anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 6. November 2020
Dialog mit der Krankenkasse
Heute bin ich erst um 10h ins Büro gefahren, mit der festen Absicht, spätestens um 16h wieder zu verschwinden, weil ich finde, 6h am Tag reichen, ich habe schließlich ein ziemlich prall gefülltes Überstundenkonto, es wurde dann aber doch wieder fast 20h bis ich meine Sachen zusammenpackte, die letzten zwei Stunden hatte ich mich dann an einer Excel-Tabelle festgebissen, wo ich unbedingt noch den Fehler finden wollte.

++++

Weil ich ja länger als sechs Wochen krankgeschrieben war, bekomme ich für die gesamte AU-Zeit ab dem 43. Tag keine Gehaltsfortzahlung, sondern Krankengeld, das nicht mehr der Arbeitgeber, sondern die Krankenkasse zahlt, was im Ergebnis bedeutet, dass es kompliziert wird.
Mein Arbeitgeber hat der Krankenkasse elektronisch alle notwendigen Informationen übermittelt, damit sie ausrechnen kann, wieviel sie mir pro Krankentag zahlen muss.
Krankgeschrieben war ich vom 29.7.-11.9., das sind 45 Tage, dann war ich sechs Tage gesund und die nächste AU ging vom 17.9.-9.10., das sind noch mal 23 Tage. Insgesamt bekomme ich also für 26 Tage Krankengeld, ich finde das nicht kompliziert zu rechnen, die Krankenkasse aber anscheinend doch.
Zwar haben sie exakt ausgerechnet, wie viel Krankengeld ich pro Tag bekomme, das fand ich viel komplizierter zu ermitteln, das klappte aber perfekt, sie haben den richtigen Betrag errechnet und mir schriftlich mitgeteilt. Überwiesen haben sie mir aber dann genau diesen Betrag, also Krankengeld für einen Tag und nicht das sechsundzwanzigfache dieses Betrages, was ich erwartet hätte.
Also habe ich dort heute angerufen. Am Telefon eine Mitarbeiterin der DAK, offensichtlich zum Teil für telefonischen Kundenkontakt geschult.
DAK: Was kann ich für Sie tun?
Anje: Sie könnten mir den richtigen betrag an Krankengeld auszahlen.
DAK: Ich sehe, Sie waren vom 29.7.-11.9. krankgeschrieben
Anje: Das stimmt und das sind 45 Tage, deshalb bekomme ich für diesen Zeitraum schon mal für drei Tage Krankengeld.
DAK: Wie kommen Sie denn darauf?
Anje: Na, weil das so im Gesetz steht.
DAK: Nein, ich meine, wie kommen Sie auf 45 Tage?
Anje: Oh, wie erkläre ich Ihnen das jetzt? Haben Sie zufällig eine Tüte Gummibärchen zur Hand? Dann könnten wir die Tage gemeinsam mit Gummibärchen abzählen.
DAK: Ach ja, tatsächlich, ja Sie haben recht, das sind 45 Tage. Ja okay, ich habe das jetzt vermerkt.
Anje: Ich war dann aber anschließend noch mal vom 17.9.-9.10. mit derselben Krankheit krank.
DAK: Aber dafür fehlt die Gesundmeldung.
Anje: Ich habe keine Gesundmeldung, ich bin nur einfach nicht mehr krankgeschrieben.
DAK: Aber ohne Gesundmeldung kann ich kein Krankenfeld auszahlen.
Anje: Bitte, WAS?
DAK: Ja, das ist Vorschrift, Sie müssen eine Gesundmeldung einreichen.
Anje: Und woher bekomme ich die?
DAK: Die muss Ihnen der Arzt ausstellen.
Anje: Hat er aber nicht.
DAK: Na, dann müssen sie da noch mal hingehen und sich so eine Bescheinigung geben lassen.
Anje: Das geht nicht, ich bin ja nicht mehr krank, also muss ich arbeiten, und deshalb kann ich nicht zu den Praxiszeiten zum Arzt gehen. Außerdem haben wir Corona. Ich habe überhaupt keinen Bedarf überflüssigerweise inderaktuellensituation zu einem Arzt zu gehen, dort stundenlang im Wartezimmer rumzusitzen, bis er mir bescheinigt, dass ich gesund bin, was ich ohne ihn auch selber weiß.
DAK: Es tut mir leid, aber das ist Vorschrift.
Anje: Sie meinen, ich kann mich grade telefonisch krankschreiben lassen, aber für eine Gesundschreibung muss ich mich dort während meiner Arbeitszeit ins Wartezimmer setzen? Dann lasse ich mich doch lieber telefonisch krankschreiben, wenn Ihnen das auch genügt.
DAK: Okay, okay, ich habe jetzt einen Vermerk gemacht, ich kümmere mich darum, aber das nächste Mal denken Sie bitte an eine Gesundmeldung.
Anje: Ich hatte eigentlich vor, ein nächstes Mal zu vermeiden, aber wenn Sie es schon vorbereiten
DAK: So war das nicht gemeint
Anje: Ich hab das schon verstanden, Sie sind ja auch eine Krankenkasse und keine Gesundenkasse, ich werde dann mal schauen, was ich für Sie tun kann.

Jetzt bin ich mal gespannt, wie viel Krankengeld sie mir überweisen. Wenn ich Pech habe, habe ich den Bogen überspannt und kriege gar nichts, wegen Renitenz von der Auszahlungsliste gestrichen, oder so. Zuzutrauen wäre es ihnen ja
.

388 x anjeklickt (...bisher hat noch niemand was dazu gesagt)   ... ¿selber was sagen?


Mittwoch, 4. November 2020
Bekämpfter Irrsinn
Ich glaube, es wird hier langsam mal Zeit für eine Generalentschuldigung, nämlich eine Entschuldigung für all das, was ich wirklich gerne tun würde, eine Entschuldigung für das, von dem ich weiß, dass andere es von mir erwarten und auch eine Entschuldigung für all das, was ich wirklich dringend tun müsste schon seit langem tun wollte, insgesamt also eine Entschuldigung für all das, was ich seit langem nicht getan habe, einfach deshalb, weil ich es nicht auf die Kette kriege.
Die Büroarbeit frisst derzeit derart viel Energie, dass ich die gesamte andere Zeit, also wenn ich nicht mit Büroarbeit beschäftigt bin, damit beschäftigt bin, mich möglichst wenig zu bewegen, möglichst wenig zu denken, also insgesamt so viel wie möglich nichts zu tun, um wenigstens einen kleinen Teil der leeren Energiereserven wieder aufzutanken.
Es ist im Grunde alles ziemlich bescheuert und wirklich abstrus, aber ich habe noch nicht mal genug Energie, um mir alternative Lösungen auszudenken, hauptsächlich bin ich zur Zeit mit Überleben beschäftigt. Wobei die Krankheit, die mein Leben bedroht, kurz zusammengefasst als "Irrsinn" bezeichnet werden könnte, ich habe also Angst bekloppt zu werden, wenn ich darüber nachdenke, warum ich tue, was ich tue und was ich anders machen könnte.
Besser also nicht nachdenken, besser also im Moment nichts ändern, besser also aktuell nur den Kopf einziehen und darauf hoffen, dass sich das alles von alleine wieder richtet.
Wird schon.
Muss ja.

Und bis dahin stopfe ich hier täglich hektisch Löcher, die in immer schnellerem Rhythmus aufploppen.
Längst ist die einzige funktionierende Methode das Aufreißen neuer Löcher, um sich dort das Stopfmaterial für akute aufgeploppte Löcher zu besorgen, das ist alles sehr unklug und überhaupt nicht nachhaltig, ich habe aber noch keine Idee für eine andere Technik.

++++++

Der Tag heute bestand aus sehr viel US-Wahlen und ich beginne eine dumpfe Sehnsucht nach Nachrichten über die hiesige Coronalage zu verspüren.
Sagte ich, dass ich gegen den Irrsinn ankämpfe?

Meine eigene Coronalage: Noch immer hatte ich keine einzige Risikobegegnung, K hatte schon zweimal eine, jeweils mit niedrigem Risiko, aber der führt ja auch ein westfälisches Lotterleben, er verhält sich einfach passend zu seiner Meldeadresse. Ich bin ein bisschen stolz auf die aktuelle Coronalage im Kreis Steinfurt und im Kreis Leer - beide halten sich sehr wacker in der grade noch vertretbaren Risikolage, Bielefeld, Gütersloh und Warendorf dagegen sind schon ziemlich übel durchseucht.
Es ist lustig, welcher Teamstolz sich da plötzlich bei mir entwickelt. K hält sich zwar grundsätzlich da auf, wo ich auch bin, aber er ist erstens woanders gemeldet und zweitens hatte er ja schon diese Unmenge, na gut, diese beiden Risikobegegnungen, aber dazu sage ich dann eben nur, dass es eben schon was anderes ist, welcher Community jemand rein formal zuzurechnen ist
.

378 x anjeklickt (...bisher hat noch niemand was dazu gesagt)   ... ¿selber was sagen?


Mittwoch, 4. November 2020
Angenehmer Dienstag
Das gute an schrecklichen Montagen ist, dass man sich am Dienstag schon freut, wenn es auch nur ein kleines bisschen weniger schlimm ist und das ist es tatsächlich häufig der Fall. Also ich meine, dass der Dienstag nicht so schrecklich ist wie der Montag.
Das kann durchaus daran liegen, dass man sich an Schrecklichkeiten gewöhnen kann und vor allem auch, dass Schreckliches in der Erinnerung oft viel weniger schlimm ist als in dem Moment, wo man es live erlebt, das relativiert sich halt alles und so ist es eine oft wiederholte Erfahrung, dass sich der Dienstag längst nicht so schlimm anfühlt wie der Montag und weil man dadurch das Gefühl hat, es geht bergauf, habe ich Dienstags oft gute Laune.

Heute auch, obwohl ich heute morgen noch den Tag und das Büro und eigentlich das gesamte Leben verflucht habe, weil es halt ganz ausdrücklich nicht so lief wie ich es mir vorgestellt hatte, heute Morgen fand ich wirklich alles ganz entsetzlich schrecklich.
Denn eigentlich wäre heute wieder Werksverkauf bei Annette Görtz gewesen und ich hatte einen Slot von 9-11h ergattert, wegen der allgemeinen Beschränkungen findet der Werksverkauf auch diesmal wieder nur mit einer abgezählten Menge an Menschen gleichzeitig statt, man muss sich vorher für einen bestimmten Zeitraum anmelden und ich hatte für heute halt die Zeit von 9-11h gebucht.

Aber dann gab es plötzlich höllenwichtige Termine im Büro, um 9h fand eine außerplanmäßige Besprechung statt und es wurde Anwesenheitspflicht verlangt, da blieb dann nichts anderes übrig als den schon so lange gebuchten Einkaufstermin wieder abzusagen.
Sehr schade fand ich das.
Und um 9h schon im Büro zu erscheinen finde ich auch immer anstrengend.

Aber danach wurde der Tag dann besser.
Die Besprechung dauerte fast vier Stunden, wir saßen zu dritt mit viiieeel Abstand im riesengroßen Besprechungssaal und hatten die Fenster offen, nach zwei Stunden holte ich mir eine weitere Jacke (über den dicken Pulli, den ich eh schon trug), nach vier Stunden war ich komplett eiskalt durchgefroren, aber auch sehr zufrieden, dass mir das erste Mal seit vielen Jahren endlich mal wieder für längere Zeit durchgängig kalt war, ohne dass mich seltsame Hitzeschauer zwischendurch blöde ins Schwitzen brachten.
Frieren finde ich völlig akzeptabel, Schwitzen dagegen ist die Pest und wenn dieaktuellesituation dazu führt, dass man sich an Innenraumtemperaturen von unter 15° gewöhnen muss, dann gefällt mir noch ein weiterer Aspekt dieser Seuche mal wieder ausnehmend gut.

Ab Mittag hatte ich also durchaus gehobene Laune, mir war zwar eiskalt, aber das fand ich ja grade so gut.

Am Nachmittag habe ich dann allerlei sonstigen Krimskrams erledigt und mich mal wieder über den tiefbegabten Assistenten geärgert, der ernsthaft für alles zu blöd ist. Heute fiel auf, dass er der einzige in der Firma ist, der noch nicht mitbekommen hat, dass die Umsatzsteuer im zweiten Halbjahr gesenkt wurde, hatte ihm schließlich keiner gesagt, weshalb er fröhlich und ohne schlechtes Gewissen alle laufenden Abrechnungen weiter mit 19% ausgezahlte.

Dann gab es noch diverse Gespräche mit Banken, die alle ihre Meinung zu der US-Wahl und den Folgen für die Märkte loswerden wollten. Ich habe festgestellt, dass es für die Märkte fast egal ist, wer dort in Amerika diesmal Präsident wird, das einzige, was blöd wäre, wenn es ein ganz knappes Ergebnis wird und in Unruhen endete.
Nun, wir werden es ja sehen, aber ich habe in den letzten Tagen eine Menge darüber gelernt, weshalb Trump überhaupt so viele Fans hat und vor vier Jahren die Wahlen gewonnen hat, denn wenn man sich mal die Mühe macht und die Perspektive wechselt, um das Land und die Gesellschaft aus Sicht der "looser" zu betrachten, dann verliert die überhebliche, herrschende Bildungsschicht enorm an Glanz.
Mag ja sein, dass man der bessere Mensch ist, wenn man klug, gebildet und erfolgreich ist, aber vielleicht ist man auch nur anders und nicht zwangsläufig besser, genau an dieser Definition beginnt das Problem.

Am Abend kochte ich Bolognese-Sauce aus allem, was wegmusste, das war sehr lecker, nur leider endete der Tag dann doch wieder mit einem Makel: Weil es so lecker war, habe ich mich überfressen und jetzt habe ich Bauchweh
.

476 x anjeklickt (2 mal hat hier schon jemand geantwortet)   ... ¿selber was sagen?


Montag, 2. November 2020
Trister Wochenstart
Ein typischer Montag war das heute. Er begann mit extra viel Unlust, die mich extra lange trödeln ließ, bis mir einfiel, dass um 10h die erste TelKo beginnt, was mich dann schlagartig hektisch werden ließ. Alles in allem also ein doppelt blöder Start.
Im Büro folgte dann eine TelKo nach der nächsten, zwischendurch mal eine analoge Besprechung mit Maske und schlechtem Gefühl.
Erst am frühen Abend fand sich die Zeit für die Alltagsaufgaben wie das Abzeichnen der Eingangspost von Freitag und heute.
Solche Tage fördern die Vorbehalte gegen Montage, aber hilft ja alles nix, auch Montage gehören zum Leben.
Blöd nur, dass der Kalender für morgen auch nichts besseres verspricht
.

460 x anjeklickt (...bisher hat noch niemand was dazu gesagt)   ... ¿selber was sagen?


Montag, 2. November 2020
Autofahren und Feminismus
Früher bin ich mit großer Begeisterung Auto gefahren.
Autofahren war einfach toll, es machte mindestens so viel Spaß wie eine Herbstjagd über die Felder (also auf dem Pferd, nicht als Jäger, ich habe große Teile meiner Jugend im Reitstall verbracht.)
Autofahren habe ich aber auch schon früh gelernt, lange vor den ersten offiziellen Fahrstunden, nämlich von einem Freund mit einem Manta A, 1,9l, 105 PS, für damalige Verhältnisse ein echter Flitzer. Dieser Freund war Hobby-Straßen-Rallye-Fahrer, besaß diesen (getuneten) Manta und war wahrscheinlich in mich verliebt, bestätigte mir aber natürlich, dass echte Freundschaft viel wichtiger ist als Poppen, so dass ich das einzige Mädchen war, das mit seinem Manta fahren durfte, was ich völlig in Ordnung fand.
Seine Eltern hatten eine Landwirtschaft mit Futtermittelhandlung, so dass ich natürlich auch das Fahren von Trecker und Unimog ausprobieren konnte, Trecker mit Anhänger allerdings nur einmal, denn bei der Ankunft waren alle Futtermittelsäcke auf dem Anhänger umgefallen und teilweise aufgeplatzt, Trecker mit (beladenem) Anhänger sollte man anders fahren als einen getuneten Manta A und als Alternative für eine wilde Herbstjagd über die Stoppelfelder taugt das auch nicht. Das gleich galt auch für den Unimog, die Dinger kippen wirklich eklig leicht um, wir waren uns nach wenigen Versuchen einig, dass ich am besten nur Manta fahre, für die anderen Fahrzeuge bringe ich nicht die nötige Geduld auf.
Bevor sich also ein echter, seriöser Fahrlehrer meiner Autofahrerausbildung annehmen konnte, hatte ich nicht nur diverse Autorennen mit Schleuderübungen und allem Pipapo hinter mir, sondern auch die feste Überzeugung intus, dass ich längst ein gut ausgebildeter Rennfahrer bin, eine Überzeugung, die meinen Fahrlehrer während der 12 Fahrstunden, die ich vorschriftsgemäß absolvieren musste, viele Nerven kostete. Immerhin gelang es ihm, mir beizubringen, dass es unklug ist, in der praktischen Führerscheinprüfung beim Linksabbiegen die Reifen quietschen zu lassen, das war ein wertvoller Hinweis.
Die praktische Führerscheinprüfung bestand ich übrigens trotz meines etwas zu wilden Fahrstils, weil ich beim Rückwärtseinparken nicht die vom Prüfer angepeilte große, 10m lange Parklücke nahm, sondern die nur halb so große, eigentlich viel zu enge Parklücke davor, weil ich bei meiner Trecker- und Rallyefahrerausbildung auch wirklich exaktes Rangieren für jedes Fahrzeug gelernt hatte, eine Fähigkeit, die den Prüfer sehr staunen ließ.
Ich fand das natürlich alles normal und habe erst im Laufe meines Lebens gelernt, wie viele Leute, und ja, auch viele Männer!, sich mit dem exaktem Rangieren eines Autos schwertun. Eine meiner Lieblingsmännerprovokationen ist deshalb bis heute, dass ich anbiete, den Wagen einzuparken, wenn der am Steuer sitzende Mann eine Parklücke als "zu klein" ablehnt.

Als ich dann endlich ganz legal mit einem eigenen Führerschein, der auf meinen eigenen Namen lautete, Auto fahren durfte, lernte ich schnell einen weiteren wichtigen Mann in meinem Leben kennen, Erich, der war nämlich Autohändler, hatte ständig mehrere Autos zur Verfügung und war deshalb für mich ein hochattraktiver Mann.
Er war auch für viele andere Frauen ein hochattraktiver Mann, aber das ist eine andere Geschichte, die erzähle ich ander Mal.
Erich handelte mit gebrauchten Luxusautos und freute sich sehr, dass ich kostenlos für ihn Autos von A nach B fuhr, ich freute mich sehr, dass ich jeden zweiten Tag irgendeine andere geile Karre fahren konnte.
So kam es, dass ich mit 19 Jahren schon ca. 50 verschiedene Autos gefahren hatte, vom Jaguar E-Typ über einen Ford Thunderbird und eine Corvette war so ziemlich alles dabei, es war eine dolle Zeit.

Damit ich selber mobil bin, stellte mir Erich einen R16 aus einer der ersten Baureihen zur Verfügung, den durfte ich fahren, bis dass der TÜV uns schied.
Ich mochte den R16 sehr, vor allem weil an diesem Auto so ziemlich alles anders war als man es von anderen Autos kannte. Es gab eine Lenkradschaltung, die fast jeden uneingewiesenen Fahrer vor eine echte Herausforderung stellte, weil es eine "echte" Lenkradschaltung war, nicht so eine Revolverschaltung wie beim R4 oder der Ente. Außerdem war der Beifahrersitz nicht festgeschraubt, weil da irgendwas abgebrochen war, der Sitz schlitterte also fröhlich auf den Führungsschienen vor und zurück, ein geübter Beifahrer schob den Sitz maximal zurück und klemmte dann seine Füße unter die Windschutzscheibe, so dass der Sitz auch bei einer Bremsung nicht mehr nach vorne rutschen konnte. Jeder neue Beifahrer musste das aber erst lernen. Als Fahrer hatte ich dabei stets viel Spaß.
Selbstverständlich gab es keine Anschnallgurte, die waren damals nämlich nicht zwingend vorgeschrieben und waren in älteren Autos deshalb noch gar nicht verbaut worden.

Ich glaube, unter meinen Mitschülern (ich habe erst mit 19 1/2 Abitur gemacht) kursierten damals abenteuerliche Geschichten über mein wildes Lotterleben, weil ich ja nicht nur dieses eigene Auto besaß, sondern auch ständig von Erich in irgendeinem anderen Luxusschlitten von der Schule abgeholt wurde, nämlich immer dann, wenn wir zu zweit in einem Auto irgendwohin fuhren, um dort ein anderes Auto abzuholen.
Dabei war mein sonstiges Leben eigentlich gar nicht sehr lotterhaft, ich wollte eigentlich nur Autofahren, aber das musste ich meinen neugierigen Mitschülern ja so genau nicht erklären.

Nun, wie auch immer, ich liebte es, Auto zu fahren und fand es völlig normal, an einem Tag eine Tour Düsseldorf-München und zurück runterzureißen, 16 Stunden Autofahren, toll!

Aber irgendwann wurden auch die spektakulärsten Autos zur Gewohnheit, irgendwann hatte ich gefühlt auch alle denkbaren Gefahrensituationen schon einmal gemeistert, so dass das Autofahren so nach und nach seinen Reiz verlor und zu einer normalen Alltagsroutine wurde.

Ich fahre nach wie vor gerne schnell und mag hochmotorisierte Autos, aber nicht mehr wegen des Thrills, sondern weil ich es praktisch finde, wenn ich schneller ankomme.
Ansonsten drängele ich mich heute nicht mehr aktiv ums Autofahren, wenn da jemand anderes ist, der gerne fahren möchte, dann lasse ich gerne andere fahren, ich bin heute ein zufriedener Beifahrer, wenn ich einsteigen und kurz danach einschlafen kann.
Überhaupt habe ich ja nur noch sehr wenig Reiselust, am allerliebsten bleibe ich einfach nur zuhause und fahre nirgendwo hin.
Klappt aber nicht immer, manchmal muss ich halt Autofahren, wenn ich bestimmte Dinge erledigen möchte.
So wie heute, als ich endlich mal wieder den Vater besucht habe, das erste Mal seit sehr langer Zeit.
Im August und September hinderte mich der gebrochene Fuß, dann das Wetter, dann war der Vater im Krankenhaus mit Besuchsverbot, irgendwas war immer.
Ab Morgen wird wieder alles runtergefahren, heute war also die letzte Chance für die nächsten Wochen. Erlaubt war aber nur ein Besucher, deshalb fuhr ich alleine, K hat derweil den Keller aufgeräumt.

Deshalb bin ich heute also mit dem Auto nach Leer gefahren, der Vater hat sich gefreut, ich habe sein Telefon wieder aktiviert, seine Post gesichtet, die Rechnungen mitgenommen, mich zwei Stunden mit ihm unterhalten und dann bin ich wieder zurückgefahren.

Ich habe festgestellt, dass mir Autofahren zwar nichts ausmacht, dass ich es aber eigentlich ziemlich langweilig finde, jedoch ist es gleichzeitig auch eine sehr gute Gelegenheit, einen längeren Podcast zu hören und genau das tat ich, diesmal aus der "Alles gesagt-Reihe" die Folge mit Alice Schwarzer, das war superinteressant. Alice Schwarzer gefällt mir sehr gut, weil sie keine Ideologien verherrlicht, sondern nur eine klare Haltung vertritt, nämlich dass Frauen nicht als Frauen geboren werden, sondern dazu gemacht werden und dass sie einerseits die Frauen dazu aufruft, sich dem zu widersetzen und die Männer anprangert, die sich dadurch persönliche Vorteile verschaffen.
Das ist eine Sorte Feminismus, die kann ich verstehen und akzeptieren. Mit der ideologischen Variante habe ich ja sonst eher Probleme, weil da bei mir was schiefgelaufen ist, mit der klassischen Prägung zur Frau, ich glaube, ich bin da eindeutig fehlgeprägt und habe für die "typische" Frau wirklich herzlich wenig Verständnis
.

433 x anjeklickt (...bisher hat noch niemand was dazu gesagt)   ... ¿selber was sagen?


Samstag, 31. Oktober 2020
Rein analog
Ein Tag komplett im analogen Leben, wir haben ein wenig das Haus geputzt, dann den Vorgarten vom Laub befreit, das Grünzeug zwischen den Gehweg-Platten entfernt, Müll sortiert, Brot gebacken. Am Nachmittag haben wir eine Radtour durch das Neubaugebiet von Greven gemacht und haben dort eine große Menge an hässlichen, langweiligen, schnöseligen und geschmacklosen Häusern gesehen. Es ist bemerkenswert, wie wenige wirklich schöne Neubauten entstehen, aber wahrscheinlich ist einfach nur mein Geschmack völlig verdreht. Ich habe allerdings das Gefühl, es wird nicht leicht, ein Haus zu bauen, dass mir nachher wirklich selber gefällt. Nun, wir werden sehen.

Auf dem Rückweg machten wir einen Zwischenstopp im Drogeriemarkt, der liegt hier in der Fußgängerzone, aber wir waren ja mit dem Fahrrad, da kann man bis ziemlich dicht dran fahren und muss nur die letzten Meter schieben.

Jetzt sind alle Vorräte aufgefüllt, wir hatten viel frische Luft, es war ein schöner Tag und am besten gefiel mir, dass ich nicht einmal den Computer angeschaltet habe.
Schade eigentlich, dass die Zukunft nicht analog sein wird, ich habe da deutlich mehr Spaß dran
.

439 x anjeklickt (...bisher hat noch niemand was dazu gesagt)   ... ¿selber was sagen?


Freitag, 30. Oktober 2020
Allgemeines Rumgejammer
Und wieder eine Woche um, jetzt warten zwei Tage Wochenende, die den Makel haben, dass ich vorher schon jammere, dass das viel zu kurz ist.
Thomas Oppermann ist gestorben, plötzlich umgefallen und zack tot, er hatte noch so viele Pläne. Nur noch bis nächstes Jahr wollte er seinen Politikerjob weiter machen, dann wollte er endlich was Neues anfangen, es hörte sich an, als wolle er noch ein paar aktive Jahre mit seiner Frau und seiner Familie genießen, endlich mal das tun, wozu man während der aktiven Arbeitsjahre nie Zeit hatte, und dann kommt ihm (und seiner Frau) der Tod dazwischen.

Mich hat das richtig aufgeschreckt.
Ich zähle hier auch die Zeit wie lange noch. Noch vier Jahre und dieses, sind es bei mir, dann endlich kann das Leben anfangen.
Und wenn man Pech hat, dann kommt einem kurz vorher was dazwischen.
Das schreckt mich schon, stelle ich fest. Das ist wie wenn man bei Mensch ärger dich nicht kurz vorm Einrücken ins Schlusshäuschen noch mal rausgeworfen wird. Alles vergebens.

++++++

Heute Abend bin ich noch mal Einkaufen gefahren. Der Lidl-Markt hier im Ort war eine Woche wegen Umbau geschlossen, am Montag war Neueröffnung, da ist man natürlich neugierig, was sich da jetzt verändert hat. Nun, die wesentlichste Veränderung ist, dass alles anders eingeräumt ist und dass die Regale komplett anders stehen als vorher. Dass sich das neue System ungewohnt, unübersichtlich und blöd anfühlt, habe ich fast erwartet, aus dem Alter, wo ich Veränderungen positiv fand, bin ich schon lange raus.
Ich habe mir die neue Ordnung in dem Lidl-Markt genau angesehen und ich glaube, ich begreife das Marketing-Konzept, was dahinter steht. Ich kann mir sogar vorstellen, dass es erfolgreich ist, weil man jetzt als Kunde gezwungen ist, viel mehr Schleifen durch den Laden zu drehen, eben weil eine schnelle Rundtour an den Wesentlichkeiten vorbei nicht mehr möglich ist, man muss jetzt viel öfter hin und her laufen und kommt dabei natürlich an viel mehr Produkten vorbei.
Wie gesagt, ich kann die Lidl-Leute verstehen und beglückwünsche sie zu ihrer neuen Laden-Organisation, trotzdem finde ich es blöd. Mir macht es das Einkaufen umständlicher und ich muss mir jetzt aktiv eine Gelegenheitseinkaufvermeidungsstrategie überlegen. Wäre ja wohl gelacht, wenn ich mich so simplen Marketingtricks nicht entziehen könnte.

++++++++++

Der Fuß tut immer noch weh, ich humpele ganz automatisch, weil es mir nur mit viel Konzentration und dann ganz langsam gelingt, "aktiv in den Schmerz zu gehen". Durch das Humpeln habe ich mir eine völlig bekloppte Fehl-/Schonhaltung angewöhnt, mit der dann andere Körperbereiche belastet werden, mittlerweile tut die Hüfte wieder weh. Die war ja nach ganz langer Zeit grade erst wieder einigermaßen auskuriert, doch durch die Fehlhaltung beim Humpeln habe ich sie natürlich sofort wieder überstrapaziert, das ist insgesamt alles ausgesprochen unerfreulich und macht mich sehr jammerig
.

462 x anjeklickt (immerhin schon ein Kommentar)   ... ¿selber was sagen?