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Sonntag, 27. Dezember 2020
Die Uhr der kaputten Zeit
anje, 21:46h
Dass ich eine gesteigerte Uhrenaffinität habe, ist nicht neu, und wenn man viele Uhren hat, dann hat man auch häufiger mal was zu reparieren.
Ich bin nun kein Uhrmacher oder irgendetwas vergleichbar technisch Hochwertiges, aber ich kann ein nicht mehr funktionierendes Uhrwerk bei einer Wanduhr gegen ein funktionierendes wechseln. Ich weiß also, wie man ein Uhrwerk aus- und wieder einbaut, und im Laufe der Jahre habe ich mir einen größeren Vorrat an funktionsfähigen Uhrwerken auf dem Flohmarkt zusammengesammelt.
Wenn man Uhren auf dem Flohmarkt vor allem wegen des Uhrwerks kauft, dann hat man sehr schnell auch eine größere Menge an "Gehäusen" und so habe ich irgendwann begonnen, die Gehäuse "aufzupimpen".
Aus meiner Vergangenheit als Stempler habe ich ja immer noch unendliche Mengen an Materialien und Werkzeugen im Haus und ab und zu macht es richtig Spaß, damit mal wieder zu arbeiten.
Seit längerem schon steht bei mir eine Uhr rum, bei der das Gehäuse gradezu danach schreit, bearbeitet zu werden, denn es besteht einfach nur aus einer ziemlich großen Pressspanplatte. Ohne Aufdruck, einfach nur plein vanilla packpapierbraune Oberfläche, ideal als Basis.
Aus meiner Stemplerzeit, in der ich vor allem auch gerne Collagen und altered books bearbeitet habe, besitze ich noch eine große Kiste voll alter, kaputter Armband- und Taschenuhren. Die Zifferblätter und Innenleben sind hervorragend geeignet, um Collagen im Steampunk-Stil zu machen, aber heute hatte ich plötzlich eine viel bessere Idee.
Ich habe die Uhr der kaputten Zeit erstellt.

Das schwierigste dabei war, sich zu entscheiden, welche Teile aus meiner wirklich sehr großen Kiste mit Uhrenteilen ich da letztlich mit Pattex auf den leeren Untergrund klebe, zu dem Zweck habe ich mich ausführlich per Facetime mit C beraten, K hat mir die Positionen eingezeichnet (als Pilot besitzt er natürlich ein Kreislineal) und ich musste nachher nichts anderes machen als alles an Position zu kleben und ein Uhrwerk einzubauen
.
Ich bin nun kein Uhrmacher oder irgendetwas vergleichbar technisch Hochwertiges, aber ich kann ein nicht mehr funktionierendes Uhrwerk bei einer Wanduhr gegen ein funktionierendes wechseln. Ich weiß also, wie man ein Uhrwerk aus- und wieder einbaut, und im Laufe der Jahre habe ich mir einen größeren Vorrat an funktionsfähigen Uhrwerken auf dem Flohmarkt zusammengesammelt.
Wenn man Uhren auf dem Flohmarkt vor allem wegen des Uhrwerks kauft, dann hat man sehr schnell auch eine größere Menge an "Gehäusen" und so habe ich irgendwann begonnen, die Gehäuse "aufzupimpen".
Aus meiner Vergangenheit als Stempler habe ich ja immer noch unendliche Mengen an Materialien und Werkzeugen im Haus und ab und zu macht es richtig Spaß, damit mal wieder zu arbeiten.
Seit längerem schon steht bei mir eine Uhr rum, bei der das Gehäuse gradezu danach schreit, bearbeitet zu werden, denn es besteht einfach nur aus einer ziemlich großen Pressspanplatte. Ohne Aufdruck, einfach nur plein vanilla packpapierbraune Oberfläche, ideal als Basis.
Aus meiner Stemplerzeit, in der ich vor allem auch gerne Collagen und altered books bearbeitet habe, besitze ich noch eine große Kiste voll alter, kaputter Armband- und Taschenuhren. Die Zifferblätter und Innenleben sind hervorragend geeignet, um Collagen im Steampunk-Stil zu machen, aber heute hatte ich plötzlich eine viel bessere Idee.
Ich habe die Uhr der kaputten Zeit erstellt.

Das schwierigste dabei war, sich zu entscheiden, welche Teile aus meiner wirklich sehr großen Kiste mit Uhrenteilen ich da letztlich mit Pattex auf den leeren Untergrund klebe, zu dem Zweck habe ich mich ausführlich per Facetime mit C beraten, K hat mir die Positionen eingezeichnet (als Pilot besitzt er natürlich ein Kreislineal) und ich musste nachher nichts anderes machen als alles an Position zu kleben und ein Uhrwerk einzubauen
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Sonntag, 27. Dezember 2020
Schlager
anje, 00:37h
Durch Zufall bin ich gestern auf WDR3 in einen ausführlichen Schlagerrückblick von 1970 bis heute geraten und habe mich dann festgeguckt, weil es mich einerseits faszinierte, wie viele Schlager und vor allem auch Schlagersänger und -innen ich kannte, aber auch dass in dieser Zusammenfassung Sänger waren, die ich selber gar nicht in dieses Genre einsortiert hätte.
Gleichzeitig ist mir aber auch aufgefallen, dass meine Kenntnis von bekannten Schlagersänger- und -innen samt ihren Liedern ungefähr Mitte der 80er aufhört, alle, die danach erst berühmt wurden, hat meine Wahrnehmung nicht mehr registriert bzw. einige wenige sind mir (inzwischen) zwar vom Namen her bekannt, weil eben so viel über sie berichtet wurde, dass das selbst in meiner stark gefilterten Informationsblase ankam, ich bringe sie aber tatsächlich nicht mit irgendeinem Song in Verbindung bzw. ich kenne ihre berühmtesten Songs einfach nicht.
Nun ist mein Musikgeschmack noch nie geeignet gewesen, irgendwelchen Mainstream Anforderungen zu genügen, auch nicht, wenn ich als benchmark für den jeweils "wichtigen" Mainstream nur den Geschmack meiner jeweiligen Peergroup ansetze.
Versaut habe ich mir das dadurch, dass ich einerseits schon sehr früh Liedermacher ganz prima fand (und Musicals übrigens auch), mich aber gleichzeitig nicht in der zu Liedermachern gehörenden Fangemeinde wiederfand. Falsche Peergroup für mich, sozusagen, weil eindeutig zu viel Ideologie (also, ich meine, der typische Liedermacherfan ist überwiegend gleichzeitig auch in der grün-linken oder der Gemeindepfarramts-Ideologie zu verorten) und auf Ideologie reagiere ich ja identisch wie auf Religion, ich halte sehr gerne sehr viel Abstand.
Ich finde, jeder kann das mit dem Glauben und den Überzeugungen für sich halten wie er will, aber meine wichtigste Überzeugung ist, dass ich meine Meinung bitte jederzeit ändern können möchte, wenn ich neue Informationen habe, die meine bisherige Meinung plötzlich komplett anders beleuchten und das wird in ideologisch geprägten Gruppen nun mal gar nicht gern gesehen.
Weil ich mich also den Liedermacherfans nicht anschließen mochte, Musicals sowieso nur was für ganz andere Leute waren und ich gerne von den ideologisch ungeprägten Typen aus dem Reitstall und von der Clique am Borkumer Südstrand akzeptiert werden wollte, habe ich mich einfach an den Charts der damaligen Zeit orientiert, wenn es um meinen "offiziellen" Musikgeschmack ging und dabei sehr früh gelernt, dass Schlager eher was für ältere Leute sind, die meinen, sie müssten auch noch Party machen. Also so für Leute ab 30 oder so und dass es für jüngere Leute wie mich total uncool war, Schlager zu mögen. (Musicals war übrigens "Intellektuellen-Musik", da ist die Peergroup für 15-16jährige noch dünner besetzt und Streber wollte ich ja nun auch auf gar keinen Fall sein.)
So bis Mitte der 70er war es dabei relativ einfach, Schlager als Schlager zu identifizieren, das waren nämlich alle deutschen Lieder, die keine Liedermacherlieder waren. Es wurde dann etwas komplizierter als Marius Müller-Westernhagen gemocht werden durfte. Dessen Lieder waren cool und wurden auf jeder Fete gespielt, das gefiel mir, denn endlich hatte ich auch mal ganz in echt einen Mainstream-Geschmack. Aber Peter Maffay war deshalb noch lange nicht akzeptiert und Udo Jürgens war schwierig, aber immerhin nicht so schlimm wie Tony Marschall, Roberto Blanco oder Roy Black. Es gab außerdem einzelne Ausnahmen, für die wurde man nicht sofort in die ewige Musikgruftihölle verbannt, wenn man die mochte, z.B. Juliane Werding mit "Am Tag als Conny Kramer starb", das wurde grade noch mit zugekniffenen Augen akzeptiert, obwohl es natürlich cooler war, gleich das Original von Joan Baez zu hören.
Dass in dem Schlagerrückblick, den ich da gestern sah, Udo Jürgens auf einer Stufe neben Rex Gildo einsortiert wurde, das fand ich dann schon schräg, weil er zumindest in meiner Welt früher nicht als zu verachtender Schlagerfuzzi galt. Es war nicht cool ihn zu mögen und er war auch kein echter Liedermacher, aber irgendwie eher doch sowas als ein Schlagerstar. Nun ja.
Die Sendung Hitparade war für die Erwachsenen (also die ab 30), das guckte man höchstens, weil man es gucken durfte, aber nicht weil man selber interessiert war. Ich guckte es vor allem deshalb ganz gerne, um zu lernen, bei welcher Musik ich ordnungsgemäß die Augen verdrehen musste, wenn Freunde dabei waren.
Angesagte, also akzeptierte Musik gab es bei Ilja Richter in der "Disco", was ich versuchte, regelmäßig zu gucken, einfach deshalb, damit ich informiert war, welche Songs grade "heiß" waren. Das war die preiswerteste und bequemste Variante. Echte Freaks hörten natürlich ständig Radio und kauften sich im Zweifel auch noch passende Zeitschriften, das war mir viel zu lästig, weil ich die Musik selber ja gar nicht hören wollte, sondern nur die wichtigsten Informationen zum darüber Mitreden brauchte.
In den 80ern bekam ich "neue" Musik dann entweder übers Radio mit, was beim Autofahren lief und natürlich wenn man abends ausging, da wurden die Charts ja auch hoch und runter gespielt. Mein Kontakt zu Erwachsenen (also denen über 30) wurde immer weniger, keine Teilnahme an gemeinsamen Feten mehr, ich war alt genug, um auf eigene Feten gehen zu können. Dementsprechend spärlich wurden auch so nach und nach die Informationen über neue Schlager - und irgendwann war ich dann von Informationen über dieses Musikgenre sozusagen abgeschnitten, weil, wo hätte ich etwas darüber erfahren können? Niemand in meinem Umfeld hörte diese Musik, ich glaube, ich hielt Schlager lange Zeit für so etwas wie Kölnisch Wasser - das wird mit meiner Elterngeneration irgendwann aussterben.
Ich erinnere mich gut, dass ich 2006 das erste Mal etwas von Andrea Berg hörte, weil der Maler, der auf Borkum den Innenanstrich erledigt hatte, so von ihr schwärmte und ich aus Neugier dann diesen Namen googelte und vor Erstaunen fast vom Stuhl fiel, als ich las, wie viele Millionen Schallplatten diese Frau schon verkauft hatte.
Das hat mich damals schon erstaunt und gestern gab es ja noch viele weitere Informationen über Schlagersänger und -innen, die heute angesagt sind und ich stellte fest, dass ich tatsächlich kaum einen der Namen kannte, obwohl die teilweise das x-fache an Platten verkaufen verglichen mit den Leuten, die meiner Meinung nach grade in den Charts sind.
Immerhin wusste ich schon, wer Helene Fischer ist und von "dem Wendler" hatte ich auch schon gehört, allerdings vor allem deshalb, weil sich so viele Satiriker so häufig über den lustig machen. Roland Kaiser (kenne ich, noch von früher und außerdem kauft er häufig mit mir gleichzeitig im selben Großmarkt in Münster ein, man kennt sich sozusagen vom Einkaufen), also dieser Roland Kaiser hat jetzt eine Platte mit Florian Silbereisen gemacht und den hätte ich stumpf unter "Volksmusik" abgelegt und plötzlich wurde mir klar, dass es neben Schlager und der Hitparade (für die Leute ab 30) ja früher auch noch Volksmusik und den blauen Bock gab (für die Leute ab 60) und dass es etwas ähnliches also sicher heute auch noch gibt - nur, wer verdammte Axt, guckt das noch?
Und dann habe ich mir überlegt, dass meine frühere Einteilung, also Schlager sind vor allem was für "Leute ab 30" und Volksmusik ist was für Rentner, vielleicht tendenziell früher gepasst hat, so ganz grob, aber dass ich damit heute keine einfache Abgrenzung mehr zu mir definieren kann, weil, sonst hätte ich die letzten 28 Jahre ja schon Schlager hören müssen bzw. wenigstens hätte ich Freunde haben müssen, die Schlager hören und demnächst wechseln dann alle zur Volksmusik und das halte ich alles für extrem unwahrscheinlich.
Es muss also ganz andere Unterschiede geben und dann wurde mir klar, dass es neben meiner kleinen, eingeschränkten Miniwelt ein gigantisch großes Paralleluniversum geben muss, in dem Millionen von Menschen leben, die auf Schlager und auf Volksmusik stehen und dafür auch richtig viel Geld ausgeben - die aber alle für mich nicht sichtbar sind.
Und das hat mich dann sehr nachdenklich gemacht
.
Gleichzeitig ist mir aber auch aufgefallen, dass meine Kenntnis von bekannten Schlagersänger- und -innen samt ihren Liedern ungefähr Mitte der 80er aufhört, alle, die danach erst berühmt wurden, hat meine Wahrnehmung nicht mehr registriert bzw. einige wenige sind mir (inzwischen) zwar vom Namen her bekannt, weil eben so viel über sie berichtet wurde, dass das selbst in meiner stark gefilterten Informationsblase ankam, ich bringe sie aber tatsächlich nicht mit irgendeinem Song in Verbindung bzw. ich kenne ihre berühmtesten Songs einfach nicht.
Nun ist mein Musikgeschmack noch nie geeignet gewesen, irgendwelchen Mainstream Anforderungen zu genügen, auch nicht, wenn ich als benchmark für den jeweils "wichtigen" Mainstream nur den Geschmack meiner jeweiligen Peergroup ansetze.
Versaut habe ich mir das dadurch, dass ich einerseits schon sehr früh Liedermacher ganz prima fand (und Musicals übrigens auch), mich aber gleichzeitig nicht in der zu Liedermachern gehörenden Fangemeinde wiederfand. Falsche Peergroup für mich, sozusagen, weil eindeutig zu viel Ideologie (also, ich meine, der typische Liedermacherfan ist überwiegend gleichzeitig auch in der grün-linken oder der Gemeindepfarramts-Ideologie zu verorten) und auf Ideologie reagiere ich ja identisch wie auf Religion, ich halte sehr gerne sehr viel Abstand.
Ich finde, jeder kann das mit dem Glauben und den Überzeugungen für sich halten wie er will, aber meine wichtigste Überzeugung ist, dass ich meine Meinung bitte jederzeit ändern können möchte, wenn ich neue Informationen habe, die meine bisherige Meinung plötzlich komplett anders beleuchten und das wird in ideologisch geprägten Gruppen nun mal gar nicht gern gesehen.
Weil ich mich also den Liedermacherfans nicht anschließen mochte, Musicals sowieso nur was für ganz andere Leute waren und ich gerne von den ideologisch ungeprägten Typen aus dem Reitstall und von der Clique am Borkumer Südstrand akzeptiert werden wollte, habe ich mich einfach an den Charts der damaligen Zeit orientiert, wenn es um meinen "offiziellen" Musikgeschmack ging und dabei sehr früh gelernt, dass Schlager eher was für ältere Leute sind, die meinen, sie müssten auch noch Party machen. Also so für Leute ab 30 oder so und dass es für jüngere Leute wie mich total uncool war, Schlager zu mögen. (Musicals war übrigens "Intellektuellen-Musik", da ist die Peergroup für 15-16jährige noch dünner besetzt und Streber wollte ich ja nun auch auf gar keinen Fall sein.)
So bis Mitte der 70er war es dabei relativ einfach, Schlager als Schlager zu identifizieren, das waren nämlich alle deutschen Lieder, die keine Liedermacherlieder waren. Es wurde dann etwas komplizierter als Marius Müller-Westernhagen gemocht werden durfte. Dessen Lieder waren cool und wurden auf jeder Fete gespielt, das gefiel mir, denn endlich hatte ich auch mal ganz in echt einen Mainstream-Geschmack. Aber Peter Maffay war deshalb noch lange nicht akzeptiert und Udo Jürgens war schwierig, aber immerhin nicht so schlimm wie Tony Marschall, Roberto Blanco oder Roy Black. Es gab außerdem einzelne Ausnahmen, für die wurde man nicht sofort in die ewige Musikgruftihölle verbannt, wenn man die mochte, z.B. Juliane Werding mit "Am Tag als Conny Kramer starb", das wurde grade noch mit zugekniffenen Augen akzeptiert, obwohl es natürlich cooler war, gleich das Original von Joan Baez zu hören.
Dass in dem Schlagerrückblick, den ich da gestern sah, Udo Jürgens auf einer Stufe neben Rex Gildo einsortiert wurde, das fand ich dann schon schräg, weil er zumindest in meiner Welt früher nicht als zu verachtender Schlagerfuzzi galt. Es war nicht cool ihn zu mögen und er war auch kein echter Liedermacher, aber irgendwie eher doch sowas als ein Schlagerstar. Nun ja.
Die Sendung Hitparade war für die Erwachsenen (also die ab 30), das guckte man höchstens, weil man es gucken durfte, aber nicht weil man selber interessiert war. Ich guckte es vor allem deshalb ganz gerne, um zu lernen, bei welcher Musik ich ordnungsgemäß die Augen verdrehen musste, wenn Freunde dabei waren.
Angesagte, also akzeptierte Musik gab es bei Ilja Richter in der "Disco", was ich versuchte, regelmäßig zu gucken, einfach deshalb, damit ich informiert war, welche Songs grade "heiß" waren. Das war die preiswerteste und bequemste Variante. Echte Freaks hörten natürlich ständig Radio und kauften sich im Zweifel auch noch passende Zeitschriften, das war mir viel zu lästig, weil ich die Musik selber ja gar nicht hören wollte, sondern nur die wichtigsten Informationen zum darüber Mitreden brauchte.
In den 80ern bekam ich "neue" Musik dann entweder übers Radio mit, was beim Autofahren lief und natürlich wenn man abends ausging, da wurden die Charts ja auch hoch und runter gespielt. Mein Kontakt zu Erwachsenen (also denen über 30) wurde immer weniger, keine Teilnahme an gemeinsamen Feten mehr, ich war alt genug, um auf eigene Feten gehen zu können. Dementsprechend spärlich wurden auch so nach und nach die Informationen über neue Schlager - und irgendwann war ich dann von Informationen über dieses Musikgenre sozusagen abgeschnitten, weil, wo hätte ich etwas darüber erfahren können? Niemand in meinem Umfeld hörte diese Musik, ich glaube, ich hielt Schlager lange Zeit für so etwas wie Kölnisch Wasser - das wird mit meiner Elterngeneration irgendwann aussterben.
Ich erinnere mich gut, dass ich 2006 das erste Mal etwas von Andrea Berg hörte, weil der Maler, der auf Borkum den Innenanstrich erledigt hatte, so von ihr schwärmte und ich aus Neugier dann diesen Namen googelte und vor Erstaunen fast vom Stuhl fiel, als ich las, wie viele Millionen Schallplatten diese Frau schon verkauft hatte.
Das hat mich damals schon erstaunt und gestern gab es ja noch viele weitere Informationen über Schlagersänger und -innen, die heute angesagt sind und ich stellte fest, dass ich tatsächlich kaum einen der Namen kannte, obwohl die teilweise das x-fache an Platten verkaufen verglichen mit den Leuten, die meiner Meinung nach grade in den Charts sind.
Immerhin wusste ich schon, wer Helene Fischer ist und von "dem Wendler" hatte ich auch schon gehört, allerdings vor allem deshalb, weil sich so viele Satiriker so häufig über den lustig machen. Roland Kaiser (kenne ich, noch von früher und außerdem kauft er häufig mit mir gleichzeitig im selben Großmarkt in Münster ein, man kennt sich sozusagen vom Einkaufen), also dieser Roland Kaiser hat jetzt eine Platte mit Florian Silbereisen gemacht und den hätte ich stumpf unter "Volksmusik" abgelegt und plötzlich wurde mir klar, dass es neben Schlager und der Hitparade (für die Leute ab 30) ja früher auch noch Volksmusik und den blauen Bock gab (für die Leute ab 60) und dass es etwas ähnliches also sicher heute auch noch gibt - nur, wer verdammte Axt, guckt das noch?
Und dann habe ich mir überlegt, dass meine frühere Einteilung, also Schlager sind vor allem was für "Leute ab 30" und Volksmusik ist was für Rentner, vielleicht tendenziell früher gepasst hat, so ganz grob, aber dass ich damit heute keine einfache Abgrenzung mehr zu mir definieren kann, weil, sonst hätte ich die letzten 28 Jahre ja schon Schlager hören müssen bzw. wenigstens hätte ich Freunde haben müssen, die Schlager hören und demnächst wechseln dann alle zur Volksmusik und das halte ich alles für extrem unwahrscheinlich.
Es muss also ganz andere Unterschiede geben und dann wurde mir klar, dass es neben meiner kleinen, eingeschränkten Miniwelt ein gigantisch großes Paralleluniversum geben muss, in dem Millionen von Menschen leben, die auf Schlager und auf Volksmusik stehen und dafür auch richtig viel Geld ausgeben - die aber alle für mich nicht sichtbar sind.
Und das hat mich dann sehr nachdenklich gemacht
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Freitag, 25. Dezember 2020
Erklärungen für Kinder
anje, 21:44h
Neulich im Supermarkt, neben mir in der Schlange eine Mutter mit einem ca. 4jährigen Kind, das interessiert die Menschen vor den Kassen mustert, hinter mir ein Mann, der seine MuNa-Maske zu einer Kinn-Maske umfunktioniert hatte.
Das Kind zeigt auf den Mann und sagt mit seiner gut hörbaren Kinderstimmen: „Guck mal Mama, ist das ein Covidiot?“
Die Mutter guckt den Mann an und antwortet ihrem Kind, ebenfalls gut hörbar für alle: „Ja mein Schatz, aber man zeigt nicht mit dem Finger auf solche Leute. Das sind ganz arme Menschen, weil die schwer krank im Kopf sind und deshalb mit ihrem Leben nicht alleine klarkommen.“
Das Kind fragt neugierig zurück: „Was kann der denn nicht alleine?“
Worauf die Mutter sagt: „Denken, mein Schatz. Der kann nicht alleine denken, sondern ist darauf angewiesen, dass das andere für ihn tun.
Er hat aber Pech gehabt und wohl jemanden erwischt, der das ebenfalls nicht gut kann, und weil er selber eben auch nicht so klug ist, merkt er das nicht. Und dann kommt sowas dabei raus.
Das ist wirklich ein großes Unglück für die Leute, aber sie können nichts dagegen tun.
Nur deshalb zeigt man nicht mit dem Finger auf die, sondern sollte lieber viel Mitleid mit diesen Menschen haben.“
Mich erinnerte dieser Dialog sehr an meine Mutterzeit vor 20 Jahren, genau so einen Dialog hätte ich wahrscheinlich auch mit meinen Kindern laut und für alle hörbar in der Öffentlichkeit geführt, hätte es damals Covidioten gegeben.
Damals gab es dafür andere Dialogthemen, bspw. Benehmen ganz allgemein.
So erinnere ich mich an eine Szene, wo wir in einem Haus mit einem parkähnlichen Grundstück drumherum wohnten, unser Park grenzte an den Park der Nachbarn, die Häuser (Gründerzeitvillen) gehörten zwei Brüdern, wobei der eine der Brüder sein Haus samt Park an uns vermietet hatte, in dem anderen wohnte der (kinderlose) Bruder mit seiner Frau und fünf Katzen. Zwischen den Häusern, sozusagen auf der Grenze zwischen den beiden Parks, die ansonsten durch eine sehr hohe Mauer getrennt waren, stand eine alte, verfallene Kapelle. Genau genommen stand die Kapelle auf dem Grundstück des anderen Hauses, wenn man sich aber furchtlos durch sehr viel Gestrüpp und Unterholz quetschte, konnte man sie von unserem Grundstück aus erreichen.
Die Kinder wussten, dass sie dort nicht spielen sollten, aber natürlich ist so ein leerstehendes Haus verführerisch.
Eines Tages kam N ziemlich verdreckt und blutverschmiert von draußen rein und wollte sich stickum ins Bad verdrücken, das gelang ihm aber nicht, da ihm seine vierjährige Schwester folgte, die mir stolz erzählte, dass N was auf den Kopf gefallen wäre, er hätte aber überhaupt nicht geweint und es wäre auch nur sein Kopf blutig, die Jacke hätte er gleich ausgezogen, damit die nicht schmutzig wird, dann wäre aber die Nachbarin gekommen und hätte sich aufgeregt, da seien sie weggelaufen.
Während sie noch erzählte, schellte es an der Tür und draußen stand die Nachbarin und machte ein Mordsgezeter.
Sie schrie und tobte, dass es verboten sei, dass die Kinder dort in der Kapelle spielten und dass ich darauf aufzupassen hätte, das wäre unterlassene Aufsichtspflicht und wenn sie die noch mal dort erwische, dann gnade ihnen Gott, dann würde sie mich anzeigen, das wäre ihr Grundstück und die Kinder dürften das nicht betreten und schon gar nicht die Kapelle und dann fing sie wieder von vorne an, nur noch eine Oktave höher, die Dame war offensichtlich sehr in Rage.
Während die Nachbarin also bei uns vor der Tür stand und alles zusammenbrüllte, zupfte mich meine Tochter am Ärmel und fragte: "Mama, warum schreit die Frau so?" was mich zu der Antwort veranlasste: "Nun, hier hast du ein gutes Beispiel für schlechte Erziehung. Die Frau hat offensichtlich nie gelernt, dass man nicht so rumschreit, wahrscheinlich hatte sie Eltern, die sich nicht vernünftig um sie gekümmert haben, und so wird man dann, wenn man groß ist. Verstehst du jetzt, warum ich euch immer sage, ihr sollt nicht so brüllen, wenn ihr euch aufregt?"
Die Nachbarin bekam Schnappatmung und ich hatte kurz Sorge, dass sie mir tot auf der Schwelle zusammenbricht, aber dann klappte sie nur noch ihren Mund zu, drehte auf dem Absatz um und verschwand wieder in Richtung ihres eigenen Grundstücks, übrigens genau auf dem Weg, der die beiden Grundstück verband und den sie den Kindern verbieten wollte zu benutzen
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Das Kind zeigt auf den Mann und sagt mit seiner gut hörbaren Kinderstimmen: „Guck mal Mama, ist das ein Covidiot?“
Die Mutter guckt den Mann an und antwortet ihrem Kind, ebenfalls gut hörbar für alle: „Ja mein Schatz, aber man zeigt nicht mit dem Finger auf solche Leute. Das sind ganz arme Menschen, weil die schwer krank im Kopf sind und deshalb mit ihrem Leben nicht alleine klarkommen.“
Das Kind fragt neugierig zurück: „Was kann der denn nicht alleine?“
Worauf die Mutter sagt: „Denken, mein Schatz. Der kann nicht alleine denken, sondern ist darauf angewiesen, dass das andere für ihn tun.
Er hat aber Pech gehabt und wohl jemanden erwischt, der das ebenfalls nicht gut kann, und weil er selber eben auch nicht so klug ist, merkt er das nicht. Und dann kommt sowas dabei raus.
Das ist wirklich ein großes Unglück für die Leute, aber sie können nichts dagegen tun.
Nur deshalb zeigt man nicht mit dem Finger auf die, sondern sollte lieber viel Mitleid mit diesen Menschen haben.“
Mich erinnerte dieser Dialog sehr an meine Mutterzeit vor 20 Jahren, genau so einen Dialog hätte ich wahrscheinlich auch mit meinen Kindern laut und für alle hörbar in der Öffentlichkeit geführt, hätte es damals Covidioten gegeben.
Damals gab es dafür andere Dialogthemen, bspw. Benehmen ganz allgemein.
So erinnere ich mich an eine Szene, wo wir in einem Haus mit einem parkähnlichen Grundstück drumherum wohnten, unser Park grenzte an den Park der Nachbarn, die Häuser (Gründerzeitvillen) gehörten zwei Brüdern, wobei der eine der Brüder sein Haus samt Park an uns vermietet hatte, in dem anderen wohnte der (kinderlose) Bruder mit seiner Frau und fünf Katzen. Zwischen den Häusern, sozusagen auf der Grenze zwischen den beiden Parks, die ansonsten durch eine sehr hohe Mauer getrennt waren, stand eine alte, verfallene Kapelle. Genau genommen stand die Kapelle auf dem Grundstück des anderen Hauses, wenn man sich aber furchtlos durch sehr viel Gestrüpp und Unterholz quetschte, konnte man sie von unserem Grundstück aus erreichen.
Die Kinder wussten, dass sie dort nicht spielen sollten, aber natürlich ist so ein leerstehendes Haus verführerisch.
Eines Tages kam N ziemlich verdreckt und blutverschmiert von draußen rein und wollte sich stickum ins Bad verdrücken, das gelang ihm aber nicht, da ihm seine vierjährige Schwester folgte, die mir stolz erzählte, dass N was auf den Kopf gefallen wäre, er hätte aber überhaupt nicht geweint und es wäre auch nur sein Kopf blutig, die Jacke hätte er gleich ausgezogen, damit die nicht schmutzig wird, dann wäre aber die Nachbarin gekommen und hätte sich aufgeregt, da seien sie weggelaufen.
Während sie noch erzählte, schellte es an der Tür und draußen stand die Nachbarin und machte ein Mordsgezeter.
Sie schrie und tobte, dass es verboten sei, dass die Kinder dort in der Kapelle spielten und dass ich darauf aufzupassen hätte, das wäre unterlassene Aufsichtspflicht und wenn sie die noch mal dort erwische, dann gnade ihnen Gott, dann würde sie mich anzeigen, das wäre ihr Grundstück und die Kinder dürften das nicht betreten und schon gar nicht die Kapelle und dann fing sie wieder von vorne an, nur noch eine Oktave höher, die Dame war offensichtlich sehr in Rage.
Während die Nachbarin also bei uns vor der Tür stand und alles zusammenbrüllte, zupfte mich meine Tochter am Ärmel und fragte: "Mama, warum schreit die Frau so?" was mich zu der Antwort veranlasste: "Nun, hier hast du ein gutes Beispiel für schlechte Erziehung. Die Frau hat offensichtlich nie gelernt, dass man nicht so rumschreit, wahrscheinlich hatte sie Eltern, die sich nicht vernünftig um sie gekümmert haben, und so wird man dann, wenn man groß ist. Verstehst du jetzt, warum ich euch immer sage, ihr sollt nicht so brüllen, wenn ihr euch aufregt?"
Die Nachbarin bekam Schnappatmung und ich hatte kurz Sorge, dass sie mir tot auf der Schwelle zusammenbricht, aber dann klappte sie nur noch ihren Mund zu, drehte auf dem Absatz um und verschwand wieder in Richtung ihres eigenen Grundstücks, übrigens genau auf dem Weg, der die beiden Grundstück verband und den sie den Kindern verbieten wollte zu benutzen
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Donnerstag, 24. Dezember 2020
Heiligabend
anje, 22:29h
Heute ist also offiziell Heiligabend, sagt der Kalender und auch wenn wir uns heute den ganzen Tag nicht benommen haben wie Heiligabend, wird es wohl trotzdem so sein. Das ist eine sehr tröstliche Feststellung, denn sie beweist, dass man sich Heiligabend gar nicht benehmen muss wie Heiligabend, der Kalender zieht das trotzdem durch und irgendwann ist der Tag um, das Ereignis ist vorbei und man hatte den ganzen Tag keine Last mit lästigen Traditionen.
Ich finde es faszinierend, dass ich dafür erst 58 Jahre alt werden musste, um das so präzise festzustellen, aber es ist ja nie zu spät. Wenn ich nicht vorzeitig durch Corona oder eine andere Misslichkeit dahingerafft werde, habe ich noch ein paar Jahre - und für die kommenden Jahre habe ich heute gelernt: Heiligabend ist am allerbesten, wenn man sich keine Mühe gibt, Heiligabend zu begehen.
Nach dem ausgiebigen Ausschlafen überlegten wir, was wir denn heute so tun könnten. Nach Borkum fliegen war nicht, wegen Wetter, also bleiben wir in Greven und warten auf bessere Wetterzeiten. Morgen ist das Wetter vorhergesagt deutlich besser, aber morgen ist der Flugplatz auf Borkum geschlossen, wir schauen dann mal, wie es übermorgen wird.
Weil dann klar war, dass wir nicht fliegen, brauchten wir eine Beschäftigung für den Tag und entschieden uns für Shoppen, das ist immer eine brauchbare Abwechslung. Wir fuhren zum Großmarkt, weil der so groß ist, dass es dort fast nie voll ist, als wir ankamen (eine halbe Stunde bevor er schloss), war er sogar so leer, wie ich den Großmarkt bisher selten erlebt habe. Sehr entspanntes Coronashoppen und mehr als eine halbe Stunde brauchten wir auch nicht, weil wir ja eigentlich sowieso nichts brauchten, aber im Großmarkt findet man ja immer irgendwas, das war insgesamt sehr nett.
Ich kaufte unter anderem einen Romanescu und grübele seitdem, wann wir den überhaupt essen werden, denn wir haben wirklich bis ca. Ostern genug an Essen im Haus, aber nun, ein Romanescu mehr oder weniger macht den Kohl dann auch nicht mehr fett. Es wird sich finden.
Weil der Großmarkt schon um 13h schloss und wir irgendwie noch nicht shoppingmüde waren, beschlossen wir, noch rasch bei Lidl vorbeizufahren, da hatte ich in meiner App noch einen Gutschein für ein Paket Käse für umme, wenn ich was anderes für mindestens 2€ kaufe, das sollte gelingen, denn wir brauchten noch Brot.
In der Lidl App gab es seit 24 Tagen den Lidl-Adventskalender mit jedem Tag irgendeinem anderen Spezialangebot, heute gab es einen 5 € Gutschein, wenn man für mindestens 35 € einkauft. 5 von 35, das sind mehr als 14% Rabatt, sowas finde ich ja grundsätzlich ganz wunderbar und natürlich kaufe ich dann irgendwas für 35€ ein, wenn ich dabei über 14% Rabatt bekomme.
2 € hatte ich ja schon eingeplant, aber auch für die anderen 33€ fand sich was. Wir haben jetzt sehr viel Heilbutt und Ramazotti brauchten wir auch, fand ich und dann noch dies und das, als ich grob überschlug, stellt ich fest, dass ich sogar übers Ziel hinausgeschossen war und schon für 40€ Kram im Wagen hatte. Da fiel mir ein, dass K die App ja auch auf dem Handy hat und dass er dann doch auch diesen Gutschein in seinem 24. Türchen haben wird. So war es und deshalb mussten wir noch mehr einkaufen, es galt schließlich, sich nun 2 x € Rabatt zu erkaufen.
Um es kurz zu machen: Wir haben jetzt sehr viel Alkohol im Haus, aber der wird ja nicht schlecht.
So sparten wir uns also reich mit unseren Einkäufen und kamen am frühen Nachmittag sehr vergnügt wieder in Greven an. Zwar haben wir die Kühlschränke voll mit Leckereien, aber weil wir inzwischen beide sehr hungrig waren, hatte keiner mehr Lust auf aufwändiges Kochen. Aber wir hatten ja zum Glück noch Reste von vorgestern, die haben wir fix in der Pfanne warm gemacht und ruckzuck waren wir beide satt und bereit für den gemütlichen Teil des Tages.
K zog sich zurück, um mit seiner Schwester zu telefonieren, ich funkte die Kinder an und fragte nach, wie es dort auf Borkum so geht.
Die drei hatten es sich auch gemütlich gemacht und freuten sich darüber, dass es keinerlei Vorgaben zu befolgen gab, das ist eine ziemlich perfekte Lösung. Die Kinder hatten nämlich von sich aus auch keinen Bock auf Weihnachten und Baum und Gedöns und all diesen lästigen Tüddelkram da drumherum, hätten das aber von sich aus nie gesagt, weil sie ja meinten, ich würde da drauf stehen.
Ich dagegen finde das Weihnachtsgetute schon seit Ewigkeiten schrecklich, dachte aber, ich müsse wenigstens einen formalen Restrahmen beibehalten, damit die Kinder nicht ganz so traditionslos aufwachsen müssen. Und so kam es, dass wir uns alle gegenseitig seit Jahren einen Gefallen tun wollten und uns selber zu seltsamen Weihnachtsveranstaltungen gezwungen haben.
Aber dieses Jahr ist ja zum Glück alles anders und keiner von uns ist daran schuld. Das ist genial, weil wir jetzt endlich alle mal die Chance hatten, das zu tun, was wir tun würden, wenn wir nicht immer (ausgedachte) Rücksicht auf die jeweils andere Partei genommen hätten. Die Kinder feierten also Weihnachten ohne Eltern und die Eltern ohne Kinder und nirgendwo gab es einen Baum oder ein Festessen oder irgendwas, sondern alle schlunzten sich nur völlig entspannt durch einen Schlechtwetterwintertag, an dem niemand arbeiten musste, es war für alle ein echt schöner Tag.
Nach einigem Hin und Her merkten wir, dass Telefonieren zu viert blöd ist, Facetime nicht richtig funktioniert, wenn auf einer Seite drei Leute nebeneinander sitzen, also machten wir Zoom an und dann hatten wir es richtig gemütlich.
Irgendwann kam noch K dazu, dann waren wir zu fünft und es war ein sehr witziger Heiligabend, bis plötzlich die zwei Jungs verschwunden waren und nur noch C auf der Kinderseite tapfer durchhielt. N lag auf dem Sofa und schlief ein wenig, J hatte sich in sein Zimmer verzogen und pflegte sonstige soziale Kontakte, nach anderthalb Stunden Kernfamilienzoom ist es dann ja auch mal gut.
Inzwischen hatten wir hier doch wieder ein wenig Hunger bekommen und nach dem Abschalten von Zoom machte ich für uns beide ein paar Häppchen mit Heilbutt zurecht, dazu ein leckerer Dip, schnelles Festmahl. K hat in den letzten Tagen herausgefunden, wie dieser Chromcast funktioniert und warf zum Essen als Hintergrundbegleitung Loriots "Weihnachten bei Hoppenstedt" an. Das ist so gut, ich hatte längst vergessen, wie gut das tatsächlich ist, es ist einfach unfassbar gut, das könnte meine neue Tradition werden: Immer am 24.12. gucken wir Weihnachten bei Hoppenstedts. Echte Empfehlung
.
Ich finde es faszinierend, dass ich dafür erst 58 Jahre alt werden musste, um das so präzise festzustellen, aber es ist ja nie zu spät. Wenn ich nicht vorzeitig durch Corona oder eine andere Misslichkeit dahingerafft werde, habe ich noch ein paar Jahre - und für die kommenden Jahre habe ich heute gelernt: Heiligabend ist am allerbesten, wenn man sich keine Mühe gibt, Heiligabend zu begehen.
Nach dem ausgiebigen Ausschlafen überlegten wir, was wir denn heute so tun könnten. Nach Borkum fliegen war nicht, wegen Wetter, also bleiben wir in Greven und warten auf bessere Wetterzeiten. Morgen ist das Wetter vorhergesagt deutlich besser, aber morgen ist der Flugplatz auf Borkum geschlossen, wir schauen dann mal, wie es übermorgen wird.
Weil dann klar war, dass wir nicht fliegen, brauchten wir eine Beschäftigung für den Tag und entschieden uns für Shoppen, das ist immer eine brauchbare Abwechslung. Wir fuhren zum Großmarkt, weil der so groß ist, dass es dort fast nie voll ist, als wir ankamen (eine halbe Stunde bevor er schloss), war er sogar so leer, wie ich den Großmarkt bisher selten erlebt habe. Sehr entspanntes Coronashoppen und mehr als eine halbe Stunde brauchten wir auch nicht, weil wir ja eigentlich sowieso nichts brauchten, aber im Großmarkt findet man ja immer irgendwas, das war insgesamt sehr nett.
Ich kaufte unter anderem einen Romanescu und grübele seitdem, wann wir den überhaupt essen werden, denn wir haben wirklich bis ca. Ostern genug an Essen im Haus, aber nun, ein Romanescu mehr oder weniger macht den Kohl dann auch nicht mehr fett. Es wird sich finden.
Weil der Großmarkt schon um 13h schloss und wir irgendwie noch nicht shoppingmüde waren, beschlossen wir, noch rasch bei Lidl vorbeizufahren, da hatte ich in meiner App noch einen Gutschein für ein Paket Käse für umme, wenn ich was anderes für mindestens 2€ kaufe, das sollte gelingen, denn wir brauchten noch Brot.
In der Lidl App gab es seit 24 Tagen den Lidl-Adventskalender mit jedem Tag irgendeinem anderen Spezialangebot, heute gab es einen 5 € Gutschein, wenn man für mindestens 35 € einkauft. 5 von 35, das sind mehr als 14% Rabatt, sowas finde ich ja grundsätzlich ganz wunderbar und natürlich kaufe ich dann irgendwas für 35€ ein, wenn ich dabei über 14% Rabatt bekomme.
2 € hatte ich ja schon eingeplant, aber auch für die anderen 33€ fand sich was. Wir haben jetzt sehr viel Heilbutt und Ramazotti brauchten wir auch, fand ich und dann noch dies und das, als ich grob überschlug, stellt ich fest, dass ich sogar übers Ziel hinausgeschossen war und schon für 40€ Kram im Wagen hatte. Da fiel mir ein, dass K die App ja auch auf dem Handy hat und dass er dann doch auch diesen Gutschein in seinem 24. Türchen haben wird. So war es und deshalb mussten wir noch mehr einkaufen, es galt schließlich, sich nun 2 x € Rabatt zu erkaufen.
Um es kurz zu machen: Wir haben jetzt sehr viel Alkohol im Haus, aber der wird ja nicht schlecht.
So sparten wir uns also reich mit unseren Einkäufen und kamen am frühen Nachmittag sehr vergnügt wieder in Greven an. Zwar haben wir die Kühlschränke voll mit Leckereien, aber weil wir inzwischen beide sehr hungrig waren, hatte keiner mehr Lust auf aufwändiges Kochen. Aber wir hatten ja zum Glück noch Reste von vorgestern, die haben wir fix in der Pfanne warm gemacht und ruckzuck waren wir beide satt und bereit für den gemütlichen Teil des Tages.
K zog sich zurück, um mit seiner Schwester zu telefonieren, ich funkte die Kinder an und fragte nach, wie es dort auf Borkum so geht.
Die drei hatten es sich auch gemütlich gemacht und freuten sich darüber, dass es keinerlei Vorgaben zu befolgen gab, das ist eine ziemlich perfekte Lösung. Die Kinder hatten nämlich von sich aus auch keinen Bock auf Weihnachten und Baum und Gedöns und all diesen lästigen Tüddelkram da drumherum, hätten das aber von sich aus nie gesagt, weil sie ja meinten, ich würde da drauf stehen.
Ich dagegen finde das Weihnachtsgetute schon seit Ewigkeiten schrecklich, dachte aber, ich müsse wenigstens einen formalen Restrahmen beibehalten, damit die Kinder nicht ganz so traditionslos aufwachsen müssen. Und so kam es, dass wir uns alle gegenseitig seit Jahren einen Gefallen tun wollten und uns selber zu seltsamen Weihnachtsveranstaltungen gezwungen haben.
Aber dieses Jahr ist ja zum Glück alles anders und keiner von uns ist daran schuld. Das ist genial, weil wir jetzt endlich alle mal die Chance hatten, das zu tun, was wir tun würden, wenn wir nicht immer (ausgedachte) Rücksicht auf die jeweils andere Partei genommen hätten. Die Kinder feierten also Weihnachten ohne Eltern und die Eltern ohne Kinder und nirgendwo gab es einen Baum oder ein Festessen oder irgendwas, sondern alle schlunzten sich nur völlig entspannt durch einen Schlechtwetterwintertag, an dem niemand arbeiten musste, es war für alle ein echt schöner Tag.
Nach einigem Hin und Her merkten wir, dass Telefonieren zu viert blöd ist, Facetime nicht richtig funktioniert, wenn auf einer Seite drei Leute nebeneinander sitzen, also machten wir Zoom an und dann hatten wir es richtig gemütlich.
Irgendwann kam noch K dazu, dann waren wir zu fünft und es war ein sehr witziger Heiligabend, bis plötzlich die zwei Jungs verschwunden waren und nur noch C auf der Kinderseite tapfer durchhielt. N lag auf dem Sofa und schlief ein wenig, J hatte sich in sein Zimmer verzogen und pflegte sonstige soziale Kontakte, nach anderthalb Stunden Kernfamilienzoom ist es dann ja auch mal gut.
Inzwischen hatten wir hier doch wieder ein wenig Hunger bekommen und nach dem Abschalten von Zoom machte ich für uns beide ein paar Häppchen mit Heilbutt zurecht, dazu ein leckerer Dip, schnelles Festmahl. K hat in den letzten Tagen herausgefunden, wie dieser Chromcast funktioniert und warf zum Essen als Hintergrundbegleitung Loriots "Weihnachten bei Hoppenstedt" an. Das ist so gut, ich hatte längst vergessen, wie gut das tatsächlich ist, es ist einfach unfassbar gut, das könnte meine neue Tradition werden: Immer am 24.12. gucken wir Weihnachten bei Hoppenstedts. Echte Empfehlung
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Mittwoch, 23. Dezember 2020
Und nu?
anje, 22:24h
Hier läuft grade ein bisschen was schief, aber vielleicht ist das auchTeil des unendlichen Plans und gehört als kleines Puzzleteil eben doch in das Große und Ganze, who knows.
Ich weiß das nicht und ich glaube, ich will das auch gar nicht wissen, ich kann es ja doch nicht ändern, was soll ich mich also mit Dingen beschäftigen, die sind wie sie sind.
Ich denke, ich bin relativ gut darin, Dinge kurzfristig so zu akzeptieren wie sie sind, ich habe nur dann ein Problem damit, wenn sich etwas als struktureller Notstand zu entwickeln scheint, dann werde ich sehr schnell und, wenn es sein muss, auch sehr radikal aktiv. Wehret den Anfängen und lieber das Baby mit dem Bade ausschütten als sich ein ganzes Waisenhaus ins Haus zu holen. Oder so.
Ich muss da jetzt noch drüber nachdenken, aktuell habe ich die Stimmungslage, von der die Queen sagen würde "I'm not amused" und deshalb weiß ich noch nicht, was ich als nächstes mache.
Ich habe mich grundsätzlich damit abgefunden, dass Weihnachten dieses Jahr ohne Weihnachten stattfindet, dass also jeder einfach so weiterlebt, als wäre noch November oder schon Januar, egal, auf alle Fälle so, als gäbe es kein im Kalender markiertes Ereignis, zu dem die ganze Welt nach Hause fährt, um sich testen schätzen zu lassen und wenn das so ist, dann ist das eben so. Auch gut, kein Grund, sich aufzuregen.
Wenn ich aber aus genau dem Grund nicht nach Hause fahre, weil da bereits andere Menschen sind und es eben schwierig ist, mit dem "sich testen lassen", dann regt es mich schon sehr auf, wenn der einzige Mensch, mit dem ich ansonsten überhaupt Kontakt habe, das mit dem anderweitigen Kontakt selber nicht so wirklich ernst nimmt und sich ganz entspannt ausführlich mit den Menschen in seinem ehemaligen Zuhause unterhält, weil er sich nicht traut, zu sagen, dass er inderaktuellensituation lieber nicht mit Leuten live sprechen möchte.
Ich habe da jetzt insofern ein Problem, weil ich plötzlich das Gefühl habe, ich habe grade gar kein seuchensicheres Heim mehr und das macht mich etwas nervös.
Üblicherweise löse ich solche Probleme durch Weglaufen - nur, wo soll ich jetzt hin?
Ich bin grade ziemlich ratlos und etwas konfus
.
Ich weiß das nicht und ich glaube, ich will das auch gar nicht wissen, ich kann es ja doch nicht ändern, was soll ich mich also mit Dingen beschäftigen, die sind wie sie sind.
Ich denke, ich bin relativ gut darin, Dinge kurzfristig so zu akzeptieren wie sie sind, ich habe nur dann ein Problem damit, wenn sich etwas als struktureller Notstand zu entwickeln scheint, dann werde ich sehr schnell und, wenn es sein muss, auch sehr radikal aktiv. Wehret den Anfängen und lieber das Baby mit dem Bade ausschütten als sich ein ganzes Waisenhaus ins Haus zu holen. Oder so.
Ich muss da jetzt noch drüber nachdenken, aktuell habe ich die Stimmungslage, von der die Queen sagen würde "I'm not amused" und deshalb weiß ich noch nicht, was ich als nächstes mache.
Ich habe mich grundsätzlich damit abgefunden, dass Weihnachten dieses Jahr ohne Weihnachten stattfindet, dass also jeder einfach so weiterlebt, als wäre noch November oder schon Januar, egal, auf alle Fälle so, als gäbe es kein im Kalender markiertes Ereignis, zu dem die ganze Welt nach Hause fährt, um sich
Wenn ich aber aus genau dem Grund nicht nach Hause fahre, weil da bereits andere Menschen sind und es eben schwierig ist, mit dem "sich testen lassen", dann regt es mich schon sehr auf, wenn der einzige Mensch, mit dem ich ansonsten überhaupt Kontakt habe, das mit dem anderweitigen Kontakt selber nicht so wirklich ernst nimmt und sich ganz entspannt ausführlich mit den Menschen in seinem ehemaligen Zuhause unterhält, weil er sich nicht traut, zu sagen, dass er inderaktuellensituation lieber nicht mit Leuten live sprechen möchte.
Ich habe da jetzt insofern ein Problem, weil ich plötzlich das Gefühl habe, ich habe grade gar kein seuchensicheres Heim mehr und das macht mich etwas nervös.
Üblicherweise löse ich solche Probleme durch Weglaufen - nur, wo soll ich jetzt hin?
Ich bin grade ziemlich ratlos und etwas konfus
.
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Dienstag, 22. Dezember 2020
Ich habe mich mit meinem Alter arrangiert
anje, 23:04h
Zweiter Urlaubstag, heute ohne Steuererklärungen, dafür mit Nebenkostenabrechnungen. War eine Ganztagsbeschäftigung, inklusive Korrektur der Dauermietrechnungen für das zweite Halbjahr wegen des gesenkten Umsatzsteuersatzes.
Das Ausrechnen der Zahlen ist dabei nur ein kleiner Teil, dann müssen ohne Ende Dokumente hergestellt werden, hübsch formatierte Tabellen und ansprechend formulierte Briefe ausgedruckt, wieder eingescannt, eingetütet, frankiert werden. Das dauert halt alles.
Jetzt ist die Post aber schon eingeworfen und es fühlt sich gut an.
Irgendwann am Nachmittag machte mein Handy "pling" und eine Push-Nachricht meldete, dass in der Packstation ein Paket auf mich wartet. Das fand ich aufregend, denn ich habe nichts mehr bestellt, alle offenen Bestellungen sind längst da.
Weil ich ja grundsätzlich ein enorm neugieriger Mensch bin, musste ich also dringend zur Packstation fahren und nachschauen und fand ein Überraschungspaket von dem Schreiner, der auf Borkum die Haustür eingebaut hat.
Darin als Besonderheit endlich mal keine Flasche, sondern ein superedles, japanisches Messer als absolut wunderbares Weihnachtsgeschenk, ich war richtig begeistert.
K hat in den letzten Wochen sein Büro aufgeräumt und dabei so nach und nach die Weihnachtsgaben der letzten Jahre aus den Schränken geholt und bei uns im Weinkeller eingelagert, wenn wir von einem für die nächste Zeit also wirklich genug im Haus haben, dann sind es Weinflaschen.
Ansonsten höre ich ja mit großer Begeisterung seit 22 Tagen jeden Morgen den großen Adventskalenderpodcast "Herzregen" von Frau Novemberregen und Frau Herzbruch, heute Morgen hatten sie das Thema "Älterwerden" und ich musste ganz gewaltig grinsen, denn im Wesentlichen beklagen sie genau die Dinge, die ich vor 14 Jahren, als ich in ihrem Alter war, 1:1 auch beklagt habe. Ich höre mich noch reden.
Ich bin aber heute 14 Jahre älter und finde mein eigenes, 14 Jahre jüngeres Ich im Rückblick inzwischen irgendwie niedlich. Ich habe mir damals ernsthaft Gedanken ums Älterwerden gemacht, habe damit gehadert und fühlte mich nicht mehr richtig platziert im Leben. Nicht Fisch nicht Fleisch, nicht mehr jung, aber natürlich auch nicht richtig alt. Viele Perspektiven meines 30jährigen Ichs waren weggefallen oder ließen sich zumindest nicht mehr mit echter Seriösität anstreben. Die endgültige Zahl der Kinder stand fest, die berufliche Ausrichtung ließ sich auch nicht mehr sinnvoll verändern, (obwohl ich hier in gewisser Weise ja dann doch einen kompletten Neustart gewagt habe, aber der grundsätzliche Beruf blieb der gleiche), für eine Umschulung zur Aktuarin war die Zeit genauso abgelaufen, wie für einen Neustart als Stewardess und zum Auswandern fehlte mir inzwischen auch der Schwung.
Die Kinder waren zwar schon alle so groß, dass sie selbstständig zur Schule gehen konnten, aber eben noch nicht groß genug, um komplett alleine zu leben (so wie heute), ich war gefangen in einer Melange aus Verantwortung, Kümmern und Loslassen und fühlte mich scheiße. Mein Aussehen veränderte sich, meine Haare saßen nicht mehr so easypeasy wie sie das 40 Jahre lang zuvor stets getan hatten, ich bekam Stoppeln am Kinn, die mich wahnsinnig machten, Falten am Hals, die mich Rollkragenpullis en masse kaufen ließen und ich konnte ohne Brille nichts mehr lesen.
Ich weiß das alles noch genau, aber ich habe mich inzwischen damit versöhnt. So, wie ich eines Morgens aufwachte und plötzlich nichts mehr ohne Brille lesen konnte, wachte ich einige Jahre später auch mal plötzlich morgens auf und freute mich, dass ich eine Gleitsichtbrille habe, die so vieles im Leben einfacher macht.
Ich glaube, mit Anfang/Mitte 40 hatte ich immerzu das Gefühl, das Glas ist nicht mehr ganz voll, da fehlt was, da fehlt sogar ein großer Schluck, wenn nicht gar die Hälfte und mit einem halbleeren Glas war ich ganz und gar nicht einverstanden.
Heute schaue ich mir mein Leben an und denke, was ich für ein Glück habe, dass noch so viel drin ist in meinem Glas. Vielleicht nicht mehr halbvoll, aber fast. Und das Beste kommt erst noch, das Süße sitzt am Boden, da kann ich mich jeden Tag drauf freuen.
Und ja, ich bin absolut superheilfroh, dass ich aus dem Alter von "bis Mitte 40" raus bin. Von allen Altern, die ich in meinem Leben schon erlebt habe, war die Zeit zwischen Anfang bis Mitte 40 ganz unbestritten die anstrengendste und mental zermürbendste. Formal gab es damals für mich keinen Grund irgendwas zu beklagen, ich hatte alles. Ein tolles Haus, ein aufregendes Leben und ziemlich pflegeleichte und selbstständige Kinder, aber vielleicht war genau das das Problem: Es gab keine Perspektive für die absehbare Zukunft, die es besser werden ließ, weil es ja schon sehr gut war. Aber die ersten 40 Jahre in meinem Leben war es quasi ständig bergauf gegangen, ich hatte tolle Dinge gemacht und erreicht - und dann war plötzlich Stillstand. Wo soll man noch hin, wenn man oben angelangt ist?
Ich habe deshalb damals alles hingeschmissen und einfach noch mal neu angefangen, das ist (zum Glück!) auch wirklich rundum gut gegangen, aber so war ich die letzten 14 Jahre gut beschäftigt und hatte gar keine Zeit, mich übers Älterwerden zu grämen. Und heute habe ich eine durchaus absehbare Perspektive: Nur noch vier Jahre und dann kann ich mich zu 100% mit den Dingen beschäftigen, die mir heute schon am meisten Spaß machen und da bin ich sehr sicher, das wird toll.
Frau Herzbruch träumt von einer Wohnung am Meer, wo sie im Alter vor der Scheibe sitzt und aufs Meer guckt. Im Unterschied zu Frau Herzbruch bin ich dieser Wohnung (und nein, ich will natürlich ein Haus und ich muss das Meer nicht sehen, mir reicht es, wenn ich es hören und riechen kann, mir ist ja Gucken nicht so wichtig), aber im Unterschied zu Frau Herzbruch bin ich meiner sehr ähnlichen Altersvorstellung schon deutlich näher und das macht ganz enorm mehr zufrieden, eben weil ich keine Zwischenperspektive mehr brauche. Vor 14 Jahren hätte ich noch geglaubt, dass es mindestens noch 23 Jahre dauert, bis ich in diesem Haus non stop dem Meer lauschen kann. (Bis 67 halt)
Aber 23 Jahre ist einfach zu viel, wenn man Mitte 40 ist, ist das das halbe Leben, das kann man nicht einfach nur mit Warten verbringen. Ausgeschlossen, da braucht es noch etwas anderes in der Zeit. Wenn man das aber nicht sieht, ist das blöd. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern.
Und genau deshalb bin ich so unendlich froh, dass ich diese Zeit hinter mir habe. Ich habe mich in den letzten 14 Jahren gut beschäftigt und unter anderem ist es mir gelungen, mein persönliches Arbeitsende 5 Jahre nach vorne zu ziehen, deshalb sind es für mich nur noch vier Jahre. Und die sitze ich doch locker auf einer halben A*backe ab
.
Das Ausrechnen der Zahlen ist dabei nur ein kleiner Teil, dann müssen ohne Ende Dokumente hergestellt werden, hübsch formatierte Tabellen und ansprechend formulierte Briefe ausgedruckt, wieder eingescannt, eingetütet, frankiert werden. Das dauert halt alles.
Jetzt ist die Post aber schon eingeworfen und es fühlt sich gut an.
Irgendwann am Nachmittag machte mein Handy "pling" und eine Push-Nachricht meldete, dass in der Packstation ein Paket auf mich wartet. Das fand ich aufregend, denn ich habe nichts mehr bestellt, alle offenen Bestellungen sind längst da.
Weil ich ja grundsätzlich ein enorm neugieriger Mensch bin, musste ich also dringend zur Packstation fahren und nachschauen und fand ein Überraschungspaket von dem Schreiner, der auf Borkum die Haustür eingebaut hat.
Darin als Besonderheit endlich mal keine Flasche, sondern ein superedles, japanisches Messer als absolut wunderbares Weihnachtsgeschenk, ich war richtig begeistert.
K hat in den letzten Wochen sein Büro aufgeräumt und dabei so nach und nach die Weihnachtsgaben der letzten Jahre aus den Schränken geholt und bei uns im Weinkeller eingelagert, wenn wir von einem für die nächste Zeit also wirklich genug im Haus haben, dann sind es Weinflaschen.
Ansonsten höre ich ja mit großer Begeisterung seit 22 Tagen jeden Morgen den großen Adventskalenderpodcast "Herzregen" von Frau Novemberregen und Frau Herzbruch, heute Morgen hatten sie das Thema "Älterwerden" und ich musste ganz gewaltig grinsen, denn im Wesentlichen beklagen sie genau die Dinge, die ich vor 14 Jahren, als ich in ihrem Alter war, 1:1 auch beklagt habe. Ich höre mich noch reden.
Ich bin aber heute 14 Jahre älter und finde mein eigenes, 14 Jahre jüngeres Ich im Rückblick inzwischen irgendwie niedlich. Ich habe mir damals ernsthaft Gedanken ums Älterwerden gemacht, habe damit gehadert und fühlte mich nicht mehr richtig platziert im Leben. Nicht Fisch nicht Fleisch, nicht mehr jung, aber natürlich auch nicht richtig alt. Viele Perspektiven meines 30jährigen Ichs waren weggefallen oder ließen sich zumindest nicht mehr mit echter Seriösität anstreben. Die endgültige Zahl der Kinder stand fest, die berufliche Ausrichtung ließ sich auch nicht mehr sinnvoll verändern, (obwohl ich hier in gewisser Weise ja dann doch einen kompletten Neustart gewagt habe, aber der grundsätzliche Beruf blieb der gleiche), für eine Umschulung zur Aktuarin war die Zeit genauso abgelaufen, wie für einen Neustart als Stewardess und zum Auswandern fehlte mir inzwischen auch der Schwung.
Die Kinder waren zwar schon alle so groß, dass sie selbstständig zur Schule gehen konnten, aber eben noch nicht groß genug, um komplett alleine zu leben (so wie heute), ich war gefangen in einer Melange aus Verantwortung, Kümmern und Loslassen und fühlte mich scheiße. Mein Aussehen veränderte sich, meine Haare saßen nicht mehr so easypeasy wie sie das 40 Jahre lang zuvor stets getan hatten, ich bekam Stoppeln am Kinn, die mich wahnsinnig machten, Falten am Hals, die mich Rollkragenpullis en masse kaufen ließen und ich konnte ohne Brille nichts mehr lesen.
Ich weiß das alles noch genau, aber ich habe mich inzwischen damit versöhnt. So, wie ich eines Morgens aufwachte und plötzlich nichts mehr ohne Brille lesen konnte, wachte ich einige Jahre später auch mal plötzlich morgens auf und freute mich, dass ich eine Gleitsichtbrille habe, die so vieles im Leben einfacher macht.
Ich glaube, mit Anfang/Mitte 40 hatte ich immerzu das Gefühl, das Glas ist nicht mehr ganz voll, da fehlt was, da fehlt sogar ein großer Schluck, wenn nicht gar die Hälfte und mit einem halbleeren Glas war ich ganz und gar nicht einverstanden.
Heute schaue ich mir mein Leben an und denke, was ich für ein Glück habe, dass noch so viel drin ist in meinem Glas. Vielleicht nicht mehr halbvoll, aber fast. Und das Beste kommt erst noch, das Süße sitzt am Boden, da kann ich mich jeden Tag drauf freuen.
Und ja, ich bin absolut superheilfroh, dass ich aus dem Alter von "bis Mitte 40" raus bin. Von allen Altern, die ich in meinem Leben schon erlebt habe, war die Zeit zwischen Anfang bis Mitte 40 ganz unbestritten die anstrengendste und mental zermürbendste. Formal gab es damals für mich keinen Grund irgendwas zu beklagen, ich hatte alles. Ein tolles Haus, ein aufregendes Leben und ziemlich pflegeleichte und selbstständige Kinder, aber vielleicht war genau das das Problem: Es gab keine Perspektive für die absehbare Zukunft, die es besser werden ließ, weil es ja schon sehr gut war. Aber die ersten 40 Jahre in meinem Leben war es quasi ständig bergauf gegangen, ich hatte tolle Dinge gemacht und erreicht - und dann war plötzlich Stillstand. Wo soll man noch hin, wenn man oben angelangt ist?
Ich habe deshalb damals alles hingeschmissen und einfach noch mal neu angefangen, das ist (zum Glück!) auch wirklich rundum gut gegangen, aber so war ich die letzten 14 Jahre gut beschäftigt und hatte gar keine Zeit, mich übers Älterwerden zu grämen. Und heute habe ich eine durchaus absehbare Perspektive: Nur noch vier Jahre und dann kann ich mich zu 100% mit den Dingen beschäftigen, die mir heute schon am meisten Spaß machen und da bin ich sehr sicher, das wird toll.
Frau Herzbruch träumt von einer Wohnung am Meer, wo sie im Alter vor der Scheibe sitzt und aufs Meer guckt. Im Unterschied zu Frau Herzbruch bin ich dieser Wohnung (und nein, ich will natürlich ein Haus und ich muss das Meer nicht sehen, mir reicht es, wenn ich es hören und riechen kann, mir ist ja Gucken nicht so wichtig), aber im Unterschied zu Frau Herzbruch bin ich meiner sehr ähnlichen Altersvorstellung schon deutlich näher und das macht ganz enorm mehr zufrieden, eben weil ich keine Zwischenperspektive mehr brauche. Vor 14 Jahren hätte ich noch geglaubt, dass es mindestens noch 23 Jahre dauert, bis ich in diesem Haus non stop dem Meer lauschen kann. (Bis 67 halt)
Aber 23 Jahre ist einfach zu viel, wenn man Mitte 40 ist, ist das das halbe Leben, das kann man nicht einfach nur mit Warten verbringen. Ausgeschlossen, da braucht es noch etwas anderes in der Zeit. Wenn man das aber nicht sieht, ist das blöd. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern.
Und genau deshalb bin ich so unendlich froh, dass ich diese Zeit hinter mir habe. Ich habe mich in den letzten 14 Jahren gut beschäftigt und unter anderem ist es mir gelungen, mein persönliches Arbeitsende 5 Jahre nach vorne zu ziehen, deshalb sind es für mich nur noch vier Jahre. Und die sitze ich doch locker auf einer halben A*backe ab
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Montag, 21. Dezember 2020
privater Bürokram
anje, 22:20h
Es geht voran.
Langsam und mühselig, aber voran.
Heute habe ich die Abschlüsse von drei Firmen fertiggestellt, die Steuererklärungen dazu ausgefüllt, die E-Bilanzen übermittelt und die HGB-Bilanzen veröffentlicht, ausgewählte Unterlagen zusammengestellt und per Anschreiben an die Finanzämter versandt.
Urlaubstage können richtig produktiv sein.
Außerdem habe ich mit Schrecken festgestellt, dass ich für 2019 noch für zwei Immobilien die Nebenkostenabrechnung erstellen und verschicken muss und weil ich die Nebenkosten insgesamt kontrolliert habe, ist mir aufgefallen, dass ich ganz dringend meinen Internetanschluss hier in Greven kündigen oder wenigstens neu verhandeln muss, denn sonst verlängert er sich von alleine um ein Jahr, kostet dann aber das Doppelte. Das ist immer die Krux, wenn man günstige Neukundenverträge abschließt, die muss man sich am besten schon bei Abschluss sofort auf Wiedervorlage legen, damit man bloß nicht vergisst, sie auch wieder zu kündigen.
Ich verstehe ja die Marketingidee dahinter nicht, entweder wollen die Anbieter nur sackdämliche Kunden, die das mit dem dauernden kündigen und neu abschließen von Verträgen nicht geregelt kriegen - oder die haben alle nur einen wirtschaftlichen Horizont von nicht mehr als 365 Tagen.
Wieso gibt es überhaupt Neukundenboni? Ich fände Bestandskundenboni viel sinnvoller, dass man als Stammkunde ausgezeichnet und gepflegt wird, das ist nachhaltig und vor allem mit einer langfristigen Strategie viel bindungswirksamer.
Diese blödsinnige Neukundenrabattschlacht führt doch nur dazu, dass ich nirgends länger bleibe, weil ich dann draufzahlen muss.
Aber vielleicht ist das ja auch ein Zeichen unserer schnelllebigen Zeit, außer immer neuer, immer billiger und immer größer zählt nix mehr.
Ich finde das anstrengend
.
Langsam und mühselig, aber voran.
Heute habe ich die Abschlüsse von drei Firmen fertiggestellt, die Steuererklärungen dazu ausgefüllt, die E-Bilanzen übermittelt und die HGB-Bilanzen veröffentlicht, ausgewählte Unterlagen zusammengestellt und per Anschreiben an die Finanzämter versandt.
Urlaubstage können richtig produktiv sein.
Außerdem habe ich mit Schrecken festgestellt, dass ich für 2019 noch für zwei Immobilien die Nebenkostenabrechnung erstellen und verschicken muss und weil ich die Nebenkosten insgesamt kontrolliert habe, ist mir aufgefallen, dass ich ganz dringend meinen Internetanschluss hier in Greven kündigen oder wenigstens neu verhandeln muss, denn sonst verlängert er sich von alleine um ein Jahr, kostet dann aber das Doppelte. Das ist immer die Krux, wenn man günstige Neukundenverträge abschließt, die muss man sich am besten schon bei Abschluss sofort auf Wiedervorlage legen, damit man bloß nicht vergisst, sie auch wieder zu kündigen.
Ich verstehe ja die Marketingidee dahinter nicht, entweder wollen die Anbieter nur sackdämliche Kunden, die das mit dem dauernden kündigen und neu abschließen von Verträgen nicht geregelt kriegen - oder die haben alle nur einen wirtschaftlichen Horizont von nicht mehr als 365 Tagen.
Wieso gibt es überhaupt Neukundenboni? Ich fände Bestandskundenboni viel sinnvoller, dass man als Stammkunde ausgezeichnet und gepflegt wird, das ist nachhaltig und vor allem mit einer langfristigen Strategie viel bindungswirksamer.
Diese blödsinnige Neukundenrabattschlacht führt doch nur dazu, dass ich nirgends länger bleibe, weil ich dann draufzahlen muss.
Aber vielleicht ist das ja auch ein Zeichen unserer schnelllebigen Zeit, außer immer neuer, immer billiger und immer größer zählt nix mehr.
Ich finde das anstrengend
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