anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 29. Dezember 2023
Alt werden
Heute Mittag sind die Kinder wieder abgefahren, es steht ein langes Partywochenende bevor - und ich bin einmal mehr froh, dass ich aus dem Alter raus bin und an Silvester entspannt schon um 20h ins Bett gehen kann, ohne unter FOMO zu leiden.

Am Nachmittag fuhren wir beim Onkel vorbei, weil der angerufen hatte, nun sei ein anderer Fernseher kaputt und er wüsste nicht mehr weiter.
Die Reparatur ging schnell, K hat die Signalquelle einfach wieder auf TV gestellt und schon funktionierte er wieder.
Wenn man bedenkt, dass der Onkel Elektriker ist (war?) und in seinem Leben Hunderte von Fernsehern aufgestellt und eingerichtet hat, mittlerweile aber überfordert ist, wenn er an seinem eigenen Gerät durch Zufall die Source verstellt hat, dann beschreibt es sehr gut den Grund, weshalb ich absolut Nullkommanull Interesse oder Absicht habe, meine geistige Gesundheit körperlich zu überleben, umgekehrt allerdings auch nicht.

Ich habe deshalb ganz ausdrücklich nicht vor, älter als 75 zu werden.
75 steht dabei für das Mindesthaltbarkeitsdatum, d.h. wenn falls ich mit 75 sowohl geistig als auch körperlich noch so fit sein sollte, dass es nichts zu meckern gibt, dann darf ich auch ruhig älter werden, aber grundsätzlich habe ich mir vorgenommen bis dahin, und das sind noch rund 14 Jahre, alles, was ich gerne noch machen und erleben möchte, gemacht und erlebt zu haben, so dass ich dann ohne Bedauern aufhören darf.

Es gibt ja viele Menschen, die sagen, sie möchten unbedingt 100 Jahre oder mehr werden - und ich grusel mich bei dem Gedanken.
Ich kann ja grundsätzlich und immer alles alleine, damit bin ich bisher aber nur deshalb so gut klargekommen, weil ich mir halbwegs realistische Ziele vorgenommen habe.
Wenn ich mir Ziele gesetzt hätte, die ich nur mit entsetzlich großer Mühe und der dauernden Gefahr, kurz vorher doch noch zu scheitern, hätte erreichen können, dann wäre ich wahrscheinlich schon mit 20 depressiv geworden, denn natürlich macht so eine unabhängige Selbstständigkeit nur Spaß, wenn man sie leise tänzelnd nebenher durchzieht und nicht mit zusammengebissenen Zähnen unter Totalauslastung.
Ich finde, es sollte im Leben immer noch ausreichend Platz und freie Kapazitäten für albernen Blödsinn geben, wenn man das zugunsten irgendeiner Zielerreichung opfert, dann macht man was falsch.

Meine Ziele, die ich erreichen möchte, liegen immer nur knapp überm Durchschnitt. Gelebtes Paretoprinzip, wenn es nicht schon erfunden gewesen wäre, hätte es von mir sein können.

Ich wollte nie reich werden, ich wollte immer nur so viel Geld haben, dass ich meine durchschnittlichen Alltagswünsche jederzeit verwirklich kann. Das klappt am besten, wenn man seine Wünsche, Träume und Erwartungen nicht so hoch hängt. Vielleicht war es ja auch die meiste Zeit meines Lebens umgekehrt, ich wollte nur so viel haben, wie ich mir problemlos mit dem vorhandenen Geld leisten konnte und die Menge des vorhandenen Geldes konnte ich selber bestimmen durch viel oder wenig arbeiten. So eine uneingeschränkte Selbstbestimmung ist natürlich ein Luxus, aber genau dafür hatte ich mich sehr früh entschieden. Uneingeschränkte Selbstbestimmung, das einzige Ziel, das ich immer zu 100% erreichen wollte.
Dass ich heute mehr Geld als Wünsche habe, ist von alleine passiert und natürlich akzeptiere ich das als angenehmen Zustand - das aber aktiv anzustreben wäre mir enorm überflüssig vorgekommen, weil ich mich dann von zu vielen Dingen und Personen abhängig gemacht hätte.

Und so ist das auch mit dem Altwerden. Ich habe mir eine realistisch erreichbare Grenze gesetzt, mehr muss nicht, wird aber genommen, wenn es angenehm bleibt. Aber absolut nicht verhandelbar ist die Voraussetzung, der jederzeitigen, uneingeschränkten Selbstbestimmung. Und ganz ehrlich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendeinen Hundertjährigen gibt, der das hat und allein deshalb ist so ein Alter für mich absolut nicht erstrebenswert
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Alt sein
Klingt alles gut, sehr geerdet. Grenzen sind ja leider nur nicht immer verwirklichbar, was das hohe Alter angeht. Wer hat bis zu seinem Tod, der im Alter ja manchmal auch überraschenderweise in eine Art plötzlich nicht mehr kontrollierbare Vergesslichkeit, Demenz o.ä. übergehen kann vorgesorgt? Es soll ja ein ganzes Dorf geben, wo niemand der Bewohner noch "ganz bei Sinnen" sind. Na ja, viel Glück jedenfalls beim Planen und vor allem Umsetzen.

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Danke und selbstverständlich habe ich mir Mühe gegeben, hier maximal vorzusorgen.
Wenn es plötzlich kommt, ist eine Patientenverfügung hilfreich, kombiniert mit bereits jetzt sehr offenen Gesprächen mit den Kindern, die medizinisch die passenden Möglichkeiten haben und (hoffentlich) einsetzen werden, mache ich mir um Spontanveränderungen wenig Sorgen.
Schwieriger ist das mit dem schleichend, weil man ja nie weiß, ob man es selber mitbekommt.

Mein Lieblings-Spruch dazu:
Ab 50 bemerkt man bei sich selber die ersten Aussetzer.
Ab 60 bemerken es auch die anderen.
Ab 70 bemerken es nur noch die anderen.

Schauen wir mal, wie es wird.