anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 30. September 2018
Unterwegs
Samstag früh am Flugplatz, trotz perfekten Fliegerwetters ist niemand da, wir sind ganz alleine, puhlen mühsam die Maschine aus dem Hangar und aktivieren die Tankstelle. Die Technik ist schon etwas älter und war auch ursprünglich mal woanders im Einsatz, aber egal, es funktioniert und wir machen uns auf den Weg



Zwischenstopp in Paderborn, wo grade die Rübenrallye stattfindet, wir amüsieren uns über die schrägen Vögel, die da so einfliegen, folgen dann aber doch nur unserem eigenen Schatten, denn unser Schatten ist uns immer einen Schritt voraus:-)



In Paderborn holen wir den Schreiner ab, der neue Fenster im Onkelhaus einbauen wird.
Für das genaue Aufmaß ist es am sinnvollsten, dass der Meister selber vor Ort misst, nach diesen Maßen werden dann die Fenster bestellt, das kann nur ein Fachmann vernünftig entscheiden.
Praktischerweise ist der Schreiner auch gleichzeitig Fluglehrer, so dass K die Gelegenheit nutzt, den Flug von Paderborn nach Borkum gleich als den jährlichen Checkflug auszugestalten, besser kann man zwei Fliegen/ zwei Flieger und eine Klatsche gar nicht zusammenbringen.



Anflug auf Borkum: perfekt
Dann Fenstermaß, dann Radtour am Strand lang mit Milchbude und Krabbensuppen und ganz viel Sanddorn. Am Abend testen wir ein neues Restaurant, wo es Sushi gibt. Das war der einzige Reinfall des Tages, der Rest war perfekt
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Freitag, 28. September 2018
Dauerquasseln
Manmanman, ich bin immer noch ganz benommen, wenn ich nur daran denke, wie mein Tag heute startete.
Ich hatte nämlich um 8h einen Termin beim Zahnarzt.
Nichts schlimmes, nur eine turnusmäßige Zahnreinigung, seit der großen Paradontosebehandlung Anfang des Jahres übernimmt sogar die Kasse die Kosten dafür. Den Termin habe ich schon vor Monaten gemacht und weil ich weiß, dass so eine Zahnreinigung rund eine Stunde dauert und ich im Anschluss nicht erst gegen Mittag im Büro aufschlagen will, lege ich solche Termine gerne auf 8h, bisher hat das stets wunderbar geklappt.

Nun ist ja 8h morgens nicht unbedingt meine Zeit, und ja ich weiß, wie privilegiert ich bin, dass ich oft genug um diese Zeit noch immer im Bett liege und versuche, wach zu werden, aber als Patient im Zahnarztstuhl, der nichts anderes tun muss, als nur den Mund offen zu halten, kann man ja auch mal um 8h versuchen, am Leben teilzunehmen.

Dachte ich. Ich meine, ich dachte, dass ein Patient im Zahnarztstuhl nichts anderes tun müsse, als nur den Mund offen zu halten und das habe ich mir halt so grade eben noch zugetraut.
Aber Fehler, ganz großer Fehler, denn mein Zahnarzt, der bisher nur angenehm mundfaule, lokal-westfälische Zahnarzthelferinnen beschäftigte, hat seit neuestem eine Berlinerin im Team. Und zwar eine von der ganz üblen Sorte, nämlich eine, die nicht nur ohne Pause redet, sondern dabei auch noch ständig Fragen stellt. Fragen wie: "Ist es so okay für Sie? Möchten Sie vorher noch mal umspülen? Soll ich den Stuhl etwas flacher stellen? Benutzen Sie Zahnseide oder Interdentalbürstchen?" - Und wenn der fachliche Teil keine weiteren Fragen mehr bietet, geht es weiter mit: "Heute ist ja schon Freitag, geht für Sie die Woche auch immer so schnell rum? Wussten Sie, dass in weniger als drei Monaten schon wieder Weihnachten ist? Wir hatten ja einen wunderbaren Sommer, haben Sie den auch so genossen? Freuen Sie sich auch schon aufs Wochenende? usw. usw. usw."

Ganz unabhängig davon, dass ich um 8h morgens ganz nachdrücklich nicht für so ein verbales Dauerfeuer gerüstet bin, hat mich die Fragerei endgültig fertig gemacht, denn wie antwortet man als Patient mit offenem Mund auf einem Zahnarztstuhl? Ich meine, da gibt es schon eine technische Unmöglichkeit, ich zumindest kann mit offenem Mund, in dem jemand mit Spuckesauger und Poliergerät rumhantiert, nur sehr schlecht reden und kann es deswegen hassen, wenn ich in so einem Zustand mit Fragen beworfen werde.

Ich lag also mehr oder weniger hilflos auf diesem Zahnarztstuhl, es war 8h morgens, ich war überwiegend damit beschäftigt, überhaupt nur zu existieren, da passiert mir diese Zahnarzthelferin, die mich plattgequatscht und dabei fröhlich versucht, Konversation zu machen. Ich konnte nicht weglaufen, ich konnte nicht antworten, ich konnte ihr noch nicht mal die Meinung sagen und das sofortige Schweigen für immer verlangen, ich konnte einfach nur still leiden und leise wünschen, dass die Dame umgehend vom Blitz getroffen wird.
Solche edlen Wünsche werden ja leider nie erfüllt, ich schlage aber vor Dauerquasseln als D-Waffe in eine Ergänzung der Genfer Konventionen aufzunehmen, vor allem Dauerquasseln um 8h morgens
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Donnerstag, 27. September 2018
Selbstbild
So, der Gips ist ab und jetzt muss ich mir ein neues "Nervobjekt" suchen, eines, mit dem ich meine schlechte Laune, meine dauernde Antriebslosigkeit, kurz, meine gesammelte Unzufriedenheit begründen kann, denn solange ich einen Grund nennen kann, muss ich ja nicht weiter drüber nachdenken, oder?

Ich glaube allerdings, meine aktuelle Wackelstimmung resultiert zu einem Großteil aus der erkannten Unstimmigkeit meines eigenen Selbstbildes mit der Realität und das ist leider genau die Sorte Grund, mit der ich mich dann wohl doch beschäftigen muss, jetzt, wo ich sie einmal identifiziert habe, nur leider führt die Beschäftigung damit in der ersten Zeit zu noch mehr Unwohlsein, fürchte ich.

So ein Selbstbild kann man nicht einfach beschließen, deshalb kann man es auch nicht einfach ändern, egal wie klug das wäre. Das Selbstbild entsteht und verändert sich durch den eigenen Kontakt mit der Außenwelt, allerdings ist es abhängig davon, wie die Reaktionen der Außenwelt interpretiert werden - nur genau dafür ist es auch selber zuständig, also, die Reaktionen der Außenwelt zu interpretieren. In einer Excel-Tabelle würde man das wohl einen Zirkelbezug nennen.

Das ist eben das Schwierige an diesem Selbstbild, es schafft sich zu einem großen Teil selber und ist gleichzeitig lebensnotwendig. Egal wie mies es ist, ohne Selbstbild kann niemand existieren. Es ist das eigene Spiegelbild, was einen Menschen von einem Vampir unterscheidet, ohne Spiegelbild ist man ein Untoter und deshalb verteidigt jeder Mensch ganz automatisch und vollkommen intuitiv sein Selbstbild, egal wie hässlich oder mies es ausfällt.

So kann es zum Beispiel dazu führen, dass ein Kind ein ausgesprochen negatives Selbstbild aufbaut, einfach weil es das jüngste Kind in einer Geschwisterkette ist und sich selber immer nur als totalen Loser erlebt hat, während die Geschwister tolle Sachen konnten. Dass es völlig normal ist, dass ein Vierjähriger nicht das gleiche kann wie ein Acht- oder Zehnjähriger ist Erwachsenen klar, Vierjährigen meist nicht. Und wenn dann die Eltern noch versuchen, das Selbstbewusstsein ihrer Kinder allgemein dadurch zu fördern, dass sie ihnen immer wieder sagen "Du schaffst das. Du bist toll, du schaffst alles, was du dir vornimmst.", dann kann es passieren, dass ein Vierjähriger halt dadurch den Anspruch an sich selber entwickelt, all das zu schaffen und zu können, was die Geschwister auch machen und können, was für einen Vierjährigen aber in einer Dauerfrustration endet, wenn die Vergleichsgeschwisterkinder entsprechend älter sind.
Wenn sich bei so einem Kind dann im eigenen Selbstbild festgesetzt hat, dass es ein Loser ist, dann wird es auch alles tun, dieses Selbstbild zu verteidigen, mit den entsprechenden abwärtsspiraligen Folgen. Dieses Kind wird dann auch ein Lob konsequent ablehnen - Loser werden nicht gelobt, ein Lob ist gefährlich, es könnte sein Selbstbild zerstören und das darf halt auf keinen Fall passieren.

Ich kenn da was von, ich hatte mal so ein Kind, und deshalb habe ich auch viel über Selbstbild und Ansätze für die Veränderung gelernt.
Deshalb weiß ich aber auch, wie kompliziert das ist, die Materie insgesamt.

Aber hilft ja nix, wenn man bemerkt, dass man sich immer und immer wieder in bestimmten Dingen nur selber was vormacht, dann ist eine stückchenweise Umgewöhnung wirklich ein heilsamer Ansatz. Auch wenn es dazu führt, dass ich zunächst wohl mal häufiger keine Lust haben werde.
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Was ich außerdem schon gelernt habe: Jeder Mensch braucht individuell viel, mehr, ganz viel oder sogar Ewigkeiten an Zeit, bis eine Umgewöhnung so umgewöhnt ist, dass sie passt. Dass man sie nicht mehr als lästige Therapie empfindet, sondern als normalen Alltag, denn erst dann klappt es dauerhaft und macht zufrieden.
Ich benutze jetzt seit vier Wochen regelmäßig die Linkshändermaus - einen Fortschritt im Sinne von "geht schon viel leichter" oder gar "ich merke keinen Unterschied mehr" kann ich von dieser Front noch nicht vermelden, ich fürchte, ich werde noch mehr als vier Monate brauchen (wenn nicht noch länger), bis sich hier wenigstens ein Fitzel Gewöhnung einstellt, komplette Umgewöhnung wird es wohl nie, bzw. bis dahin halte ich nicht durch.
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An mein Teilzeitfasten habe ich mich dagegen sehr gut gewöhnt, obwohl es auch nach nunmehr gut fünf Monaten noch immer keinerlei Wirkung zeigt (Minus 1 Kilo in fünf Monaten kann man nicht wirklich Wirkung nennen.) Allerdings macht es das Leben in der Summe etwas einfacher und preiswerter, weil ich mich ja nur einmal am Tag mit Essen beschäftige, d.h. bestimmte Dinge brauche ich einfach nicht mehr zu kaufen. (Frühstückskram im weitesten Sinne zB ist vollkommen von der Einkaufsliste verschwunden).
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Was dafür nach mittlerweile exakt acht Jahren sehr gut klappt, ist nicht mehr Rauchen. Auch hier habe ich ja gedacht, die "Pausensinnlosigkeit" würde für immer bleiben, denn das war der Teil im Leben eines Nichtrauchers, den ich am längsten als störend empfunden habe, aber jetzt, wo ich konkret darüber nachdenke, fällt mir auf, dass auch diese "Störstelle" weg ist. Ich weiß noch, dass ich in den ersten Monaten meines Nichtraucherlebens immer wieder versucht habe, eine Antwort auf die Frage "Wie macht man als Nichtraucher Pause?" zu finden, denn das ist mir am deutlichsten aufgefallen: Als Nichtraucher macht man keine Pausen. Zumindest nicht so, wie man sie als Raucher jahrelang gewöhnt war: Aktiv aufstehen, vor die Tür gehen und fünf Minuten nichts tun.
Und wenn mich heute jemand fragt, wie ich Pausen mache, dann wüsste ich auch immer noch keine Antwort - aber es stört mich nicht mehr. Mir fehlen die fehlenden Pausen nicht. Vielleicht brauchen Nichtraucher ja auch nicht so viele Pausen wie Raucher?
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So, und um zum Abschluss wenigstens einen kleinen Baustein in meinem Selbstbild zum Wackeln zu bringen:
Ja, ich gucke Fernsehen und ja, es scheint mir wichtig zu sein, denn wenn ich die Stunden, die ich in der Woche vor dem Fernseher verbringe mit Twitter oder Instagram oder Podcasthören verbringen würde, dann wäre ich nicht nur wahrscheinlich, sondern ganz bestimmt schon lange ein gut vernetzter Socialmediafreak.

Aber eigentlich finde ich Fernsehgucken blöd. Intellektuell ist es auf jeden Fall überhaupt nicht. Echte Intellektuelle haben keinen Fernseher und wenn sie einen haben, dann gucken sie so Serien wie Dschungelcamp oder der/die Bachelorette, denn das ist in seiner gesamten gruseligen Trashigkeit schon wieder Kult.

"Kult" wird übrigens auch nur von Intellektuellen geschaffen, "Mainstream" oder "Massengeschmack" ist dagegen die prollige Unterschicht-/Spießervariante. Nur mal so nebenbei bemerkt, ist mir eben aufgefallen.

Ich stelle aber mit zunehmendem Alter fest, dass mir Kult zu anstrengend ist, oder zu langweilig. Kann durchaus das gleiche sein. Wie auch immer, Kult ist mir einfach nicht mehr wichtig. Mainstream oder Massengeschmack habe ich aber nie geübt, irgendwie bin ich da auch raus.

Ich stelle deshalb leicht entsetzt fest, dass ich den Anschluss an meine Peergroup verloren habe. Dass ich überhaupt den Anschluss an jede Gruppe verloren habe.
Ich weiß gar nicht mehr, wohin ich gehöre - und genau das ist das aktuelle Problem mit meinem Selbstbild.
Ich habe verpasst, es anzupassen, es ist nicht mit mir gealtert, ich finde immer noch die Gruppe der coolen 35-45jährigen toll und meine, ich wäre auch so.
Bin ich aber nicht.
Ich schaue fern statt Netflix, zu allem Überfluss auch noch nur öffentlich rechtliches TV und dort fast alles, bis auf Tatort, der ist mir zu kompliziert geworden. Oder zu wiederholig, passt beides, auf alle Fälle finde ich Tatort enorm unspannend und dabei wäre das DIE Chance, wenigstens hier den Kultanschluss zu halten.
Aber nein, knapp wird Tatort Kult höre ich auf den Kram zu gucken. Wie dumm.

Ich fürchte aber, ich muss zuallererst mal klären, wohin ich überhaupt gehöre
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Donnerstag, 27. September 2018
Morgen ist bestimmt besser
Heute habe ich keine Ausrede, keine Abendtermine, keine Verpflichtung, aber leider auch keine Lust.
Zwischendurch gibt es immer mal wieder diese Durchhänger, diese trüben keine-Lust-Tage, für die es keine vernünftige Erklärung gibt, keinen konkreten Auslöser, keinen Grund und keinen Ausweg, denn keine Lust ist ziemlich raumgreifend, da kann man nicht einfach ausweichen, da muss man halt durch.

Morgen wird - hoffentlich - der Gips entfernt, ich denke, dann geht der Alltag schon mal wieder deutlich einfacher, aktuell geht mir der Umstand, den dieser Gips verursacht, nur noch ganz ungemein auf die Nerven.

Doch, ich bin da sehr sicher, ab morgen ist bestimmt wieder alles besser, ich glaube da fest dran
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Mittwoch, 26. September 2018
Impressionen
Dass das heute keinen langen Beitrag geben wird, habe ich ja gestern schon angekündigt, allerdings verlief der Tag letztlich doch noch mal ganz anders als gestern erwartet, denn der Nachmittagstermin dauerte bis in den Abend.
Dabei war die Aussicht zu jedem Zeitpunkt beeindruckend

Jakobsberg

Und für den Kaiser lässt man dann auch schon mal den Bänkerstammtisch sausen, insgesamt war es ein interessanter Tag



Morgen dann hoffentlich wieder ein kürzerer Tag mit eher zuhause
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Dienstag, 25. September 2018
Zu spät
Nein, meine Ausrede für einen mickrigen Blogtext ist heute nicht Montag, der ist mir heute gar nicht als beschwerlich aufgefallen, aber ich komme jetzt erst nach Hause, weil sich direkt ans Büro eine Abendveranstaltung anschloss und nun bin ich müde und vollgefressen und auch ein bisschen angeschickert, kurz: rundrum bettreif und nicht mehr blogbereit.
Morgen wird es allerdings auch kaum besser aussehen, denn morgen ist der halbjährliche Bänkerstammtisch, da werde ich in einem ähnlichen Zustand ähnlich spät nach Hause kommen, ich vertröste deshalb schon gleich mal auf übermorgen
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Sonntag, 23. September 2018
Erkenntnisse
Manchmal braucht es tatsächlich den Kontakt zu wildfremden Menschen, um eigene Eigenschaften zu entdecken.

Die Eindrücke, Erlebnisse, Gespräche und Erfahrungen aus der Barcampteilnahme haben mich heute den ganzen Tag beschäftigt und ich habe deshalb versucht, meine Gedanken, Erinnerungen und Erkenntnisse dazu sinnvoll zusammenzufassen, zu sortieren und auszuwerten.

Das für mich Besondere an diesem Barcamp war das Zusammentreffen „auf Augenhöhe“ von so vielen Menschen, von denen sich die allermeisten untereinander nicht kannten. Die meisten Teilnehmer bewegten sich deshalb auch in einem komplett neutralen Umfeld, d.h. sie konnten sich nicht hinter einer eingeübten Rolle verstecken, mussten dafür aber auch keinem vorgegebenen Rollenklischee gerecht werden.
Der typische Barcampspirit führt zudem dazu, dass sich fremde Menschen untereinander ungeniert ansprechen und schnell unterhält man sich genau über die Dinge, die einem bei dem jeweils anderen als besonders bemerkenswert bereits aufgefallen sind.

Durch die Begegnung auf Augenhöhe, also die Tatsache, dass in der Ausgangsposition alle gleich sind, es also weder Chefs, noch Rudelführer oder Promis gibt, entsteht dieses „ungeniert“, was ich ungemein positiv und entspannend finde.

Sehr beeindruckt hat mich ein Gespräch mit einem Teilnehmer, der mir sagte: „Deine Beiträge fallen durch einen sehr schnörkellosen Pragmatismus auf. Alles nur dekorativ Schöne wird von dir kurzerhand vom Tisch gefegt, wenn es dem Ergebnis im Weg steht.“ - Dieser Satz hat mich vor allem im Nachhinein sehr zum Nachdenken angeregt, weil mir dadurch bewusst wurde, dass es Dinge gibt, die mir vielleicht völlig bedeutungslos und damit unnütz erscheinen, die für andere aber durchaus einen Wert darstellen können, und nur weil sich mir dieser Wert nicht erschließt, ist er deshalb ja nicht weniger wertvoll.

Indirekt kann ich mir damit auch eine Frage beantworten, die ich mir schon oft gestellt habe, nämlich weshalb sich so viele Menschen das Leben aus meiner Sicht so unnötig kompliziert machen. Da aber für viele Leute das „dekorativ Schöne“ ein wichtiger Teil des Ergebnisses zu sein scheint, nehmen sie dafür auch in Kauf, dass dadurch das Leben ungleich komplizierter wird. Was mir als lästiger Firlefanz erscheint, also sich damit zu beschäftigen, ständig um all diesen Nippeskram herumzunavigieren, der zu allem Überfluss auch noch regelmäßig abgestaubt werden muss, ist das für andere Menschen genauso eine Selbstverständlichkeit wie Essen machen oder Körperhygiene. Viele Menschen scheinen diese Schnörkel zu brauchen, sonst wäre für sie das Leben trüb und trist.

Der Begriff das „dekorativ Schöne“ steht dabei exemplarisch nicht nur für gegenständliche, reale „Dekorationsartikel“, sondern genausogut auch für „emotionale Schnörkel“, also für persönliche Empfindlichkeiten, die vielleicht rational sinnlos oder behindernd erscheinen, aber deshalb trotzdem real von Bedeutung sind.

Als Beispiel fällt mir hier einerseits spontan die Tischdecke auf dem Terrassentisch ein, die meine Schwester unbedingt verwenden wollte, weil ihr der nackichte Plastiktisch zu hässlich erschien, die ich dagegen nur lästig fand, weil sie ja ruckzuck bekleckert ist, dann muss man sie waschen und bügeln und überhaupt, was für ein Umstand. Wenn der Tisch nicht mehr schön genug ist, dann kaufe ich halt einen neuen Tisch, aber ein Provisorium, was eh schon zur Entsorgung vorgesehen ist, vorher durch zusätzliche Arbeit noch aufzuhübschen, erscheint mir sinnlos.

Und andererseits erinnere ich mich an ein Gespräch zwischen K und meiner Schwester, in dem sie vorsichtig und einfühlsam mit ihm besprochen hat, was es für Möglichkeiten gibt, seiner Frau zu helfen, denn mit der ist er nicht nur immer noch verheiratet, sondern kümmert sich auch immer noch um sie, weil sie sonst scheint‘s niemanden hat und alleine mit ihrem Leben nicht klarkommt. Für mich ist diese Ehefrau ein immer größer werdendes Ärgernis, weil ich mich aktiv zurückgesetzt fühle, wenn K auf die allfälligen ichwill- oder ichkanndasnicht Befindlichkeiten seiner Frau mehr Rücksicht nimmt als auf meinen Anspruch, dass er da endlich mal Ordnung in sein Leben bringt.
Mein sehr pragmatischer Lösungsansatz ist also ein einfaches „mit der Faust auf den Tisch hauen“, entweder macht sie, was man ihr sagt oder sie soll selber schauen, wie sie klarkommt. Für ein nun schon fast 25 Jahre dauerndes Mimimi fehlt mir tatsächlich jede Sorte Verständnis und vor allem fehlt mir das Verständnis dafür, dass K das widerstandslos akzeptiert. Faszinierenderweise war K in dem Gespräch mit meiner Schwester aber deutlich aufgeschlossener als in allen Gesprächen mit mir über dasselbe Thema und sagte mir nachher: „Siehste, das waren mal konstruktive Vorschläge, da kann ich was mit anfangen. Du bist immer nur so prügelpeitsch.“

Ich glaube, das, was mir im Umgang mit anderen Menschen regelmäßig im Weg steht, ist mein fehlendes Verständnis für Schnörkel. Einer meiner Lieblingsbegriffe um Dinge abzuwerten ist „Schmuck am Nachthemd“ - und da ich seit über 40 Jahren ohne jede Nachtbekleidung schlafe, leben für mich Menschen, die gebügelte und rosaberüschte Schlafanzüge tragen, gefühlt einfach auf einem anderen Stern. Ich habe noch keine Ahnung, wie ich das ändere (und ob ich das überhaupt ändern will), aber immerhin weiß ich jetzt schon mal, wo ich suchen kann, wenn es mal wieder hakt.

Außerdem gab es noch einen weiteren Satz, der mich ausführlich zum Nachdenken gebracht hat, damit fasste ein anderer Teilnehmer in einem Gespräch die Lösung für ein von mir vorgetragenes Problem zusammen: „Dann ist es dir wohl einfach nicht wichtig genug.“
Spontan habe ich diese Lösung energisch abgelehnt, denn selbstverständlich ist mir das Problem wichtig, schließlich suche ich schon seit Jahren und sehr hartnäckig nach einer Lösung, aber genau hier liegt die Lösung: Mir ist nur das Problem wichtig, nicht die Lösung.
In einem Lied von Annett Louisan heißt es: „Geh mir weg mit einer Lösung, sie wär der Tod für mein Problem“ - und ich denke, genau das war meine spontane Reaktion, mit zwei Tagen Abstand und ein wenig Nachdenken fällt es mir aber zum Glück auf.
Mein Problem (oder das, was ich dafür hielt) ist meine offensichtliche Inkompetenz im nachhaltigen Umgang mit sozialen Medien. Ich kann das zwar alles technisch bedienen, ich finde die technische Bedienung aber entweder umständlich und/oder zu zeitintensiv und jammere regelmäßig darüber, dass ich es nicht schaffe, Twitter, Facebook und Co. so in meine Leben zu integrieren, dass es mir gut gefällt. Mein Lösungsansatz war deshalb eine intensive Suche nach einer besseren technischen Bedienung.
Die gibt es aber nicht.
Die Beschäftigung mit und die Teilnahme in sozialen Medien IST FÜR JEDEN zeitintensiv und mich stört es nur deshalb, weil mir die sozialen Medien absolut betrachtet tatsächlich nicht wichtig genug sind.

Ich muss dafür nur mal mein Selbstbild zurechtruckeln, was sich allerdings leichter anhört als es ist und ich arbeite auch noch dran, intensiv sogar, aber ein erster Schritt ist mit dieser Erkenntnis schon mal gemacht.
Das mit dem Ruckeln am Selbstbild ist ja immer so eine Sache, gefühlt ist es mindestens so gefährlich wie ein selbstgebasteltes Bios Update, zumindest muss man dringend für eine stabile Stromzufuhr sorgen, sonst droht ein kapitaler Systemcrash.
Und nicht alles auf einmal ändern, sondern Patch für Patch und zwischendurch immer wieder mal neustarten, um zu überprüfen, ob noch alles läuft und um Wiederherstellungspunkte zu generieren.

Fragen, die ich mir selber noch beantworten muss:
- Was sind das für Leute, die sich in meiner Filterblase der sozialen Medien tummeln? Kurzbeschreibung mit je drei typischen Tags für positive und negative Eigenschaften
- Was finde ich an diesen Menschen so spannend, dass ich meine, dazugehören zu müssen?
- Was sind das für Leute, denen Facebook, Instagram und Twitter egal ist? Kurzbeschreibung mit je drei typischen Tags für positive und negative Eigenschaften
- Erwerbe ich automatisch die negativen Eigenschaften, wenn ich das Interesse an Twitter&Co auch mir selbst gegenüber offiziell aufgebe?
- Welche zugewiesene Eigenschaft will ich auf keinen Fall akzeptieren? Sprich: Wie will ich auf keinen Fall sein?

Noch fände ich die Vorstellung ganz prima, wenn sich plötzlich eine technische Lösung auftäte und ich könnte ohne große Umstände spontan zum Twitter- und Instagram-Crack werden, ich schätze aber, es ist klüger, ich schraube da ein wenig am Bios
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