anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 12. Juni 2024
Aufregen lohnt nicht
Die letzten 100 Tage, jetzt nur nicht auf den letzten Metern schlapp machen.

Aktuell läuft grade wenig rund, das große Projekt hat Schlagseite und alle regen sich auf. Fast alle, ich nicht.
Ich finde, so was kann passieren, kein Grund ein Drama daraus zu machen, damit habe ich aber eine offensichtliche Mindermeinung.

Was es für Vorteile bringen soll, wenn man sich aufregt und seltsame Entscheidungen beschließt, kann mir zwar keiner erklären, es scheint aber üblich zu sein.

Auch darüber kann ich mich nicht aufregen, ich freue mich über die aktuelle Tageszahl, alles andere ist mir heute egal
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Dienstag, 11. Juni 2024
Was man so arbeitet
Die komplexen Logistikthemen, die wir vorgestern schon versucht haben, wenigstens strukturell sinnvoll vorzubereiten, wurden heute erfolgreich und ohne besondere Schwierigkeiten abgearbeitet , wäre das also auch geschafft.

Am Abend wurde unter anderem darüber gesprochen, weshalb man arbeitet und was man von seiner Arbeit erwartet.
Ich kann für mich feststellen, dass ich grundsätzlich und immer nur deshalb gearbeitet habe, weil ich damit Geld verdienen konnte und wollte. Geld ist essenziell, wenn man auf persönliche Unabhängigkeit und Freiheit steht. Dass mir meine Arbeit Spaß machen soll, habe ich als Idee schnell wieder fallen lassen, Arbeit die Spaß macht war mir stets zu schlecht bezahlt.
Ich musste nur in der Lage sein, die allgemeinen Arbeitsanforderungen intellektuell und körperlich erfüllen zu können. Entscheidend war für mich in erster Linie immer nur der Stundenlohn. Mit Anfang 20 hatte ich mal die Idee, dass ich mich doch auch von reichen Männern für meine Unterhaltung bezahlen lassen könne, ich hatte eine Freundin, die damit extrem viel Geld mit extrem wenig Arbeitszeit verdiente.

Also habe ich das auch ausprobiert und bin mit einem Mann, der sich interessiert daran zeigte, bei mir die Sugardaddy-Rolle zu übernehmen, zunächst mal nur in ein Restaurant gegangen, um dort gemeinsam etwas zu essen. Während des Essens wurde mir klar, welche Erwartungen ich in diesem Job erfüllen musste, begriff, dass ich nicht in der Lage bin, die Arbeitsanforderungen ohne größere Gemütsschäden zu erledigen und bin in der Restauranttoilette kurzerhand aus dem Fenster geklettert, um aus diesem für mich untauglichen Job im wahrsten Sinne des Wortes sofort wieder auszusteigen.

Andere Erwartungen hatte ich aber nie an meinen Job, wäre Fensterputzen besser bezahlt gewesen als Steuerberatung, wäre ich Fensterputzer geworden.

Heute bin ich alt genug, um rückwärts zu schauen und mir zu überlegen, was gut und was schlecht entschieden war. Fazit: Ich bin sehr zufrieden, dass ich das durchgezogen habe und nicht die Hälfte meiner Lebenszeit damit verplempert habe, nach dem Sinn des Lebens zu suchen, während ich mich parallel finanziell einschränken muss.

Aber natürlich ist das nur meine Meinung, andere Leute sehen das komplett anders
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Montag, 10. Juni 2024
Menschheitsbeweis und Händedruck
Ich habe mich heute im Internet zu einer Online-Fach-Veranstaltung angemeldet und alle angefragten Sternchen-Informationen wie Name, Anschrift, Geburtsdatum, Telefon, E-Mail, besondere Vorlieben und Lieblingskuscheltier brav ausgefüllt, allerdings alle Cookies abgelehnt und die im Voraus gesetzten Häkchen zur Einwilligung aller weiteren werblichen Ansprachen, Abonnement des Newsletter und sonstiger Vollmüllung des Spamfilters, diese Häkchen habe ich aktiv wieder entfernt und dann blitzschnell auf Absenden gedrückt, um zu verhindern, dass sich die abgewählten Optionen wieder selbstständig einwählen. In dem Moment wo ich auf Absenden drückte sah ich, dass ich das unterste Feld nicht bearbeitet hatte, denn dort hätte ich natürlich noch nachweisen müssen, dass ich ein Mensch bin, in dem ich alle Felder mit schlafenden Fledermäusen oder geblümten Gelenkbussen anklicke, aber weil ich so eilig war mit dem Abschicken, hatte ich das übersehen - und zu meiner großen Überraschung war das völlig okay. D.h. das System nahm die Anmeldung an, ich bekam eine Bestätigung per E-Mail und keiner hakte nach, ob ich nicht vielleicht doch kein Mensch, sondern eine schlafende Fledermaus bin.

Das macht mich jetzt sehr nachdenklich, habe ich mich eventuell all die Jahre umsonst gemüht, diese teils sehr seltsamen Bilderrätsel zur Menschheitsbestätigung zu lösen? Hätte ich das schon immer ignorieren können? Das wäre ja ausgesprochen ärgerlich.

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Vor einem Vorstellungsgespräch gibt mir eine Bewerberin die Hand und ich habe das Gefühl, ich halte einen toten Fisch in der Hand. Menschen mit so einem schlappen Händedruck machen mir innerlich richtig Gänsehaut.
Als die Dame gegangen war, merkt eine Kollegin an, dass die Bewerberin fachlich vielleicht gar nicht so ungeeignet sei, aber sie sei dagegen, jemanden einzustellen, der so einen matschigen Händedruck hat.
Sofort sind sich alle einig, dass genau dieser latscherte Händedruck jedem unangenehm aufgefallen ist und ich frage mich mal wieder, weshalb Menschen das nicht als allererstes an sich ändern.

Kann das sein, dass Menschen vierzig Jahre alt werden und in ihrem ganzen Leben noch nie auf jemanden getroffen sind, der ihnen gesagt hat, dass so tote-Fisch-Händedrücke etwas ganz Schreckliches sind? Noch schrecklicher als Stinkefüße - weil man die üblicherweise in Bewerbungsgespächen nicht offen präsentiert.

Ich meine, ich muss ja nicht gleich schraubstockartig zupacken, wenn ich jemandem die Hand gebe, aber eine gewisse Festigkeit im Griff muss sich doch lernen lassen, wenn man es nicht von alleine als Selbstverständlichkeit empfindet.

Was mich dann aber auch interessiert ist die Frage, wie Menschen, mit so einem schlapen Händedruck auf andere Menschen mit einem schlappen Händedruck reagieren? Wie funktioniert das überhaupt, wenn keiner zupackt? Ist das dann so was wie ein Luftdruck - analog zum Luftkuss?
Und finden die sich dann gegenseitig blöd oder gut?
Eigentlich schade, dass die Bewerberin durchgefallen ist, jetzt sehe ich sie nicht mehr wieder und kann sie all diese Dinge nicht mehr fragen
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Sonntag, 9. Juni 2024
Logistik Themen und Verkaufsanzeige
Das größte Problem heute war die Organisation eines komplexen Familientreffens.
Es hatte sich durch Zufall ergeben, dass C und J am Dienstag einen gemeinsamen Termin in Bielefeld haben, zu dem J extra aus Hamburg anreist und K und ich auch deshalb nach Bielefeld fahren.
Am Dienstag hat aber auch die Mutter Geburtstag und wenn wir dann schon mal alle in Bielefeld sind, kann man da doch sicherlich was verbinden. Ich besprach das also mit der Schwester, die das auch eine gute Idee fand und vorschlug, wir könnten doch nach dem Termin alle gemeinsam Essen gehen.
So weit die grobe Vorkonstruktion.

Es stellte sich aber heraus, dass so eine schlichte Idee mit einer fast unüberwindlich großen Menge an zu berücksichtigenden Einzelinteressen verknüpft werden muss und dass es ausgeschlossen ist, dass jedes Einzelinteresse berücksichtigt werden kann.

Das Restaurant muss vegetarisches Essen anbieten, da C Vegetarierin ist.
Ich bin maximal mäkelig, was auswärts essen angeht und habe eine große Abneigung gegen Schickimicki Restaurants, die überteuertes Essen in schlechter Qualität verkaufen, erfahrungsgemäß ist Vegetarieressen aktuell so sehr im Trend, dass es schon deswegen Aufpreis kostet. Außerdem habe ich eine Stadtabneigung, d.h. ich hätte am liebsten ein Restaurant außerhalb der Innenstadt.
K hat am Mittwoch sehr früh einen wichtigen Termin und möchte deshalb nicht so spät nach Hause kommen. Optimal wäre es, wenn wir nach dem Essen nicht mehr ganz so weit fahren müssten.
Der Freund der Schwester muss ebenfalls am nächsten Tag sehr früh aufstehen und möchte deshalb ebenfalls möglichst früh wieder zu Hause sein. Leider muss er in die entgegengesetzte Richtung fahren, hier gibt es also einen offensichtlichen Logistikkonflikt.
Außerdem muss noch gelöst werden, wer die Mutter wieder nach Hause bringt, denn das braucht ja auch noch mal extra Zeit.
Keiner weiß, wie lange der Termin, den wir vorher haben, dauert, vorsichtshalber sollte man deshalb einen Tisch nicht vor 19h reservieren, es kann auch sein, dass wir erst gegen 19.30h eintreffen.
Die Schwester möchte die Mutter aber nicht erst so spät am Abend abholen, weil die ja schon den ganzen Tag wartet.
Auch hier also eine Interessenskollision, die zu lösen ist.

Es ist kompliziert und es wird noch komplizierter als J erklärt, dass er am Abend noch zurück nach Hamburg muss und dort nicht erst um Mitternacht ankommen will. Damit fällt er als Teilnehmer am Geburtstagsessen aus, denn wenn er vor Mitternacht in Hamburg sein will, muss er spätestens um 20h im Zug sitzen.

Gleichzeitig kommt K mit der Information, dass ein Mieter seine Wohnung in Rheda gekündigt hätte, die J ab August/September beziehen könne, wenn er wolle und dass J diese Wohnung am Dienstagabend besichtigen könne. J hat nämlich seine Hamburg Wohnung zum 31.8. gekündigt und sollte sich mal irgendwann damit beschäftigen, wie sein Leben danach weitergeht, sonst ist er obdachlos.

Wir canceln also alle Überlegungen, dass wir irgendwo in Bielefeld essen gehen und beschließen, uns in Rheda ein Restaurant zu suchen, damit wird die Rückfahrt für K und mich kürzer, für die Schwester und ihren Freund länger, gleichzeitig hat sich aber auch C bereit erklärt, die Mutter anschließend nach Hause zu bringen und J wird wahrscheinlich dann doch erst nach Mitternacht in Hamburg sein - Jetzt muss sich die Schwester nur noch überlegen, wann sie die Mutter abholt, aber auch hier wird sich eine Lösung finden lassen.

Alles in allem war es eine sehr komplizierte Planung mit viel Hin und Her und diversen Missverständnissen, die Schwester litt darunter, dass sich nicht alle Wünsche von jedem erfüllen ließen, ich war genervt, weil ständig neue Informationen hintereinander reinkamen und jedesmal alles neu überlegt und abgewogen werden musste und J war sauer, weil es keinen Zug für sein Deutschlandticket gibt, der ihn in 90 Minuten von Rheda nach Hamburg bringt.
Das Leben kann nicht nur kompliziert, sondern auch gewaltig ungerecht sein.

Nachdem wir den Vormittag also mit der Lösung derart komplexer Logistikthemen verbracht hatten, haben wir uns am Nachmittag mit dem Hochladen einer eBay-Verkaufs-Auktion für das Fahrrad beschäftigt.
Ich würde mal sagen, das war mindestens so komplziert, die Zeiten, als man bei ebay einfach per Klick, Fotohochladen, Text dazu, fertig, verkaufen machen konnte, sind wohl auch gründlich vorbei.
Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, Stand eben hat die Anzeige aber nur genau 5 Aufrufe, drei davon sind von uns selber. Naja, warten wir's mal ab
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Samstag, 8. Juni 2024
Kurze Zusammenfassung
Heute nur kurz in Stichworten, weil müde.
Vormittags Flohmarkt in Münster, keine Kochbücher, dafür Hörbücher, Krimskrams und ein antikes Laufrad (habe ich als Gartendeko vorgesehen).
Anschließend Großmarkt, ich wollte unbedingt Zuckerwürfel von La Perruche haben und der Großmarkt in Münster erschien mir einfacher als ein Ausflug nach Frankreich.
Auf dem Rückweg Zwischenstopp an einer Eisdiele, uns war nach Spaghettieis.

Am Nachmittag endlich das alte Fahrrad geputzt und geknipst, jetzt kann es bei eBay eingestellt werden.

Am Abend Abhängen auf der Couch, Fahrradputzen macht müde
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Freitag, 7. Juni 2024
Home-Office und Einkaufen
Und schon ist die erste von sechs vollen Arbeitswochen vorbei, sie endete heute mit einem halben Tag Home-Office, das ist immer schon die gemäßigte Büroarbeitsversion, bestehen meine Home-Office-Tage doch hauptsächlich aus Aufräum- und Sortierarbeiten.

Heute habe ich noch das Protokoll der vorletzten Aufsichtsratssitzung überarbeitet. Die erste Version erstellt grundsätzlich der tiefbegabte Assistent der Geschäftsführung, die wird dann vom Chef erster Ordnung in eine brauchbare Version umgeschrieben, d.h. es bleiben noch ca. 10% vom ursprünglichen Inhalt unverändert stehen, in aller Regel ist das die Protokollierung der Anwesenheit und die Genehmigung des letzten Protokolls. Sobald es inhaltlich wird, sind die Texte des Assistenten komplett unbrauchbar, das ist seit fast 20 Jahren bei jedem Protokoll so, aber der Chef erster Ordnung ist ein sehr langmütiger Mensch.

Gestern Abend bekam ich also vom Chef erster Ordnung das von ihm überarbeitete neu erstellte Protokoll, meine Aufgabe ist dann hauptsächlich die eines klassischen Lektorats, ich sorge vor allem dafür, dass es sich anschließend auch noch halbwegs vernünftig liest.
Ein Chef aus vergangener Zeit sagte mal, dass in einem guten Protokoll all das so drin steht, wie man es gerne gesagt hätte.

Am Nachmittag fuhren wir dann zu Emsa. Der reguläre/normale Werksverkauf ist ja täglich geöffnet, ohne einen extra Sonderverkauf ist es auch nicht so irre voll, dafür gibt es deutlich weniger extreme Sonderangebote.
Wir sind demnächst auf einen 50. Geburtstag eingeladen und es gibt einen Pfannenwunsch, da liegt es nahe, sich als erstes bei Emsa umzusehen, die haben schließlich auch die wirklich guten Pfannen von Tefal/Jamie Oliver und genau die waren dort heute auch tatsächlich zu einem ganz besonders günstigen Preis im Angebot. Wir freuten uns sehr und weil die Pfannen so günstig waren, haben wir sogar noch eine extra dazu erworben und liegen immer noch weit unterm Budget, nach offiziellen Amazon-Preisen machen wir jetzt allerdings ein sehr edles Geschenk.

In der Post war heute der Bescheid über die Bewiiligung von Fluthilfemitteln. Die Immobilie in Velbert ist ja 2021 abgesoffen und auch wenn Velbert nicht im Ahrtal liegt, so war es ursächlich doch das gleiche Unwetter und ein gebrochener Damm, was die Überschwemmung verursacht hat, man konnte also Fluthilfe beantragen, was wir 2022 auch taten, jetzt ist endlich der Bescheid da. Die sind richtig schnell, die Beamten da in Düsseldorf
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Donnerstag, 6. Juni 2024
Wunschdenken und Lüge
Heute bin ich ganz wunderbar genervt, denn der Tag bestand hauptsächlich aus Umständlichkeiten und Menschen, die sich diskussionslos an irgendeinem Bürokratismus festklammerten und damit eine pragmatische Problemlösung massiv verhinderten. Mit so etwas kann ich ganz wunderbar umgehen. Nicht.

Genervt bin ich auch von Menschen, die Sachen nicht auf die Reihe kriegen, sich aber maximal viel Mühe geben, dass ich das nicht erfahre. So Verschwörungsbitten wie "Wenn es Probleme gibt, dann sagen Sie bitte nichts zu Frau A, sondern wenden sich direkt an mich." kann ich nur dann akzeptieren, wenn die Leute entstehende Problem auch regelmäßig und zuverlässig selber lösen.
Aber jemand anderen mit den Problemen sitzen zu lassen, der sich dann nicht traut, mich anzusprechen, weil er ja versprochen hat, genau das nicht zu tun, so etwas kann ich ganz enorm gut leiden. Auch nicht.

Ich vertrete ja die feste Überzeugung, dass jeder selber schuld ist, wenn er angelogen wird, denn wenn jemand lügt, tut er das ja, weil er sich davon einen Vorteil erhofft und in den allermeisten Fällen besteht der erhoffte Vorteil darin, dass man versucht Ärger zu vermeiden.

Wenn man jetzt also jemand ist, der schnell Ärger macht, wenn Dinge nicht so laufen, wie man das selber will, dann muss man sich nicht wundern, wenn man viel angelogen wird.

Ich habe das mit dem Lügen schon früh und sehr gründlich gelernt, denn wenn ich meinem Vater Dinge erzählte, die mir gut gefielen, die ich gemacht hatte oder gerne machen wollte, dann konnte ich zu 100% sicher sein, dass er dazu eine komplett andere Meinung hatte und mir entweder alles verbot, was ich vorhatte (wenn ich vorher danach fragte) oder mir im Nachhinein einen Riesenärger machte, wenn er erfuhr, was ich getan hatte (zB nachts auf eine Party gehen.)

Zum Glück habe ich schon immer schnell gelernt und deshalb sehr früh begriffen, dass es das Klügste ist, den Vater systematisch und nachhaltig anzulügen.

Grundsätzlich war das auch nicht sehr kompliziert, weil mein Vater auch immer schon davon überzeugt war, dass seine Meinung (egal zu welchem Sachverhalt) die einzig wahre ist und er sich deshalb sowieso nur schwer vorstellen konnte, dass es Menschen gab, die seine Meinung nicht teilten. Da er gleichzeitig auch der festen Meinung war, dass sich alle Menschen an seine Moral und seine Ehrvorstellungen halten mussten, kam er gar nicht auf die Idee, dass es Menschen gab, denen seine Ideale schnurzepiep waren.
Da man aber ebenfalls gleichzeitig mit ihm darüber auch nicht diskutieren konnte, war es halt das allereinfachste, ihm immer genau das zu sagen, was er hören wollte - ohne sich auch nur in Ansätzen daran zu halten.

Ich habe also früh gelernt, dass manche Menschen belogen werden müssen, andere wiederum wollen belogen werden, weil sie die Wahrheit nervös machen würde. Meine Mutter zB konnte nicht schlafen, wenn sie wusste, dass ich spät nachts alleine unterwegs war, also erfand ich immer eine große Truppe an Freunden zur Begleitung, so konnte sie beruhigt schlafen und ich hatte meine Ruhe.

Menschen, die die Realität so akzeptieren, wie sie in ihrer gesamten Brutalität nun mal sein kann (die zB akzeptieren, dass Fehler passieren können und sich dann nicht mit Bestrafung des Schuldigen, sondern mit Schadensminimierung beschäftigen) und Menschen, die keinerlei missionarische Neigung haben, solche Menschen muss man nicht belügen, um Ärger zu vermeiden.

Solche Menschen werden aber immer dann belogen, wenn jemand selber gerne für etwas bewundert oder anerkannt werden möchte, was er in echt leider nicht ist, aber sehr gern wäre. Dem bleibt ja nur übrig, ein Bild von sich selber zu fälchen und die Fälschung dann maximal gut vor Entdeckung zu schützen. Sehr viele Menschen belügen genau deshalb auch sich selber.

Wenn ich nun mitbekomme, dass jemand sagt, er will nicht, dass ich bestimmte Dinge erfahre - dann liegt das fast immer daran, dass ich dazu neige, die Realität als das, was sie ist, offen auszusprechen und nicht bereit bin, ein albernes Schauspiel mitzumachen, bei dem sich jemand zu einer Größe und Kompetenz aufplustert, die er in echt eben nicht besitzt.

Und um hier den Kreis zu schließen: Ja natürlich bin ich selber schuld, wenn ich von solchen Menschen belogen werde, denn eben weil ich nicht bereit bin, so eine alberne Hochstapelei mitzuspielen, gerade deshalb müssen sie mich belügen, denn sonst fliegt ja alles auf.

Für all diese Leute gilt aber: Wenn sie mich belügen, müssen sie besser sein als ich, damit ich ihren Pfusch auf gar keinen Fall bemerke. Denn wenn ich mitbekomme, dass jemand sich auch noch aktiv anstrengt, um seine Scheinwelt vor mir zu schützen - dann habe ich erst recht keinerlei Hemmungen mehr, genau diese Welt mit Schwung zu entlarven.

Hat halt jeder seine eigenen Moral und Ehrvorstellungen und zu meinen gehört es, dass die Realität grundsätzlich eine größere Existenzberechtigung hat als das Wunschdenken
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