anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 16. Mai 2024
Ein Tag der Extreme
Der Tag begann mit einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung um 7.30h im Mutterhaus. Das ist grundsätzlich schon keine glückliche Konstellation für einen guten Tagesstart, sowohl Uhrzeit und Anlass gehören ganz klar nicht zu meinen Favoriten.

Die heutige Sitzung war dann auch so ziemlich das Grottigste, was ich je erlebt habe.
Der Aufsichtsrat in der aktuellen Besetzung ist eh schon eine ziemlich schwache Truppe und ich habe meine Meinung, dass ich für die Quotenfrauregelung in Aufsichtsräten bin, weil auch Frauen eine Chance haben müssen, inkompetente Personen an wichtige Posten zu schieben, schon mehrfach zurückgezogen und korrigiert. Inkompetente Frauen sind für mich als Frau im Umgang noch zehnmal schlimmer zu ertragen als inkompetente Männer.

Wie ich als Frau mit inkompetenten Männern umzugehen habe, habe ich von klein auf gelernt, der Umgang mit inkompetenten Frauen dagegen fiel mir schon immer schwer. Schlechte männliche Lehrer waren nicht so schlimm, es gab immer einen Twist, sie friedlich und mir wohlgesonnen zu stimmen, schlechte weibliche Lehrerinnen dagegen waren die Hölle, die nahmen mir persönlich übel, dass ich sie nicht ernst nahm - aber wie soll man inkompetente Menschen auch glaubwürdig ernstnehmen?

Nun, in unserem Aufsichtsrat sitzen inzwischen vier Frauen und es ist wirklich keine Freude mit denen zu arbeiten. Gleich zu Beginn der Sitzung gab es einen Anschiss, weil angeblich unsere Firmenwebsite immer noch nicht online ist, was nicht stimmt, die ist seit April im Netz, nur unsere hochqualifizierten Damen wissen weder, dass noch wie man den Cache löschen muss, um eine aktualisierte Seite zu laden. Es ist ganz ungemein deprimierend.

Die Sondersitzung wurde einberufen, weil es eine dringende Eilentscheidung in dem großen Projekt zu treffen gilt und ich beschreibe es mal so: Es musste entschieden werden, ob wir jetzt alle miteinander einen gewaltigen Sprint hinlegen, um mit etwas Glück noch den Zug zu erwischen, der in 5 Minuten am 2 km entfernten Bahnhof abfährt. Es ist eng, es ist mit zusätzlicher Mühe verbunden, aber es gibt eine reelle Chance, dass man es noch schafft, wenn man JETZT losrennt. Das war die Entscheidung, die heute getroffen werden musste, und aus meiner Sicht, war diese Entscheidung alternativlos, denn wenn man nicht losrennt, ist der Zug ganz sicher abgefahren und das bedeutet Mehrkosten in nicht vorstellbarer Größenordnung. Wenn wir Pech haben, müssen wir dann einen Privatjet chartern, um ans Ziel zu gelangen, da liegt es doch mehr als nahe, dass man den Versuch, es mit einem gewagten Sprint wenigstens zu versuchen, gar nicht ablehnen kann.

Die Damen wollten sich aber heute nicht entscheiden, so ein Sprint ist ja auch mit Risiken verbunden, nachher ist man ganz außer Atem und hat einen roten Kopf, wenn man ankommt, und wenn dann dort ein Fotograf steht, nicht auszudenken wie peinlich das wäre. Nein, nein, keine der Damen wollte sprinten, schon allein deshalb nicht, weil sie sich nicht ausreichend informiert fühlten. Es muss doch sicherlich noch eine zweite Lösung geben, es kann gar nicht sein, dass es keine zweite Lösung gibt, die Geschäftsführung ist dafür verantwortlich, eine zweite Lösung zu entwickeln und wenn der Geschäftsführung das nicht gelingt, dann taugt die nichts. So ging es in einem fort und am Ende haben sie wirklich nicht entschieden, sondern sich vertagt, sie brauchen noch mehr Informationen, nächste Woche neue Sitzung.

Ich fasse mich in so einer Situation nur an den Kopf. Nächste Woche wird der Sprint noch anstrengender und noch gewagter, nächste Woche stehen die Chancen, dass man den Zug noch erwischt eine ganze Woche schlechter - und dann chartern wir lieber einen Privatjet, weil die Damen dann fotogener am Ziel ankommen? Sind die eigentlich noch alle ganz dicht?

Mich hat die gesamte Veranstaltung zutiefst empört und ich bin mehr als nur ein bisschen verstört anschließend zu der Tiefgarage gelaufen, in der ich mein Auto geparkt hatte, ich musste nach der AR-Sitzung ja weiter ins Büro fahren.
Die Tiefgarage in der Nähe des Mutterhauses gehört meiner Firma und mein Büroschlüssel hat deshalb auch eine Schließberechtigung für diese Tiefgarage. Außerdem besitze ich einen Transponder, mit dem ich das Rolltor der Tiefgarage schon von weitem öffnen kann.
Den Transponder habe ich immer in meinem Auto, auf diesen Funksender reagieren alle Tiefgaragentore, die meiner Firma gehören, ich habe üblicherweise nie ein Parkproblem in Münster.
Als ich nun nach der AR-Sitzung vor dem Tor der Tiefgarage am Mutterhaus stand und mit meinem Schlüssel die Zugangstür aufschließen wollte, reagierte mein Schlüssel nicht. Ich wollte mich erst gewaltig aufregen und den haustechnischen Dienst zusammenscheißen anrufen, bis mir einfiel, dass es einen guten Grund gibt, weshalb mein Schlüssel nicht reagiert - er war nicht mehr aktiviert.
Unsere Schlüssel müssen alle 24h einmal aufgeladen werden, das geschieht an einer zentralen Stelle vor unserem Büro, dort kann ich vor dem Betreten des Büros den Schlüssel aktivieren - sonst käme ich gar nicht ins Büro rein. Blöd nur, dass ich heute ja noch gar nicht im Büro gewesen war, ich hatte also auch keine Gelegenheit, meinen Schlüssel aufzuladen und deshalb stand ich jetzt draußen vor der Tiefgarage und mein Auto drinnen, denn der Funksender, der im Auto liegt, der tut es zwar immer, aber den hatte ich nicht mitgenommen.

Das Rolltor der Tiefgarage hat ca. 10cm breite Rauten, durch die man durchgreifen kann, wenn man sehr dünne und lange Arme hat. In meiner Not beschloss ich, dass meine Arme dünn und lang sind und es gelang mir auch wirklich von außen durch das Rolltor der Tiefgarage um die Ecke zu greifen und die Klinke der Zugangstür runterzudrücken.
Die Tür war also offen, nur ich hing immer noch draußen fest, denn ich bekam meinen Arm nicht mehr aus dem Rautenloch herausgezogen. Es war die klassische Michel in der Suppenschüssel-Situation.

Ich stellte erst mal meine Handtasche in die offene Tür (damit die nicht wieder zufiel) und versuchte dann, meinen Arm langsam drehend wieder freizubekommen. Keine Chance, der Arm steckte gründlich fest. Als ich das realisierte, fiel mir aber auch auf, was das wirklich Gefährliche an dieser Situation war, denn wenn jetzt jemand mit einem Funksender von außen das Rolltor angefunkt hätte, damit es hochgeht, dann hätte das ziemlich sicher zu einer sauberen Amputation meines Armes geführt. Als mir das klar wurde, tat es auf einmal gar nicht mehr weh, meinen Arm einfach so schnell es geht mit Gewalt aus dem Rautenloch zu ziehen, ein bisschen Haut zurückzulassen und sich eine 20qcm große Quetschung einzuhandeln ist nichts im Vergleich zu einem appen Arm, es ist wie immer eine Frage der Benchmark.

Inzwischen war es 11h und ich fand, der Tag konnte weg.

Danach hagelte es aber hintereinanderweg nur noch erfreuliche Dinge.

Als erstes kam das Angebot von dem Küchenbauer für die Küche in Rheda. Ich hatte mir ja letztes Jahr schon ein Angebot von einem anderen Küchenbauer geben lassen, mir war also klar, dass ich mich mit meinen Vorstellungen im gehobenen fünfstelligen Bereich bewege und ich wusste ja auch, was die Küche auf Borkum gekostet hat (19T€). Die in Rheda wird doppelt so groß sein, mit viel mehr Elektrogeräten und nicht aus dem Systemküchenbau, sondern individuell gefertigt. Ich rechnete also mit einem Betrag von mindestens 50T€. Das Angebot des anderen Küchenbauers letztes Jahr lag bei 95T€, das habe ich allerdings abgelehnt. (Irgendwo hat das Reichsein auch seine natürlichen Grenzen.)
Als ich dann das Angebot des jetzigen Küchenbauers sah, der wirklich alles so eingeplant hat, wie wir es bisher besprochen haben, mit all diesen Schicki-Micki-Elektrogeräten, einer riesigen Dekton-Arbeitsfläche auf der Insel, mit Kochfeld und Dunstabzug nach unten, 2 bündig eingelassenen Keramikspülen, zwei weiteren Küchenzeilen von jeweils 4m und einem Riesenregal an der dritten Wand - ich habe mir wirklich überall die guten Dinge ausgesucht - und trotzdem soll diese Küche mit 38T€ nur das Doppelte von der auf Borkum kosten - das fand ich eine äußerst positive Nachricht.

Knapp hatte ich mich darüber fertig gefreut, klingelte das Telefon und das IT-Systemhaus, das ich beauftragt hatte, mir meine neue, private IT-Umgebung einzurichten, meldete Vollzug und erklärte auch sofort, was sie gleich noch mit eingebaut hätten, weil sie davon ausgehen, dass ich das gut finde.
Ich mag es, wenn Leute vernünftig mitdenken und es war alles ganz genau so, wie ich es perfekt finde, es gibt also ab sofort einen Familienserver mit 2 TB Speicherplatz und sechs einzelnen Benutzern, die ihre Daten dort ablegen können. Außerdem hat mir der IT-Mensch noch erklärt, was er mir als künftiges Netzwerk für das neue Haus empfiehlt und das hört sich ebenfalls alles nach einer sehr guten Idee an.
Ich werde keine Fritzbox mehr haben, sondern einen kleinen Mini-PC in einem Netzwerkschrank im Hausanschlussraum im Keller, auf dem dann mehrere virtuelle Maschinen laufen, das gesamte Haus ist komplett mit Lan-Kabeln durchzogen und hat überall Access-Points, so dass es nie mehr wackeliges W-Lan geben wird, hach, das wird alles einfach derart unglaublich wunderbar, ich kann gar nicht aufhören, mich darüber zu freuen.

Und dann meldete sich zum guten Abschluss des Tages noch der Vertreter der Bausparkasse, hinter dem ich seit über einem halben Jahr hinterhertelefoniere, weil ich mir meinen Bausparvertrag aus dem Jahr annotuck auszahlen lassen will - und sagte, er wäre grade in der Nähe und wenn ich wollte, käme er jetzt vorbei und ich unterschreibe die Auflösung und dann wird das Geld ausgezahlt. - Und zack, ist die Finanzierung für die Hälfte der Küche schon geregelt, das läuft grade wie Rotz am Ärmel
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