anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 14. August 2018
Erster Montag seit vier Wochen
Heute war ja nicht nur Montag, heute war mein erster Bürotag seit vier Wochen. Interessanterweise war es längst nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte. Im Gegenteil, es war eigentlich sogar ganz nett. K sagt zwar immer „ganz nett“ ist die kleine Schwester von „Scheiße“, aber in Summe war es wirklich völlig o. k., oder anders ausgedrückt, eben längst nicht so schlimm wie erwartet.
Das lag vor allem natürlich auch daran, dass kaum Menschen da waren, allein in meiner Abteilung, in der normalerweise heute neun Leute hätten anwesend sein sollen, waren nur drei da (mich eingeschlossen) alle anderen waren entweder krank oder haben Urlaub.
Wenn man so ganz in Ruhe gelassen, langsam und friedlich wieder reinkommen kann und nicht im fünf Minutentakt jemand auf der Matte steht und irgendetwas von einem will, sich über irgendetwas beschwert, irgendetwas nicht verstanden hat, für irgendetwas eine Einweisung braucht, dann ist arbeiten gar nicht so schlimm.
Und gefühlt habe ich sogar eine Menge geschafft, zumindest alle dringenden Sachen, die unbedingt heute fristgebunden erledigt werden mussten, sind auch tatsächlich rausgegangen.
Ich habe ein sehr konstruktives Telefongespräch mit dem Finanzamt geführt (manchmal trifft man da echt auf nette Leute) und ein anderes, sehr nettes Telefongespräch mit einem neuen Kollegen in unserer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, es ist toll, wenn man neue Kollegen kennen lernt, mit denen man sofort einen Draht hat.
Heute Abend habe ich im Fernsehen dann einen Film in der ARD gesehen, Monsieur Claude und seine Töchter, und war ganz fasziniert von der Leichtigkeit, mit der dieser Film die Absurdität des verallgemeinernden Integrationsanspruchs aufgezeigt hat.
Mittlerweile macht mich diese immer wieder wiederholte Forderung nach Integration bzw. die umgekehrte Beschwerde, über existenten Rassismus=Ausgrenzung von anderen nur noch böse.
Wenn ich mir diese Mengen an #metwo Beiträgen ansehe, möchte ich nur noch auswandern. Dorthin, wo es keine Menschen gibt, wo deshalb niemand sich darüber beklagen kann, dass er ausgegrenzt wird.
Denn nur wer ganz alleine lebt ist wirklich frei und muss sich keine Sorgen machen, dass er von irgendjemandem angefeindet wird, weil er anders ist.

Mich macht das deshalb so böse, weil ich mein Leben lang schon immer anders war und weil ich oft genug ausgegrenzt wurde und regelmäßig das Gefühl hatte, nicht dazuzugehören, aber weil ich natürlich ein weißes Mädchen bin, nennt sich das nicht Rassismus der anderen, sondern ich habe Probleme, mich sozial anzupassen.
Merkste selber, nich?
Hätte ich irgendwie einen ausländischen Hintergrund, könnte ich vollständig problemlos permanent die große #metwo Integrationskeule schwingen, habe ich aber nicht und deswegen bin ich selber schuld. Beziehungsweise ich jammere vor allem deshalb nicht, weil ich ja auch denke, es ist mein Problem.
Und weil ich denke, dass man einfach damit leben muss, dass man nicht überall sofort mit offenen Armen aufgenommen wird, wenn man neu in eine Gruppe kommt. Das ist einfach ein ganz normales menschliches Verhalten.
Der Film, den ich heute Abend gesehen habe, der hat mir deshalb so gut gefallen, weil er so deutlich machte, dass jeder Mensch "rassistische" Grundveranlagungen hat, denn jeder hat ja ein Menschenbild, das von ihm und seiner eigenen Person als "positivem Normalzustand" ausgeht.
Außerdem ist niemand pauschal daran interessiert, Fremde in seine eigene Gruppe zu lassen. Vor allem keine Fremden, die sich aufdrängen, die anstrengend sind oder gar Besserwisser. Das war jetzt kein Thema des Films, aber das halte ich für eine ganz normale Erkenntnis über den menschlichen Charakter. Denn im Grunde sind doch die allermeisten Menschen zunächst mal an ihrem eigenen Wohlergehen interessiert, und in meinem minikleinen subjektiven Mikrokosmos habe ich bisher ja sehr gut gelebt, jetzt kommt ein Fremder von außen - na, ist doch klar, dass der eine potentielle Gefahr darstellt, weil er mir etwas wegnehmen könnte. Freunde, Bequemlichkeit, Ansehen, was man halt so braucht, um zufrieden durchs Leben zu kommen.

Als Kind konnte ich nicht in den katholischen Kindergarten gehen, da ich evangelisch war, die wollten keine Ketzer, heute hieße das Rassismus und würde mit bösen #Hashtags angeprangert.

Auf Borkum dagegen bin ich weitestgehend akzeptiert, weil meine Vorfahren von der Insel stammen. Dort mag man allerdings erst recht keine Fremden, und schon Leute, die aus Emden kommen, sind ja keine echten Insulaner, und werden deshalb ausgegrenzt. Das ist dort schon immer so gewesen, und ist auch heute noch so, ich habe schon immer ein bisschen darüber gegrinst, wenn man zB über Familie XY redete und dann hieß es: Ja, aber die Erna, die ist ja nicht von hier, die kommt irgendwo vom Festland. Zu dem Zeitpunkt war Erna dann 85 Jahre alt, mit 20 Jahren auf die Insel gekommen und hatte dort geheiratet. Würde Erna einen Twitteraccount haben, könnte sie sich schrecklich darüber beschweren, dass sie auch nach 65 Jahren noch nicht dazugehört. Oder gilt das nicht?
Darf man zwar Deutsche vom Festland problemlos ausgrenzen, aber ausländische Flüchtlinge müssen zwingend integriert werden, weil sich das so gehört?
Und ja kein falsches Wort sagen, sonst hat schon wieder eine arme, unschuldige Seele ein Trauma fürs Leben, weshalb ja dieser #metwo-Hashtag so wichtig ist, weil man endlich mal drüber reden kann?

Und was ist mit all den anderen Leuten, die nicht wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft oder ihres Geschlechtes oder ihrer sexuellen Vorlieben oder ihrer Behinderung (ich glaube, jetzt habe ich die meisten, die sich bisher mit Hashtag beschwert haben, oder?) ausgegrenzt werden? Was ist mit den Rothaarigen oder den Krussellockigen oder den zu Dicken oder zu Dünnen oder denen, die nicht hübsch genug sind oder seltsame Eltern hatten oder einfach nur zu wenig Geld haben? Es gibt ganz bestimmt 82,5 Millionen Gründe Menschen in Deutschland auszugrenzen - nämlich für jeden Bewohner mindestens einen und natürlich ist das nicht nett und für den jeweils Betroffenen mal gleich gar nicht, aber wenn die öffentliche Beschwerderitis in diesem Tempo weitergeht, dann muss man sich nicht wundern, wenn sich ganz normale 08/15 Durchschnittsmenschen intellektuelle Alternativen suchen. Denn grade diejenigen, die andere ausgrenzen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit selber auch ausgegrenzt, von nix kommt nix.

Der Film im Ersten hat mir heute so gut gefallen, weil er so deutlich zeigte, dass natürlich auch all die Gruppen von Menschen, die man klischeemäßig besonders gut ausgrenzen kann, ihrerseits wiederum die Masse der "anderen" Bevölkerung ausgrenzt.

Und ich frage mich dann immer, warum darf man das nicht? Was ist so schrecklich verkehrt daran, manche Menschen einfach nicht zu mögen und zu sagen: nein, mit dir möchte ich einfach nichts zu tun haben.

Je mehr wir mangelnde Integration vor allem auf der sprachlichen Ebene anprangern, umso mehr wird sie wahrscheinlich schon aus Trotz ausgelebt, ich merke es ja bei mir selber.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich als Kind mal ganz alleine in Wald gegangen bin, um dort ungehemmt und vor allem ungestört und unverboten stundenlang alle umstehenden Bäume auf das sprachlich gröbste zu beleidigen. "ScheißeScheißeScheiße" - dreimal ganz schnell und ganz laut gebrüllt - tolles Gefühl.
Und neulich habe ich mich dabei ertappt, wie ich dachte, ich könnte doch mal wieder "Neger" sagen, besser noch "NegerNegerNeger" - einfach nur so, weil es verboten ist
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Montag, 13. August 2018
Zurück
auf dem Festland, k.o., müde und leicht deprimiert, weil wegen keine Lust auf Arbeit, aber erfahrungsgemäß ruckelt sich das nach circa einer Woche wieder ein und dann bin ich im Trott und es ist alles nicht mehr so schlimm.
Wir hatten ja gestern schon gut vorgearbeitet, so dass das Hausputzen heute überschaubar blieb, zumal J ja auf Borkum bleibt und das Haus deshalb nicht komplett stillgelegt wird. Da ich in den letzten vier Wochen aber hauptsächlich Urlaub und damit wenig Alltagsputzen ausgelebt habe, war es nun durchaus nötig, wenigstens einmal alles gründlich zu saugen und zu wischen. Die Bäder hatten es auch nötig, aber jetzt ist wieder alles schön und vor allem aufgeräumt. Ich finde es immer wieder erstaunlich, in was für einem Tempo ich im gesamten Haus überall irgendwelchen Kram verteile. So gesehen ist meine Pendelei zwischen zwei Haushalten schon sehr praktisch, zwinge ich mich dadurch doch selber, regelmäßig aufzuräumen.
Sonst hat auch alles gut geklappt, wir haben die letzte Fähre nach Eemshaven genommen und unseren obligatorischen Stop bei McDov in Appingedam gemacht, geht doch nichts über liebgewonnene Rituale.

Auf dem Weg dorthin kamen wir an einem Windradflügel vorbei, der zur Reparatur oder zum Weitertransport oder was weiß ich, auf alle Fälle der auf dem Boden lag und wenn man so dicht dran ist, an so einem Windradflügel, dann bemerkt man erst mal, wie gigantisch groß die Dinger tatsächlich sind.



Am Kai dahinter lag ein Schiff mit Nase



Wir sind extra noch einen Schlenker gefahren, damit ich es gut fotografieren kann, denn K meinte, das ist doch bestimmt was für deinen Blog.

Das Grevenhaus erwartete uns mit kuscheligen 28° Innentemperatur, draußen sind es aber zum Glück nur 19°, jetzt lüften wir seit 2 Stunden und haben es immerhin schon auf 24° runtergekühlt.

J hat seine Studienplatzzusage für Pharmazie in Berlin, damit sind jetzt alle drei Kinder in ihren Wunschstudiengängen an ihren Wunschunis angekommen, wieder ein Haken mehr auf der Checkliste zur Erlangung der Unabhängigkeit
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Sonntag, 12. August 2018
Letzter Ferientag
Heute war der letzte Ferientag, denn morgen steht ja außer Fahrt aufs Festland auch Hausputzen und Zusammenpacken auf dem Programm, das ist tagesfüllende Arbeit und damit ganz sicher kein Ferientag mehr.
Deshalb haben wir es heute urlaubsmäßig noch einmal richtig krachen lassen und sind erst am späten Nachmittag aufgestanden. Wie als hätten wir es bestellt, war ja das Wetter auch so passend schlecht, dass man das sogar ohne besonders schlechtes Gewissen tun konnte.
Aber irgendwann sind wir dann doch aufgestanden, weil ich mir überlegt habe, dass es doch vielleicht eine kluge Idee ist, das Thema Hausputzen auf zwei Tage zu verteilen, weshalb wir einen Teil bereits heute erledigt haben und insgesamt ist das jetzt ein richtig gutes Gefühl. K hat in der ersten Etage alles einmal richtig gründlich gesaugt, inklusive Wände und Decken, anders wird man den Spinnen hier im Haus nicht Herr.
Ich habe derweil die gesamte Wäsche erledigt und begonnen, die Küche sauberzumachen. Eine Hälfte ist jetzt gründlich geputzt, alle offenen Lebensmittel sind in luftdicht schließende Dosen verpackt und anschließend habe ich den Kühlschrank aufgeräumt und das gesamte vorhandene Gemüse zu einem großen Blech Ofengemüse verschnibbelt. Der Kühlschrankinhalt ist jetzt durchaus überschaubar.
Außerdem habe ich meinen Kleiderschrank aufgeräumt und alle Klamotten, die ich wieder mit nach Greven nehmen möchte, in eine Tasche gepackt, morgen kann ich mich dann den ganzen Tag damit beschäftigen, was ich noch unbedingt mitnehmen will, aber ich denke, das meiste ist schon geschafft
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Freitag, 10. August 2018
Endzeitstimmung
Es geht zu Ende.
Die freie Zeit.
Die Zeit ohne Zwänge, die Zeit ohne Menschen und vor allem die Zeit mit dem ungehinderten Ausleben meines natürlichen Biorhythmus.
Ich glaube, was mich am meisten stört an der Aussicht, dass ich ab Montag wieder ins Büro gehen muss, ist das Aufstehenmüssen. Und dabei habe ich, verglichen mit den meisten anderen Menschen, sowieso einen Traumjob, was die Flexibilität der Arbeitszeiten angeht. Aber um einen normalen 8h Arbeitstag so in die 24h eines üblichen Wochentages zu integrieren, dass man am Ende tatsächlich 40h in der Woche gearbeitet hat - da bleibt einem gar nichts anderes übrig als irgendwann zwangsweise aufzustehen, sonst kommt sich das einfach nichts aus. Für diese 40h bleiben ja genau genommen auch nur 4,5 Tage, denn am Freitag möchte ich ja auch gerne deutlich früher Schlussmachen, und wenn ich am Freitag nur einen halben Tag, also vier Stunden arbeiten möchte, dann muss ich an den anderen Tagen ja schon neun Stunden arbeiten, damit es insgesamt wieder passt. Plus Mittagspause, die man als Zwangspause auch dann nicht ausfallen lassen kann, wenn man gar keine Mittagspause macht, bedeutet das, dass ich jeden Tag 9,5h im Büro verbringen muss - und wenn ich erst um 12h erschiene (was meinem natürlichen Biorhythmus sehr entgegen käme), dann wäre ich erst gegen 21.30h mit der Arbeit fertig, und das ist dann selbst mir zu spät. Es bleibt so wenig vom Tag übrig, weil man die Hälfte des Tages ja schon am Morgen durch Ausschlafen und Rumtrödeln verplempert hat. Das sind zwar angenehme Beschäftigungen, aber wirklich zufrieden machen sie einen auch nicht, zumindest nicht auf Sicht.
Ich beginne deshalb meist so gegen 9.30h im Büro, was bedeutet, dass ich regulär schon bis 19h bleiben muss, was zwar nicht grottenspät ist, aber doch spät genug, als dass man dann mit dem Rest des Tages auch nicht mehr viel anfängt und gleichzeitig bin ich zähneknirschend und grummelnd für 9.30h als Büroanfangszeit schon um 8h aufgestanden.
Ich werde nie verstehen, wie andere Leute es schaffen, noch Platz für private Hobbies in ihrer Freizeit zu haben. (Welche Freizeit?)

Aber hilft nix, heute war der letzte Urlaubstag, ab Montag ist wieder Bürofestland dran. Immerhin ist es hier so weit abgekühlt, dass ich mich nicht titschwitze, beim Haus putzen vor der Abfahrt
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Freitag, 10. August 2018
Unwetter?
Es ist ja nichts anstrengender als auf einen angekündigten Weltuntergang zu warten, der nicht kommt.
Laut aller Wettervorhersagen, Apps und anderer Weissagungen werden hier an der Nordsee Gewitter mit Orkanboen in Windstärke 12 erwartet. Vulgo also Weltuntergang, weshalb wir heute Vormittag schon mal das Außengelände wetterfest aufgeräumt haben.
Es passierte aber nix. Deshalb haben wir uns überlegt, am sichersten zwingen wir das Schicksal, wenn wir jetzt einfach schwimmen gehen. Eigentlich also eine totsichere Sache, klappte aber auch nicht. Das Wasser war zwar schon arg kabbelig und wir waren auch relativ alleine im Meer, aber die DLRG-Wächter standen brav am Strand und ließen uns gewähren, der Weltuntergang blieb aus.
Irgendwann fing es auch tatsächlich an zu regnen, der Wind hielt sich aber in Grenzen und es war immer noch ziemlich warm.
Deshalb von hier kein Unwetterbericht, sondern nur ein ausdauerndes Warten auf Abwechslung
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Donnerstag, 9. August 2018
Wir sind verschieden
Heute ist meine Schwester wieder abgefahren, es ist faszinierend, wie schnell fünf Tage vergehen, in denen man wenig tut, aber viel redet.
Ich finde es außerdem aber auch immer wieder spannend zu beobachten und zu analysieren, wie unterschiedlich Geschwister sein können.
Ich habe es schon von jeher spannend gefunden, meine drei so komplett unterschiedlichen Kinder zu beobachten und mir zu überlegen, wo sie welches Verhalten, welche Einstellung und welche Ängste wohl herhaben, denn bei derart großen Unterschieden, wie sie diese drei Geschwister aufweisen, kann das nicht anerzogen sein, sondern war halt von Anfang an schon in den Genen des einzelnen Kindes angelegt.
Ich bin deshalb ja auch der Meinung, dass man mit Erziehung sowieso nur einen ganz kleinen Bruchteil am Charakter eines Menschen verändern kann, dieses ganze Tamtam, was die moderne Psychologie da heute um die frühe Prägung in der Kindheit faselt und wichtige Grundlagen schaffen, durch achtsame Geborgenheit und was weiß ich, wie das alles heißt, das hat sicherlich alles Folgen und Wirkungen später, ich bin aber ganz sicher, dass die Folgen und Wirkungen deutlich kleiner sind als das die moderne Kinderpsychologie es gerne hätte.
Es gibt sicherlich schöne und weniger schöne Kindheiten und ganz bestimmt gibt es große Unterschiede, was die Bildungsmöglichkeiten bzw. den Erwerb von Bildung angeht - hier kommt es ganz maßgeblich auf die Eltern an, und dass Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern es x-mal schwerer haben im Leben, das würde ich sofort mit unterschreiben, aber dass Kinder sich in ihrem späteren Leben deutlich unterschiedlich entwickeln je nachdem wie ausdauernd die Eltern auf jedes Gequäke aus dem Babyphone reagiert haben, das halte ich doch eher für eine Mär der Kinderpsychologen, die das aber natürlich zwingend verkünden müssen, denn sonst wären sie nicht so wichtig.

Ich komme ja noch aus der Generation, in der es gar kein Babyphone gab, so betrachtet, müsste also meine gesamte Alterskohorte verhaltensgestört sein, weil wir alle miteinander ganz bestimmt viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben.

Aber da wollte ich gar nicht hin, eigentlich war ich bei der faszinierenden Unterschiedlichkeit von Geschwister, die ihre Anlagen zwar aus demselben Genpool haben, aber rein mathematisch natürlich zu 100% unterschiedlich sein können.

Meine Schwester und ich sind so ein Pärchen mit sehr viel Unterschiedlichkeit.
Ich gehe relativ unbelastet von kontroversen Emotionen durch mein Leben. „Kopfgesteuert“ heißt das wohl. Natürlich habe ich meine emotionalen Aufreger und Reaktionen, aber in aller Regel bin ich in der Lage, die durch vernünftiges Nachdenken erst zu erkennen und dann auszuschalten, wenn sie rational betrachtet völlig bekloppt sind. Wenn ich sie nicht ausschalten kann, wird es mir aber gelingen, sie derart in mein Leben zu integrieren, dass sie einfach nur ein verrückter Spleen sind und dann nicht weiter stören. Tatsächlich habe ich sogar viele verrückte Spleens, ich habe mich aber gut mit ihnen arrangiert.

Meine Schwester dagegen ist der unbestritten sozial verträglichere Mensch, deutlich rücksichtsvoller und anderen Menschen gegenüber zugewandter, großzügiger und vor allem anspruchsloser als ich. Aber all das, was sie anderen Menschen mehr zuwendet, knappst sie sich von ihrem eigenen „Verwöhnbudget“ ab, und das wiederum führt dann dazu, dass sie sehr häufig Dinge tut, von denen sie rational weiß, dass sie ihr nicht guttun, die sie aus emotionalem Zwang heraus aber tun muss, per Saldo ist sie dann leider häufig der Verlierer.

Das, was ich vielleicht zu viel an Unbekümmertheit und fröhlichem Optimismus à la „keine Ahnung, wie das geht, aber ich krieg das bestimmt raus, ich probier einfach mal rum“ mitbringe, hat sie zu wenig.
Mein Zuviel führt vielleicht dazu, dass ich ab und zu mal auf die Nase falle, weil ich mich doch überschätzt habe und damit aufgekippt bin, im Großen und Ganzen gelingen aber die meisten Dinge, schon allein deshalb, weil ich ja keinen 100% Anspruch habe, sondern bei mehr als 50% schon „gewonnen“ schreie und dann wagt meist keiner zu widersprechen.

Meine Schwester dagegen möchte am liebsten alles zu 100% erledigen, was rein statistisch schon zum Scheitern verurteilt ist. Deshalb hat sie natürlich auch viel weniger Mut als ich, denn wenn man erst bei 100% zufrieden ist, braucht man viel Mut, um Dinge überhaupt anzufangen. Und außerdem weiß man bei vielen Dingen schon vorher, dass sie einem eben nie gelingen werden.
Per Saldo kommt damit eine deutlich schlechtere Erfolgsbilanz raus, die eben nicht an mangelndem Können, sondern nur an den eigenen, zu hohen Erwartungen gescheitert ist.

Und all diese Unterschiede waren von Anfang an da und das finde ich schon sehr faszinierend
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Mittwoch, 8. August 2018
Sonntag Dienstag
Was ist eigentlich Intelligenz?

Ein bewährter Ansatz, Fragen anzugehen ist, sie systematisch anzugehen. Also kann man das auch hier mal versuchen.

Intelligenz ist ein Wort, ein deutsches Wort. Als Wort unterliegt es allen Gegebenheiten der Kommunikation, insbesondere der sprachlichen Kommunikation. Eine dieser Gegebenheiten ist, dass man mit Worten oft Dinge beschreiben möchte, bei Nomen ist das noch häufiger der Fall. Auch oft möchte man eine emotionale oder soziale Wertung mit übertragen, aber hier wird das mal außen vor gelassen.

Was genau wird also mit Intelligenz beschrieben? Auf diese Frage gibt es, kraft der Existenz des Wortes als Wort, keine Antwort die abschließend in einem Essay erschlossen werden kann. Intelligenz beschreibt genau das, was eine Person denkt, dass es beschreibt. (Für viele Dinge ist das nicht wichtig, aber selbst bei einem Sofa kann es schwierig werden, wenn eine andere Person sich sein Futon so nicht benennen lässt.)
Deswegen gibt es so viele Definitionen für dieses Wort, und ich nehmen an, auch so viele Synonyme. Wahrscheinlich hat mal jemand versucht, Definition 1 als Intelligenz und Definition 2 als Weisheit festzusetzen. Das scheint sich nicht abschließend durchgesetzt zu haben.

Jene ominöse Wissenschaft (was auch immer das Wort jetzt beschreiben soll) hat sich natürlich auch daran versucht, Intelligenz abschließend zu definieren. Ohne ein Experte in dem Thema zu sein, die Existenz von Unterkategorien wie "emotionaler Intelligenz" oder "räumlicher Intelligenz", lassen den Schluss zu, dass auch in der Wissenschaft dieser Versuch nicht abschließend geglückt ist.
Auch sonst ist die Aufteilung in solche Kategorien unbefriedigend, weil willkürlich. Natürlich gibt es Hirnareale, die erwiesenermaßen für bestimmte Aufgaben zuständig sind, aber da man noch nicht mal exakt weiß, was genau an Gehirnen bessere Leistung in der Bewältigung bestimmter Aufgaben erzeugt (Ist es die Größe des Areals? Die Anzahl der Verbindung der Synapsen? Die Stabilität der Verbindungen der Synapsen? Die Harmonie der Verbindungen der Synapsen? Die Frequenz von Impulsen und wenn ja, ist weniger besser weil effizienter oder andersrum?), bietet sich zum heutigen Zeitpunkt der naturwissenschaftliche Ansatz nicht an, ganz abgesehen davon, dass die Naturwissenschaftler sich eh ein eigenes Wort erfinden würden, wenn sie denn endlich eine Antwort haben.

Ein sinnvollerer Ansatz scheint zu sein, statt auf der physischen Ebene das Gehirn zu betrachten, auf der metaphysischen Ebene die emergente Seele zu betrachten. Damit erreicht man glücklicherweise gleichzeitig eine Entkoppelung von der Leistung des Geistes (Geist? Seele? Soll hier synonym sein, ist ja auch noch ein anderes Thema? von der Leistung des Körpers, wie Motorik oder auch Wahrnehmungsfähigkeit, denn über beides verfügt der Autor dieses Textes nur in sehr eingeschränktem Maße und es wäre doof, wenn er sich selber unintelligent definieren müsste.

Wenn man dann also nur die Leistung des Geistes als maßgeblich für den Grad der Intelligenz einer Person festsetzt, dann wäre eine mögliche Definition beispielsweise, dass Intelligenz die Fähigkeit ist, über die Mittel des Geistes, Dinge zu bewerkstelligen.
Kompakt und handlich, eine gute Definition eigentlich.
Wirft nur die Frage auf, was sind Mittel des Geistes?
Ein Beispiel.
Einen Ball zu werfen ist kein Mittel des Geistes, den die Augen-Hand-Muskel-Koordination wird zwar vom Geist angeregt und in Gang gesetzt, aber wenn die entsprechenden Nervenbahnen nicht synchron oder harmonisch agieren oder die Muskelfasern nicht die über die nötige Kraft verfügen, so scheitert es nicht am Geist.
Ein anderes Beispiel.
Zu wissen, wie man einen Menschen dazu bringt, etwas zu tun, könnte ein Mittel des Geistes sein. Denn, vorausgesetzt man hat die nötige Zeit aufgewandt zu lernen, welche sozialen Stimuli welche Reaktion bei welcher Person auslösen, ist das reine Verrechnen der Information (gelerntes Wissens in Kombination mit den Umständen) definitiv ein Akt des Geistes. Wie erfolgreich man damit ist, hängt allerdings auch damit zusammen, ob man es schafft, das Wissen (Was exakt muss man tun) auch in die Tat umzusetzen. Die richtige Tonlage zu treffen ist nicht einfach, wenn man mit seiner Stimme nicht geübt ist, kein Akt des Geistes. Die Mimik über Muskelbewegung in die richtige Einstellung zu bringen, kein Akt des Geistes. Biologische Stressreaktionen unterdrücken können, teilweise Akt des Geistes.

Ein anderes Beispiel.
Man muss ein unangenehmes Ding tun, (Wahlweise: Lernen, arbeiten, sich konzentrieren, Leuten nicht die Meinung geigen). Akt des Geistes. Warum? Weil der Geist den Körper (in Grenzen, s.o.) steuert, nicht andersrum. Etwas tun, obwohl es negative Eindrücke (Emotionen, wahlweise auch Langeweile, Ekel, ...) ausruft, allein, weil der Geist es befiehlt und die Treibe überschreibt, ist der Definition nach ein Zeichen von Intelligenz.

Informationen speichern? Akt des Geistes.
Informationen anhand von Strukturen, Regeln, ... korrekt verarbeiten? Akt des Geistes.
Die eigene Seele wahrnehmen und verstehen? Akt des Geistes.

Und so weiter und so weiter.

Mein Anreiz für diesen Artikel war, dass das Teil eines Deals war damit mir meine Mutter was zu essen kocht auszulegen, dass Intelligenz ein sehr weit umfassendes Wort ist, in meiner Welt zumindest. Natürlich kann Person XY intelligent sein, wenn man die guten Leistungen im Beruf zugrunde legt. Aber soll man deswegen auch ignorieren, dass Person XY sich standhaft weigert über neue Dinge nachzudenken, sie zu lernen, weil das "noch nie geklappt hat"? Praktisch gesehen ist das in beiden Fällen die gleiche Seele, die Dinge tut, in dem einen nur gnadenlos versagt, obwohl die Quelle der Leistung die selbe ist.

Jemand der nur denkt, wenn es leicht ist, ist nicht zwingend intelligent.

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Anmerkungen
1.Ich habe Kreativität (Malen und Musik und sowas) einfach mal ignoriert. Ich habe das Gefühl, dass das eine Form von Manipulation ist, aber das ist nicht weiter relevant für diesen Beitrag.
2.Psychische Krankheiten sind scheiße. Einerseits sind sie das, und andererseits sind das auch für die Definition hier, denn es ist oft nicht klar, ob es ein reales medizinisches (nicht psychologisches!) Ding gibt, was das Gehirn krank macht, kaputte Synapsen oder so, oder ob es einfach nur ein Zeichen für Abwesenheit von Intelligenz nach dieser Definition ist.
)

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