenblog" kam aber genausowenig je ans Laufen wie mein zweiter Twitteraccount.
Aber jetzt - ich habe mir Großes vorgenommen - siehe unten.

Ich habe mich ja stets bei allen neuen Socialmedia-Kanälen, die im Laufe der Jahre so aufkamen, angemeldet, bisher war mein Anspruch, wenigstens zu begreifen, wie die Technik funktioniert und mir zumindest rudimentär einen eigenen Eindruck zu verschaffen.
Die erste SM-Plattform (neben den diversen Yahooforen, in denen ich mich ja schon ewig rumtrieb), die ich noch zu alten Blogzeiten sogar recht regelmäßig nutzte, war Xing, damals noch OpenBC. Mir erschien das einigermaßen seriös und ich dachte, es kann ja nicht schaden, wenn ich neben meinem sehr privaten Auftritt in den Yahoo-Foren und im Blog auch noch einen formalen, rein beruflich orientierten Internetauftritt habe und ich bildete mir damals tatsächlich ein, ich könne privat und beruflich im Internet trennen.
Nun, bekanntlich funktionierte das nicht, in der Folge löschte ich alle privaten Internetspuren (soweit ich sie löschen konnte) und zog mich privat fast vollkommen aus dem Internet zurück. Dafür war ich dann bei Xing relativ aktiv unterwegs. Ich war Mitglied in allen möglichen beruflichen Gruppen und lernte so eine Menge Kollegen kennen, die sich teilweise dann auch wieder zur beruflich initiierten, tatsächlich aber eher privat gelebten "Sondergruppen" zusammenschlossen, zu denen man nur auf persönliche Einladung und mit mindestens zwei Referenzen/Bürgen Zutritt hatte, die Situation der "versteckten" Gruppen bei Xing kam mir sehr gelegen, ich war ja sowieso grade nicht so heiß auf öffentliche Auftritte im Internet.

Privat war ich dann noch bei Plattformen wie Stayfriends, werkenntwen, und ach, bestimmt noch vielen anderen angemeldet, deren Namen ich inzwischen alle schon wieder vergessen habe, weil ich sie nach kurzem Ausprobieren nie benutzt habe. Mails bekomme ich von dort auch schon lange nicht mehr, weil ich längst sehr scharf eingestellte Spamfilterregeln habe, das meiste kommt gar nicht mehr bei mir an.

Bei Facebook habe ich mich, entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, erst sehr spät angemeldet, ich habe grade mal nachgeschaut - seit 2011 habe ich meinen "offiziellen" Facebookaccount. Ich hatte vorher einen "anonymen", das Hin- und Herschalten fand ich aber schnell zu lästig und habe den anonymen Zugang nach meiner offiziellen Anmeldung komplett deaktiviert. Google+ hatte ich natürlich auch, da war aber nie was los.
Die privateste der beruflichen Xing-Gruppen zog 2012 von Xing zu Facebook um, zu dem Zeitpunkt schliefen auch meine Xing-Aktivitäten fast komplett ein. Ich verlor auch das Interesse am Ausbau eines beruflichen Netzwerkes, ich hatte einen Job, den ich sowieso nicht mehr wechseln wollte und hatte über den Job Zugriff auf jede Menge jobinterne Netzwerke, Xing war einfach nicht mehr wichtig und tatsächlich fand ich Facebook ausreichend spannend.

Das ging natürlich auch nur eine gewisse Zeit gut, denn die Verknüpfung von privat und beruflich begann mich wieder zu stören, so dass ich bei Facebook schon seit längerem im Wesentlichen inaktiv bin. Ich nutze die Marketplace-Gruppe speziell um auf Borkum Dinge zu kaufen oder zu verkaufen und auch die anderen lokalen Gruppen bieten manchmal ganz interessante Informationen, aber als Blogersatz taugt Facebook für mich absolut nicht - viel zu viel Verbindung zwischen beruflich und privat und überhaupt bin ich nicht gut in dieser "Daueronlineverpflichtung", die Facebook quasi verlangt, weil man sonst das allermeiste nicht mitbekommt, was Menschen, für deren Tun und Lassen man sich durchaus interessiert, so posten.

Und ich glaube, damit habe ich genau das erwähnt, was mich bei den meisten SM-Kanälen so entsetzlich stört: Das Gefühl, nicht Herr der Entscheidung zu sein, was ich sehe und was nicht.

Eine gewisse Regelmäßigkeit braucht natürlich jeder SM-Kanal, sowohl von dem, der konsumiert als auch von dem, der produziert, aber grade Facebook ist mir eindeutig zu durcheinander geworden und ich finde es eben einfach blöd, wenn ich Informationen, die ich irgendwann mal gesehen habe oder Texte, die ich irgendwann man gelesen habe, nicht mehr wiederfinde, wenn ich sie suche und nach dem mir das bei Facebook mehrfach passiert ist, habe ich mich immer mehr darüber aufgeregt und beschlossen, das einfachste, um derartige Aufreger zu vermeiden, ist, dort einfach nicht mehr zu lesen.
Und so kam es, dass ich meine Facebook-App auf dem Handy gelöscht habe und auch niemals über den Browser gehe, weil ich keine Lust auf die Cookies habe, mit denen Facebook dann zwanghaft um sich wirft.

Neben Xing und Facebook gibt es natürlich noch reichlich andere SM-Plattformen, die mich aber überwiegend auch alle nicht dauerhaft interessieren. Mein Schwerpunkt ist eindeutig die Sprache. Bilder sind ganz nett, aber bitte als Ergänzung zur Sprache. Nur Bilder bzw. Bilder als Schwerpunkt, wie bei Instagram, sind mir ehrlich gesagt zu langweilig. Es gibt bei Instagram dann auch einige Leute, die schreiben irre viel Text zu ihren Bildern, aber auch wenn da welche bei sind, die ganz interessante Dinge schreiben - praktischer finde ich dann tatsächlich Blogs. Und da ich eh nicht genug Zeit habe, um überall mitzulesen, habe ich Instagram inzwischen auch eher zur Seite geschoben.
Zwischendurch hatte ich auch Snapchat installiert und war dort eine Zeitlang sehr von Juli von Heimatpott(ential) fasziniert. Die postete täglich irgendeine lange Folge von Snapchat-Videos, in denen sie hauptsächlich Dinge erzählte und eben so vor sich hin redete. Das war wie ein Podcast-Blog mit Film, das hat mir sehr gefallen, aber irgendwann war sie verschwunden, tauchte einige Monate später dann bei Instagram wieder auf und machte dort mit Instastories weiter, wo sie vorher bei Snapchat aufgehört hatte, aber dort ist sie jetzt auch schon seit längerem wieder abgetaucht und wo bzw. ob sie aktuell im Internet aktiv ist, weiß ich nicht. Sie hat 2016 gleich in zwei Kategorien beim Blogger des Jahres gewonnen, aber außer dieser Juli habe ich ansonsten nie jemand vergleichbar interessanten bei Snapchat oder Instagram entdeckt - und Snapchat deshalb irgendwann komplett gelöscht (die Albereien der Leute da sind vielleicht ganz witzig, aber wenn man drei-fünf davon gesehen hat, hat man eigentlich auch alle gesehen und Leuten, die einigermaßen stolperig irgendeinen Unsinn in ihre Selfiekamera quatschen, muss ich weiß Gott nun auch nicht regelmäßig zusehen.)

Um auf diesen Kanälen selber Content zu produzieren, fehlt mir ganz klar das Interesse und - soweit es Video-Podcasts angeht, auch die Begabung. Ich bewundere es sehr, wenn Leute stand by einfach so interessant und zuhörenswert losquatschen können, ich kann das nicht, ich muss jeden Satz erst dreimal umdrehen, bevor er brauchbar klingt und wenn ich dann dazu auch noch ein halbwegs anguckbares Gesicht machen soll, dann reduziert sich der Content, den ich produzieren könnte, auf ca. genau Null.

Dann gibt es natürlich noch so etwas wie Pinterest, da muss ich zugeben, habe ich bis heute das System nicht wirklich begriffen, aber auch hier geht es ja nur um Bilder - und schließlich gibt es YouTube, aber da sind wir bei dem, was ich grade über Snapchat sagte: Content liefern könnte ich selber exakt Null und Musikvideos finde ich extrem langweilig, Musik ist für mich zum Hören und nicht zum Gucken da, ich mag aber auch kein Multitasking. Und sonstige Filme treffen eben auch nicht mein Interesse. Überhaupt fand ich Filme ja schon seit jeher nur so mittel- bis kaum interessant.

Nach dem ich mal so einzeln und mit Abstand über die verschiedenen SM-Plattformen nachgedacht habe und was mich selber eigentlich wirklich interessiert und was nicht, kam ich genau zu dem oben genannten Schwerpunkt: Sprache ist mir deutlich wichtiger als Bilder, Buchstaben finde ich am einfachsten, aber Podcast mag ich auch, Filme haben schon wieder zu viele Bilder und Musik höre ich sowieso am allerliebsten alleine, das fällt als SM-Kanal für mich völlig raus.
Und ich möchte gerne selber bestimmen, was ich konsumiere und in welcher Reihenfolge.

Deshalb mag ich Blogs und mag Blogs und mag Blogs.

Wenn man einen Schritt mehr darüber nachdenkt, fällt allerdings auf, dass es ausgesprochen seltsam ist, dass ich mit Twitter bisher nicht klargekommen bin und genau deshalb habe ich beschlossen, Twitter eine neue, eine dritte Chance zu geben und es diesmal wirklich ernsthaft und nachhaltig auszuprobieren.
Das mit dem Blog klappt ja inzwischen auch seit über drei Jahren recht zuverlässig.

Zu dem Zweck habe ich mir ein neues Twitterhandle zugelegt, das heißt jetzt - Überraschung - @anjesagt und ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit diesem Account die Sache mit Twitter jetzt endlich mal in Griff bekomme.

Gestern habe ich schon mal rund 60 Followeranfragen verschickt, mit ein bisschen Glück erkennt mich ja der eine oder andere und folgt zurück.
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Montag, 29. Oktober 2018
Stadt
Es ist ein altes Phänomen, dass Themen in der eigenen Wahrnehmung grundsätzlich dann verstärkt überall auftauchen, wenn man meint, man sei selber nur durch ganz persönlich konstruierten Zufall und vor allem ganz alleine und individuell mit diesem Thema konfrontiert worden.

Das erste Mal ganz offensichtlich aufgefallen ist mir das in meiner ersten Schwangerschaft.
Ich habe selber erst sehr verspätet überhaupt erfahren, dass auch mir so etwas (schwanger werden) nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich und in echt passieren kann (denn eigentlich habe ich nicht daran geglaubt, dass so ein bisschen Pille vergessen, derart weitreichende Folgen haben könnte) - aber knapp wusste ich, dass ich unvermeidbar schwanger bin, war die Welt plötzlich voll mit Kinderwägen. Es war wirklich faszinierend, aber die Kinderwagendichte in meiner Umgebung hatte sich nur durch meine Schwangerschaft schlagartig verfünfzigfacht, allerdings erst ab der 12. Woche, denn vorher war ich mangels eigenen Darumwissens ja mit dem Thema noch gar nicht befasst.

Dass mit der Schwangerschaft hat sich bei mir ja nun wirklich endgültig als Thema erledigt, dafür begegnet mir im Moment aber das Stadtthema überall und zwar derart verstärkt, dass ich es wirklich bemerkenswert finde.

Ich selber bin eigentlich mit der Erklärung "das ist Geschmackssache, so wie Koriander" vollkommen zufrieden, denn sie kommt meinem Nichtvorstellungsvermögen sehr entgegen. Ich kann mir im Grunde ja auch nicht wirklich vorstellen, dass man Koriander nicht mögen kann, habe aber gelernt, dass es Menschen gibt, die da sehr entschieden reagieren. (Eine Ablehnung, die ich dagegen bei Zitronengras sofort teilen kann, btw).
Menschen, die gerne in Städten leben, sind für mich damit einfach genauso seltsam, wie Menschen, die keinen Koriander mögen oder anders ausgedrückt, sie sind mir genauso suspekt, wie Menschen, die Zitronengras mögen und damit wäre die Sache für mich erledigt. Ich bin froh, dass es so seltsame Menschen gibt, schließlich habe ich dadurch mehr von den Dingen, die mir wichtig sind, und mehr muss ich mit diesen Menschen ja nun auch wirklich nicht zu tun haben.
Als Franzose würde ich sagen "chacun à son goût", mein Juraprof hätte gesagt "suum cuique" und ich würde mir erst dann Gedanken machen, wenn der Spruch von innen auf einem Stadttor zu lesen wäre.

Es scheint aber (meine Wahrnehmung, damit für mich genauso skurril wie die vielen Kinderwägen, die ich vor 27 Jahren plötzlich sah), dass ganz plötzlich überall Menschen aufploppen, die das Thema diskutieren wollen.
Entweder mit mir persönlich (das Thema "Vorteile des Stadtlebens" kam in der letzten Zeit in für mich ungewöhnlich vielen Smalltalksituatiunen vor) oder ganz allgemein, dann lese ich darüber in irgendwelchen Blogs oder anderen Stellen im Internet. Und die allerallermeisten Menschen, deren Meinung mir begegnet, betonen die Vorzüge der Stadt. Die Vielfalt, die Möglichkeiten, das Angebot, die Auswahl, die Offenheit, die Fröhlichkeit, die Lebendigkeit, die Wärme, ach, eben all den Kram, den man nur hat, wenn ganz viele Menschen auf einem Haufen zusammen kommen, die Vorteile, die nur durch die schiere Größe einer Gemeinschaft entstehen. Sie erläutern lang und breit, wie viel Nutzen der Einzelne daraus ziehen kann und wie wichtig der Zusammenhalt in derartigen Gemeinschaften auch für die Gesellschaft als Ganzes ist und dass nur so Fortschritt entsteht.

Das mag nun alles so sein und ich will da auch wirklich niemandem widersprechen, ganz im Gegenteil, wahrscheinlich ist eine in Stein und Beton eingepferchte und in Hochhäusern aufgestapelte Existenz in stinkiger Luft umgeben von Dauerlärm und blinkenden Lichtern die eigentliche Rechtfertigung des Menschen für die Massentierhaltung und Abholzung der Regenwälder, denn warum sollte es den Tieren besser gehen als den Menschen und gegen die globale Erwärmung bauen wir uns einfach Klimaanlagen. Man muss das nur aus dem richtigen Blickwinkel sehen, ich habe da bisher nur nie drüber nachgedacht.

Aber jetzt, wo mir von so vielen Seiten die Vorteile des Stadtlebens so klar offenbart wurden, jetzt habe ich endlich verstanden, dass ich es bin, die sich komplett rückständig und gesellschaftlich gefährlich neandertalerhaft verhält, in dem ich die Vorteile der städtebaulichen Massenmenschhaltung so boshaft negiere.
Aber die ungebildete Landbevölkerung war ja auch schon immer eine schwierige Klientel, was Meinungsbildung angeht, rückständig, stur und unbelehrbar.
Es tut mir wirklich leid
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Donnerstag, 4. Oktober 2018
Ein anderer Tag
Der Tag heute war anders.
Anders als all die Tage der letzten Monate, ich denke, am besten passt das Bild eines reifen Eiterpickels - und heute war der Tag, an dem ich all den angesammelten Dreck endlich mal gründlich rausgedrückt habe.
Es hatte sich schon angebahnt, die letzten Tage, auch bei Eiterpickeln kann man ja zusehen, wie sie reifen, manchmal kommt dann auch vorher schon etwas raus, aber das ist nur die oberste Spitze und sorgt im Zweifel nur dafür, dass die Entzündung dadrunter noch schlimmer wird. So war es hier auch, ich habe schon vorgestern einen spontanen Wutanfall bekommen, aber geklärt oder erledigt war damit noch lange nichts, es war dafür das deutliche Signal, dass hier Redebedarf besteht.

Und heute ist es mir dann endlich gelungen, all das auszusprechen, was ich seit Monaten, teilweise sogar schon seit Jahren, als lästiges Ärgernis mit mir herumtrage und was sich aber in den letzten Monaten so sehr verhärtet und verdichtet hat, dass es zu einem drückenden Geschwür wurde, das dringend entlastet werden musste.

Der Eiterstau ist jetzt also raus, ob aber das Ärgerpartikel, durch den sich all der Eiter immer wieder bildet, nun auch wirklich mit ausgeschwemmt und beseitigt wurde, das wird erst die Zukunft zeigen. Die Stelle ist wund und wird nur heilen, wenn das Grundärgernis beseitigt wird, wenn das nicht gelingt, hilft wohl nur Amputation.

Mein schwärender Dauerkonflikt ist die Diskrepanz zwischen der Loyalität K gegenüber und meinen eigenen Interessen. K hat eine ausgeprägte Schäferhundmentalität und fühlt sich für alles mögliche verantwortlich, was mich persönlich gar nicht interessiert, ihn aber sehr stark bindet. Grundsätzlich kann ich rein rational seine Position verstehen, es fällt mir aber zunehmend schwer, sie zu unterstützen oder gar zu teilen. Ich habe einfach zu wenig Mutter Theresa-Gene, um mich selber aufzuopfern, nur um andere zu retten.
Ich merke, wie ich selber zunehmend körperliche Zipperlein entwickele, als überzeugter Anhänger der Theorie "jede Krankheit kommt aus dem Kopf" bleibt mir gar nichts anderes übrig, als nach den Ursachen zu forschen. Und dabei entdeckt man dann diese dicken, psychischen Eiterbeulen, die im Zweifel auch Auslöser für Schleimbeutelentzündungen in der Hüfte sein können und vor allem insgesamt ein latentes Unwohlsein verursachen.

Ich kann sehr gut verstehen, dass es schwierig ist, andere Leute hängen zu lassen, nur weil man sich lieber um sich selber kümmert, aber manchmal kann man halt nicht alles haben, was man sich vorstellt - und für mich ist inzwischen der Zeitpunkt gekommen, wo ich beginne, Prioritäten zu setzen und dabei wird eben auch kräftig entrümpelt.

Da ich all diese kleinen, vielen Ärgernisse über eine so lange Zeit schweigend mit mir rumgeschleppt habe, hat sich dadurch nicht nur ein Eitergeschwür gebildet, was heute endlich geplatzt ist, sondern ich fürchte, ich habe auch eine Allergie entwickelt, die dazu führt, dass ich künftig viel eher mit Ausschlag und Eiterpickeln reagiere, wenn die auslösenden Trigger nicht nachhaltig beseitigt werden.

Wir werden sehen, wie es weitergeht und ob wir die Entzündunng gemeinsam in Griff bekommen. Die letzten Tage ging es mir so mies, dass ich tatsächlich bereit war für eine Amputation - alles ist beser als mit diesen Dauerschmerzen weiterzumachen, aber jetzt gab es erst mal eine Entlastung und sehr viel Dreck ist hoch- und rausgekommen, vielleicht hat es ja tatsächlich etwas bewirkt, es wird sich zeigen
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Dienstag, 2. Oktober 2018
Treuenbrietzen
Weil ich gestern eine Gedichtszeile zitiert habe, die ich zunächst gar nicht als solche erkannt habe, fiel mir wieder ein, dass nicht nur meine Literaturkenntnisse mangelhaft sind, sondern auch mein Geographieunwissen manchmal seltsame Stilblüten hervorbringt.

Als es letzten Monat in Brandenburg diesen großen Flächenwaldbrand gab, wurde vor allem das Städtchen Treuenbrietzen immer wieder erwähnt - und ich habe eine ganze Zeit gebraucht, bis ich begriff, dass das keine Postillon-Meldung ist, sondern dass es Treuenbrietzen tatsächlich und immer noch gibt und es dort wirklich brennt.

Denn selbstverständlich kannte ich Treuenbrietzen, in dieser Musiksparte bin ich tatsächlich einigermaßen sattelfest, dass es diesen Ort aber ganz in echt gibt, nun, das wiederum konnte ich mir bis letzten Monat nicht vorstellen.



Dass ich jetzt bei der Suche nach diesem Lied Claire Waldorff zunächst mit Claire Schlichting verwechselt habe, erwähne ich besser nicht auch noch
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Donnerstag, 27. September 2018
Selbstbild
So, der Gips ist ab und jetzt muss ich mir ein neues "Nervobjekt" suchen, eines, mit dem ich meine schlechte Laune, meine dauernde Antriebslosigkeit, kurz, meine gesammelte Unzufriedenheit begründen kann, denn solange ich einen Grund nennen kann, muss ich ja nicht weiter drüber nachdenken, oder?

Ich glaube allerdings, meine aktuelle Wackelstimmung resultiert zu einem Großteil aus der erkannten Unstimmigkeit meines eigenen Selbstbildes mit der Realität und das ist leider genau die Sorte Grund, mit der ich mich dann wohl doch beschäftigen muss, jetzt, wo ich sie einmal identifiziert habe, nur leider führt die Beschäftigung damit in der ersten Zeit zu noch mehr Unwohlsein, fürchte ich.

So ein Selbstbild kann man nicht einfach beschließen, deshalb kann man es auch nicht einfach ändern, egal wie klug das wäre. Das Selbstbild entsteht und verändert sich durch den eigenen Kontakt mit der Außenwelt, allerdings ist es abhängig davon, wie die Reaktionen der Außenwelt interpretiert werden - nur genau dafür ist es auch selber zuständig, also, die Reaktionen der Außenwelt zu interpretieren. In einer Excel-Tabelle würde man das wohl einen Zirkelbezug nennen.

Das ist eben das Schwierige an diesem Selbstbild, es schafft sich zu einem großen Teil selber und ist gleichzeitig lebensnotwendig. Egal wie mies es ist, ohne Selbstbild kann niemand existieren. Es ist das eigene Spiegelbild, was einen Menschen von einem Vampir unterscheidet, ohne Spiegelbild ist man ein Untoter und deshalb verteidigt jeder Mensch ganz automatisch und vollkommen intuitiv sein Selbstbild, egal wie hässlich oder mies es ausfällt.

So kann es zum Beispiel dazu führen, dass ein Kind ein ausgesprochen negatives Selbstbild aufbaut, einfach weil es das jüngste Kind in einer Geschwisterkette ist und sich selber immer nur als totalen Loser erlebt hat, während die Geschwister tolle Sachen konnten. Dass es völlig normal ist, dass ein Vierjähriger nicht das gleiche kann wie ein Acht- oder Zehnjähriger ist Erwachsenen klar, Vierjährigen meist nicht. Und wenn dann die Eltern noch versuchen, das Selbstbewusstsein ihrer Kinder allgemein dadurch zu fördern, dass sie ihnen immer wieder sagen "Du schaffst das. Du bist toll, du schaffst alles, was du dir vornimmst.", dann kann es passieren, dass ein Vierjähriger halt dadurch den Anspruch an sich selber entwickelt, all das zu schaffen und zu können, was die Geschwister auch machen und können, was für einen Vierjährigen aber in einer Dauerfrustration endet, wenn die Vergleichsgeschwisterkinder entsprechend älter sind.
Wenn sich bei so einem Kind dann im eigenen Selbstbild festgesetzt hat, dass es ein Loser ist, dann wird es auch alles tun, dieses Selbstbild zu verteidigen, mit den entsprechenden abwärtsspiraligen Folgen. Dieses Kind wird dann auch ein Lob konsequent ablehnen - Loser werden nicht gelobt, ein Lob ist gefährlich, es könnte sein Selbstbild zerstören und das darf halt auf keinen Fall passieren.

Ich kenn da was von, ich hatte mal so ein Kind, und deshalb habe ich auch viel über Selbstbild und Ansätze für die Veränderung gelernt.
Deshalb weiß ich aber auch, wie kompliziert das ist, die Materie insgesamt.

Aber hilft ja nix, wenn man bemerkt, dass man sich immer und immer wieder in bestimmten Dingen nur selber was vormacht, dann ist eine stückchenweise Umgewöhnung wirklich ein heilsamer Ansatz. Auch wenn es dazu führt, dass ich zunächst wohl mal häufiger keine Lust haben werde.
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Was ich außerdem schon gelernt habe: Jeder Mensch braucht individuell viel, mehr, ganz viel oder sogar Ewigkeiten an Zeit, bis eine Umgewöhnung so umgewöhnt ist, dass sie passt. Dass man sie nicht mehr als lästige Therapie empfindet, sondern als normalen Alltag, denn erst dann klappt es dauerhaft und macht zufrieden.
Ich benutze jetzt seit vier Wochen regelmäßig die Linkshändermaus - einen Fortschritt im Sinne von "geht schon viel leichter" oder gar "ich merke keinen Unterschied mehr" kann ich von dieser Front noch nicht vermelden, ich fürchte, ich werde noch mehr als vier Monate brauchen (wenn nicht noch länger), bis sich hier wenigstens ein Fitzel Gewöhnung einstellt, komplette Umgewöhnung wird es wohl nie, bzw. bis dahin halte ich nicht durch.
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An mein Teilzeitfasten habe ich mich dagegen sehr gut gewöhnt, obwohl es auch nach nunmehr gut fünf Monaten noch immer keinerlei Wirkung zeigt (Minus 1 Kilo in fünf Monaten kann man nicht wirklich Wirkung nennen.) Allerdings macht es das Leben in der Summe etwas einfacher und preiswerter, weil ich mich ja nur einmal am Tag mit Essen beschäftige, d.h. bestimmte Dinge brauche ich einfach nicht mehr zu kaufen. (Frühstückskram im weitesten Sinne zB ist vollkommen von der Einkaufsliste verschwunden).
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Was dafür nach mittlerweile exakt acht Jahren sehr gut klappt, ist nicht mehr Rauchen. Auch hier habe ich ja gedacht, die "Pausensinnlosigkeit" würde für immer bleiben, denn das war der Teil im Leben eines Nichtrauchers, den ich am längsten als störend empfunden habe, aber jetzt, wo ich konkret darüber nachdenke, fällt mir auf, dass auch diese "Störstelle" weg ist. Ich weiß noch, dass ich in den ersten Monaten meines Nichtraucherlebens immer wieder versucht habe, eine Antwort auf die Frage "Wie macht man als Nichtraucher Pause?" zu finden, denn das ist mir am deutlichsten aufgefallen: Als Nichtraucher macht man keine Pausen. Zumindest nicht so, wie man sie als Raucher jahrelang gewöhnt war: Aktiv aufstehen, vor die Tür gehen und fünf Minuten nichts tun.
Und wenn mich heute jemand fragt, wie ich Pausen mache, dann wüsste ich auch immer noch keine Antwort - aber es stört mich nicht mehr. Mir fehlen die fehlenden Pausen nicht. Vielleicht brauchen Nichtraucher ja auch nicht so viele Pausen wie Raucher?
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So, und um zum Abschluss wenigstens einen kleinen Baustein in meinem Selbstbild zum Wackeln zu bringen:
Ja, ich gucke Fernsehen und ja, es scheint mir wichtig zu sein, denn wenn ich die Stunden, die ich in der Woche vor dem Fernseher verbringe mit Twitter oder Instagram oder Podcasthören verbringen würde, dann wäre ich nicht nur wahrscheinlich, sondern ganz bestimmt schon lange ein gut vernetzter Socialmediafreak.

Aber eigentlich finde ich Fernsehgucken blöd. Intellektuell ist es auf jeden Fall überhaupt nicht. Echte Intellektuelle haben keinen Fernseher und wenn sie einen haben, dann gucken sie so Serien wie Dschungelcamp oder der/die Bachelorette, denn das ist in seiner gesamten gruseligen Trashigkeit schon wieder Kult.

"Kult" wird übrigens auch nur von Intellektuellen geschaffen, "Mainstream" oder "Massengeschmack" ist dagegen die prollige Unterschicht-/Spießervariante. Nur mal so nebenbei bemerkt, ist mir eben aufgefallen.

Ich stelle aber mit zunehmendem Alter fest, dass mir Kult zu anstrengend ist, oder zu langweilig. Kann durchaus das gleiche sein. Wie auch immer, Kult ist mir einfach nicht mehr wichtig. Mainstream oder Massengeschmack habe ich aber nie geübt, irgendwie bin ich da auch raus.

Ich stelle deshalb leicht entsetzt fest, dass ich den Anschluss an meine Peergroup verloren habe. Dass ich überhaupt den Anschluss an jede Gruppe verloren habe.
Ich weiß gar nicht mehr, wohin ich gehöre - und genau das ist das aktuelle Problem mit meinem Selbstbild.
Ich habe verpasst, es anzupassen, es ist nicht mit mir gealtert, ich finde immer noch die Gruppe der coolen 35-45jährigen toll und meine, ich wäre auch so.
Bin ich aber nicht.
Ich schaue fern statt Netflix, zu allem Überfluss auch noch nur öffentlich rechtliches TV und dort fast alles, bis auf Tatort, der ist mir zu kompliziert geworden. Oder zu wiederholig, passt beides, auf alle Fälle finde ich Tatort enorm unspannend und dabei wäre das DIE Chance, wenigstens hier den Kultanschluss zu halten.
Aber nein, knapp wird Tatort Kult höre ich auf den Kram zu gucken. Wie dumm.

Ich fürchte aber, ich muss zuallererst mal klären, wohin ich überhaupt gehöre
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Sonntag, 23. September 2018
Erkenntnisse
Manchmal braucht es tatsächlich den Kontakt zu wildfremden Menschen, um eigene Eigenschaften zu entdecken.

Die Eindrücke, Erlebnisse, Gespräche und Erfahrungen aus der Barcampteilnahme haben mich heute den ganzen Tag beschäftigt und ich habe deshalb versucht, meine Gedanken, Erinnerungen und Erkenntnisse dazu sinnvoll zusammenzufassen, zu sortieren und auszuwerten.

Das für mich Besondere an diesem Barcamp war das Zusammentreffen „auf Augenhöhe“ von so vielen Menschen, von denen sich die allermeisten untereinander nicht kannten. Die meisten Teilnehmer bewegten sich deshalb auch in einem komplett neutralen Umfeld, d.h. sie konnten sich nicht hinter einer eingeübten Rolle verstecken, mussten dafür aber auch keinem vorgegebenen Rollenklischee gerecht werden.
Der typische Barcampspirit führt zudem dazu, dass sich fremde Menschen untereinander ungeniert ansprechen und schnell unterhält man sich genau über die Dinge, die einem bei dem jeweils anderen als besonders bemerkenswert bereits aufgefallen sind.

Durch die Begegnung auf Augenhöhe, also die Tatsache, dass in der Ausgangsposition alle gleich sind, es also weder Chefs, noch Rudelführer oder Promis gibt, entsteht dieses „ungeniert“, was ich ungemein positiv und entspannend finde.

Sehr beeindruckt hat mich ein Gespräch mit einem Teilnehmer, der mir sagte: „Deine Beiträge fallen durch einen sehr schnörkellosen Pragmatismus auf. Alles nur dekorativ Schöne wird von dir kurzerhand vom Tisch gefegt, wenn es dem Ergebnis im Weg steht.“ - Dieser Satz hat mich vor allem im Nachhinein sehr zum Nachdenken angeregt, weil mir dadurch bewusst wurde, dass es Dinge gibt, die mir vielleicht völlig bedeutungslos und damit unnütz erscheinen, die für andere aber durchaus einen Wert darstellen können, und nur weil sich mir dieser Wert nicht erschließt, ist er deshalb ja nicht weniger wertvoll.

Indirekt kann ich mir damit auch eine Frage beantworten, die ich mir schon oft gestellt habe, nämlich weshalb sich so viele Menschen das Leben aus meiner Sicht so unnötig kompliziert machen. Da aber für viele Leute das „dekorativ Schöne“ ein wichtiger Teil des Ergebnisses zu sein scheint, nehmen sie dafür auch in Kauf, dass dadurch das Leben ungleich komplizierter wird. Was mir als lästiger Firlefanz erscheint, also sich damit zu beschäftigen, ständig um all diesen Nippeskram herumzunavigieren, der zu allem Überfluss auch noch regelmäßig abgestaubt werden muss, ist das für andere Menschen genauso eine Selbstverständlichkeit wie Essen machen oder Körperhygiene. Viele Menschen scheinen diese Schnörkel zu brauchen, sonst wäre für sie das Leben trüb und trist.

Der Begriff das „dekorativ Schöne“ steht dabei exemplarisch nicht nur für gegenständliche, reale „Dekorationsartikel“, sondern genausogut auch für „emotionale Schnörkel“, also für persönliche Empfindlichkeiten, die vielleicht rational sinnlos oder behindernd erscheinen, aber deshalb trotzdem real von Bedeutung sind.

Als Beispiel fällt mir hier einerseits spontan die Tischdecke auf dem Terrassentisch ein, die meine Schwester unbedingt verwenden wollte, weil ihr der nackichte Plastiktisch zu hässlich erschien, die ich dagegen nur lästig fand, weil sie ja ruckzuck bekleckert ist, dann muss man sie waschen und bügeln und überhaupt, was für ein Umstand. Wenn der Tisch nicht mehr schön genug ist, dann kaufe ich halt einen neuen Tisch, aber ein Provisorium, was eh schon zur Entsorgung vorgesehen ist, vorher durch zusätzliche Arbeit noch aufzuhübschen, erscheint mir sinnlos.

Und andererseits erinnere ich mich an ein Gespräch zwischen K und meiner Schwester, in dem sie vorsichtig und einfühlsam mit ihm besprochen hat, was es für Möglichkeiten gibt, seiner Frau zu helfen, denn mit der ist er nicht nur immer noch verheiratet, sondern kümmert sich auch immer noch um sie, weil sie sonst scheint‘s niemanden hat und alleine mit ihrem Leben nicht klarkommt. Für mich ist diese Ehefrau ein immer größer werdendes Ärgernis, weil ich mich aktiv zurückgesetzt fühle, wenn K auf die allfälligen ichwill- oder ichkanndasnicht Befindlichkeiten seiner Frau mehr Rücksicht nimmt als auf meinen Anspruch, dass er da endlich mal Ordnung in sein Leben bringt.
Mein sehr pragmatischer Lösungsansatz ist also ein einfaches „mit der Faust auf den Tisch hauen“, entweder macht sie, was man ihr sagt oder sie soll selber schauen, wie sie klarkommt. Für ein nun schon fast 25 Jahre dauerndes Mimimi fehlt mir tatsächlich jede Sorte Verständnis und vor allem fehlt mir das Verständnis dafür, dass K das widerstandslos akzeptiert. Faszinierenderweise war K in dem Gespräch mit meiner Schwester aber deutlich aufgeschlossener als in allen Gesprächen mit mir über dasselbe Thema und sagte mir nachher: „Siehste, das waren mal konstruktive Vorschläge, da kann ich was mit anfangen. Du bist immer nur so prügelpeitsch.“

Ich glaube, das, was mir im Umgang mit anderen Menschen regelmäßig im Weg steht, ist mein fehlendes Verständnis für Schnörkel. Einer meiner Lieblingsbegriffe um Dinge abzuwerten ist „Schmuck am Nachthemd“ - und da ich seit über 40 Jahren ohne jede Nachtbekleidung schlafe, leben für mich Menschen, die gebügelte und rosaberüschte Schlafanzüge tragen, gefühlt einfach auf einem anderen Stern. Ich habe noch keine Ahnung, wie ich das ändere (und ob ich das überhaupt ändern will), aber immerhin weiß ich jetzt schon mal, wo ich suchen kann, wenn es mal wieder hakt.

Außerdem gab es noch einen weiteren Satz, der mich ausführlich zum Nachdenken gebracht hat, damit fasste ein anderer Teilnehmer in einem Gespräch die Lösung für ein von mir vorgetragenes Problem zusammen: „Dann ist es dir wohl einfach nicht wichtig genug.“
Spontan habe ich diese Lösung energisch abgelehnt, denn selbstverständlich ist mir das Problem wichtig, schließlich suche ich schon seit Jahren und sehr hartnäckig nach einer Lösung, aber genau hier liegt die Lösung: Mir ist nur das Problem wichtig, nicht die Lösung.
In einem Lied von Annett Louisan heißt es: „Geh mir weg mit einer Lösung, sie wär der Tod für mein Problem“ - und ich denke, genau das war meine spontane Reaktion, mit zwei Tagen Abstand und ein wenig Nachdenken fällt es mir aber zum Glück auf.
Mein Problem (oder das, was ich dafür hielt) ist meine offensichtliche Inkompetenz im nachhaltigen Umgang mit sozialen Medien. Ich kann das zwar alles technisch bedienen, ich finde die technische Bedienung aber entweder umständlich und/oder zu zeitintensiv und jammere regelmäßig darüber, dass ich es nicht schaffe, Twitter, Facebook und Co. so in meine Leben zu integrieren, dass es mir gut gefällt. Mein Lösungsansatz war deshalb eine intensive Suche nach einer besseren technischen Bedienung.
Die gibt es aber nicht.
Die Beschäftigung mit und die Teilnahme in sozialen Medien IST FÜR JEDEN zeitintensiv und mich stört es nur deshalb, weil mir die sozialen Medien absolut betrachtet tatsächlich nicht wichtig genug sind.

Ich muss dafür nur mal mein Selbstbild zurechtruckeln, was sich allerdings leichter anhört als es ist und ich arbeite auch noch dran, intensiv sogar, aber ein erster Schritt ist mit dieser Erkenntnis schon mal gemacht.
Das mit dem Ruckeln am Selbstbild ist ja immer so eine Sache, gefühlt ist es mindestens so gefährlich wie ein selbstgebasteltes Bios Update, zumindest muss man dringend für eine stabile Stromzufuhr sorgen, sonst droht ein kapitaler Systemcrash.
Und nicht alles auf einmal ändern, sondern Patch für Patch und zwischendurch immer wieder mal neustarten, um zu überprüfen, ob noch alles läuft und um Wiederherstellungspunkte zu generieren.

Fragen, die ich mir selber noch beantworten muss:
- Was sind das für Leute, die sich in meiner Filterblase der sozialen Medien tummeln? Kurzbeschreibung mit je drei typischen Tags für positive und negative Eigenschaften
- Was finde ich an diesen Menschen so spannend, dass ich meine, dazugehören zu müssen?
- Was sind das für Leute, denen Facebook, Instagram und Twitter egal ist? Kurzbeschreibung mit je drei typischen Tags für positive und negative Eigenschaften
- Erwerbe ich automatisch die negativen Eigenschaften, wenn ich das Interesse an Twitter&Co auch mir selbst gegenüber offiziell aufgebe?
- Welche zugewiesene Eigenschaft will ich auf keinen Fall akzeptieren? Sprich: Wie will ich auf keinen Fall sein?

Noch fände ich die Vorstellung ganz prima, wenn sich plötzlich eine technische Lösung auftäte und ich könnte ohne große Umstände spontan zum Twitter- und Instagram-Crack werden, ich schätze aber, es ist klüger, ich schraube da ein wenig am Bios
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Freitag, 14. September 2018
Datenschutz
Rein beruflich konnte ich es ja nicht vermeiden, dass ich mich ausführlich mit dem Thema Datenschutz beschäftigen musste, das Wirksamwerden dieser unsäglichen DSGVO hat uns ja nach zwei Jahren Vorlaufzeit alle maßlos überrascht und es bestand akuter Handlungsbedarf, wollte man dem finanziellen Ruin, der durch acht- und mehrstellige Bußgelder und natürlich durch die Heerscharen von geldgeilen, abmahnwütigen 4er-Juristen drohte, entgehen oder zumindest vorbeugen.
Ich habe also größere Mengen an Fortbildungen und Seminaren zu diesem Thema besucht, stapelweise Fachliteratur dazu studiert und mit sehr klugen und weniger klugen Fach- und Nichtfachleuten darüber geredet und schließlich irgendwie entschieden, wie die Firmen, für die ich zuständig bin, damit umgehen werden.
Parallel dazu habe ich mit großer Neugier beobachtet, wie das andere Firmen, Vereinigungen und Privatleute jeweils entschieden und organisierten und kann an dieser Stelle nur mal wieder Karl Valentin zitieren, der bekanntlich sagte, dass alle Dinge drei Seiten haben, nämlich eine positive, eine negative und eine spaßige.
Alle drei Seiten habe ich bei diesem Thema entdeckt, und nach dem diese Verordnung nun schon seit einigen Wochen gilt, die Welt bisher aber vollkommen unerwartet weder unterging noch erste Insolvenzen deshalb angemeldet wurden, kann ich feststellen, dass die spaßige Seite dieser gesamten Aktion bisher eindeutig überwog, ich bin sehr gespannt, wann wir dann mal zur funktionalen Normalität übergehen.
Mein persönlicher Favorit an Berichten über den Umgang mit der neuen DSGVO ist dieser Beitrag von Thomas Wiegold mit original Tonmitschnitt aus der Bundespressekonferenz. Ich habe diesen Beitrag tagelang immer wieder angeklickt und immer wieder aufs neue darüber gekichert.
Herr Wiegold hat die spaßige Seite dieser DSGVO auch noch sehr schön über eine Statistik der unterschiedlichen Beurteilungsmethoden der Umsetzung auf seinem zweitem Blog herausgearbeitet, er fasst den deutschen Irrsinn, was den Umgang mit Gesetzen angeht sehr schön in seinem Schlusssatz zusammen:
Aber mal im Ernst: Ein Gesetz, dass von Betroffenen je zur Hälfte so und von der anderen Hälfte genau anders verstanden wird – was taugt das?

Das Problem ist nämlich im Grunde gar nicht das Gesetz, und hier kommen wir zu der positiven Seite der Angelegenheit, das Gesetz selber ist in vielen Bereichen durchaus sinnvoll und begrüßenswert, weil es natürlich ausgesprochen vernünftig ist, sich europaweit strukturiert mit dem Thema Datenschutz zu beschäftigen.

"Daten" sind längst ein wertvolles Wirtschaftsgut geworden, mit denen pfiffige Unternehmer jede Menge Geld verdienen können. Dabei geht es nicht nur um Datenhandel, sondern auch um den organisierten Einsatz von Daten, um bestimmte Interessen zu verfolgen. Angefangen beim Einfluss auf demokratische Prozesse, über das gezielte Steuern von Kaufgelüsten bis hin zu böswilliger Ausgrenzung einzelner Personen lässt sich in der heutigen, von Daten bestimmten Welt, sehr viel Schlechtes mit Daten anfangen, was leider sehr gut bezahlt wird.
Und immer, wenn viel Geld im Spiel ist, ist es sinnvoll, wenn der Gesetzgeber die Spielregeln dafür organisiert und vorgibt.
Aber genau das ist auch gleichzeitig das Problem, denn das Thema „Datenschutz“ ist, verglichen mit anderen Themen, deren gesetzliche Regelung teilweise schon vor über hundert Jahren angegangen wurde, noch ziemlich neu - und bisher haben weder Bürger noch Gesetzgeber genug Erfahrung mit den Problemen, die aus der "schlechten" Nutzung von Daten entstehen können und vor allem, wie man das verhindern kann und so ist vieles in der jetzt vorliegenden DSGVO erstmal ein wilder Blindschuss und muss in den Folgejahren durch Rechtsprechung und angewandten Praktizismus so weit zurechtgeruckelt werden, dass nachher wirklich ein vernünftiges Gesetz daraus wird, bei dem jeder weiß, was er zu tun und zu lassen hat, was er darf und was nicht und das vor allem von allen Anwendern einheitlich ausgelegt wird.

Wenn das im Wesentlichen erledigt ist, dann bin ich sicher, dass die DSVGO sehr viele positive Seiten hat, bisher hat sie aber genauso viele negative Seiten, nämlich genau die, dass eben noch keiner so genau weiß, wie er rechtssicher damit umgehen soll und dass sie vor allem mit gefühlten 99% aller Fälle Leute und Institutionen trifft, die gar nichts "Schlechtes" mit ihren gesammelten Daten vor haben.

Was ich mich unabhängig von der aktuellen Rechtsunsicherheit, die natürlich das prägende Thema ist, gefragt habe, ist, was genau eigentlich der Datenschutz schützen will und vor allem, vor wem.
Wer wird eigentlich geschädigt, wenn irgendein Websitenbetreiber vergisst, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass seine Website Cookies setzt und dass er Trackingsoftware verwendet, die genau analysieren kann, wo der einzelne Besucher herkam, wo er hingeht und welche IP-Adresse er hat? Denn natürlich darf all das weiter verwendet werden - wenn der Besucher, dessen Daten erhoben werden, dem ausdrücklich zustimmt.
Ich persönlich würde ja vorschlagen, wir machen einfach zwei Internette: Eines für Leute, die ihre Daten mit niemandem teilen wollen und eines für Leute, denen das herzlich egal ist.
Mir selber ist das nämlich ehrlich gesagt völlig egal, weil ich immer noch nicht verstanden habe, welchen Schaden ich konkret habe, wenn irgendein Webseitenbetreiber meine Daten in seine Statistik einpflegt. Er hat mir meine Daten ja nicht geklaut, ich habe sie noch weiterhin, sie sind noch nicht mal abgenutzt oder kaputtgegangen. Auch wenn der Zusammenhang ein völlig anderer ist und es eigentlich nicht richtig passt, fällt mir hier doch immer der alten Witz mit dem Bad ein: Auf die Frage, ob er ein Bad genommen habe, antwortet Fritzchen: „wieso? Fehlt eins?"
Für mich ist die zentrale Frage: Welcher Schaden entsteht, wenn ein Internetnutzer freiwillig im Netz rumsurft und dabei eben auch freiwillig Daten hinterlässt. Ich meine, er muss all die Websites ja nicht besuchen, oder?
Und außerdem frage ich mich, wie weit man den Datenschutz treiben kann? So könnte doch zB jeder Kneipenwirt still und heimlich die Fingerabdrücke von allen seinen Gästen sichern, oder DNA-Proben nehmen, weil die Gäste Spucke an den Gläsern hinterlassen haben. Warum ist noch niemand auf die Idee gekommen, das zu verbieten und zu verlangen, dass jeder Kneipenbesucher vor dem Betreten der Kneipe eine schriftliche Erklärung abgibt, dass ihm durchaus bewusst ist, dass der Kneipenwirt all so ein Unsinn tun könnte? Weil der Kneipenwirt kein Interesse daran hat es zu tun? Das kann kein Argument sein, denn die DSGVO betrifft zu 98% Leute, die auch überhaupt kein Interesse daran haben, für sie sinnlose und nutzlose Daten von anderen Leuten zu erheben oder zu speichern, für die aber das Nichterheben gar nicht möglich ist, eben weil einem die meisten Leute ihre Daten ja gradezu aufdrängen bzw. weil neben den nützlichen Daten, die einfach den Umgang und die Kommunikation miteinander erleichtern auch große Mengen an nutzlosen Daten gleich mitübermittelt und damit gespeichert werden. Der Unterschied zu der (aufgedrängten) Spucke auf dem Bierglas ist nur graduell.
Unterm Strich haben wir aktuell damit vor allem eine ganz erhebliche Komplikation im Umgang miteinander, außer 500 Seiten AGBs, in denen im Zweifel auch drinsteht, dass man Katzen nicht in die Mikrowelle stecken soll, weil man als Unternehmer heute ja auf jeden Blödsinn hinweisen muss, um nicht daran Schuld zu sein, dass irgendein Idiot irgendeinen Blödsinn macht, und einem dann nachher vorwirft, dass man ihn nicht gewarnt habe, also, außer diesen mittlerweile unendlich langen AGBs, die schon lange kein Schwein mehr liest, muss man jetzt auch noch in sieben nacheinander oder auch gleichzeitig aufploppenden Nutzungsfenstern allem möglichen zustimmen, um irgendwann einfach nur mal das lesen, bestellen oder nutzen zu können, was der eigentliche Sinn des Besuchs auf der jeweiligen Website war.
Was genau ist jetzt geschützt worden und was könnte jemand tun, wenn man all diese Warnungen nicht eingeführt und zustimmungspflichtig gemacht hätte?
Kann es sein, dass Millionen von Menschen jetzt mit diesen blödsinnigen Umständlichkeiten leben müssen, weil ein paar einzelne Idioten zu dämlich sind, ohne Hinweis zu bemerken, dass es keine kluge Idee ist, Katzen in Mikrowellen zu setzen?
Ich sehe ja ein, dass wir Minderheiten schützen müssen und nicht ausgrenzen dürfen, gleichzeitig frage ich mich aber immer, ob wirklich jede Minderheit derart schützenswert ist, dass die große Mehrheit der Gesellschaft deshalb so viel Umstand auf sich nehmen muss. Weshalb also Menschen mit einem IQ von kurz unter Knäckebrot, denn mehr kann es nicht sein, wenn man seine Katze in die Mikrowelle setzt, in der Form in die Gesellschaft integriert werden müssen, dass man die als selbstverständlich vorausgesetzten Grundregeln so niedrig definiert, dass eben auch geistig schwer Minderbemittelten problemlos klarkommen, das wird sich mir wahrscheinlich nicht mehr erschließen
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