anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 4. Juni 2023
Die klassische Küchenplanung
Ich habe ja seit längerer Zeit ein Readly-Abo, weil sich dort all die Zeitschriften finden, die K regelmäßig liest, (also vor allem Flieger-Magazin und Aero-Kurier und andere Flieger-Hefte) und es nur deshalb schon preiswerter ist, diese Zeitschriften über Readly zu lesen, als sie einzeln zu abonnieren. Als Bonus kann ich außerdem die Zeitschriften lesen, die ich sonst ab und zu als Einzelhefte am Kiosk kaufte, weil mich eine Überschrift ansprach und/oder weil ich immer wieder aufs Neue der Meinung war, da ständen doch bestimmt interessante Artikel drin.

Für all diese Zeitschriften muss ich jetzt kein Extrageld mehr ausgeben, um sie letztlich ja doch nicht zu lesen, weil ich sie über Readly jederzeit so viel und so ausgiebig lesen kann wie ich will und stelle fest, dass das die perfekte Lösung für mich ist. Sie spart Papier und Geld und ich habe keinerlei FOMO-Sorge mehr, wenn ich die im Laden ausgestellten Zeitungen überfliege, denn ich könnte sie ja lesen, wenn ich wollte. Aber meistens will ich immer nur einmal durchblättern (das heißt jetzt durchwischen, oder?), über die nichtssagenden Texte zu albernen Bildern die Augen verdrehen und schon bin ich zufrieden.

Die Zeitschrift, die ich früher tatsächlich häufiger mal gekauft habe, die "Psychologie heute", finde ich jetzt, wo ich mir die Inhalte jederzeit im Vollzugriff auf den Bildschirm (oder Tablet) holen kann, erstaunlich trivial und oberflächlich. Meine küchenpsychologische Deutung dieses Beurteilungswandels: Ich muss mir die Inhalte nicht mehr informativ schöndenken, um den Kaufpreis zu rechtfertigen. Die Inhalte dieser Zeitschrift konkurrieren heute mit allen anderen Inhalten, die ich im Netz so finde und lese und haben keinen größeren Wert mehr nur dadurch, dass ich Geld dafür bezahlt habe.

Zeitschriften, die mich auch immer magisch anziehen, sind so Titel wie "Küchenplaner", "Baddesign" und "Bauen und Wohnen" in allen Varianten, weil das natürlich die Themen sind, die mich grade privat sehr beschäftigen.

Bei der Zeitschrift "Küchenplaner" habe ich mich mittlerweile durch mehr als 15 Exemplare durchgewischt (in Readly sind alle Ausgaben seit 2015 enthalten), um irgendwann sehr zufrieden festzustellen, dass ich alle Küchen, die offiziell so vorgestellt und als besonders gute Beispiele vorgeführt werden, dass ich die alle nicht wirklich sinnvoll finde, ganz unabhängig davon, dass die allermeisten auch schon rein optisch nicht mein Geschmack sind.
Zusammenfassend kann ich mich für mich feststellen: Meine Vorstellung einer guten Küche ist kilometerweit von dem entfernt, was Küchenhersteller und Küchenplaner offensichtlich erfolgreich vermarkten. Ich habe das schon bemerkt, als ich die Hausmesse von Nobilia besuchte, denn auch dort hat mich keine der fast 100 aufgebauten Musterküchen wirklich angesprochen oder gar überzeugt und es ist davon auszugehen, dass es bei Nobilia genug Expertise gibt, um die marktgängige Kundennachfrage zu erfassen, auszuwerten und in passenden Produktlinien umzusetzen. Ich bin ganz offensichtlich kein typischer Küchenkäufer.

Für mich ist eine Küche eine Werkstatt. Ich will dort maximal effizient Essen herstellen, und zu meiner Definition von Effizienz gehört auch, dass ich bequem und zielgerichtet darin arbeiten kann und keine unnötigen Handgriffe oder Arbeiten erledigen muss, die rein dem Design der Küche geschuldet sind.
Und auch Putzen gehört zum Kochen, eine Küche, die ich nur mit viel Extramühe und Umstand sauber halten kann, ist für mich ein NoGo.
Für Küchenhersteller und -verkäufer scheint aber vor allem das Design die alleroberste Priorität zu haben, die verkaufen keine Werkstatt, die verkaufen ein Narrativ.
Und das ist wohl auch genau das, was sich die Kunden wünschen.

Heute las/wischte ich durch eine Wohnzeitung, in der irgendein Neubau bzw. die Bewohnerin und ihre besonders gelungene Einrichtung vorgestellt wurde und ich stutzte schon beim Teaser über dem Beitrag:

Was ist denn das für eine bescheuerte Frage? Ich baue mir ein neues Haus und habe Sorge, dass es nicht gemütlich wird?

Aber es ist ihr ja zum Glück gelungen, weil sie so ein unglaubliches feines Gespür für Formen, Farben und Wirkung hat. So hat sie zB bewusst die Kücheninsel auf Möbelfüße gestellt, damit sie nicht so klotzig wirkt. Und wahrscheinlich auch, weil sie so gerne putzt und so einen Spaß daran hat, ständig unter der Kücheninsel zu saugen und zu wischen.

Das gilt übrigens auch für die Arbeitsplatte aus edlem Naturstein, die schützt sie mit einem Brett, was auch beim Putzen praktisch ist, weil sie damit alles fix wegtragen kann.
Ich frag mich wirklich, was diese Frau für Hobbys hat. Ich tippe auf Putzen.

Natursteinarbeitsplatten - ich habe mich ja grade gründlich im Netz dazu schlau gemacht und dort all das bestätigt gefunden, was mir eine Freundin, die hart unter der Empfindlichkeit ihrer Granitplatte litt, schon erzählt hatte. Natursteinarbeitsplatten sind noch empfindlicher als Echtholz, denn das kann man wenigstens zwischendurch mal abschleifen, wenn man nicht schnell genug war, beim Flecken wegwischen.
Natursteinarbeitsplatten verzeihen nichts, sind superanspruchsvoll in der Pflege und sollten am allerbesten nur unter Glas benutzt werden.

Und selbstverständlich stellt man eine große Topfpflanze mitten auf die Arbeitsplatte - weil die Küche ja eh nur als Designobjekt gedacht ist und eben nicht zum Arbeiten.

In der Art finden sich tausende von Berichten über Küchen und Einrichtung und ich werde immer wieder aufs Neue darin bestätigt, dass es schon eine sehr exotische Vorstellung ist, dass man in einer Küche auch wirklich jeden Tag kochen will. Dann macht man doch alles schmutzig - ne, dafür sind die wenigstens Küchen wirklich vorgesehen
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Mittwoch, 31. Mai 2023
Dummheit ist eine Behinderung
Da ich beruflich viel mit gemeinnützigen Unternehmen zu tun habe, habe ich nicht nur ganz gute Einblicke und Beziehungen in das, was man allgemein wohl so die "Kulturszene" nennt, sondern auch in den sozialen Bereich, hier schwerpunktmäßig bei Themen und Projekten, die sich mit Menschen mit Behinderung beschäftigen.

Ich bin zwar überall nur für die kaufmännische Verwaltung zuständig, es bleibt aber nicht aus, dass ich quasi nebenher Informationen über die jeweilige kultur- bzw. sozialfachliche Betreuungs- und Förderungsseite mitbekomme und natürlich genau weiß, welche Projekte wie viel kosten und wie sich die Kosten zusammensetzen.

Ich versuche diese Informationen so wertneutral wie möglich einfach hinzunehmen bzw. zu akzeptieren. Es geht schließlich nicht darum, ob ich irgendeine Ausstellung, in der eine seltene Müllsammlung gezeigt wird, als kulturell wertvoll oder als Müllsammlung betrachte, meine Meinung interessiert einfach überhaupt nicht.
Ich gucke sozusagen nur von der Seitenlinie aus zu und amüsiere mich ab und zu, manchmal schüttele ich auch verwundert mit dem Kopf und manchmal tippe ich mir auch im Kopf an den Kopf, wenn ich die Dinge, die da grade gefördert werden, wirklich für komplett bekloppt halte, aber außer mir selber gegenüber äußere ich meine Meinung nicht.
Okay, ab und zu lästere ich auch heimlich mit meinem Leiter Rechnungswesen, der ja genau wie ich die Zahlen kennt und vor dem ich nichts geheimhalten muss, aber das ist ja fast so intern wie meine Selbstgesprächslästereien.

Außer, dass ich die Kostenstrukturen kenne, lerne ich natürlich auch spannende Fachbegriffe. Grade im sozialen Bereich ähnelt der verbale Ausdruck einem Tanz auf dem Vulkan, man weiß nie, ob es noch fester Boden ist oder Lava, auf dem/der man da sprachlich unterwegs ist. Einerseits sind so Themen wie Inklusion und diskriminierungsfreie Sprache ganz wichtige Säulen der sozialen Glaubenslehre, andererseits widersprechen sie sich aber leicht, weil leichte Sprache und Gendern nicht zusammengeht.

Ich habe in diesem Bereich großen Spaß auf meinem Beobachtungsposten am Spielfeldrand.
Es ist halt nicht so leicht, Gutes zu tun, wenn man niemanden ausschließen möchte.
Und natürlich ist es richtig, die vernachlässigten Randgruppe endlich mal in die Mitte der Gesellschaft zu ziehen, nur ist es rein geometrisch nicht anders möglich, als dass jede (Gesellschafts)-Form irgendeinen Rand haben muss, randlos gibt es nur bei Brillen und auch die haben am Rand einen anderen Schliff als in der Mitte.
Wenn ich also alle Randgruppen in die Mitte der Gesellschaft ziehe, dann verdränge ich damit ja nur die ehemalige Mitte, die sich dann eben an den Rand verkrümeln und dort weiter Party machen wird.
Und warum machen die das? Weil sie es können.
Erinnert sich noch jemand daran, wie es in der Anfangszeit der Rauchverbotserlasse war? Man konnte den Rauchern ja nicht das Rauchen selber verbieten, und wenn dann drinnen nicht mehr geraucht werden durfte, nun dann rauchte man halt draußen. Und schwups, verlagerte sich das Zentrum der Party insgesamt nach draußen, die Stimmung in der ausgesperrten Draußenrauchergruppe war schnell so gut, dass auch Nichtraucher lieber in der Rauchergruppe mitmachten, einfach weil es ihnen drinnen, wo alles vorschriftsgemäß rauchfrei war, zu langweilig wurde.

So ist das auch mit den so besonders achtungsvollen Sprachveredlern, und den oberachtsamen Wokisten, manchmal befördern sie sich in ihrem Versuch, jede Randgruppe in die Mitte zerren zu wollen, selber ins Aus.
Heute las ich den Newsletter von Antje Schrupp, die auf einen Artikel in der Sendung Zeitzeichen, verlinkte, wo sie sich Gedanken darüber machte, ob der Vorwurf der Dummheit schon gleich Ableismus ist.

Ich finde die Idee dahinter einfach genial: andere als dumm zu bezeichnen, ist verpönte Behindertenschmähung, weil die armen Trottel ja nix dafür können, dass sie dumm sind.
Stimmt, können sie nicht, ändert aber trotzdem nichts an der Tatsache, dass manche (viele) Menschen eben dumm sind und dann auch noch so dumm, dass sie es selber gar nicht merken und sich stattdessen für klug und meinungsstark halten. Und damit sie auf ihrer Insel der Glückseligkeit nicht brutal von der Realität geweckt werden, darf man ihnen nicht sagen, dass sie dumm sind. Meinen manche Menschen, die sich ansonsten auch den Weltfrieden und ein regenbogenfarbenes Einhorn wünschen, damit alle glücklich werden.

Ich guck mir das alles von meinem Spielfeldrand an und denke mir, dass es eine Menge Menschen gibt, die wirklich eine dicke Vollmeise haben
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Montag, 8. Mai 2023
Finanzen, Frauen und Feststellungen
Kennen Sie die OeBiX-Studie?

Das ist eine sehr spannende Untersuchung zum Stand der ökonomischen Bildung in Deutschland und die Ergebnisse sind genauso vorhersehbar wie verheerend. In elf von 16 Bundesländern liegen die Unterrichtsbedingungen für das Nebenfach Wirtschaft unter 50% der Anforderungen für ein typisches Nebenfach.

Der ökonomische Bildungsindex (OeBiX) misst nicht den tatsächlichen Kenntnisstand der Menschen, sondern die Möglichkeit im Rahmen der schulischen Ausbildung überhaupt eine ökonomische Bildung zu erlangen.
Dazu wird zum einen untersucht, wie Ökonomie überhaupt als schulisches Nebenfach angeboten und belegt werden kann. Als "normal" gleich 100% gelten 6 Pflichtstunden und 2 Wahlpflichtstunden Wirtschaft in der Sekundarstufe I, eine Belegungspflicht in der gymnasialen Oberstufe und die Möglichkeit einer Abiturprüfung auf grundlegendem und erhöhtem Niveau.
Schaut man sich nur mal als Beispiel das Stundenkontingent der Sek1 in Baden-Württemberg an (ich habe bewusst nicht als NRW als Beispiel genommen, wo es noch schlimmer aussieht) , dann versteht man sofort, was damit gemeint ist.

Für Religion sind 11 Stunden vorgesehen, für Geschichte 10, für Geographie 7 und für Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung 3.
Für Hauptfächer wie Deutsch und Mathe sind 24 Stunden eingeplant. Nur mal so zum Vergleich, damit man ein Gefühl dafür bekommt, was die KMK's der Länder für wichtig und was für weniger wichtig erachten.

Zum anderen untersucht der OeBiX die Lehrerausbildung, also ob künftige Lehrer überhaupt selber brauchbare Kenntnisse in Oekonomie vermittelt bekommen - und hier sind die Werte noch viel dramatischer als bei der Stundentafel der Unterrichtsstunden der Schüler.

Oekonomie, also Kenntnisse darüber, wie unsere Wirtschaft funktioniert, wie Banken funktionieren, wie unser Steuersystem funktioniert, wie man zu wirtschaftlichen Entscheidungen gelangt, welche Faktoren da alle zusammenspielen, wo die Unterschiede zwischen freier und sozialer Marktwirtschaft sind, welche Aufgaben der Staat in diesem Zusammenhang hat, wie sich Preise bilden, was Inflation bedeutet und wie sie entsteht, welche Mechanismen da alle zusammenspielen, ach, tausenderlei Dinge, die für mich zum ganz normalen Alltagswissen gehören, sind für die große Mehrheit der Bevölkerung nur böhmische Dörfer. Und Lehrer haben üblicherweise auch keine Ahnung davon. Es ist gruselig.

Ich habe ja bekanntlich keine gute Meinung zu unserem Bildungssystem und war Zeit meines Lebens nicht in der Lage, Schule und Lehrer ernst zu nehmen, also weder zu meinen eigenen Schulzeiten noch als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern und ja, ich weiß, dass das von meiner Seite keine gute Voraussetzung ist für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, aber ich bin in einer fast vollständig reinen Lehrersfamilie aufgewachsen (Eltern, Großeltern und reichlich Onkel und Tanten), da konnte ich mir sehr früh sehr viele Vorurteile bilden, die sich im Laufe meines Lebens und im Umgang mit Lehrern immer wieder bestätigt haben, es ließ sich also gar nicht vermeiden.

Dass aber die Bildungspolitik in Deutschland inzwischen noch weiter hinterm Mond ist als sie es schon zu meiner Schulzeit war, das hätte ich tatsächlich nicht erwartet, wenngleich ich zugebe, ich hätte es wissen können, wenn man sich mal anschaut, welche Koryphäen regelmäßig als Kultusministerinnen in Bund und Ländern so eingesetzt werden.

Ich dachte ja, Frau Gebauer in NRW wäre noch nicht mal von Frau Lambrecht zu toppen gewesen, da hatte ich aber übersehen, dass es ja noch Frau Feller gibt, die aus ihrer komfortablen Grüßaugustposition als Regierungspräsidentin in ein Amt mit Verantwortung wechselte und dort natürlich so reüssierte, wie es alle, die ihr vorheriges Wirken kannten, vorhersehen konnten. Shit happens.

Wie auch immer und auch egal, ob das Abitur in NRW dieses Jahr schon für diejenigen als bestanden gilt, denen es gelungen ist, die Fragen erfolgreich runterzuladen, wirklich gruselig finde ich es, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte immer mehr an den Lebensnotwendigkeiten der Menschen vorbei zielen und wir uns so systematisch und vorsätzlich immer lebensuntüchtigere Menschen heranbilden.

Es mag ja sein, dass Religion für viele ein wichtiger Lebensinhalt ist und für alle, die Priester, Nonne oder etwas in der Richtung werden, wird die Religion sie auch ernähren und ihren Lebensunterhalt bezahlen, ich bezweifle aber stark, dass das für die Mehrheit der Bevölkerung wichtig ist.

Geschichte und Geographie sind sicherlich auch ganz spannende Fächer - aber alle, die keine Ahnung davon haben, gucken kurz in Wikipedia nach, wenn sie doch mal etwas aus diesem Wissensgebiet wissen möchten und fertig. Das muss heutzutage doch niemandem mehr in der Schule beigebracht werden, verdorri.

Aber wie ich ein Konto eröffne, welche Risiken es beim Onlinebanking gibt und welche nicht und wie ich mein Geld so verwalte, dass ich auch im Alter noch überleben kann, das sind doch elementare Notwendigkeiten, die wirklich jeden betreffen - die sich aber entweder nur als krudes Stammtischhalbwissen unter Kumpels verbreiten oder - ja, ich weiß gar kein oder. Es gibt dafür ja noch nicht mal Volkshochschulkurse, wo man versäumtes Wissen nachholen kann.

Es gibt übrigens auch so gut wie keine Internetseiten, die für Laien so verständlich formuliert sind, dass man ausgehend von einem Grundwissen von Null sich dort selber selbstständig informieren könnte und sich nachher mit gutem Gefühl klüger fühlt.
Denn natürlich ist das Thema komplex und besteht nicht einfach nur aus einer Aneinanderreihung von Fakten, sondern es gibt Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Imponderabilien, Risiken, Unsicherheiten - und ganz viele Fachwörter, die man erstmal einordnen und kennen muss. Genau deswegen finde ich ja auch, dass es eine Aufgabe der öffentlichen Schulbildung sein sollte, die Menschen hier wenigstens in den lebensnotwendigen Basics so weit vorzubilden, dass sie sich anschließend je nach Neigung selber weiter informieren können.

Und ja, ich weiß, wie kompliziert es ist, das anderen Menschen zu erklären, wenn man nicht grundsätzlich auch mal gelernt hat, wie man das anderen Menschen erklärt.
Ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich jedem meiner Kinder versuchte, das Prinzip der Umsatzsteuer zu erläutern - und es sehr ärgerlich fand, dass Sexualkunde mittlerweile ein ganz normales Unterrichtsfach ist, die Umsatzsteuer im Unterricht aber nach wie vor totgeschwiegen wird. Hier müssen die Eltern die Kinder privat aufklären - oder eben nicht, weil sie selber nicht genau wissen, was da eigentlich passiert und es ihnen peinlich ist, ihr Unwissen offenzulegen und deshalb lieber nicht darüber reden wollen. Ich habe von beiden Themen Ahnung, ich hätte es aber definitiv einfacher gefunden, das mit den Bienchen und den Blümchen zu erklären …

Meine Kinder hatten den Vorteil, dass sie in einem Haushalt aufwuchsen, wo ihren Eltern all die Hintergründe und Zusammenhänge der Oekonomie vollumfänglich vertraut waren und ich habe mir stets Mühe gegeben, ihnen die Welt der Finanzen und Märkte nicht als gefährliches Haifischbecken mit unkontrollierbaren Risiken zu vermitteln, sondern eher wie einen Swimmingpool, in dem es flachere und tiefere Stellen gibt, in dem man aber keiner unkalkulierbaren Gefahr ausgesetzt ist, wenn man schwimmen kann.

Schwimmen muss man lernen und üben, das kann man nicht als reine Trockenübung lernen, das gleiche gilt für den Umgang mit Finanzen. Als die Kinder größer wurden und begannen, selber Geld zu verdienen, habe ich, um im Bild zu bleiben, immer mehr Wasser in den Pool laufen lassen und ich gab ihnen Übungen, die sie unter meiner Aufsicht durchführen sollten. Ich stand aber am Beckenrand parat und hätte verhindert, dass sie absaufen und unnötig viel Wasser schlucken.

Ich habe dabei aber selber auch einige Dinge gelernt, die ich einerseits witzig fand, gleichzeitig aber auch deprimierend realistisch.

Dass die Welt der Finanzen überwiegend männlich geprägt und dominiert ist, ist mir zwar bewusst, da ich persönlich damit aber noch nie ein Problem hatte, habe ich noch nie weiter darüber nachgedacht, ob das vielleicht grundsätzlich ein Problem sein könnte.
Im Gegenteil, ich hielt es immer für einen persönlichen Vorteil, in einer männerdominierten Welt zu arbeiten, weil es bedeutet, dass ich entweder unterschätzt wurde (GANZ großer Vorteil) oder gefördert (wegen Frauenquote), auf alle Fälle aber oft fürsorglicher oder zumindest weniger aggressiv behandelt wurde. Ich nenne das den Blondinenjoker, von dem ich schon immer sehr gerne Gebrauch gemacht habe.

Dass es auf dem Bau mehr Männer als Frauen gibt, finde ich leicht zu verstehen, Männer sind körperlich stärker als Frauen, weshalb sie vor allem in körperlich herausfordernden Berufen besser sind.
Nimmt man die Statistik der Schulabschlüsse, gibt es für reine Gehirnleistungen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, wenn man gezielt hinguckt, dann sagt die Statistik sogar, dass Frauen im Durchschnitt die besseren Schulnoten haben. Ich will gar nicht auf die Gründe eingehen, ich will nur festhalten, dass Männer bei Berufen, die etwas mit dem Kopf zu tun haben, keinen genetischen Vorteil haben.
Es gibt also eigentlich überhaupt keinen Grund dafür, dass sich ausgerechnet in den Bereichen Finanzen und Oekonomie deutlich mehr Männer als Frauen tummeln.
Eigentlich nicht, aber wenn man bedenkt, dass Geld, Wirtschaft, Lenkungs- und Steuerungsmethodiken usw. etwas mit Macht zu tun haben, hat man wohl die Erklärung gefunden.

Ich persönlich habe mich auch aus Machtgründen für diesen Beruf entschieden: Ich wollte Macht über mein eigenes Leben haben, ich wollte also auf keinen Fall jemals in irgendeiner Form von einem Mann abhängig sein, ich hatte da sehr gute schlechte Beispiele in der Verwandtschaft und ich habe noch nie unter mangelndem Selbstbewusstsein gelitten.
Dass ich mich sehr sicher in der Welt der Finanzen, Märkte und Oekonomien bewege, liegt an meinem Beruf und meiner Spezialausbildung.
Ganz offensichtlich ist das aber kein typisch weibliches Verhalten, denn sonst gäbe es ja keine Männerdominanz in Finanzberufen.

Wodrauf ich eigentlich hinaus wollte: Für Menschen, die sich diesen Bereich nicht bewusst als Beruf mit einer systematischen Aus- und vielen weiteren Fortbildungen erschlossen haben, ist es schwer, sich hier ein privates, Sicherheit vermittelndes Basiswissen anzueignen - denn die Männerblase der Finanzwelt tut gerne so, als wäre das Ganze doch eine Raketenwissenschaft und verbreitet mit viel pfauenradschlagender Überheblichkeit hohle Gemeinplätze der Finanzwissenschaft, die vor Imponiervokabeln nur so strotzen und auf Menschen, die sich doch nur ein kleines bisschen eigenes Basiswissen zulegen wollen, enorm abschreckend wirken.

Da sich Frauen von solch einem Verhalten eher abschrecken lassen als Männer, gibt es inzwischen spezielle Frauenkurse und Frauenwebsites, auf denen Finanzen in einer runtergekochten, vereinfachten Form erklärt werden, ein bisschen wie die Sendung mit der Maus nur heißt es hier halt nicht für Kinder, sondern für Frauen.

Ich habe mir über dieses gesamte komplexe Thema, was im Grunde auch viel mit Manspreading zu tun hat, wenig Gedanken gemacht, weil ich nie selber direkt davon betroffen war. Wenn sich neben mir ein Mann unangemessen breit macht, dann frage ich ihn meistens sehr laut und sehr öffentlich, welche Art von Minderwertigkeitskomplex er mit seinem Macho-Gehabe verbergen will und dann ist schnell Ruhe im Karton, aber eine Lösung für alle ist das auch nicht, das sehe ich ein.

Zurück zum obigen Bild, also dass ich versuche, die Kinder zu so viel Übung wie möglich beim Schwimmenlernen zu bewegen, bedeutet, dass ich nicht mehr einfach Antworten auf Finanzfragen liefere, sondern sie immer erst mal selber googeln lasse, um sich eine mögliche Antwort auf ihre Frage selber zu erschließen.
Als also N mich fragte, wie das mit den vermögensbildenden Leistungen funktioniert und was er da am besten für einen Vertrag abschließen soll, habe ich ihm gesagt, er soll sich einen ETF-Aktienfonds suchen und einen Anbieter, der entsprechend für VL-Sparen zugelassen ist und was das konkret heißt, das möge er doch bitte mal selber rausfinden.

N googelte mehrere Tage in der Gegend rum, bis er mir sehr zufrieden eine gute Lösung präsentierte und sagte, die besten Erklärungen, die, die ihm das Meiste gebracht haben, die hat er auf diesen Frauen-Finanz-Seiten gefunden, also auf Seiten wie https://www.hermoney.de/ und anderen.

Und ich finde, das ist doch alles irgendwie nur ein Armutszeugnis.
Dass die Kinder in der Schule nicht die wesentlichsten Dinge der finanziellen Selbstverwaltung lernen, weil die Lehrer selber auch keine Ahnung davon haben und dass man selbst im Netz erst den Blondinenjoker nutzen muss, um an vernünftige und verständliche Erklärungen heranzukommen - ja sacht mal, das kann doch eigentlich wirklich nicht wahr sein, oder?
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Freitag, 24. Februar 2023
Neue Wörter und Sprachveränderungen
Ich habe heute den Podcast mit Mariana Leky tatsächlich noch mal angehört, schöne Musik hört man ja auch mehrfach.

Dabei ist mir dann noch aufgefallen, dass sie die norddeutsche Art hat, dass Verb "bangen" als reflexives Verb zu benutzen, was mir sehr gefiel. Üblicherweise wird bangen nur als transitives Verb benutzt (Ich bange um mein Leben), aber in Norddeutschland hört man auch öfter mal, dass Leute sagen "ich bange mich" und ich finde das jedesmal schön.
Keine Ahnung warum, aber diese Art der Verbanpassung gefällt mir gut, umgekehrt dagegen finde ich sie scheußlich, nämlich ein reflexives Verb ohne Reflexivpronomen zu benutzen.
"Ich erinnere den Tag". - Was für ein Müll, an was möchte der Sprecher den Tag denn erinnern?

Wir erinnern uns: Reflexive Verben ohne Reflexivpronomen werden zu transitiven Verben.
"Ich wasche mich am Fluss" hat nun mal eine andere Bedeutung als "Ich wasche am Fluss."
Das muss man gar nicht diskutieren, das ist so. Wenn man das Reflexivpronomen weglässt und sich dann schnöselig einbildet, das wäre schick, dann ist das nicht schick, sondern einfach nur falsche Grammatik.

Ich bange mich ja öfter mal um die Entwicklung der deutschen Sprache, wobei ich es wunderbar finde, wenn man Wörter oder Ausdrücke hinzuerfindet, die sich alleine verständlich machen. Wenn man dagegen bestehende Grammatikformen durch Nachlässigkeit einfach abschleift, dann finde ich es schade.

Aus diesem Grund bin ich ja auch größer Fan von Philipp von Zesen, der hat nicht nur eine große Menge von Wörter einfach selber erfunden, der hat es auch geschafft, sie so in den alltäglichen Sprachgebrauch der Bevölkerung zu schleusen, dass sie heute komplett selbstverständlich sind. Philipp von Zesen hat mit der deutschen Sprache im 17. Jahrhundert das gemacht, was die Genderfraktion heutzutage auch versucht, er hat in seinen Augen falsche Wörter einfach durch neue Wörter ersetzt und das höchst erfolgreich.

Er war nämlich ein Freund der deutschen Sprache und versuchte alles Fremdsprachliche, damals also vorwiegend Wörter mit lateinischem oder griechischem Ursprung, die Anglizismen waren im 17. Jahrhundert noch nicht so verbreitet, durch deutsche Wörter zu ersetzen.
Wörter wie Anschrift (statt Adresse), Bücherei (statt Bibliothek), Briefwechsel (statt Korrespondenz), Leidenschaft (statt Passion), Versicherung (statt Assekuranz) und Rechtschreibung (statt Orthographie) stammen aus seiner Feder und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie viel Widerstand ihm damals entgegenwehte und wie sehr sich die Leute darüber lustig gemacht haben.

Ich sag es ja, mich erinnert das schwer an die Genderdebatte heutzutage, weil es auch gleichzeitig meine These stützt, dass neue Wörter Zeit brauchen, bis sie flächendeckend benutzt werden - oder auch nicht.

Denn Herr von Zesen hat ja längst nicht all seine Wortschöpfungen durchsetzen können.
Der Meuchelpuffer wurde einfach nicht zum Alltagswort, obwohl ich grade dieses Wort ganz besonders schön finde.
Meuchelpuffer statt Pistole, das wär doch was, wir sollten das vielleicht noch mal probieren und eine entsprechende Bewegung starten.
Weltselig statt politisch finde ich übrigens auch viel passender, hat sich leider ebenfalls nicht durchgesetzt.

Und weil ich schon immer gerne Teil der Gruppe der "late adopter" war (oder, wie Herr von Zesen sagen würde, ein später Annehmer), benutze ich Wörter wie Entwurf, Grundstein und Wahlspruch, die aus dem 17. Jahrhundert stammen ohne Störgefühl, das mit dem Gendern mögen die Generationen nach mir als selbstverständlich übernehmen, dafür bin ich inzwischen zu alt
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Dienstag, 14. Februar 2023
Peinlichkeiten
Eigentlich habe ich jede Menge Themen, zu denen ich gerne was schreiben möchte, die fallen mir nämlich immer dann ein, wenn ich grade keine Möglichkeit habe, mir Notizen zu machen und Ideen oder gar ganze Texte aufzuschreiben.

Bei Autofahrten zB purzeln die Textideen und Formulierungen nur so aus mir raus, leider zerplatzen sie dann regelmäßig auch genauso schnell wie Seifenblasen, denn wenn sie einmal entstanden sind, muss man sie entweder sofort festhalten und konservieren - oder sie lösen sich wieder auf. Wenn ich selber das Auto fahre kann ich sie nicht festhalten - und wenn ich Beifahrer bin, finde ich es auch schwierig, denn ich kann nur auf dem Computer vernünftig tippen, auf dem Handy kann ich nur diktieren.

Und diktieren kann ich nur, wenn keiner zuhört. Wenn ich Beifahrer bin, kann ich also nicht diktieren, dafür müsste ich in einer Limousine hinten sitzen und eine Glasscheibe zum Fond die Diskretion sichern. Das wird mir in diesem Leben wohl nicht mehr passieren.

Warum mich die Anwesenheit von Mithörern beim Diktieren stört, kann ich nicht erklären, denn die Texte sind ja nicht geheim. Im Gegenteil, jeder Mithörer kann sie anschließend im Internet nachlesen. Aber solange ein Text noch nicht fertig ist, solange bin ich äußerst genant, wenn jemand während der Entstehung mithören oder mitlesen würde.

Es ist sehr interessant darüber nachzudenken, was einem so alles peinlich ist und was nicht. Und wie das bei anderen Menschen ist.
Spontan hätte ich gesagt, dass mir gar nichts peinlich ist, weil ich mich gar nicht genug für andere Menschen interessiere als dass ich mich von andererleuts Meinung beeinflussen lassen würde, aber wenn ich etwas länger darüber nachdenke, stelle ich fest, dass das gnadenlos gelogen ist. Mir ist sehr viel peinlich, vielleicht sogar mehr als anderen Menschen, aber halt nichts von dem, was andere Menschen üblicherweise als Selbstverständlichkeit betrachten, also ich meine als Selbstverständlichkeit in Sachen Peinlichkeit.

So habe ich z.B. keinerlei bewusstes Schamempfinden im Badezimmerbereich soweit es meinen Partner betrifft. Ich fände es sehr praktisch, wenn wir in unserem Badezimmer zwei WCs nebeneinander anbringen würden, weil K sehr gerne stundenlang auf dem WC sitzt und dort liest oder auf dem Handy daddelt und sich entspannt, während ich dann regelmäßig ein Problem habe, wenn ich mit zusammengekniffenen Beinen mal wieder umständlich zum Gästeklo hoppeln muss, weil ich üblicherweise immer erst dann auf Toilette gehe, wenn es schon fast zu spät ist. Bei mir sind 90% aller Toilettengänge Notfälle - und wenn der Notfall quasi die Standardanwendung ist, dann ist klar, dass da für peinlich sein wirklich kein Platz mehr ist.

Wenn ich einen Fehler mache, ist mir das in aller Regel auch nicht peinlich. Ich ärgere mich vielleicht, aber peinlich fühlt es sich nicht an. Fehler passieren. Genauso wenig wie alle Dinge, die einfach passieren, weil das Leben so ist: hörbarer Schluckauf, vergessenes Handyklingeln (also vergessen auf lautlos zu stellen), entfleuchter Pups, die Klassiker halt. Natürlich versuche ich stets, solche Situationen zu vermeiden, aber wenn das nicht klappte und es passiert doch, naja, dann eben shit happens, kein Grund tot umzufallen.

Peinlich sind mir dagegen Dinge, die ich problemlos vermeiden kann und es nicht vermeiden würde. Ich meine, ich vermeide sie ja, eben weil es mir peinlich ist. Zum Beispiel Texte zu diktieren, wenn jemand mithört.

Ach kuck, jetzt habe ich doch einen Text zu einem Thema geschrieben, das mir neulich während der Autofahrt als Zweitthema einfiel, nämlich dass ich mich geniere, Texte unter Mithörerschaft zu diktieren.

Damit habe ich ja wenigstens für heute noch mal die Textkurve gekriegt
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Montag, 6. Februar 2023
Was ich alles an einem Tesla nicht mag
Der Montag begann zwar angemessen ausgeschlafen, spuckte mir dann aber sehr schnell eine große Portion Widerwillen auf die Bettkante, die mit dem Aufstehen in mir hochkroch und sich schon vor dem Anziehen so gründlich in mir breit gemachte hatte, dass ich für alles, was man morgens halt so tun muss, um sich bürofertig herzustellen, mehr als doppelt so lange als sonst brauchte, im Ergebnis war es halb zehn als ich das Haus verließ und gute Laune hatte ich dabei nicht.
Den Absatz hätte ich auch kürzer fassen können: Die Woche begann mit einem richtigen Montag.

So ein Widerwillen legt sich ja nicht nur aufs Gemüt, der steckt auch in den Knochen und macht jede Bewegung extra mühsam, was aus Sicht des Widerwillens ein sehr kluger Schachzug ist, denn allein schon durch diese Mühseligkeit, die in allem steckt, erfährt der Widerwillen eine sich selber immer wieder bestätigende Existenzberechtigung.
Grundsätzlich habe ich Verständnis für den Widerwillen, ich fände das Leben trotzdem einfacher ohne.

Um mich also nicht weiter über den Montag aufzuregen, schimpfe ich lieber mal wieder ein bisschen über den Tesla.
Dass ich den Tesla für ein besonders gutes Beispiel für ein Kackauto halte, habe ich ja schon mal durchblicken lassen, ich könnte aber noch ein paar Schwachsinnigkeiten aufzählen, die ich vielleicht bisher noch nicht erwähnt habe.

Besonders deutlich wurden mir all diese Teslamängel nach dem ich jetzt eine Probefahrt mit einem Genesis gemacht habe und feststellte, es gibt auch E-Autos, die fühlen sich nicht nur so an, sondern die fahren sich auch wie ein normales Auto, faszinierend.
Denn obwohl der Genesis zu 100% elektrisch angetrieben wird und genau wie der Tesla jede Menge neuzeitlichen Technikshishi mitbringt (ich habe nichts entdeckt, was der Tesla mehr kann, aber vieles, was der Genesis besser kann), so kann man den Genesis trotzdem noch so intuitiv bedienen wie man als erfahrener Autofahrer eben jedes "normale" Auto in den Basics intuitiv bedient. Das liegt vor allem daran, dass der Genesis ausreichend Knöpfe hat, die man einzeln drücken oder kippen kann und dann passiert genau eine Sache.
Der Tesla hat exakt gar keinen Drückknopf oder Wippschalter.

Die Bedienung des Teslas (also alles außer Gas geben, bremsen und lenken) erfolgt ausschließlich über einen großen, mittig zwischen Fahrer und Beifahrer angeordneten Bildschirm.
Wenn man das Radio lauter oder leiser stellen will ⇒ muss man nur das richtige Untermenu und die richtige Stelle auf dem großen Touchscreen finden
Scheibenwischer an/aus/Intervall ⇒ man muss erst das richtige Untermenu und die richtige Stelle auf dem großen Touchscreen finden
Lüftung/Heizung anpassen ⇒ man muss erst das richtige Untermenu und die richtige Stelle auf dem großen Touchscreen finden
Tempomat an/aus ⇒ man muss erst das richtige Untermenu und die richtige Stelle auf dem großen Touchscreen finden

Das sind nur vier der Bedienelemente, die ich als Fahrer häufiger während der Fahrt benutze und mein Auto hat dafür ganz altmodische Knöpfe, die ich anfassen und bedienen kann ohne hinzugucken.
Ich persönlich betrachte es als echtes Sicherheitsrisiko, wenn ich diese Dinge nur durch umständliches, unintuitives und mehrfaches Wischen/Tippen/Klicken über ein großes Display steuern kann. Telefonieren während der Fahrt ist verboten, aber auf einem großen Display die einzelnen Menus zu studieren und in Untermenus immer kleiner werdende Befehle zu lesen, das ist für den Fahrer während Fahrt ja gar kein Problem. Immerhin hängt das Display ja gut sichtbar neben ihm, er muss nur den Kopf nach rechts und die Augen von der Straße wenden und schon kann er alles lesen, was da steht.

Nur nebenbei bemerkt: auf einer Skala von 1-10 würde ich dem Spurhaltesystem von Genesis eine 8 geben, während der Tesla höchstens eine gutgemeinte, eiernde 3 bekommen kann, die Unterschiede sind wirklich erstaunlich. Überhaupt ist die Tesla-Bilderkennungssoftware eher unterste Triple-B-Minus Kategorie, die Verkehrszeichenerkennung funktioniert nur sehr eingeschränkt und manchmal erschreckt sich der Tesla selber vor dem, was er draußen meint, erkannt zu haben, was aber gar nicht existiert und dann bremst er wie wild rum und man fragt sich als Fahrer, wie so ein pubertäres Auto überhaupt eine Straßenzulassung bekommen konnte.

Ach und à propos Lesen: Warum hat sich eigentlich noch niemand darüber aufgeregt, dass das für Analphabeten voll ausgrenzend ist, wenn man sich die Bedienung eines Autos nur lesend erschließen kann. Ist das überhaupt erlaubt, so in Zeiten von Inklusion und so?

Wer auch immer das Menu/die Bedienung dieses Displays ersonnen und programmiert hat, würde bei Apple wahrscheinlich sofort gefeuert, egal wie groß der Fachkräftemangel und wie perfekt die Uniabschlüsse dieses Obernerds sein mögen, denn wenn dieses Menu eines ist, dann ist es nutzerunfreundlich. Auch für Leute, die lesen können.

Mal muss man wischen, mal tippen, mal nach rechts, mal nach links, mal nach oben, mal nach unten, kurz tippen, lange gedrückt halten, von der Ecke zur Mitte oder umgekehrt, fast jede Eingabegeste kommt vor und ich habe bis heute noch nicht rausgekriegt, welcher Logik die folgen.
Es gibt sehr viele Untermenus, die aber unbedingt immer in der richtigen Reihenfolge geöffnet werden müssen, sonst sieht man zwar, was man antippen möchte, es ist aber ausgegraut, weil man noch in der falschen Ebene ist und sich die gewünschte Funktion noch nicht freigespielt hat.
K hat neulich fast 20 Minuten die Waschanlageneinfahrt blockiert, weil es ihm nicht gelang, den Waschanlagenmodus so einzustellen, dass der Wagen die Räder freigab, denn natürlich hat der Tesla keinen Schalthebel, den man auf "N" stellen könnte. Und nein, sehr viel schneller klappte das auch zwei Wochen später beim zweiten Waschanlagendurchgang nicht, da war er nur klug genug, die Programmierung nicht erst kurz vor Einfahrt in die Waschstraße zu beginnen, so dass er immerhin niemanden blockierte, aber Spaß machte diese Aktion nur mir, weil ich mich darüber freute, dass ich wieder was zum Lästern hab. So eine Pisskarre, aber mal ehrlich.

Und natürlich muss man für alles extra zahlen. Das Auto hat zwar eine Simkarte verbaut, die ist aber nur im ersten Monat zur Probe freigeschaltet, wer danach kein kostenpflichtiges Abo bei Tesla abschließt, hat dann ein Internetauto ohne Internet. Mich ärgert so eine Abzocke, aber Tesla muss ja schließlich auch von etwas leben.

Abgeschafft wurde beim Tesla das klassische Armaturenbrett mit Tachometer und allen sonstigen Zustandsanzeigen. An der Stelle hat er einfach nur ein durchdesigntes minimalistisches Plastikbrett, so wie vieles beim Tesla aus Plastik ist, ein Tesla ist schließlich voll vegan.
Wenn ich wissen will, wie schnell ich fahre, muss ich die kleine Anzeigezahl auf dem großen Display zwischen Fahrer und Beifahrer suchen, die aber auch weggeblendet sein kann, wenn zB der Beifahrer grade die Lüftung verstellen will.

Die Lüftung kann man übrigens nicht auf komplett AUS stellen kann, etwas, was mich regelmäßig gewaltig ärgert, denn in diesem Auto zieht es immer. Wenn ich länger als 5km als Beifahrer im Tesla mitfahre, packe ich mir mittlerweile standardmäßig ein Überlebenspaket Teslareisepaket, in dem auch eine große Decke ist, die ich mir über die Knie lege, das beste Mittel gegen diesen Dauerzug, der sich nicht abstellen lässt.

Der Genesis, den ich neulich kennenlernte, punktet mit vielen gutdurchdachten Extras, ohne auf die alten, bekannten Bedien- und Informationselemente, die man als Autofahrer Ü20 gewohnt ist, zu verzichten. Der Genesis hat einen normalen "analogen Tacho" (ist natürlich ein digitales Gerät, sieht aber aus wie der alte Uhrentacho) und so etwas ähnliches wie einen Drehzahlmesser, wo man ablesen kann, wie schnell man grade fährt und welche Leistungsintensität man dem Motor abverlangt.
Beides befindet sich dort, wo es sich bei fast allen "normalen Autos" auch befindet, in einem Armaturenbrett direkt vor dem Fahrer, zusätzlich gibt es ein Head-Up-Display, das nur der Fahrer sieht, dort werden ihm alle möglichen anderen Informationen noch mal extra eingeblendet.

Außerdem hat der Genesis einen Knopf, an dem man das Radio laut und leise drehen kann, einen Wippschalter für den Tempomaten, einen Scheibenwischerhebel für an-aus und Intervall und überhaupt eben alles, was man so normalerweise als Autoausstattung kennt. Wahrscheinlich kann ich den Tempomaten, den Scheibenwischer und das Radio auch über das Multifunktionsdisplay steuern - aber ich muss eben nicht. Denn natürlich gibt es auch so ein großes Display, über das man den ganzen Technikschnickschnak steuern kann, aber die Alltagsbedienelemente, die ich als Fahrer häufig während der Fahrt benutze, die gibt es zusätzlich auch als echte Schalter.

Ich war also grundsätzlich von diesem Genesis sehr angetan, er hat nur zwei Dinge, die mich daran hindern, ihn kaufen zu wollen: Er ist für meinen Geschmack sehr hässlich und er hat eine zu geringe Reichweite.

Ich finde, er sieht aus wie ein Möchtegern-SUV und alles, was suvig aussieht, ist für mich ein NoGo.
Ich habe eine hochakute SUV-Abneigung, wenn ich mir also so ein Klein-SUV-Auto zulegen würde, käme ich mir vor wie die zwei LastGen-Aktivisten, die zu ihrer Gerichtsverhandlung nicht erschienen sind, weil sie grade zum Urlaub machen nach Thailand geflogen waren und es damit begründeten, dass sie da privat unterwegs seien.
Für mich ist SUV ein unverhandelbares "Nein Danke" und auch wenn K meint, das wäre kein SUV, sondern ein CrossOver, ist mir das egal. Ein SUV bleibt ein SUV, auch wenn man ihn sich sprachlich schön gendert.

SUV-Fahrer sind alte weiße Männer, die ich einfach nur verachten kann.
Oder Zahnarztgattinen, die es bisher verpasst haben, sich ein Lastenrad zu kaufen.
SUV-Fahrer sind mir grundsätzlich zutiefst unsympathisch.

Ich mag übrigens den Vorschlag von Ekkehard von Hirschhausen sehr, der meint, man solle die zulässige Höchstgeschwindigkeit eines Autos an das zulässige Gesamtgewicht koppeln. LKWs dürfen auch nur 80 km/h fahren, warum sollten SUVs schneller fahren dürfen? Sie sind doch extra für Leute entwickelt worden, die auf schlechten Straßen in unwegsamem Gelände unterwegs sein müssen, da kann man eh nicht schneller als 80 km/h fahren, was in aller Regel auch schon viel zu schnell ist. EvH schlug deshalb vor, man solle SUVs auf 25 km/h= Treckergeschwindigkeit begrenzen. Grundsätzlich hätte ich auch da nichts dagegen, aber ein Unimog darf auch 80km/h fahren und deshalb würde ich eher so etwas als Benchmark heranziehen.

Aber ganz grundsätzlich brauche ich ja sowieso kein neues Auto, es macht nur Spaß, sich ab und zu mal anzuschauen, was so an Alternativen auf dem Markt ist und den Tesla können wir demnächst wieder abgeben, das ist auch gut zu wissen
.

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Montag, 16. Januar 2023
Blogfragen-Stöckchen
Ich habe beim Alex ein Stöckchen gefunden, zumindest hieß das früher so, wenn es eine Frageliste gab, die in Blogs beantwortet wurde.
Mir ist heute nostalgisch und Stöckchen beantworten fühlt sich sehr nach früher an, also nehme ich mir die Frageliste und mache einfach weiter:

1. Warum heißt Dein Blog so?
Tja nun, das ist naheliegend denke ich, aber erstaunlicherweise hat es sehr lange gedauert, bis mir dieses Wortspiel mit meinem Namen überhaupt einfiel.
Ich hatte vorher schon verschiedene andere Blognamen angefangen und ausprobiert, aber keinen wirklich konsequent durchgehalten.

2. Seit wann gibt es Deinen Blog?
Seit 3.552 Tagen - steht da rechts oben. Wenn man das von heute aus zurück rechnet, war es der 26.04.2013.

3. Warum hast Du mit dem Bloggen angefangen?
Logorhoe?
Gaaanz früher habe ich viele Briefe geschrieben, dann hatte ich eine lange und akute Telefonphase, dann habe ich Kinder gemacht und Karriere bekommen, in der Zeit hatte ich zu nichts Zeit, dann hatte ich Mitleidskrise und wieder Logorhoe, das fiel zusammen mit der Entdeckung des Internets, dort gab es erst Mailinglisten, die waren toll, ein Brief/eine Mail und hundert Empfänger, das machte sehr viel Spaß, dann gab es Foren, das war so ähnlich, aber schon viel mehr administriert und die Admins waren immer mein Problem, weil die meinten, man dürfe sich nicht über andere lustig machen - und irgendwie wurde mir dann meist langweilig.

Als ich entdeckte, dass es Blogs gibt und dass es nicht sehr kompliziert ist, so ein Blog einfach selber zu führen, das war ungefähr 2005, war ich sehr zufrieden endlich das Medium für meine Quasselsucht entdeckt zu haben.

Dann war das mit der Mitleidskrise erledigt, ich hatte kurzerhand einmal mein Leben von links nach rechts gekrempelt, die Logorhoe war weg und ich gut mit normalem Leben beschäftigt.
Die Kinder wurden älter, zogen aus und ins Leben und ich wusste nicht, wie man das mit dem Kontakthalten jetzt hinbekommt, wenn man nicht als Klammermama dastehen will.

Dann fiel mir das mit dem Blog wieder ein und seitdem ist das meine Methode, um den Menschen in meiner Familie und immerhin einer persönlichen Freundin, die ich nur noch selten sehe, wenigstens täglich ein virtuelles Update aus meinem Leben anzubieten.
Ich finde das sehr praktisch und außerdem gibt so ein Blog, das man täglich bedient, auch eine gewisse Struktur für das eigene Leben.
Ich neige ja leider schnell zum Verlottern und seitdem die Kinder nicht mehr da sind, gibt es niemanden mehr, für den ich mich zusammenreißen müsste, da ist so ein Blog schon ein guter Gradehalter.

4. Welches Hauptthema findet man auf Deinem Blog?
Keines, warum auch?

5. Warum bloggst Du?
Habe ich unter 3) schon beantwortet.

6. Linkparties
Ähem, was ist das?

7. Kennst Du Blogger persönlich?
Ja, früher habe ich mal einige getroffen, aber dann habe ich den Kontakt zu sozusagen allen Menschen, die ich von früher kannte, eingestellt, bin in den Zeugenschutz gegangen habe mein Leben um 180° verändert und mich seitdem auch nicht mehr wirklich um alte oder auch neue Kontakte bemüht. Vor Corona dachte ich, ich könnte doch mal wieder etwas geselliger werden und bin auf zwei Barcamps gegangen, das war auch echt interessant und hat Spaß gemacht, aber dann kam 2020 und heute haben wir 2023 und ich will doch jetzt bald ein Haus bauen, ich habe also eigentlich gar keine Zeit mehr, vielleicht ab 2025, wir werden sehen.

8. Woher nimmst Du die Ideen zum Bloggen?
Gute Frage, stelle ich mir auch oft.
Keine Ahnung, man gewöhnt sich dran, wenn man täglich irgendetwas schreibt, dass man eben auch irgendetwas schreibt.
Einige Ideen sprich Themen schwirren schon lange in meinem Kopf rum, dazu fange ich dann an, einen Text zu schreiben, stelle beim Schreiben aber fest, dass ich noch nicht fertig bin mit Nachdenken zu dem Thema.
Also speichere ich den angefangenen Text für später ab und wenn mir wieder etwas zu dem Thema einfällt, ergänze ich es.
Irgendwann habe ich dann einen Text voll mit Gedankenfragmenten, die in einen lesbaren Zusammenhang gebracht werden müssen, dabei fällt mir auf, dass es ganz viele unvollendete Fäden in dem Text gibt, die noch fertig gedacht werden müssen, deshalb speichere wieder offline ab und so geht es immer weiter. Manche meiner angefangenen Texte sind über sieben Jahre alt.

Was mir aber schon oft aufgefallen ist, ist, dass ich am besten Denken kann, wenn ich dabei schreibe.
Durch die Kombination von Schreiben - Lesen - Nachdenken - Korrigieren - Schreiben - Lesen - usw. bringe ich sehr viel Struktur in meine Gedanken, das finde ich gut
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Mittwoch, 11. Januar 2023
Ab wann bin ich reich?
Ich habe mir ja neulich ausführlich Gedanken darüber gemacht, dass jeder Mensch eine eigene, individuelle Beziehung zu Geld hat, die oft auf Prägungen in der Kindheit zurückgeht.

Ein Thema, was damit zusammenhängt und mich ebenfalls schon seit sehr langer Zeit regelmäßig beschäftigt, ist die Frage, ab wann man reich ist.
Oder vielleicht sollte ich besser sagen, dass es mich fasziniert, wie viele verschiedene Definitionen es für Reichtum gibt und wie unterschiedlich das auch jeder einzelne Mensch für sich selber definiert und seinen eigenen Reichtum einschätzt. Spontan könnte man ja meinen, dass man das ganz simpel messen und einsortieren kann, schließlich gibt es ausreichend Statistiken, die das abbilden, so dass jeder ablesen kann, in welche Reichtumsgruppe er selber gehört.

So einfach ist es aber leider nicht, denn erstens ist es natürlich davon abhängig, welchen Reichtum man überhaupt messen und vergleichen will - Vermögen oder Einkommen?
Und zweitens gibt es nicht nur sehr viele Statistiken zu diesem Thema, es gibt auch sehr viele verschiedene Methodiken, die bei der Erstellung dieser Statistiken zum Einsatz kommen, wovon zB auch abhängt, welche Datensätze verarbeitet werden, aus welchem Jahr die Daten stammen und ob sie aus einer repräsentativen Umfrage, einer Stichproben-Analyse oder aus einer anekdotischen Evidenz stammen.

Grundsätzlich gibt es natürlich einen Zusammenhang zwischen Einkommen und Vermögen, denn wer viel verdient, der kann auch viel sparen. Vermögen entsteht aber nicht nur durch Sparen, sondern sehr häufig auch durch simple Wertsteigerungen (und durch Erben, aber das ist ein anderes Thema, das lasse ich hier zunächst mal weg) .

So gibt es jede Menge Menschen, die sind schon allein deshalb Vermögensmillionäre, weil sie zB vor 40 Jahren ein kleines Einfamilienhaus in der Umgebung einer Großstadt gekauft haben, was mittlerweile abbezahlt ist und sich im Wert verzehnfacht hat.
Sehr häufig sind es grade Rentner oder ältere Menschen, die Millionäre sind, einfach deshalb, weil sie genug Zeit hatten, Geld zu sparen und die Schulden für ihr Häuschen abzuzahlen, während gleichzeitig der Wert der Immobilie immer weiter gestiegen ist.
Das sind aber alles Millionäre mit einem verhältnismäßig geringen Einkommen.
Und trotzdem haben sie im Vergleich zu ihrem früheren Leben auch mit einer Rente, die niedriger ist als ihr ehemaliges Nettogehalt, mehr Geld als früher zur freien Verfügung, weil sie ja auch nur noch verhältnismäßig geringe Ausgaben haben.
Das Haus ist bezahlt, sie wohnen also mietfrei, die Kinder sind aus dem Haus und verdienen ihr Geld selber. Besondere Investitionen, die vorab angespart werden müssten, stehen auch nicht mehr an, überhaupt können sie ihre Sparquote auf Null setzen, denn die Zukunft ist überschaubar geworden und es gibt keine konkreten Sparziele mehr.

Diese Menschen sind also statistisch korrekterweise in der Spitzengruppe der obersten 10% der Bevölkerung einzusortieren, dass sich aber alle diese reichen Rentner auch wirklich als Millionäre fühlen bzw. das Gefühl haben, dass sie überdurchschnittlich reich sind, das wage ich mal zu bezweifeln, denn sie haben ihr gesamtes Leben sparsam gewirtschaftet und stellen sich deshalb ein Millionärsleben komplett anders vor als ihres.

Umgekehrt gibt es Menschen mit einem überdurchschnittlich hohen Einkommen, die kaum Vermögen haben, weil sie ihr Einkommen einfach sofort wieder ausgeben. Vielleicht, weil sie eine große Familie haben, die finanziert werden muss oder weil sie eben ein persönliches Ausgabebedürfnis haben, was dazu führt, dass kaum etwas übrig bleibt, was sie für einen "Vermögensaufbau" sparen könnten.
Wie heißt es im Rheinland so schön: Jede Jeck ist anders.
Ich bin regelmäßig aufs Neue erstaunt, wie viele gutverdienende Menschen so gut wie keine finanziellen Rücklagen haben und sich in meinen Augen faszinierend uninteressiert mit dem Thema "Vermögensbildung" beschäftigen.

Das reine Einkommen ist also nur eine eingeschränkt passende Maßgröße, um zu beurteilen, ob Menschen reich sind oder nicht.
Das Schlüsselwort für das Bindeglied zwischen Einkommen und Vermögen heißt "Geld zur freien Verfügung" und gleichzeitig ist das auch das Schlüsselwort für das individuelle Reichtumsgefühl.

Grundsätzlich müssen ja erst mal alle fixen Kosten bezahlt und alle notwendigen Dinge gekauft werden, bevor ich Geld für den Vermögensaufbau anlegen kann und erst, wenn dann noch etwas übrig bleibt, habe ich wirklich Geld zur völlig freien Verfügung (Taschengeld :-) ), was ich einfach nur so zu meinem Vergnügen ausgeben kann.
Weil jeder Mensch einen ganz individuellen Vorsorgedrang an, bleibt auch bei Menschen mit gleichem Einkommen unterschiedlich viel Geld als freies Taschengeld übrig, und natürlich sind auch die sonstigen Lebensumstände entscheidend für die Höhe der fixen und der notwendigen Kosten.

Nehmen wir zwei Personen, A und B, beide alleinlebend im mittleren Alter, beide verdienen 5.000 € netto im Monat, gehören in der Einkommensstatistik also zu den oberen 10%. Person A hat ein Haus im Speckgürtel gebaut und zahlt monatlich 2.000 € an die Bank (dass da ein großer Teil Tilgung und damit Vermögensbildung drinsteckt ist klar, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Kohle erst mal weg ist), außerdem hat Person A zwei Kinder, die studieren und jeweils 1.000 € Unterhalt bekommen (BaFöG gibt es nur für Kinder, deren Eltern wenig Geld verdienen), von den verbleibenden 1.000 € müssen die Nebenkosten des Hauses (Strom, Gas, Wasser, Versicherung und Internet/Telefon/Medien), alle Lebensmitteleinkäufe/Essen und das Auto bezahlt werden, sehr viel Spielraum für "frei verfügbares Taschengeld" bleibt nach Abzug aller Fixkosten dann nicht mehr.
Person B dagegen wohnt seit 25 Jahren in der gleichen Wohnung, Altbau-Innenstadt mit einer Warmmiete (Mietendeckel, alter Mietvertrag) von 1.000 €, keine Kinder und kein Auto. Hier bleibt definitiv mehr im Monat zur freien Verfügung übrig.

Wenn jemand ein hohes Einkommen hat und große Teile davon in die Vermögensbildung steckt, dann ist er nach kurzer Zeit von ganz alleine reich. Wenn er aber jeden Monat alles wieder ausgibt, weil er Fan von Yolo* ist, dann hat er, solange das mit dem Einkommen gut läuft, eben ein schönes Leben und gehört in der Einkommensstatistik zu den Top 1%, aber in der Vermögensstatistik krebst er bei den unteren Prozenten rum, weil nichts bleibt, was als Vermögen bezeichnet werden könnte.
*You only live once

Das individuelle Sicherheitsbedürfnis bestimmt also die persönliche Sparquote genauso wie das individuelle Ausgabebedürfnis und zusätzlich ist der gefühlte Reichtum noch von vielen anderen Komponenten als nur statistischen Durchschnittswerten abhängig, einen ganz großen Einfluss hat auch das Umfeld, in dem man lebt.

Mir zB ist statistisch schon immer bewusst, dass ich mit meinem Einkommen zum besserverdienenden Teil der deutschen Bevölkerung gehöre.
Das ist aber nun auch wirklich kein Wunder, denn weil ich aufgrund meiner schulischen Ausbildung vor 40 Jahren relativ frei unter allen Berufen, die es so gibt, wählen konnte, habe ich mir sehr bewusst einen Beruf ausgesucht, der mir rein statistisch nicht nur ein sicheres, sondern auch ein gutes Einkommen versprach, weil ich mir ja aktiv vorgenommen hatte, immer genug Geld zur freien Verfügung zu haben, um mir stets spontan all das kaufen zu können, wonach mir der Sinn steht.

Trotzdem gehörte ich in der Vermögensstatistik in den ersten Jahren meines Lebens in die untere Hälfte der Bevölkerung, weil es natürlich Zeit braucht, bis ein passendes Vermögen aufgebaut ist.

Mit zunehmendem Alter wächst das eigene Vermögen, insbesondere wenn man so wie ich kein hohes Ausgabebedürfnis hat. Ich hatte dafür aber immer ein sehr hohes Sicherheitsbedürfnis, weshalb ich mich sehr früh und sehr überlegt mit dem Thema Altersabsicherung und Vermögensaufbau beschäftigt habe.
Ich bin sozusagen ein Frühfrugalist (eine gute Beschreibung für Frugalismus findet sich hier), denn mein Bestreben war von jeher, lieber mehr Geld in den Vermögensaufbau zu stecken, statt für Konsum im Alltag auszugeben.

Da ich zudem schon von Berufs wegen auch noch über das passende Fachwissen verfügte, dauerte es insgesamt nicht sehr lange, bis ich rein rechnerisch auch in der Vermögensstatistik bei der oberen Hälfte der Vermögenden angelangt war.
Trotzdem fühlte ich mich sehr lange nicht reich, denn mein Sicherheitsbedürfnis war noch nicht auf Entspannung umgesprungen. Dafür musste ich erst sicher sein, dass mein Anspruch, dauerhaft ausreichend Geld zur freien Verfügung zu haben, auch dauerhaft gesichert ist.

Erst seit einigen Jahren bin ich ganz entspannt davon überzeugt, dass ich nun (ausreichend) reich bin. Die Ausbildung der Kinder ist sozusagen abgeschlossen und bezahlt, außerdem sind alle Kredite abbezahlt, das verringert die Höhe der fixen Kosten enorm. Und es ist mir gelungen die Fabrik in MG zu verkaufen, wodurch sich das vorher illiquide Immobilienvermögen plötzlich in echtes Geld verwandelt hat. Durch den Verkauf habe ich nicht nur den bis zu dem Zeitpunkt entstandenen Wertzuwachs der Immobilie realisiert, sondern auch alle Risiken entfernt, die grundsätzlich in jeder Immobilie, aber in der Fabrik in MG in ganz besonderem Maße steckten. In dem Moment, wo der Kaufpreis der Immobilie auf meinem Konto eingegangen war, in dem Moment hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass ich wirklich richtig reich bin.

Für eine Vermögensstatistik unterscheidet sich Immobilienvermögen nicht von Barvermögen, für das eigene Gefühl dagegen macht es einen großen Unterschied aus.
Dass sich der zweite Punkt letztlich so offensichtlich und so intensiv auf mein eigenes, konkret erlebtes Reichtumsgefühl auswirkte, das hätte ich nicht erwartet, denn selbstverständlich ist mir schon immer bewusst gewesen, was die Fabrik wert war und mein objektiver Reichtum hat sich durch den Verkauf der Immobilie überhaupt nicht verändert, denn ich habe ja nur einen Sachwert gegen einen Finanzwert getauscht, aber trotzdem ist mein Gefühl "ich bin reich" ganz intensiv davon abhängig, wie viel Geld sich auf meinen Bankkonto befindet. Skurril, nicht wahr?
Insgesamt ist mein Vermögen allerdings auch heute noch um ein Vielfaches kleiner als das von Herrn Merz, der aber sicherlich auch viel mehr Vermögen braucht, um zufrieden zu sein, weil er ein ganz anderes Leben führt als ich und dafür eben auch viel mehr Geld braucht.

Bevor man die Frage beantworten kann, wo Reichtum beginnt, muss man also ein paar Grundlagen definieren.
Am wichtigsten ist dabei aus meiner Sicht die Unterscheidung zwischen Vermögen und Einkommen.

Wenn man sich mit den Statistiken zu diesem Thema beschäftigt, stellt man fest, dass es deutlich mehr Statistiken gibt, die das Einkommen der Menschen abbilden, weil hierfür schlicht die Datenlage besser ist als für die Messung und Bewertung des Vermögens.
Das Einkommen ist problemlos in Euro darzustellen, die Daten werden vom Finanzamt und anderen Behörden regelmäßig erhoben, sind belastbar und aktuell. Einkommensstatistiken sind also relativ einfach zu erstellen.

Es gibt aber zwei wichtige Punkte, die man beim Lesen von Einkommensstatistiken unbedingten beachten muss.
Zum einen ist das die Frage nach der "Haushaltsgröße". Es macht schließlich einen deutlichen Unterschied, ob mir eine Statistik das Einkommen einer Person oder eines Haushaltes ausweist und außerdem sollte man unbedingt darauf schauen, wie in der jeweiligen Statistik der Begriff "Einkommen" überhaupt definiert ist.

Der Begriff "Einkommen" hat zwar in § 2 EStG eine offizielle Legaldefinition, die scheint aber für die meisten Einkommensstatistiken überhaupt keine Bedeutung zu haben.
Nach meiner Erfahrung definieren sich die meisten Statistikersteller (häufig Journalisten, die sich aus einem Datenpool selber was rausfischen) den Begriff "Einkommen" kurzerhand so, wie er ihnen am besten passt, so dass man als Leser solcher Artikel immer sehr genau aufpassen muss, was sich der Verfasser für diesen Artikel unter Einkommen vorstellt.

Ein Beispiel für eine ausgewertete Einkommensstatistik mit Erläuterungen gab es neulich beim Handelsblatt. Hier wird zunächst nur das Einkommen der Arbeitnehmer berücksichtigt und das auch noch als Durchschnittswert. Der Artikel selber weist zwar darauf hin, dass der Median in den meisten Fällen die deutlich aussagekräftigere Kennzahl wäre, interessanterweise sind Statistiken, die den Median ausweisen, aber viel seltener.

Dass andere Statistiken von anderen Zahlen ausgehen, stellt man unschwer fest, wenn man im direkten Vergleich dazu diese Studie liest, die ihre Durchschnittswerte auf einer völlig anderen Basis ermittelt.

Ein weiterer, wichtiger Datenlieferant für alle Einkommens- und Vermögensthemen ist das Sozio-oekonomische Panel, kurz SOEP.
Nach meinem Wissensstand ist das SOEP zwar vor allem der wichtigste Datenlieferant, wenn es um eine Auswertung des Vermögens geht, aber auch das Einkommen wird vom SOEP abgefragt und auf dieser Datenbasis hat das Institut der deutschen Wirtschaft dann einen interaktiven Einkommensverteilungsrechner erarbeitet, den ich sehr spannend finde, vor allem, wenn ich die Daten, die in den anderen beiden Artikeln, die ich oben verlinkt habe, dort mal eingebe.

Laut Handelsblatt liegt das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines deutschen Arbeitnehmers bei 4.100 € pro Monat, ohne Weihnachtsgeld oder andere Zusatzzahlungen. Das entspricht einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von rd. 2.600 €.
Wenn ich aber 2.600 € in den Einkommensverteilungsrechner eingebe, dann stelle ich fest, dass ich mit diesem Nettoeinkommen schon zu den TOP25% der Gesamtbevölkerung gehöre und in der Gruppe der Singlehaushalte gehöre ich bereits zu den TOP 17%. Da staunt man, nicht wahr?

Der Einkommensverteilungsrechner berücksichtigt aber nun auch ein ganz anders definiertes Nettoeinkommen als das, was ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber überwiesen bekommt. Deshalb berücksichtigt der Einkommensverteilungsrechner auch alle Personen in Deutschland, nicht nur die Arbeitnehmer.
Und deshalb werden auch noch alle sonstigen Einkommensbestandteile mitberücksichtigt, also etwa Transferleistungen wie Kindergeld oder Wohngeld und alle anderen Einkunftsarten neben Arbeitslohn gehören natürlich auch zum Gesamteinkommen, deshalb ist die Einkommensstatistik, die das Handelsblatt benutzt im Grunde überhaupt nicht vergleichbar mit den Gesamtzahlen der Einkommensverteilung und wir sind genau bei dem Punkt, den ich oben schon erwähnte: Man muss genau hinschauen, was und wie gemessen wird.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat übrigens noch andere interaktive Vergleichsrechner entwickelt, die finden sich alle auf der Seite Arm und Reich, außerdem finden sich hier auch interessante Erläuterungen zur Wahrnehmung des eigenen Reichtums, was ja die Frage ist, die mich immer am meisten fasziniert.

Insgesamt kann man aber feststellen, dass es selbst beim Einkommen schon kompliziert ist, eine einheitliche Messgröße zu finden und für das Einkommen liegen immerhin einigermaßen belastbare Datengrundlagen vor.

Valide Vermögensstatistiken dagegen sind deutlich komplizierter zu erstellen, schon allein deswegen, weil es keine Daten mehr vom Finanzamt gibt, seitdem die Vermögensteuer* nicht mehr erhoben wird und deshalb keine Massendaten auf einer einheitlichen, vergleichbar objektiven Basis zur Verfügung stehen.
D.h. die Datenerhebung ist ein großes Problem, weshalb die Methodik von Vermögensstatistiken immer wieder kritisiert wird und es diverse Ansätze gibt, den größten, offiziellen Datenpool, der vom SOEP zur Verfügung gestellt wird und auf den die meisten einzelnen Vermögensstatistiken zurückgreifen, um weitere Datensätze und Betrachtungen zu ergänzen.
*Klugscheißermodus an: Ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Vermögensteuer, so wie alle anderen Steuerarten auch, ohne Fugen-S geschrieben wird, im Unterschied zu Vermögensstatistik

Es ist also schwierig, das Vermögen der Deutschen statistisch richtig abzubilden, weil zum einen weder der Datenpool aus den Erhebungen des SOEP noch die Studien der Deutschen Bundesbank das Vermögen der wirklich Superreichen ausreichend abbilden oder gar erfassen und weil es zum anderen auch gar nicht so einfach ist, alle Vermögensbestandteile seines eigenen Haushaltes vollständig zu erfassen und auch noch richtig selber zu bewerten.
Denn grade die Bewertung von Vermögen, das nicht in Euro aus Bankbelegen ablesbar ist, ist ein Problem.
Wegen genau dieser Problematik hat das Bundesverfassungsgericht einst die Vermögensteuer gekippt und es gibt bis heute unendlich viele Modelle, Meinungen und Methoden, um festzulegen, was zB eine Immobilie wirklich genau wert ist, noch viel komplexer wird es, wenn es sich um Betriebsvermögen handelt und ich kenne nur sehr wenige Menschen, die ihr eigenes Vermögen hier einigermaßen treffsicher einschätzen können.

Ein Artikel, der einem ein gutes Gefühl dafür vermittelt, wie kompliziert das ist mit der Erfassung, Bewertung und vergleichenden Einsortierung des Vermögens findet sich in der Wirtschaftswoche, es gibt ganz viele verschiedene Zahlen, jeder ermittelt etwas anderes und dann muss man auch noch zwischen Durchschnitt und Median unterscheiden, zwischen Einzelpersonen und Haushalten und ach, es ist kompliziert.

Es gibt also viele verschiedene Statistiken, die sich mit dem Vermögen der Menschen beschäftigen, wobei das Wichtigste, auf das man immer achten muss, wenn man einen Artikel darüber lesen und verstehen will, die Bezugsbasis der Statistik ist, also ob sich die Daten auf das Vermögen einer durchschnittlichen Einzelpersonen beziehen oder auf das Vermögen eines Haushaltes. Da ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland aus 2 Personen besteht, ist logischerweise das Haushaltsvermögen doppelt so hoch wie das Vermögen einer Einzelperson.
Wenn man also absolute Zahlen in einen Text einarbeitet, sollte man immer beachten, ob die für eine oder für zwei Personen gelten. Die Differenz im Durchschnittsvermögen beträgt sonst halt 100%.

Eine weitere wichtige Unterscheidung macht die korrekte Verwendung der Begriffe "Durchschnitt" und "Median". Sehr gut erklärt wird das in der Wikipedia unter dem Begriff "mittleres Vermögen"

Hier lernt man auch gleich etwas über den Gini-Koeffizienten, der die Ungleichheit der Vermögensverteilung innerhalb eines Landes beschreibt und in Deutschland peinlich hoch ist.

In dieser Tabelle steht, dass das durchschnittliche Nettovermögen in Deutschland 268.681 $ beträgt. Der Median liegt bei 65T $, dass sich dieser Wert allerdings auf das Haushaltsvermögen bezieht, das steht hier nirgends, dafür muss man nach anderen Statistiken suchen, um das herauszufinden. (Statistik und Lesbarkeit, seufz)
In dem oben verlinkten Artikel der Wirtschaftswoche wird ein Durchschnittsvermögen der Haushalte in etwa in dieser Größenordnung angegeben und auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat dazu natürlich Zahlen veröffentlicht, hier ist die Statistik freundlicherweise mit "Nettohaushaltsvermögen" überschrieben und deshalb ist davon auszugehen, dass sich das Durchschnittsvermögens eines Haushalts in Deutschland irgendwo zwischen 200-260 T€ bewegt, was bedeutet, dass das Durchschnittsvermögen einer Einzelperson irgendwo zwischen 100-130T€ liegt.

Das passt auch zu einem Artikel im Handelsblatt, der neulich unter der Überschrift "Die Neuvermessung des Vermögens: Deutsche sind reicher als gedacht" mit der vermeintlich neuen Erkenntnis daher kam, dass das Durchschnittsvermögen einer Einzelperson 130.000 € beträgt.

An dieser Stelle muss ich übrigens eine kleine Nebenbetrachtung einfügen, denn was ich persönlich dann statistisch nicht mehr erklären kann, ist der Bezug dieser Durchschnittswerte zu den Werten des Gesamtvermögens.
Wenn das Durchschnittsvermögen einer Einzelperson 130.000 € beträgt und wir ca. 83 Millionen Bundesbürger haben, dann muss ich ja nur 130.000 mal 83 Millionen rechnen, um auf ein Ergebnis von 10,79 Billionen Euro zu kommen, was theoretisch dann dem Gesamtvermögen der Deutschen entsprechen müsste, so funktionieren Durchschnittswerte.
In dem Handelsblattartikel steht jetzt aber gleichzeitig auch, dass nur das Immobilienvermögen der Deutschen schon 10 Billionen Euro beträgt und dass auch das Betriebsvermögen viel höher ist als bisher angenommen und dann gibt es ja noch das ganz normale Finanzvermögen der Deutschen, was man zum Gesamtvermögen ja auch addieren muss - und an dieser Stelle steige ich mit meiner simplen Mathematik aus. Irgendwas stimmt da nicht, ich kann das nicht mehr erklären und es verwirrt mich sehr.

Fakt ist aber, dass vor allem das Alter einer Person ganz maßgeblichen Einfluss darauf hat, wie viel Vermögen sie besitzt, weshalb ich alle diese Durchschnittstabellen schwierig finde, wenn sich jemand selber einschätzen will.
Menschen unter 25 brauchen nur 10.000 €, um schon über dem Vermögensdurchschnitt ihrer Altersklasse zu liegen, bei Menschen in meinem Alter liegt das Durchschnittsvermögen dagegen bei ca. 200.000 €. Wenn meine Kinder und ich also die gleiche Durchschnittstabelle zur Selbsteinschätzung benutzen, dann führt das zu völlig verschobenen Selbsteinschätzungswerten.

Wichtig ist übrigens auch das Jahr, in dem die einer Statistik zugrunde liegenden Vermögenswerte erhoben wurden, weil wir seit längerem schon eine sehr hohe Vermögenpreisinflation haben, was bedeutet, dass die Preise von Vermögenswerten wie Immobilien und Aktien viel mehr gestiegen sind als die laufenden Lebenshaltungskosten, die für die Ermittlung der Gesamtinflation von Bedeutung sind.
Durch diese Vermögenspreisinflation hat sich das Gesamtvermögen der Deutschen durch Wertsteigerungen des vorhandenen Vermögens viel mehr erhöht als durch fortschreitendes Sparen.
Das wiederum bedeutet natürlich, dass dadurch die Schere zwischen arm und reich noch weiter auseinandergezogen wurde, denn wer kein Vermögen hat, wenn die Preise fallen, der hat auch keines, wenn sie steigen* - und in Deutschland gingen die Vermögenspreise in den letzten Jahren eben immer nur relativ steil nach oben.
*das ist ein alter Spruch über Aktien, um das Risiko, dass viele Menschen in Aktien sehen, ins Verhältnis zu den Chancen zu setzen.

Insgesamt heißt dass, dass es Statistiken gibt, die sagen, dass das Durchschnittsvermögen einer Einzelperson bei 60.000 € liegt, andere Statistiken sagen, es liegt bei 100.000 € oder bei 130.000 €, auf ihre Art sind alle Statistiken korrekt, es hängt halt davon ab, auf welches Jahr sich die Daten beziehen und was sonst noch so alles miteinbezogen oder abgezogen wurde.

Als ich nach Statistiken und Artikeln zu dem Thema gesucht habe, bin ich auch auf den "Wealthometer" gestoßen, der meiner Meinung nach ein sehr gut gemachter, interaktiver Rechner zum Thema Selbsteinschätzung und Vermögen ist, der aber offensichtlich schon etwas älter ist, denn es ist noch nicht mal eine https-website und ob er gezielt die Daten für Deutschland ausgibt oder gleich ganz Europa im Vergleich sieht, weiß ich auch nicht. Ich fand die Seite trotzdem interessant.
Und die Seite "Einkommensverteilung" ist auch einen Klick wert, auch wenn ich nicht beurteilen kann, wie aktuell und wie richtig die Daten sind, die hier verarbeitet wurden.

Im Ergebnis stelle ich für mich fest, dass meine gefühlte Überzeugung, dass ich reich bin, selbstverständlich auch den statistischen Daten entspricht und ich weiß sehr wohl, welche Privilegien damit verbunden sind, dass ich mir in finanzieller Hinsicht bis an mein Lebensende keinerlei Sorgen mehr machen muss.
Und obwohl ich weiß, dass ich vieles an meiner jetzigen Situation meinem Wissen in Finanzangelegenheiten, meinen eigenen Entscheidungen und zum Teil sicherlich auch meinem Mut zu verdanken habe, so halte ich all das nicht für eine besondere persönliche Leistung, sondern insgesamt habe ich einfach nur irre viel Glück gehabt in meinem Leben.

Es ging schon damit los, dass der Zugang zu Bildung für mich nie ein Problem war, meine Eltern hielten Bildung für das zentrale Thema und ich bin relativ mühelos durch alle Ausbildungsebenen gesegelt und habe mir dann durch Zufall auch noch die richtigen ausgesucht, wenn es um Geld verdienen geht.
Dann habe ich mit weiterem Glück auch stets die richtigen Menschen kennengelernt und ich war mit noch mehr Glück sehr oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Aus meiner Perspektive war es also keine persönliche Leistung, dass sich meine finanzielle Situation heute darstellt, wie sie sich darstellt, sie ist aber genau deshalb auch nicht beliebig wiederholbar.

Mit einer Bekannten habe ich mich vor einiger Zeit über unsere jeweilige Einstellung zu Geld und zu Reichtum unterhalten, sie hat eine sehr linke Einstellung und schämt sich dafür, mehr Geld zu besitzen als andere.
Ich habe darüber gründlich nachgedacht und stelle für mich fest, dass ich mich nicht dafür schäme.

Ich glaube, ich schäme mich deshalb nicht dafür, weil ich es einfach als reines Glück im Sinne von Zufall empfinde, dass ich finanziell so gut abgesichert bin. Wenn ich im Lotto eine Millionen gewinne, dann schäme ich mich doch auch nicht.
Und ich schäme mich auch nicht dafür, dass ich etwas habe, was andere nicht haben. Ich finde es nämlich völlig normal, dass Menschen unterschiedlich sind, wenn alle gleich wären, wäre es ja auch eine sehr öde Welt. Wenn aber Unterschiedlichkeit gewollt und richtig ist, dann wird es immer welche geben, die mehr haben als andere. Manche haben mehr Geld, oder mehr Gesundheit, mehr Haare, mehr Kraft, mehr Intelligenz oder eben auch einfach nur mehr Glück.
Das Leben als solches ist schon ab Geburt ungerecht, wenn ich daran verzweifeln würde, dann hätte ich auf alle Fälle mehr Kummer als andere, denn ändern lässt sich diese Ungerechtigkeit niemals.
Das, was man aber auf jeden Fall und immer verhindern sollte, ist ein Treten nach unten, die schwächere , weniger glückliche Position eines anderen auszunutzen, um ihm noch mehr wegzunehmen. Sich auf Kosten anderer, ärmerer Menschen zu bereichern, das ist etwas, für das sich meiner Meinung nach jeder schämen sollte
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Donnerstag, 29. Dezember 2022
Du bist ja auch anders
"Du bist ja auch anders" ist ein Satz, der mich seit meiner Kindheit begleitet und mir immer dann gesagt wird, wenn ich Lösungsvorschläge für sozialinduzierte Probleme anderer Menschen mache.

Wenn ich mich mit Verwandten oder Freunden (also Menschen, die mich gut oder zumindest schon lange kennen) über Dinge unterhalte, die für andere Leute ein Problem darstellen, fällt dieser Satz fast immer irgendwann, denn die Art der Lösung, die ich in der Regel vorschlage, scheint für Menschen, die andere soziale Bedürfnisse haben als ich, nicht umsetzbar zu sein.
Meine Lösung lautet nämlich meistens: "Reg dich doch einfach nicht auf." kombiniert mit "Ja, dann mach's doch nicht." bzw. "Ja, dann mach's doch einfach selber."

"Du bist ja auch anders!" ist für die meisten Menschen die kurze Zusammenfassung der Tatsache, dass sie selber zwar keine rationale Erklärung für ihr Handeln oder ihre Empörung über andere haben, ihren eigenen Standpunkt oder ihr eigenes Handeln aber als "ganz normal" betrachten, weil das ja "alle" machen.

Seitdem die Medizin nicht nur offensichtlich kommunikationsgestörte Personen wie Rainman als Autisten definiert, sondern unter dem Bogen eines irre weit gespannten Autismusspektrums problemlos jeden einsortiert, der sich außerhalb der Massen bewegt, fällt es mir leicht, das eigene Anderssein zu erklären.
Ich habe ganz sicher Merkmale einer autistischen Störung, ich finde es allerdings zunehmend lustig, dass diese Diagnose traditionell pathologisch konnotiert ist, d.h. dass es als Krankheit (Störung) und damit als etwas Unerwünschtes definiert ist.

Meiner Meinung nach kann das massenübliche, also das sogenannte neurotypische Sozialverhalten dagegen viel eher ein durchaus behindernder Part der persönlichen Disposition sein, mir fällt dazu immer der folgende Satz ein:
"Eine Millionen Fliegen können nicht irren, Leute fresst Scheiße."
Nur weil die große Mehrheit der Menschen Dinge auf eine bestimmte Art und Weise tut, heißt das doch nicht, dass das der beste Weg ist.

Ich habe deshalb eine Theorie entwickelt und die geht so:
Der Mensch ist von seiner Veranlagung her ein Rudeltier.
Das wiederum bedeutet, dass das Bedürfnis nach sozialen Kontakten ein elementares Grundbedürfnis ist mit einer angeborenen Antriebsgrundlage, die Nähe anderer Menschen aktiv zu suchen.

Weil die Mehrzahl der Menschen allein nicht überlebensfähig wäre, war es von der Natur sehr klug, dieses Sozialbedürfnis im Instinkt zu verankern, denn dann verhalten sich die Menschen ohne Nachzudenken gleich so, wie es aus Sicht der Natur für die Spezies allgemein am praktischsten ist.

Ich glaube zwar, dass die Natur da eher an das Zusammenrotten von Gruppen zwecks gemeinsamer Jagd und besserem Gruppenschutz gegenüber Angreifern gedacht hat und weniger an die Förderung kultureller Großereignisse wie Sportevents oder Musikfestivals, aber Gruppe ist Gruppe und Instinkt ist Instinkt, weshalb der moderne Mensch seine sozialen Grundbedürfnisse gerne mal in solchen Großveranstaltungen befriedigt und das Rumsitzen in Cafes oder Kneipen kombiniert mit der Aufnahme gesundheitsschädlicher Nahrung (Zucker, Alkohol) als notwendige soziale Teilhabe beschreibt.

In der massenüblichen Ausführung dieses angeborenen Bedürfnisses führt das dazu, dass Menschen die körperliche Nähe von anderen Menschen nicht nur als angenehm, beruhigend und insgesamt positiv empfinden, sondern dass sie auch ein Mangelgefühl verspüren, wenn sie über einen gewissen Zeitraum keine oder deutlich weniger Kontakte zu anderen Menschen hatten.

In der Coronazeit ist bei vielen Menschen so ein Mangel entstanden, so dass viele gradezu "ausgehungert" waren nach realen Treffen und Zusammensein mit anderen Menschen.
Der Begriff "ausgehungert" beschreibt dabei dieses Mangelgefühl sehr gut, weil das Fehlen von ausreichenden Kontakten tatsächlich so etwas ähnliches wie ein Hungerfühl erzeugt.

Jetzt kann es aber in Einzelfällen passieren, dass der Natur da was daneben geht, dass einzelne Instinkte also nur sehr schwach oder vielleicht sogar gar nicht ausgeprägt sind. Wir kennen das vom Hunger, es gibt Menschen, die haben ständig Hunger und es gibt welche, die kommen mit einem Apfel und einem Butterbrot gut durch den Tag, ohne dass sie sich schlecht fühlen dabei.

Auf Sozialkontakte übertragen bedeutet das, dass es Menschen gibt, die empfinden fehlende Sozialkontakte nicht als Mangel, im Gegenteil, zu viele Kontakte führen schnell zu einer Form des "Überfressens" und für Menschen mit diesem fehlenden Sozialbedürfnis sind dann größere Menschenmengen wie eine sinnlose Völlerei, von der ihnen schon übel wird, wenn sie nur daran denken.

Ein anderer, angeborener "Instinkt" ist das Schmerzempfinden.

Es ist bekannt, dass es Menschen gibt, die keine Schmerzen spüren, bei denen ist irgendein Nervenempfänger oder -sender kaputt, so dass ihnen einfach niemals irgendetwas weh tut.
Wenn die sich einen Finger abschneiden, fühlt sich das für diese Menschen so an wie für andere das Fingernägelschneiden.

Diese Menschen müssen lernen, auf ihren Körper auf eine rein vom Kopf gesteuerte, angelernte Weise aufzupassen, weil Schmerz ja etwas ist, was von der Natur als eingebautes Warnsignal gedacht ist. Wenn ich eine heiße Herdplatte anfasse, tut es weh und ich ziehe meine Hand zurück. Wenn es nicht weh tut, würde ich meine Hand verbrennen lassen, was böse Folgen haben kann. (Deshalb ist übrigens auch Radioaktivität so gefährlich, die tut nicht weh.)

So wie Menschen normalerweise Schmerz oder Hunger verspüren, haben sie also auch ein instinktives Bedürfnis nach sozialen Kontakten bzw. spüren das Fehlen dieser Kontakt als unangenehmes Mangelgefühl (Hungerschmerz).

Und meine Theorie sagt jetzt, dass bei mir dieses instinktive Grundbedürfnis nach sozialen Kontakten nicht oder nur sehr schwach vorhanden ist.

Grundsätzlich wäre es sicherlich auch sehr angenehm, wenn meine Schmerzrezeptoren kaputt wären, hier begreife ich aber immerhin, dass es viele Alltagsabläufe deutlich umständlicher machen würde, eben weil man immer, immer mit eingeschaltetem Kopf auf seinen Körper aufpassen muss.

Das fehlende, instinktgetriebene Sozialbedürfnis hat aus meiner Sicht dagegen gar keine Nachteile, ganz im Gegenteil.
Unsere moderne, technikgestützte Welt ist für Einzelgänger längst nicht mehr so lebensfeindlich wie für den Steinzeitmenschen.
Mit meinem Dauermantra "ich kann alles alleine" bin ich bisher sehr gut durchs Leben gekommen und wenn ich versuche, mit ein bisschen Abstand auf mein Leben zu gucken, dann denke ich, grade weil ich mich an keiner Stelle von instinktgetriebenen Sozialbedürfnissen zu irgendwelchen schlechten Kompromissen habe treiben lassen, konnte ich sehr viele Entscheidungen sehr rational und gleichzeitig sehr entspannt treffen.

Ich kann für mich behaupten, dass mir dieses fehlende, im Instinkt verankerte Sozialbedürfnis noch nie gefehlt hat, im Gegenteil, ich bin sehr, sehr zufrieden, dass ich es nicht habe und bilde mir ein, dass es mir dadurch entschieden leichter fällt, ein zufriedenes und sorgenfreies Leben zu führen. Ich kann halt alles alleine und Dinge, die mir nicht gelingen, nun, die sind eben so, denn - und das ist in meinen Augen der extrem wichtige Teil eines Einzellebens - ich habe keine Erwartungen an andere.

Mein fehlendes Sozialbedürfnis führt natürlich auch dazu, dass ich keine intuitive soziale Empathie besitze. So kann ich ganz, ganz viele Situationen, in denen andere Menschen Kummer haben, überhaupt nicht nachempfinden, z.B. immer dann, wenn der Kummer nicht durch ihr direktes Umfeld ausgelöst wurde, sondern eher global ist.
Weshalb also Menschen Kummer empfinden, wenn jemand stirbt, den sie gar nicht gekannt haben, ist für mich nicht nachvollziehbar bzw. nicht nachspürbar. So wie jemand, der keine Schmerzen empfindet, sich eben auch nicht vorstellen kann, wie sich Schmerzen anfühlen.
Die Millionen von heulenden Menschen beim Tod von Lady Di habe ich bis heute als besonders beeindruckendes Beispiel meines völligen Unverständnisses für so einen Kummer in Erinnerung.

Ich kann mir allerdings sehr gut vorstellen, dass es jemanden betrübt, wenn er künftig gezwungen ist, sein eigenes Leben zu ändern, nur weil sich sein Umfeld verändert. Wenn also ein naher Verwandter stirbt, ist das für den, der nachher sein Leben anders einrichten muss, sicher sehr unschön.
Kummer über den Verlust einer Beziehung, deren Fehlen direkte Folgen auf das eigene Leben hat, den kann ich nachempfinden, aber welche Veränderungen und Probleme kommen auf mich zu, nur weil Lady Di stirbt?

Weil meine emotionale Empathie kaum vorhanden ist, ist meine soziale Intelligenz dagegen überdurchschnittlich hoch, denn das, was die Psychologie als soziale Intelligenz bezeichnet, das kann man lernen.
Wenn man keine angeborenen sozialen Bedürfnisse hat, MUSS man soziale Intelligenz sogar sehr gründlich lernen, denn sonst wäre man im Umgang mit den meisten anderen Menschen komplett verloren.
So wie Menschen, die keinen Schmerz empfinden, lernen, auf ihren Körper aufzupassen, so habe ich gelernt, wie man am besten mit anderen Menschen umgeht bzw. sich im Umfeld von anderen Menschen verhält.

Ich besitze also keine emotionale, sondern eine kognitive Empathie, die im Unterschied zur emotionalen Empathie den großen Vorteil hat, dass man sie bewusst ein- und ausschalten kann.

Das ist wie Schwimmen können im Unterschied zu schwimmen müssen. Ein Fisch fühlt sich an Land extrem unwohl, ein Fischotter dagegen kann einfach beides.

Und genau deswegen bin ich so ungemein zufrieden damit, dass ich keine angeborenen sozialen Bedürfnisse habe und damit allem, was davon gesteuert wird, nicht hilflos ausgeliefert bin, sondern selber steuern kann.
Deshalb war ich auch nie gezwungen, mich in irgendeine klassische Rollenerwartung unserer Gesellschaft einzuordnen, sondern konnte immer sehr zufrieden meine ganz persönliche Rosinenpickerei betreiben.
Heiraten zum Beispiel, wieso sollte ich das tun, es bringt doch keine Vorteile.

Ohne jede emotional romantische oder soziokulturelle Verklärung, ist eine Ehe nichts anderes als ein Vertrag mit einem anderen, den man nach andererleuts (staatlichen) Regeln abschließt.
Ich dagegen ziehe es vor, die Regeln meiner Beziehung mit meinem Partner selber zu definieren, ich brauche dafür keine fremden Leute.
Weil aber die Mehrheit der Menschen diese Regeln braucht, eben weil sie so ein enormes Verlangen danach haben, Teil einer Menge zu sein, die sich wiederum genau über diese Regeln definiert, gibt es einerseits den verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie und andererseits jede Menge staatliche Unterstützung für all die armen Geschöpfe, die unverschuldet nicht Teil dieser großen Gruppe sind.

Ich kenne die Statistiken über die prekäre Situation von alleinerziehenden Frauen, da gibt es nichts schön zu reden, die wenigstens haben sich dieses Schicksal bewusst ausgesucht.
Ich persönlich habe aber ganz unbestreitbar sehr lange davon profitiert, dass ich als alleinerziehende Mutter mit drei Kindern staatliche Unterstützungen bekommen habe, die verheiratete Frauen nicht bekommen hätten.
Ich habe nichts Illegales getan, ich habe einfach nur gerechnet.

Mich fasziniert es regelmäßig, dass viele der Probleme, über die sich Menschen gerne ausführlich beschweren und die sie lautstark beklagen und bejammern, aus dem Umgang mit anderen Menschen entstehen.
Schlechtes Benehmen der Kinder steht da regelmäßig ganz weit oben.
Direkt gefolgt von schlechtem Benehmen des jeweiligen Partners.
Aber auch alle anderen Menschen um einen herum verhalten sich oft nicht erwartungsgemäß und dann regt man sich auf, weil man meint, das konkrete Problem nicht lösen zu können, schließlich ist es der andere, der sich schlecht verhält.
Rücksichtslosigkeit wirft man anderen Menschen gerne vor, und Interesselosigkeit, also fehlende empathische Zuwendung.
Der Mann/das Kind/Mensch X interessiert sich gar nicht dafür, was ich möchte. Wenn ich nicht ständig hinterherrenne/-fege/-wische/-räume, bräche alles zusammen.

Mein Rat: Ja und?, dann lass es doch zusammenbrechen.
Wenn Mann/Kind/Mensch X sich nicht dafür interessieren, was du möchtest, warum solltest du dich dann dafür interessieren, was die möchten? Mach's doch einfach nicht.
Ein einfacher Rat, wenn man das Leben instinktiv als Einzelperson angeht, ein nicht umsetzbarer Rat, wenn Menschen mit einem instinktgetriebenen Sozialbedürfnis totverzweifelt versuchen, die Gruppe zusammenzuhalten.

Meiner Meinung und meiner Erfahrung nach funktioniert das Leben ganz wunderbar, wenn sich jeder zunächst mal für sich selber verantwortlich fühlt und sich deshalb auch mit dem nötigen Verantwortungsbewusstsein um sich selber kümmert, was gleichzeitig auf keinen Fall heißt, dass man sich nicht auch um andere kümmert.
Natürlich kümmert man sich auch um andere, weil man sich ja ganz bewusst in ein soziales Gefüge integriert hat, das einem Spaß macht und angenehm ist und natürlich ist das gesamte Leben ein Nehmen und ein Geben.

Wenn man aber von diesem sozialen Gefüge abhängig ist, weil es einem nicht gelingt, sich von diesem zwingenden, drängelnden instinktiven Grundbedürfnis zu befreien, das Menschen gerne mal dazu bringt, an den absurdesten Gruppenkonstellationen festzuhalten, dann kann dieses soziale Grundbedürfnis schnell böse Folgen haben.

Wenn ich mich dagegen mit kognitiver Empathie um andere kümmere, dann kann ich meinen Kümmereinsatz steuern und gerate weder in die Fänge der sozialen Erpressung, noch in eine Schieflage wegen enttäuschter Erwartungen.

Nehmen wir zur Veranschaulichung mal folgende Konstellation:
Ich wohne mit meiner Familie in einem Haus mit Garten und keiner hat Lust, sich um die Gartenarbeit zu kümmern.
Jetzt könnte ich mich zum Beispiel immer wieder aufs Neue darüber aufregen, dass sich niemand um den Garten kümmert, weil doch alle in der Familie wissen, dass ich das nicht selber machen kann, weil ich einen kaputten Rücken/Hüfte/Knie, habe und dazu körperlich nicht in der Lage bin, weil es aber keiner macht, mache ich es trotzdem und habe anschließend regelmäßig sehr schlechte Laune.
Ich könnte aber auch einen Gärtner beauftragen, wenn sich sonst keiner kümmert.
Können wir uns nicht leisten? Na, dann gibt es eben weniger zu essen bzw. nur noch Nudeln mit Ketchup, bis irgendjemand aus der Familie feststellt, dass er nun selber ein Problem hat mit dem bescheidenen Essen und dadurch gezwungen ist, sich um sein Problem zu kümmern. Er kann jetzt entweder (mehr) Geld verdienen, um das Lebensmittelbudget wieder aufzustocken, oder er könnte Rasen mähen, dann ist auch sofort wieder mehr Geld für Essen im Haushaltstopf.

Ich will damit sagen, dass es aus meiner Sicht völlig legitim ist, ein Problem, was man selber hat, so zu lösen, dass dadurch ein anderer auch ein Problem bekommt und plötzlich aus eigenem Antrieb bereit ist, mich bei der Lösung meines Problems zu unterstützen, weil er damit ja sein eigenes Problem auch in den Griff bekommt.
Wenn sich jeder nur um seine Probleme kümmert, heißt das nicht, dass man die Probleme der anderen völlig ignoriert und gar nicht wahrnimmt. Ganz im Gegenteil, denn natürlich ist Teil der individuellen Problemlösung auch die Vorsorge. Dadurch, dass ich weiß, dass ich mittelbar sehr wohl ein Problem bekomme, wenn ich den Rasen nicht mähe, mähe ich den Rasen spätestens dann, wenn ich Hunger habe oder wenn ich das irre Glitzern in den Augen der Mutter sehe und weiß, gleich greift sie zum Hörer und bestellt den Gärtner und dann ist wieder Schmalhans Küchenmeister.
Das ist ja grade der Trick, dadurch, dass jeder ein durchaus gesteigertes Interesse daran hat, seine eigenen Probleme zu lösen, löst er auch gerne Probleme von anderen, wenn ihm damit gleichzeitig auch geholfen ist.

Und obwohl mir diese Struktur der Problemlösungen im zwischenmenschlichen Bereich genau so pragmatisch wie logisch erscheint, wird sie von den meisten Menschen doch nur sehr selten verwendet. Zu groß ist die Angst vor Zurückweisung, vor Streit und Disharmonie in der Gruppe.

Wenn mir jetzt noch mal jemand erklären könnte, weshalb es positiv sein sollte, ein angeborenes Verlangen nach menschlicher Nähe und Gruppenzugehörigkeit zu haben? Nur weil ich damit zur Masse der Millionen von Fliegen gehöre
?

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Dienstag, 13. Dezember 2022
Über die Bedeutung von Geld
Deutschland ist das viertreichste Land der Welt und kaum einer redet gerne über Geld, schon gar nicht über sein eigenes und auch nicht über sein Verhältnis zu Geld.

Für mich ist Geld elementarer Teil meines Berufes, mit mir reden die Leute über ihr privates Geld, so wie sie mit einem Urologen über Impotenz reden, ich unterliege an dieser Stelle einer vergleichbaren Verschwiegenheitsverpflichtung, vielleicht ist das für manche Leute der wichtigste Teil meines Berufes.

Vielleicht rede ich aber genau deshalb auch gerne ganz allgemein über Geld, so wie Dr. Ruth sich ja auch hauptsächlich allgemein für ihr Thema interessierte.

Bei vielen Themen, die mit einem Tabu belegt sind, beginnt die Prägung der eigenen Haltung oft bereits sehr früh durch Erlebnisse und Erfahrungen in der Kindheit, die das Kind dann selber verarbeiten muss, weil ja niemand drüber redet.

Ich bin in einer Lehrerfamilie aufgewachsen, d.h. es gab ein festes und sehr sicheres Beamtengehalt des Vaters ohne größere Entwicklungsmöglichkeiten, man strebte also auch keine finanzielle Veränderung an.
Meine Eltern waren sehr sparsam, denn große Sprünge konnte man mit einem kleinen Lehrergehalt und einer fünfköpfigen Familie nicht machen, ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass sie je ernsthafte Geldsorgen hatten, weil man auch mit wenig Geld auskommen kann, wenn man klug wirtschaftet. Ich habe dadurch sehr früh gelernt, dass der Umgang mit Geld eine intellektuelle Herausforderung ist.

Ich bin in Meerbusch zum Gymnasium gegangen und habe meine Jugend vor allem im Reitstall verbracht. In Meerbusch wohnen sehr viele reiche Leute, die meisten meiner Klassenkameraden kamen aus verhältnismäßig wohlhabenden Elternhäusern, meine beste Freundin hatte ein eigenes Pferd. Meine Eltern konnten mir kein eigenes Pferd bezahlen, es gab aber genug andere reiche Leute, die sich zwar das Pferd leisten konnten, aber dann keine Zeit hatten, es täglich zu bewegen. Deshalb hatte ich ein Pflegepferd, für das ich verantwortlich zuständig war. Ich bekam dafür kein Geld, aber ich konnte (musste) jeden Tag reiten und ich durfte auch an Turnieren teilnehmen. Der einzige Unterschied zu einem eigenen Pferd war, dass ich keine Kosten hatte für das Hobby.

Eine für mich prägende Erkenntnis für meine eigene Einstellung zum Geld, war die Erfahrung, dass Menschen, die offensichtlich sehr viel Geld haben, deshalb noch lange nicht klug sein müssen und dass sich der Wert einer Sache nicht an dem bemisst, was man dafür bezahlt, sondern dass es für fast alles auch einen Alternativmarkt gibt, wo man die gleichen Dinge für viel weniger Geld bekommen kann, wenn man bereit ist, ein paar Eigenschaften von Dingen als für sich selbst nicht notwendig einzustufen. "Fabrikneu" z.B. ist eine Eigenschaft, deren Nutzen sich mir nur selten erschließt.
Ich glaube, ich habe schon früh und ganz intuitiv das System des komparativen Kostenvorteils entdeckt und mich seitdem grundsätzlich daran orientiert.

Der Maßstab, nach dem Lehrer ihre Kinder messen, ist Klugheit und das war damit der Maßstab, mit dem ich aufgewachsen bin, denn er galt nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause.
Geld dagegen war niemals ein Maßstab, im Gegenteil, wer außer Geld sonst nichts im Kopf hatte, der war ein armer Tropf. Und wer sich einbildete, er sei etwas Besseres, nur weil er Geld hatte, der hatte ganz offensichtlich sonst nichts, auf dass er sich was einbilden konnte und war damit automatischer ein armer Tropf.

Ich habe deshalb Leute noch nie um ihr Geld beneidet, ich hatte auch nie den Bedarf, viel Geld haben zu wollen, um mir teure Dinge kaufen zu können. Die teuren Dinge, die ich haben wollte, die habe ich mir seit jeher schon gebraucht gekauft und habe die "armen" Leute bemitleidet, die es sich neu gekauft hatten und deshalb so viel Geld einfach zum Fenster rausgeworfen haben. Und natürlich habe ich die dummen reichen Leute dafür bemitleidet, dass sie sich ihr Leben so unbequem machen mussten, nur um ihren Reichtum als Statussymbol sichtbar zu machen. Ein Porsche zB ist als Auto ungemein unbequem, warum in alles in der Welt bezahlt jemand für diese Unbequemlichkeit so viel Geld?
Außerdem kannte ich die Sicherheitsmaßnahmen, mit denen die Millionärskinder aus meiner Klasse leben mussten. Das ist ungemein abschreckend und ich war schon sehr früh sehr überzeugt, dass ich mir meine persönliche Freiheit für kein Geld der Welt abkaufen lassen würde, denn wofür braucht man so viel Geld? Bessere Schulnoten konnten sie sich dafür nicht kaufen und mehr Spaß im Alltag hatten sie ganz offensichtlich auch nicht.

Für mich war Geld immer nur wichtig für all die kleinen Dinge des Alltags, für die es keinen Alternativmarkt gab (z.B. die einfach süchtig machenden Pommes Frites mit Schaschliksauce aus der Imbissbude gegenüber vom Bäcker, die 1,20 DM kosteten und durch nichts zu ersetzen oder irgendwie günstiger zu kaufen waren, die aber für mich, mit meinen 5 DM Taschengeld in der Woche, nicht täglich finanzierbar waren) und natürlich braucht man auch für einen Einkauf auf dem Flohmarkt ausreichend Kleingeld.

Ich habe mir deshalb sehr früh vorgenommen, dass ich immer so viel Geld haben will, dass ich nie mehr überlegen muss, ob ich mir lieber eine Portion Pommes oder eine Fanta in der Disco leisten möchte und dass ich niemals wieder auf einem Flohmarkt stehe und ein echtes Superschnäppchen (eine echte Wranglerjeans in meiner Größe mit der richtigen, seltenen 34er Beinlänge) für 5 DM nicht kaufen kann, weil ich kein Geld mehr habe.
DAS war ein traumatisches Erlebnis.

Ich wollte also nie superreich sein, sondern immer nur ausreichend reich, um mir all das kaufen zu können, wonach mir der Sinn stand, wobei auch gleichzeitig immer klar war, dass sinnlose Statussymbole mir von ganz alleine nie in den Sinn kommen würden, Statussymbole sind bei mir fest verknüpft mit dem "armer Tropf" Marker.

Durch die Tatsache, dass meine Eltern Lehrer waren, war auch klar, dass ihre Kinder Abitur machen würden, das war so selbstverständlich, dass es niemals überhaupt auch nur in Ansätzen thematisiert wurde.
Und auch wenn ich weiß, dass es für das Ausmaß der eigenen Arroganz keinen Unterschied macht, ob man sich etwas auf seine Klugheit oder auf sein Geld einbildet, so habe ich diesen Teil der Überzeugung selbst nach gründlichem Nachdenken von meinen Eltern übernommen und auf meine Kinder übertragen.
Deshalb hat auch mein jüngstes Kind, was sich die ersten 10 Jahre seiner Schullaufbahn massiv dagegen wehrte, letztlich Abitur gemacht. Es stand für mich nicht zur Diskussion.

Mein Westfalenmann dagegen hat einen komplett anderen familiären Hintergrund als ich.
Seine Eltern waren sogenannte "einfache Leute". Nach der Volksschule stand für sie Arbeit immer im Mittelpunkt ihres Lebens, die Werte des Lebens orientierten sich daran, dass man Geld verdienen musste, die moralischen Vorgaben lieferte die Kirche, für intellektuellen Schabernack oder philosophische Betrachtungen war überhaupt keine Zeit.
Natürlich gab es im Umfeld reiche Leute, aber die bewegten sich in einer dermaßen anderen Welt, dass es sozusagen keine Schnittpunkte gab.
Als der Sohn aufs Gymnasium wollte, haben die Eltern das zwar nicht boykottiert, aber unterstützen konnten sie ihn dort auch nicht, womit auch? Allein die Tatsache, dass der Sohn überhaupt aufs Gymnasium ging, bedeutete, dass er sich dort in einer Welt bewegte, die ihnen komplett fremd war.

Für den Sohn war die Welt dort allerdings genauso fremd und dementsprechend hat er nicht nur grundlegend andere Erinnerungen an seine Schulzeit als ich, sondern er erlebte auch den Reichtum in den Familien einiger Klassenkameraden aus einer völlig anderen Perspektive.
Für ein Lehrerskind ist es nicht schwer, zu den Klassenbesten zu gehören, es hat schließlich Eltern, die jede Frage beantworten können und die sich auch noch vorbeugend gleich auf die richtige Art und Weise darum kümmern, dass ihr Kind in der Schule (bei anderen Lehrern) keine Probleme hat.

Für ein Arbeiterkind sieht die Welt dagegen ganz anders aus, das ist in der Schule komplett auf sich alleine gestellt und muss sich anstrengen, um überhaupt mit den anderen mitzuhalten. Diese Bildungsarroganz, die ich quasi mit der Muttermilch aufgesogen habe, ist meinem Westfalenmann komplett fremd.*
Er unterschied deshalb die Leute nach denselben Kriterien wie seine Eltern: In reiche Leute und einfache Leute und er hatte stets den Drang, aus der Kaste seiner Eltern aufzusteigen. Das führte über Bildung, das war ihm klar, aber für ihn war Bildung nur ein Werkzeug, um Geld zu verdienen. Und er wollte unbedingt viel Geld verdienen, denn er wollte später einmal reich sein, einen Mercedes fahren, in einem großes Haus wohnen und, wenn er ganz abgehoben träumte, dann kam manchmal sogar auch ein Flugzeug darin vor. Für ihn waren das keine Statussymbole, um andere Leute zu beeindrucken, sondern Dinge, die ein völlig anderes Leben ermöglichten und von einer derart hohen Qualität waren, dass man eben viel Geld brauchte, um so etwas bezahlen zu können.

*an dieser Stelle muss ich eine lustige Anekdote erzählen: In der Anfangszeit unseres Kennens führten wir eine Fernbeziehung und schrieben uns deshalb natürlich regelmäßig E-Mails und SMS, was man halt so macht, wenn man sich noch viel zu erzählen hat, sich aber nicht täglich sehen kann. Als wir uns dann aber doch mal wieder persönlich trafen, sagte mir MWM, dass er es ganz toll findet, dass ich so gut wie keine Orthographiefehler in meinen Texten mache - und ich fiel vor Lachen fast um. Keine Rechtschreibfehler zu machen war/ist für mich genauso selbstverständlich wie der aufrechte Gang und in den Kreisen, in denen ich verkehrte, konnten alle Leute aufrecht gehen. Der letzte, der mich für meine fehlerfreie Orthographie gelobt hatte, war mein Vater als ich 10 Jahre alt war, danach war es auch für ihn selbstverständlich.


Ich dagegen hatte nicht nur eine gehobene Bildung als Selbstverständlichkeit eingebaut, für mich war es auch ganz normal, alle Ferien auf Borkum zu verbringen. Die Verwandtschaft auf Borkum hatte genauso wenig (sichtbares) Geld wie meine Eltern. Dass man im Sommer alle Zimmer an Gäste vermietete und dass die Familie dann in der Gartenlaube oder im umgebauten Kuhstall schlief, das war alles völlig normal.
Und deshalb war es auch völlig normal, dass meine Eltern ein (Ferien)haus auf der Insel bauten, das Grundstück war ja schon da und natürlich wurden auch in diesem Haus im Sommer die Zimmer an Gäste vermietet, so ließ sich der Bau des Hauses finanzieren und das war mal wieder ein Beweis, dass kluge Leute gut wirtschaften können und eindeutig ein Gegenbeweis dafür, dass Leute, die ein Haus am Meer besitzen, reich sein müssen.

Meine Einstellung zu Geld ist deshalb eine komplett andere als die von K.
Wenn Geld eine Person wäre, dann wäre es für mich so etwas wie ein Butler oder eine Haushaltshilfe. Geld sorgt für Bequemlichkeit und Komfort und ist eindeutig nice to have, aber niemand, der große Wichtigkeit hat, nach dem man sich richtet oder der gar etwas zu bestimmen hätte. Trotzdem behandelt man seine Hausangestellten natürlich mit Respekt und scheucht sie nicht unnötig durch die Gegend oder verlangt unsinnige Arbeiten von ihnen. Und außerdem sollte man immer in der Lage sein, sein Leben auch ohne Butler einigermaßen akzeptabel zu führen.
Ich denke, das beschreibt mein Verhältnis zu Geld sehr gut.

Interessant finde ich, dass Geld so viele verschiedene Gestalten annehmen kann. Für den einen ist es so etwas wie ein gütiger Opa, der einem immer etwas extra zusteckt und im Ernstfall auch mal die Kohlen aus dem Feuer holt, für den anderen ist es dagegen eher der zänkische Nachbar, der nur Probleme macht und für noch einen anderen ist es so unerreichbar wie der coole Typ aus der 10b, der noch nicht mal wahrnimmt, dass es zwei Klassen unter ihm auch noch Menschen gibt.
Jeder muss das wohl für sich selber beantworten
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