anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 23. Oktober 2018
Machtübernahme
Gestern Abend war der Termin mit der Maklerin und den Kaufinteressenten für das Haus, in dem ich wohne und in dem ich auch gerne noch rund sechs Jahre wohnen bleiben möchte, was aber der bisherige Eigentümer an eine Maklerfirma verkauft hat, die es jetzt ihrerseits wieder weiterverkauft. Insgesamt gibt es hier auf der Straße 16 Reihenhäuser, die bis vor kurzem alle als "ein Gesamtobjekt" einen Eigentümer hatten und jetzt in 16 Einzelhäuser geteilt wurden und einzeln verkauft werden sollen.
Einige der Bewohner haben das Angebot angenommen und ihr jeweiliges Haus selber gekauft, das ist ja auch eine sinnvolle Sache, wenn man hier länger wohnen bleiben möchte, aber wenn man genau weiß, dass man in spätestens sechs Jahren hier auszieht, dann ist es schon arg lästig (und teuer), wenn man das Haus nur kauft, um es dann nach kurzer Zeit wieder zu verkaufen. Andererseits finde ich die Vorstellung, dass ich hier zwangsweise ausziehen muss, weil jemand das Haus kauft und dann Eigenbedarf geltend macht, auch ziemlich gruselig, es ist also in jeder Richtung eine blöde Situation.

Nun, bei der aktuellen Immobilienlage ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich reichlich Interessenten melden, wenn diese Häuser offen angeboten werden, mir bleibt im Moment nichts anderes übrig als abzuwarten, wie es weitergeht, auf alle Fälle wollte ich mir die jetzt aufgetauchten Interessenten aber erst mal selber ansehen.

Als ich gestern nach Hause kam, war die gesamte Straße vollgeparkt mit großen Autos und vor der Tür wartete eine große Gruppe Menschen. Die Interessenten, die sich nicht nur für mein Haus interessierten, sondern gleich für alle Häuser, die noch zum Verkauf stehen, entpuppten sich als chinesische Großfamilie. Die wollen ernsthaft 5-6 Häuser aus dieser Reihe kaufen und warten dann darauf, dass die jetzigen Bewohner nach und nach ausziehen.
Die Besichtigung meines Hauses war dann auch schnell erledigt, im Grunde sind die Häuser ja alle gleich, haste eines gesehen, haste alle gesehen.

Ich fand das Ganze schon recht spooky, es fühlt sich irgendwie seltsam an, einen ganzen Trupp Chinesen durch sein Haus wandern zu sehen und zuzuhören, wie sie sich ohne Pause untereinander unterhalten, auf Dinge zeigen und sich hinweisen, nur verstehe ich leider kein Wort davon und so ganz geheuer war mir das alles irgendwie nicht.
Aber ändern kann ich daran auch nichts, außer dass ich jetzt ziemlich sicher bin, dass ich mein Haus nicht selber kaufen möchte, denn wenn sich hier in der direkten Nachbarschaft eine chinesische Großfamilie ausbreitet, dann dürfte das mit dem Verkauf in sechs Jahren deutlich komplizierter werden und ein Mieter findet sich dann auch nicht mehr problemlos.

K und ich haben deshalb beschlossen, dass mit dem eigenen Hausbau jetzt vorrangig und beschleunigt anzugehen, damit wir unter Umständen auch schon eher als geplant hier ausziehen können, vor allem aber, damit wir kein Problem bekommen, wenn wir hier tatsächlich früher als geplant zwangsweise ausgezogen werden.
Und wenn hier jetzt alles chinesisch wird, dann werde ich es sowieso nicht bedauern, wenn ich hier wegziehe
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Montag, 22. Oktober 2018
22.10.2018
Eintausendsechshundert Tage sind es jetzt her, dass du es vorgezogen hast, dich endgültig aus der Welt der Bürokraten mit ihrer nie endenden Büroarbeit, ihrem Verwaltungswahn und ihren Vertragsvorschriften zu entlassen.
Eintausendsechshundert Tage sind umgerechnet rund 8.000 Bürostunden, die ich seitdem weiter in dieser Welt verbracht habe und ja, mein Verständnis für deinen Widerwillen, deine Interesselosigkeit und deine Verzweiflung ob dieser maßlosen Entropie des Schwachsinns, wie du es nanntest, ist seitdem um mindestens 8.000 Stunden gereift.

Aufgrund des Durcheinanders, das du hinterlassen hast, waren allerdings bisher mindestens noch 1.000 zusätzliche Bürostunden notwendig, um wenigstens die gröbsten Dinge zu regeln und gradezuziehen, aber so langsam lichtet sich das Gestrüpp und rein über Verjährung fallen im Laufe des nächsten Jahres (mit Glück) noch ein paar Baustellen weg. Drück mal die Daumen.

Sehr fasziniert war ich von dem Verhalten einiger deiner "Freunde" nach deinem Abgang, denn wie auch immer du diese Beziehungen gesehen hast, knapp warst du weg, sahen diese Freunde nur noch ihren eigenen Vorteil und versuchten mit sehr viel Energie und Hinterlist so viel wie möglich von dem scheinbaren Kuchen, den du hinterlassen hast, an sich zu raffen. Obwohl, im Grunde sind sie nur ihrem Charakter treu geblieben, sie hatten schon immer etwas blutsaugerhaftes, aber wahrscheinlich hat dich genau das an diesen Freundschaften gereizt, CW der Vampirbändiger, ich glaube, du hast dir in dieser Rolle sehr gefallen.

Dein Lieblingsfreund Peter M. zB hat gleich eine ganze Armada an Anwälten aufgefahren, weil er der festen Überzeugung war, du hättest ihm ein regenbogenpupsendes Einhorn als Erbteil versprochen, was er dann bei mir einklagen wollte.
Das war einerseits zwar sehr niedlich, andererseits aber auch sehr zeitintensiv und nervtötend, weil er immer neue Anwälte und neue Klageideen fand, mit denen ich mich jedesmal beschäftigen musste und auch, wenn er bisher mit jedem Versuch gescheitert ist, so weiß doch niemand, was ihm noch alles einfällt, und naja, preiswert ist so ein Unsinn auch nicht, du kannst es dir denken.

Dein Spezi Arnold B. hat dagegen nichts mehr von sich hören lassen. Gleich nach deinem Tod, noch vor der Beerdigung hat er versucht, sich den Schlüssel zu deiner Wohnung zu besorgen, weil er "seine" Sachen dort abholen wollte, das habe ich zum Glück rechtzeitig genug mitbekommen, so dass dieser Versuch ins Leere ging, aber geärgert hat es mich durchaus.

Das, was von deinem Nachlass hauptsächlich übrig geblieben ist, ist Ärger - und Müll.
Ich habe ja immer gesagt, dass ich dein Geld nicht will, aber nach dem ich einen groben Überblick über das von dir nicht verbrauchte oder verschenkte Vermögen hatte, bin ich mittlerweile zufrieden, dass es wenigstens für die Müllentsorgung reichte. Das Haus in Mönchengladbach ist jetzt leer, hat knapp 30 K gekostet, professionelle Entrümpeler sind teuer.
Es ist schrecklich, dass es so enden musste, aber was hätte ich sonst mit all dem Zeug anfangen sollen? Du hast immer gemeint, der Kram wäre wertvoll und man könnte zig Tausende bekommen, wenn man es verkauft. Mag sein, aber dann hätte man jemanden finden müssen, der es kauft und das ist mir vier Jahre lang nicht gelungen. Deshalb habe ich jetzt umgekehrt Geld dafür bezahlt, dass jemand einfach alles entsorgt.

Weißt du wie viel Arbeit das ist, Dinge zu verkaufen? Und weißt du, wie ätzend ich es finde, Dinge zu verkaufen?
Ich habe viele, viele Stunden damit verbracht, dein verlassenes Firmendurcheinander aufzuräumen, die meisten Firmen habe ich in die Insolvenz geschickt (auch das ist nicht mal eben so und ohne Aufwand möglich), zwei habe ich gerettet und hoffe, dass ich dort eine geordnete Liquidation abwickeln kann, aber auch das bedeutet ja wieder, dass Dinge verkauft werden müssen. Und nein, keine deiner Firmen hat nennenswertes Vermögen abgeworfen.
Ich finde es schrecklich, mit Leuten darum zu feilschen, was wie viel wert ist und wer wie viel wofür bezahlt. Verkäufer ist wirklich der letzte, der allerallerletzte Job für mich.

Ich habe für mich gelernt, dass ich beginnen muss, eine Übersicht, oder besser noch, ein Handbuch für die Kinder zu erstellen, in dem alles erklärt und vorgeschlagen wird, was zu tun ist, wenn ich nicht mehr da bin.
Und ich sollte jetzt schon mal mit Wegwerfen und Aussortieren beginnen. Denn ich habe festgestellt, dass auch die Kinder Verkaufen ätzend finden.

Bei der Vorbereitung des Nachlasses geht es gar nicht darum, irgendwelche Werte zu sichern oder irgendeinen Streit um den Nachlass zu vermeiden, es geht um die Entscheidung des Wegwerfens, denn für diejenigen, die zurückbleiben, ist das Wegwerfen der zurückgelassenen Dinge viel belastender als für denjenigen, der die Dinge selber für sich gekauft und zusammengetragen hat.

Ich bin im Sommer ein letztes Mal durch die Hallen in Mönchengladbach gelaufen und es war schrecklich. Es war einfach schrecklich anzusehen, in welchem Zustand sich die Dinge befanden, die du so gemocht und so eifrig gesammelt hast. In das Gebäude ist mehrfach eingebrochen worden, weil die Leute wahrscheinlich dachten, es gäbe was Tolles zu klauen - gab es aber nicht, denn es waren ja nur die Dinge da, die du hinterlassen hast und die auch nach deinem Tod niemand haben wollte. Weil sich die Einbrecher dann darüber geärgert haben, dass sie dort nur alte Bücher, ein paar Möbel, Klamotten, Geschirr und ohne Ende Flohmarktkrimskrams fanden, haben sie dort alles verwüstet, Schränke samt Inhalt kurz und klein geschlagen, alles auf dem Boden verteilt, die Wände aufgehackt und die Kupferrohre geklaut. Mit den Büchern haben sie dann immer wieder ein Feuerchen gemacht, wahrscheinlich weil sie es lustig fanden.
Irgendjemand hat das Klavier angezündet, das wird wenigstens richtig gut gebrannt haben, das Holz war immerhin gut 80 Jahre alt. Aber die Feuerwehr fand das verständlicherweise nicht lustig, jedes Mal mussten die Einsätze bezahlt werden, deshalb habe ich das Gebäude nun rigoros leerräumen lassen, jetzt gibt es nichts mehr zum Anzünden.

Als ich so durch die Räume wanderte, entdeckte ich überall noch einzelne Gegenstände, die in all dem Schutt, der den Boden bedeckte, noch zu erkennen waren und jedes Teil erzählte eine Geschichte. Eine Geschichte von dir, oft auch eine Geschichte von uns, die aber stets in verlassener Einsamkeit endete. Zurück blieben verlassene Gegenstände, die niemand mehr wollte.
Das alte Holz-Kinderbett war noch da, ich habe es vor über 26 Jahren bei meinen Großeltern auf dem Dachboden gefunden, die haben es nach dem Krieg wohl als Gästekinderbett benutzt und auch damals wird es nicht neu angeschafft worden sein. So viele Jahrzehnte hatte es überlebt, jetzt gab es endgültig niemanden, der es noch haben wollte.
Auch viele alte Bilder standen noch rum, die meisten mit zerbrochenen Glasscheiben, aber jedes hat eine eigene Geschichte und du wurdest nie müde, sie auch zu jedem Bild regelmäßig, meist mit eigenen, phantasievollen Ausschmückungen erweitert, mit Begeisterung zu erzählen.
Und ein Martiniglas habe ich gefunden. Ich weiß noch, wie wir uns darum gestritten haben, wer das Set mit den alten Martinigläsern auf dem Flohmarkt als erster gesehen hat und wer es deshalb kaufen durfte bzw. wem es gehört.
Als ich auszog habe ich dir die Martinigläser da gelassen, ich hatte ja schon genug schlechtes Gewissen, dass ich überhaupt auszog, da konnte ich nicht auch noch die Martinigläser mitnehmen. Jetzt sind sie alle kaputt, nur ein einzelnes lag noch unbeschädigt im Schutt, ich habe es nun nach Borkum gebracht.

1600 Tage, fast viereinhalb Jahre und doch gibt es Tage, da bist du so präsent, dass ich fast damit rechne, dass gleich die Tür aufgeht und du schimpfend den Raum betrittst, weil dich niemand vom Bahnhof abgeholt hat.
Und natürlich gibt es immer noch Tage, an denen ich dein Fehlen schmerzlich bemerke.
Du warst der beste Streitpartner, den ich je hatte und auch wenn das Leben mit K. leichter und deutlich weniger chaotisch ist, streiten kann ich mich mit ihm nicht vernünftig, und ja, ich nehme dir wirklich übel, dass du dich einfach so verdrückt hast und ich dir nicht mehr beweisen kann, mit wie vielen Vorhersagen ich absolut recht behalten habe.

Und es ist schade, dass du nicht mehr siehst, was aus deinen Kindern geworden ist. Verdammt, was wärst du stolz auf sie, alle drei, und ja, auch J, das Dramakind hat sich gemacht. Ausgerechnet J hat das beste Abitur von allen hingelegt, ich bin so neugierig, mit welchen Worten du diese Leistung als nichtige Kleinigkeit abgetan hättest, um innerlich vor Stolz zu platzen und überall mit ihm anzugeben.

Und dann habe ich noch diesen Satz gefunden, diesen einen Satz, der dich so perfekt beschreibt, obwohl ihn jemand anderes über jemand anderen geschrieben hat. Aber vielleicht meinte er ja doch dich, wer weiß? Er schrieb:
Mir erschien er wie ein trotzköpfiger Chaot, der sein Chaos schlitzohrig als Kunst tarnt.
Quelle


Du und deine Kunst, tatsächlich und in echt nur Chaos, es hat aber Spaß gemacht. Auf uns und auf die nächsten 1600 Tage.
Und danke für den Fisch
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Montag, 22. Oktober 2018
Hausputz
Weil wir die letzten Wochen ständig unterwegs waren, hatte niemand Lust in den kurzen Pausen, in denen wir zu Hause "frei" hatten, den Putzlappen zu schwingen, mit der Folge, dass das gesamte Haus zwar langsam, aber dafür gründlich und systematisch immer mehr eindreckte und insgesamt mittlerweile ziemlich in Unordnung geraten war.
Morgen kommt nun die Maklerin, die einen potentiellen Kaufinteressenten durch das Haus führen wird und auch wenn ich ganz wenig Interesse daran habe, dass der Kaufinteressent ein möglichst positives Bild von diesem Haus bekommt, so habe ich genausowenig Interesse daran, offen zu zeigen, wie dreckig es hier sein kann, deshalb hatte ich uns für heute das Hausputzgroßprogramm verordnet, was wir dann gemeinsam durchgezogen haben, jetzt ist das meiste wieder ordentlich, so Sondersachen wie Fenster oder Terrasse fand ich nicht wirklich wichtig, die wurden deshalb ignoriert, aber der Rest des Hauses ist vorzeigbar.
Und wir sind dementsprechend k.o., so einen kompletten Tag durchputzen ist schon anstrengend, so dass wir schon wieder beide im Bett liegen und froh sind, uns nicht mehr bewegen zu müssen
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Sonntag, 21. Oktober 2018
Zurück
Nach einem langen Tag in Hamburg auf dem Finanzbarcamp mit der anschließenden Verleihung der Finanzblogawards 2018 bin ich wieder zurück in Greven, habe explosionsartig alle Kleidung von mir geworfen und liege jetzt wohlig beglückt endlich wieder in meinem eigenen Bett. Auch wenn die Hotelbetten der letzten drei Tage nicht zu beanstanden waren, im eigenen Bett ist doch immer noch am schönsten.
Und überhaupt bin ich sehr froh, wieder zu Hause zu sein, bei offenem Fenster ohne Ohrstöpsel schlafen zu können und vor allem das Gefühl von Weite und Freiheit genießen zu können. Keine anderen Menschen, kein Gewusel, kein Lärm, das hat schon was und nach drei Tagen Großstadt weiß ich es umso mehr zu schätzen.

Das Barcamp heute war interessant, eine wirklich gute und produktive Session über Kryptowährungen war für mich dabei, ansonsten habe ich einige Aufreger- und eine Menge Kopfschüttelthemen gefunden und mich gewaltig gewundert, dass sogar das aus meiner Sicht doch nun wirklich nur mit logischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachtende Thema Finanzen und Geldanlage so viele Möglichkeiten für seltsame und teilweise echt krude Meinungen und Herangehensweisen bietet. Menschenversteher werde ich in diesem Leben nicht mehr
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Samstag, 20. Oktober 2018
Frankfurt
Zweiter Tag in Frankfurt und ich grübel verstärkt darüber nach, was Menschen dazu bringt, sich in so gigantischer Ameisenzahl in Städten zusammenzurotten, sich in Stein, Zement und Beton einzumauern und das vorzugsweise in einer Höhe, die jedes natürliche Entkommen verhindert.
Mein Unverständnis hängt an der Frage, weshalb die Menschen klaglos all die Unbequemlichkeiten auf sich nehmen, die ein Leben in der Stadt aus meiner Sicht fraglos mit sich bringt, ohne sich ernsthaft um Alternativen zu bemühen, im Gegenteil, sich auch noch glücklich schätzen, wenn sie eine der raren Innenstadtwohnungen ergattern konnten.

Ich bin ja nun kein Architekt und vielleicht bin ich deshalb nicht in der Lage, die Schönheit in dieser Steinwüste zu sehen, aber immerhin hat sie mich so fasziniert, dass ich sie ausführlich fotografiert habe.



Die rechten beiden Fotos zeigen den gleichen Ausschnitt, für einen freien Rundumblick musste ich allerdings erst rauskriegen, wie ich die Jalousie dazu bringe sich zurückzuziehen, was schließlich gelang, was aber auch einen gewissen "thrill" mit sich brachte, denn die Fenster, die diesen Ausblick bieten, befinden sich auf dem Männerklo und ich rechnete jeden Moment damit, dort entdeckt und rausgeworfen zu werden, aber der einzige Mann, der während meiner Fotosession "seine" Toilette betrat, ging sofort wieder rückwärts und entschuldigte sich für die Störung. Ein bisschen niedlich fand ich das dann schon ;-)

Deshalb musste ich die Gelegenheit natürlich maximal nutzen und machte Fotos aus verschiedenen Perspektiven.
Früher konnte man an dieser Stelle ungehindert auf das Gebäude der Deutschen Bank runtergucken (und es geht die Legende, dass das Männerklo extra an diese Stelle mit dieser Aussicht geplant war, damit der Vorstand der Commerzbank das Gefühl hatte, er könnte der Deutschen Bank aufs Dach pieseln) und außerdem konnte man direkt zum Main Tower rübergucken. Das ist jetzt alles vorbei, ein neues Hochhaus wird grade zwischen dem Männerklo der Commerzbank und der Deutschen Bank gebaut, lustigerweise fand ich niemanden, der mir sagen konnte, wer oder für wen da grade gebaut wird.
Insgesamt ist die Baustelle aber schon ziemlich weit nach oben gediehen.



Wenn man nur den oberen Teil fotografiert, sieht das gar nicht so spektakulär aus, wenn man aber die daneben stehenden Türme im Vergleich sieht, kann man sich besser vorstellen, dass es wirklich schon ziemlich hoch ist. Das Baustellenhochhaus ist hier ganz rechts zu sehen, weiter oben wird noch gebaut.


Und hier noch einmal die Baustelle von oben und einmal von unten



Was mir ansonsten hier in Frankfurt besonders aufgefallen ist, ist das krasse Aufeinandertreffen von arm und reich, von total abgerockten, runtergekommenen Gebäuden neben glänzenden Hochhausfassaden, von Obdachlosen mitten zwischen Anzugsträgern. Auf total engem Raum existieren hier zwei komplett entgegengesetzte Welten, das hat mich schon sehr fasziniert.

Aus Münster bin ich es ja gewohnt, dass es ganz viele Menschen gibt, die das Leben in der Stadt so super fantastisch finden, dass sie bereit sind, dafür Mieten zu bezahlen, die mich nur mit den Ohren schlackern lassen und eben auch alle sonstigen Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen, die ich freiwillig niemals akzeptieren würde, aber Münster ist auch eine der liebens- und lebenswertesten Städte Deutschlands. Ich habe keine Ahnung, auf welchem Platz in diesem Ranking Frankfurt steht, aber mein Bauchgefühl sagt mir, es wird wohl eher nicht so weit oben stehen.
Und trotzdem leben die Menschen hier, fast eine Millionen Menschen auf engstem Raum, zahlen noch höhere Mieten als in Münster und akzeptieren auch noch viel größere Unbequemlichkeiten als die Menschen in Münster, denn weder kann man Frankfurt als perfekte Fahrradstadt bezeichnen, noch ist es sinnvoll, hier Auto zu fahren, weil man es nirgends parken kann und wirklich hübsch ist der Anblick der Architektur in dieser Betonwüste auch nicht, aber alles egal, die Menschen leben hier.

Und ich frage mich: Warum?
Was kann so faszinierend daran sein, in einer Stadt zu leben? Man kann nicht mit offenem Fenster schlafen, muss sich ständig mit übel riechenden, überfüllten und verspäteten S- und U-Bahnen rumschlagen, überhaupt ist alles voller Menschen, alle wuseln umeinander herum und mein Ausflug in die große Stadt fand jetzt noch bei perfektem Wetter statt. Ich möchte mir meine Laune gar nicht vorstellen, wenn es regnet und stürmt.

Aber zum Glück muss ich das gar nicht weiter untersuchen, denn ich durfte heute wieder abfahren, was mich sehr erleichtert.
Wir sind mit der S-Bahn bis nach Egelsbach gefahren, haben dann gelernt, dass der Bus, der mit Nummer und Fahrplan an der Bushaltestelle gegenüber vom Bahnhof ausgeschildert ist, kein echter Bus ist, sondern "AST", was wohl "Anforderung Sammel Taxi" bedeutet und man muss eine halbe Stunde vorher anrufen, dann kommt er zu den Zeiten, die ausgeschildert sind, das haben wir aber erst begriffen, nachdem wir die halbe Stunde schon gewartet hatten, aber natürlich hatten wir nicht vorher und damit rechtzeitig genug angerufen, weshalb sich genau gar nichts tat an der Bushaltestelle. Noch eine Stunde warten hätte sich für die 1,5km lange Strecke irgendwie nur sehr wenig lohnt, weshalb wir gelaufen sind, was für meine Gesamtlaune auch nicht richtig förderlich war.

Aber egal, irgendwann waren wir am Flugplatz und sind direkt nach Münster geflogen, von dort nach Hause, Tasche umpacken und dann mit dem Auto wieder los, jetzt sind wir in Hamburg, hier wäre Fliegen eine Nachtveranstaltung geworden, darauf haben wir verzichtet und morgen gibt es dann Teil zwei unserer aktuellen Finanz- und Kapitalmarktkonferenzreise.

Hamburg ist genauso Großstadt wie Frankfurt, im einzelnen zwar komplett anders, im generellen aber genauso groß und laut und voll. Es tut mir ja sehr leid, aber ich mag auch Hamburg nicht.
Es ist mir hier einfach alles zu laut. Und zu eng. Ich glaube, das sind für mich diei beiden größten Minuspunkte einer Stadt
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Freitag, 19. Oktober 2018
Alles okay hier
aber keine Zeit zum bloggen, hier läuft immer noch die Abendveranstaltung, es ist nett und unterhaltsam, deshalb erst morgen (hoffentlich) mehr
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Donnerstag, 18. Oktober 2018
Reise in die Großstadt
Morgen ist eine Konferenz in Frankfurt und weil Autofahren so mühsam ist und das Wetter so gut, sind wir geflogen.
Frankfurt ist natürlich ein anderer Schnack als Borkum, allerdings gibt es dort für die Privatflieger einen eigenen Flugplatz, auf dem großen Frankfurt-Flugplatz lassen die die kleinen Flieger eh nicht landen, die würden ja den gesamten Betrieb durcheinander bringen.
Kleine Flieger landen deshalb in Frankfurt Egelsbach, da der aber ziemlich dicht an dem großen Flughafen liegt, gelten auch dort recht pingelige Anflugvorschriften.
Hat aber alles gut geklappt, das GPS ist mittlerweile so präzise, dass man kaum was falsch machen kann.

Das Wetter bestand nur aus Wetter ohne Wind. Es war so windstill, dass der Rauch aus dem Kraftwerk grade nach oben ging und sich auf den Wasseroberflächen nix kräuselte, weil halt kein Wind blies.



Unterwegs kamen wir am Möhnesee vorbei und trafen jede Menge Ballonfahrer, für die war das heute perfektes Wetter.

Die Skyline von Frankfur war im Dunst schon von ziemlich weit weg zu sehen.

Die Landebahn in Egelsbach ist dafür ungemein unspektakulär.

Wir sind so grade kurz vor Sonnenuntergang gelandet, der Himmel war ein einziges Farbenspiel.


Hinter uns parkten jede Menge ähnlich kleine Flugzeuge wie unseres, einige davon auffallend abgerockt. Ich wundere mich selber, warum ich in letzter Zeit so viele so besonders runtergekommene Maschinen sehe. Auf dieser saß schon der Pleitegeier und wartete....


In Egelsbach gibt es ein hervorragendes Flughafenrestaurant, brasilianische Grillspezialitäten, nach der Landung haben wir uns erstmal satt gegessen.

Die Fahrt nach Frankfurt-Innenstadt war dann wieder aufregend, weil wir S-Bahn gefahren sind und das mache ich so selten, dass ich es viel aufregender finde als die ganze Fliegerei. Aber auch das hat gut geklappt, jetzt liege ich im Hotelbett, schaue auf Unmengen von Beton um mich herum und frage mich, was Leute dazu bringt, dauerhaft in einer Stadt zu leben. Ich merke schon die ersten, leichten klaustrophobischen Wellen anrollen, ich muss jetzt mal eine Runde bewusst atmen, das hilft und ich freue mich, dass auf diese Weise der einzige Geburtsvorbereitungskurs, an dem ich teilgenommen habe, doch noch zu was nütze ist
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