anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 24. April 2024
Verhakt
Der Tag bestand heute im Wesentlichen aus einer sehr langen Besprechung im Büro und der Erkenntnis, dass es manchmal nicht vor und nicht zurück geht, aber trotzdem geht es immer weiter.

Wenn man diese Erkenntnis langsam sacken lässt, wird man von Faszination umhüllt.
Oder eingeseift, wenn man es der Faszination übel nimmt, dass sie einfach da ist und an einem klebt, wie Seife, die man nicht abschütteln kann, sondern nur wieder los wird, wenn man alles mal gründlich durchspült.

Aber vielleicht ist das auch das, was man mit Situationen machen sollte, in denen es nicht vor und nicht zurück geht, einfach mal gründlich durchspülen, dann ist es anschließend gar nicht mehr verwunderlich, wenn es danach fließend weitergeht.

Menschen können sich auf das Wunderlichste verhaken und keiner fühlt sich dabei als Widerhaken. Es ist faszinierend
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Mittwoch, 15. März 2023
Alle 15 Jahre
Eine Kollegin aus dem Mutterhaus wird 50 und wir unterhalten uns über die Vorbereitungen, die sie für ihre Feier trifft, weil sie beschlossen hat, dass sie wie in ihrer Kindheit feiern möchte - für jedes Lebensjahr darf man einen Gast einladen.

Sie findet die Gästeliste mit 50 viel schwieriger als früher beim Kindergeburtstag, weil an jedem Gast, den sie gerne einladen möchte, im Zweifel noch eine bestimmte Anzahl von anderen Menschen hängt (Partner, Kinder, Netzwerk), die sie nicht einfach nicht einladen kann, weil das eben nicht mehr geht, wenn man fünfzig wird.

Wenn man fünf wird, lädt man seine Freunde ein und wenn man außer Susi, Ute, Andrea, Jens, und Peter auch Sabine, Heike und Michael gerne einladen möchte, weil das doch alles Freunde sind, dann lernt man, zwischen guten, sehr guten und allerbesten Freunden zu unterscheiden, denn wenn man nur fünf Plätze zu vergeben hat, kommt man um eine Freundes-Triage nicht drumherum.

Wenn man fünf wird, unterteilt man die Welt eigentlich nur nach Freunden oder Nichtfreunden. Eine Abstufung nach der Intensität des Freundschaftsgrades ist der erste Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden, Erwachsene unterscheiden später zwischen Freunden und Bekannten. Mit fünf hat man noch keine Bekannten.

Wir grübeln kurz, ab welchem Alter wir wohl Bekannte hatten und einigen uns auf irgendeine Zeit zwischen 15 und 20.
Je selbstständiger man wird, umso mehr erweitert sich auch die eigene Umgebung und die Menge der Menschen, denen man mehr oder minder regelmäßig begegnet, wird immer größer.
Und irgendwann werden die einfachen Freunde dann zu Bekannten und nur die allerbesten Freunde bleiben Freunde.
Erwachsen werden kann man auch an der Veränderung der Freundschaftsbezeichnungen erkennen.

Mit 50 hat man viel weniger Freunde als mit fünf, dafür hat man eine große Menge an Bekannten und genau die machen die Planung der Einladungsliste so schwierig, weil man Bekannte eben nur so nebenbei kennt und deshalb viele Dinge nicht weiß oder nicht richtig einschätzen kann.

Ich habe mir die Klagen der Kollegin geduldig angehört, weil ich mir grundsätzlich sehr gerne Klagen von anderen Menschen anhöre, nämlich immer dann, wenn ich mich innerlich dabei wie Bolle freue, dass ich diese Probleme alle nicht mehr habe bzw. manche auch nie hatte.

Die Kollegin ist nämlich erst sehr spät Mutter geworden, was bedeutet, dass sie mit 50 noch zwei kleine Grundschulkinder zu Hause hat und daraus erwachsen für ihre Geburtstagsplanung noch mal ganz eigene Probleme, weil sie sich nicht entscheiden kann, welche Eltern aus den beiden Eltern-WhatsApp-Gruppen, in denen sie Mitglied ist, sie zu ihrer Geburtstagsparty einladen soll bzw. einladen muss und was man mit den Kindern macht.

Während sie mir ausführlich die Netzwerkdynamik in diesen Gruppen erklärt und weshalb das für sie so wichtig ist, denke ich darüber nach, wie viele Jahre lang ich in dieser Elternrolle gefangen war und stelle fest, dass das rückwärts betrachtet alles sehr schnell vorbei ging.

Rückwärts betrachtet ist immer alles sehr schnell vorbei gegangen, nur nach vorne dauert es lange.
Aber ich glaube, meine Mutterschaft, in der ich das alles noch wirklich ernst und wichtig nahm, dauerte nicht länger als 15 Jahre.

Genaugenommen kann ich mein ganzes Leben in 15 Jahres-Scheiben schneiden.
Von 0-15 war ich Kind
Von 15-30 habe ich mich sehr erwachsen und selbstständig gefühlt, war frei, unabhängig und damit beschäftigt, das Leben zu entdecken.
Von 30-45 war ich Mutter. Wir waren eine große Familie mit allem Zipp und Zapp und ich war zuständig. Für alles.
Von 45-60 war ich damit beschäftigt, mich selber wieder zu finden, mir ein neues, eigenes Leben aufzubauen und gleichzeitig meine Zuständigkeit immer weiter abzubauen
Von 60-75 werde ich ohne jede weitere Verantwortung einfach ungehemmt tun und lassen, wonach mir der Sinn steht, ich muss keine Rücksicht mehr auf irgendetwas in der Zukunft nehmen, ich muss nicht mehr sparen und habe keinerlei Zwänge mehr, die mich einschränken
Ab 75 bin ich entweder tot oder genieße die Verlängerung der letzten Etappe

Vielleicht ist das mit den exakt 15 Jahren nicht zu 100% trennscharf, zwischen den einzelnen Etappen gab und gibt es immer Überleitungsphasen. Wirklich final frei werde ich erst mit 62 sein, aber auch jetzt genieße ich ja so viele Freiheiten, wie ich sie in meinem Leben bisher nicht hatte.
Zwischen 15-30 war ich vielleicht auch frei, aber damals hatte ich noch die Verantwortung für meine eigene Zukunft und der war ich mir nicht nur bewusst, sondern die hat genau deshalb auch viel beeinflusst.

Ich erinnere mich an meinen eigenen 50 Geburtstag, ich war mit CW in Prag und wir hatten drei ungemein lustige Tage. Wenn ich mir damals um irgendetwas ganz absolut sicher gar keine Gedanken mehr gemacht habe, dann waren es Elterngruppen und schulische Netzwerkthemen der Kinder.
Manmanman, was bin ich froh, dass ich mit diesen Themen nichts mehr zu tun habe
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Freitag, 6. Mai 2022
Wohnen und Ansprüche
Ich habe heute ein wenig darüber nachgedacht, wie unterschiedlich die Ansprüche der Menschen sind, wenn es um Wohnen und Einrichtung geht.

Eine (sehr entfernte) Bekannte von mir ist Minimalistin. Sie lebt in einer 200qm Wohnung, die im Wesentlichen leer ist. Oder, anders ausgedrückt: Die Wohnung ist randvoll mit minimalistischem Freiraum. Sie sagt, sie braucht diese optische Ruhe, um runterzukommen und durchzuatmen, ihr Leben besteht sonst schließlich hauptsächlich aus Stress, Hektik und Termindruck.

Ich glaube ja, ihr Leben besteht vor allem deshalb aus Stress, Hektik und Termindruck, weil sie jeden Monat die 4000 € verdienen muss, die die Wohnung an Miete kostet.
Um 4000 € Miete bezahlen zu können, muss man 8000 € brutto verdienen, schließlich wird die Miete aus dem Nettoverdienst bezahlt. Und wenn man nur 8000€ verdient, kann man sich so eine Wohnung auch noch lange nicht leisten, schließlich braucht man im Zweifel noch weitere 2,50 € für Essen, Trinken, Kleidung, Extras, Urlaub, und sonstigen Kram.

Wer in so einer leeren Freiraumwohnung lebt, der atmet da sicherlich jeden Tag beim Heimkommen mal gründlich durch - aber was macht sie dann? Gibt ja nix in der Wohnung, was man machen könnte. Vielleicht noch ein iPad zum Netflix gucken. Oder Kochen nach Zahlen mit einer einzeln angelieferten Hello Fresh Box. Die sind für Minimalisten natürlich prima, alles passend abgezählt für eine Mahlzeit, außer Verpackung bleibt nix über und die geht in den Müll. Das ist schön. So kann man den wahren Minimalismus ungehemmt ausleben. Blöd nur, dass es so unendlich teuer ist, nix zu besitzen. Aber naja, diese Bekannte verdient sicherlich genug für so ein Hobby, schließlich liefert sie sich ja extra zur Finanzierung dieser Leere all dem Stress, der Hektik und dem Termindruck aus. Jeder folgt eben seinem eigenen Stil.

Eine andere Bekannte hat grade mit ihrem Freund zusammen ein Haus gebaut. Sie haben in einer Neubausiedlung am Rand der Stadt ein Grundstück bekommen und sich dann für ein Fertighaus entschieden, weil sich die meisten anderen Bauherren in der auch alle für diesen Fertighaushersteller entschieden haben.

Alles in allem ist der Spaß nicht wirklich preiswerter als ein individuell geplantes Haus, aber man bekommt alles ankreuzfertig vorgesetzt. Wie so eine Pauschalreise mit Vollpension, man muss nur noch sagen, welche Ausflüge man dazu buchen will und ob einem ein Zimmer mit Meerblick einen Aufpreis von 10% wert ist. Außerdem hat es natürlich auch den großen Vorteil, dass man sich in den Häusern der Nachbarschaft sofort blind auskennt, sind ja schließlich alle gleich. Inklusive Einrichtung übrigens, auch die wurde einem von der Fertighausfirma gleich mitvermittelt, auch wieder zum Ankreuzen mit der Auswahl, ob man den Tisch lieber in eckig oder oval haben möchte. Und alle Teile natürlich perfekt auf die Maße des Hauses abgestimmt. Wenn das mal nicht der höchstmögliche individuelle Komfort ist.

Wieder eine andere Bekannte wohnt mit ihrer Familie (zwei Kinder unter 10, ein Hund und ein Mann) in einer 80qm Wohnung mitten in Münster, zweite Etage, leider kein Balkon. Den vermisst sie, aber ansonsten findet sie die Wohnung ideal wegen der Lage, weil sie so viele Leute in der Gegend kennt. Man muss dazu wissen, dass sie vor fünf Jahren von München nach Münster gezogen ist und exakt niemanden hier kannte. Jetzt kennt sie aber viele Leute in dem Viertel wo sie wohnt, was meiner Meinung nach völlig normal ist, wenn man kleine Kinder hat und die in diesem Viertel zur KiTa und zur Schule gehen.

Wenn sie 10km außerhalb wohnen würde, könnte sie für dasselbe Geld, was sie jetzt an Miete bezahlt, eine doppelt so große Wohnung mieten, aber da kennt sie ja niemanden.
Seit Corona ist sie ziemlich gestresst, weil es schwierig ist, mit zwei Kindern und zwei Erwachsenen im Homeoffice auf 80qm für 24/7 zu leben, aber sie genießt den Blick aus dem Schlafzimmerfenster, was gleichzeitig ihr Home-Office Büro ist, denn sie schaut auf eines der prächtigen Münsteraner Kaufmannshäuser und dieser Blick entschädigt sie für vieles, sagt sie.

Ich wiederum brauche vor allem Platz, weil ich Enge hasse. Ein Wohnen in der Stadt käme für mich also nicht in Frage, viel zu eng, viel zu wenig Platz, alles voller Steine, voller Autos, voller Menschen, - nein, für mich völlig undenkbar.

Minimalismus mag zwar den Vorteil haben, dass es ja keinen Kram gibt, der Platz wegnimmt - aber was macht man denn dann, wenn man zuhause ist?
Ich finde Minimalismus so ziemlich das Langweiligste, was ich mir überhaupt nur vorstellen kann, gleich nach Leben in einem Gefängnis, denn im Grunde ist es wurscht, weshalb man nichts macht, in beiden Fällen fehlt es an jeder Möglichkeit, um spontan Dinge in seinem Zuhause zu machen.

Ich brauche also Platz und ich brauche Kram und Dinge - und genau deshalb ist ein klassisches Einfamilienstandardhaus auch nichts, was ich mir wünsche, denn wenn ich meinen Kram da reingeräumt habe, gibt es keinen Platz mehr.
Was ich mir auch nicht wünsche, ist eine durchdesignte Edel- oder auch nur Pseudoedeleinrichtung. Also so eine Einrichtung, wie man sie üblicherweise in Schöner Wohnen oder entsprechenden Pinterestsammlungen findet - oder wie sie der Fertighaushersteller in seiner Möbel-Musterkollektion seinen Bauherren gleich mitanbietet. Dagegen wirkt Ikea richtig uninspiriert und rebellisch.

Weil ich also hauptsächlich weiß, was ich alles nicht will, finde ich es schon sehr beeindruckend, dass es unserem Architekten trotzdem gelungen ist, ein Haus zu entwerfen, an dem ich inzwischen nichts mehr zu meckern habe. Ich hätte nicht geglaubt, dass das gelingt
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Sonntag, 29. August 2021
Vermögenswerte
Ich habe heute ein langes Philosophiegespräch mit K geführt. Die Ausgangsfrage war: Was würdest du tun, wenn du König von Deutschland wärst?

Am Ende waren wir uns einig, dass unser aktuelles Wertesystem verändert werden muss.
Es gibt nämlich viele und vor allem wichtige Werte, die sich nicht in Euro ausdrücken lassen, die zwar im Zweifel mehr wert sind als alles Geld, die in unserer Leistungsgesellschaft aber regelmäßig nur als Zusatz betrachtet und bei der Priorisierung dessen, was wirklich wichtig ist, unbeachtet zur Seite geschoben werden, weil unser aktuelles System komplett und vollständig auf Geld ausgerichtet ist.

Begriffe wie Liebe, Zuneigung, Freundschaft, Wohlbehagen, Zufriedenheit, Stolz sind da nur ein paar Beispiele für Werte, die vielen Menschen etwas wert sind und für die sie sich anstrengen und Leistung bringen - die aber nicht in Geld umgerechnet werden können und deshalb beim Vergleich der Leistungsentgelte nicht mit berechnet werden - und so entstehen sichtbare, berechenbare Ungerechtigkeiten, die dann auch lautstark als Ungerechtigkeiten angeprangert werden, die aber vielleicht gar nicht ungerecht sind, weil sich Äpfel halt nicht mit Birnen vergleichen lassen.

Volkswirtschaftlich betrachtet ist Geld ein Wertaufbewahrungsmittel, was sich deshalb sehr gut als Tauschmittel eignet. Aus dieser allgemeinen Definition leitet sich in unserer Gesellschaft das Gefühl ab, dass nur Dinge, die sich in Geld ausdrücken lassen, etwas wert sind, denn nur diese Werte kann ich aufbewahren.
Was aber eben ein ziemlicher Quatsch ist, wenn man sich das mal in Ruhe überlegt.

An diese Überlegungen schloss sich die Frage an, weshalb man denn überhaupt Werte aufbewahren solle, wenn man sie für sich selber gar nicht mehr braucht?
Oder, anders ausgedrückt: Warum wollen sich Leute immer mehr und noch mehr Geld erarbeiten, wenn sie doch, objektiv betrachtet, diesen Geldvorrat gegen nichts mehr eintauschen werden?

Und dann haben wir uns überlegt, ob und wenn ja wie sich die klassischen Produktionsfaktoren "Arbeit, Boden, Kapital" im Laufe der Zeit verändert haben.

Meine These dazu ist, dass Kapital immer mehr an Wert verloren hat, weil es von den Zentralbanken der Welt quasi ungebremst produziert wird und sich mittlerweile in solch einem Übermaß im Verkehr befindet, dass es die notwendige Knappheit verloren hat, die es braucht, um mit den anderen Produktionsfaktoren gemeinsam in einem ausgewogenen Dreieck effizient zu funktionieren. Sehr gut abzulesen ist das an den negativen Zinsen, mit denen die Zentralbanken den Faktor Kapital belegt haben.
Überspitzt gesagt bedeutet das, Geld ist nichts mehr wert und genau das führt zu dieser immer weiter steigenden Vermögensinflation, weil die Leute, die Geld haben, schlicht nicht mehr wissen, wohin damit.
Deshalb steigen die Börsenkurse von Aktien, deshalb steigen die Immobilienpreise - und deshalb wird die Lücke zwischen arm und reich immer größer.
Denn aktuell werden die Reichen immer reicher - ganz von alleine, passive Vermögensmehrung.
Wenn ich als Ausgangswert aber 0 habe, dann hilft mir auch eine Vermögenssteigerungsrate von x% nichts, weil x% von 0 halt immer noch 0 sind.

Und wenn man all das so sauber analysiert hat - ist es dann nicht mal an der Zeit zu fragen, ob wir nicht sinnvollerweise mal unser Wertesystem ändern sollten?

Also, wenn ich König von Deutschland wäre, wäre das mein erstes Projekt
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Mittwoch, 7. Juli 2021
Glück
Es gab heute etwas zu feiern und das taten wir auch stilgerecht und mit großem Vergnügen



Anschließend saßen wir sehr zufrieden auf einer Bank auf dem Deckwerk und genossen das Hiersein



Rechts bereitete sich die Sonne aufs Untergehen vor, links machte ein Trupp Austernfischer einen Höllenkrawall, und trotz des Gezeters konnte man die Ruhe in der Atmosphäre förmlich mit Fingern greifen.



Manche Tage brauchen keine Worte, da reicht es einfach nur gemeinsam zu existieren, um glücklich zu sein
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Donnerstag, 29. April 2021
Schmerzempfinden
Als ich mich neulich wegen zunehmend unangenehmer werdenden Rückenschmerzen mit mir selber rumplagte, gab es verschiedene Fragen, die mir so nach und nach durch den Kopf gingen.
Zunächst dachte ich darüber nach, ob es wohl irgendeine Möglichkeit gibt, die Intensität von Schmerz zu messen.
Es ist jetzt schon länger her, dass ich Rückenschmerzen hatte und ich hätte die Intensität des aktuellen Rückenschmerzes gerne mit früheren Rückenschmerzen verglichen, weil ich mir ja jedesmal einbilde, dass es so schlimm wie jetzt noch nie war, zum Glück bleibt mir aber meist noch ein Rest Vernunft, um diese Aussage sofort anzuzweifeln, eben deshalb würde ich ja gerne objektiv vergleichen.
Im nächsten Schritt fand ich es aber auch interessant die Intensität des eigenen Schmerzes mit einem entsprechenden Schmerz anderer Menschen zu vergleichen.
Weil, wenn A sagt, dies oder jenes schmerzt so sehr, dass es nicht zum Aushalten sei und dringend nach Schmerzmitteln verlangt, dann kann es durchaus sein, dass B mit derselben Krankheit oder Verletzung zwar auch einen Schmerz empfindet, den aber weder als unerträglich einstuft noch nach Schmerzmitteln verlangt.
Mich fasziniert schon seit immer, wie unterschiedlich Menschen auf Schmerz reagieren und ich würde zu gerne wissen, was die Gründe dafür sind. Natürlich ist eine naheliegende und vor allem richtige Erklärung, dass sie unterschiedlich empfindliche Schmerzrezeptoren haben. Es gibt ja sogar Menschen, die haben gar keine. Dazu kommt, dass diese Schmerzrezeptoren noch nicht mal bei ein und demselben Menschen immer gleich arbeiten, d.h. es kann durchaus passieren, dass man einen im Grunde identischen Schmerz je nach Gusto der Rezeptoren an verschiedenen Tagen unterschiedlich intensiv empfindet. Das war übrigens das eigentliche Interesse an dieser Möglichkeit des Schmerzmessens, weil ich die Vermutung habe, ich werde aufs Alter immer zimperlicher.
Aber neben dem eigenen Vergleich im Zeitverlauf fände ich natürlich auch den Vergleich mit anderen interessant, d.h. mich interessiert sehr, warum die Schmerzrezeptoren so unterschiedlich arbeiten und daraus weitergeführt dann die Frage, warum die Menschen so unterschiedlich auf Schmerzen reagieren. So, wie Menschen unterschiedlich stark und unterschiedlich klug und unterschiedlich schwer und unterschiedlich groß und überhaupt in vielen Dingen eben unterschiedlich sind, so sind sie meiner Meinung nach auch unterschiedlich schmerzerträglich, oder wie auch immer das Adjektiv heißt, das beschreibt, wie gut jemand Schmerzen ertragen kann. Ertragen finde ich hier übrigens spannender als Empfinden, weil ich mir vorstellen kann, dass Ertragen eine größere psychologische Komponente hat als Empfinden, aber wenn man eh schon eine Skala für Vergleichswerte entwickelt, dann kann man auch gleich gucken, ob es einen Unterschied zwischen Ertragen und Empfinden gibt, das wäre richtig spannend, vielleicht ist es ja auch nur eine Frage der Definition. Um Schmerz aber überhaupt "objektiv" messen zu können, bräuchte man eine Mess-Skala mit Schmerzeinheiten, sonst kann man das ja nicht vergleichen.
Bei "Vergleichen" fiel mir dann die Antidiskriminierungsliga ein. Wenn man nämlich Schmerz vergleichen könnte, würden sofort diejenigen, die nur eine geringe Schmerzerträglichkeit haben, behaupten, sie würden diskriminiert, weil es natürlich Menschen geben wird, die sich über die "low performer" lustig machen. Andererseits: Machen sie das nicht heute schon? Ich meine, Begriffe wie "Heulsuse", "Memme", "Weichei" usw. gab es doch schon immer, nur wird heute halt subjektiv und willkürlich entschieden, wer deshalb gedisst wird. Wäre es da nicht praktischer, man könnte das tatsächlich messen und dann eine biologische Erklärung für unterschiedliches Schmerzempfinden als medizinischen Nachweis haben und damit berechtigter gegen die überheblichen Schmerzertrager vorgehen, die meinen, sie könnten auf Menschen mit weniger Schmerzerträglichkeit herabsehen, schließlich ist es dann nur eine Laune der Natur, ob man groß oder klein, oder viel oder wenig schmerzerträglich ist und wegen solcher unvermeidbaren "Schwächen" sollte wirklich niemand gehänselt werden.
Ein bisschen anders wäre es allerdings, wenn man Schmerzen ertragen üben und trainieren könnte, und damit eine Möglichkeit hätte, seine Fähigkeiten in diesem Punkt selber wenigstens bis zu einem gewissen Grad zu beeinflussen. So wie bei stark oder schnell oder klug oder schwer - da gibt es jeweils unterschiedliche, angeborene Basisdisponierungen und natürlich wird man aus einem Esel kein Rennpferd machen können, aber immerhin einen schnellen Esel, der, wenn er ausreichend trainiert und sich Mühe gibt, nachher problemlos untrainierte Pferde im Wettrennen schlagen kann.
Hier stellt sich dann natürlich sofort die Frage, wie viel Eigenverantwortung jeder einzelne Mensch zu übernehmen hat und wo der Unterschied ist zwischen "der ist eine Memme, weil der sich gar keine Mühe gibt, mal was auszuhalten" oder "der ist eine Memme, weil seine Schmerzrezeptoren ihn rauskicken."

An dieser Stelle fiel mir auf, dass meine persönliche Beurteilung von Menschen ganz extrem an diesen Punkt anknüpft und ich jederzeit bereit bin, Menschen zu helfen oder sie zu unterstützen, wenn ich das Gefühl habe, sie haben sich selber schon ganz viel Mühe gegeben, kommen jetzt aber aus eigener Kraft nicht weiter. Im Unterschied zu Menschen, bei denen ich den Eindruck habe, sie jammern aus reiner Bequemlichkeit und vor allem weil sie es ungerecht finden, dass es jemand anderem besser geht oder dass er mehr hat als sie, obwohl der auch nichts dafür getan hat.
Hier versagt nämlich mein Mitleid und ich gehe diesen Menschen gerne weit aus dem Weg, weil ich sie schmarotzig finde. In der Biologie sind Schmarotzer Kreaturen, die davon profitieren, dass jemand anderes etwas hat oder kann und die sich dann an den anderen dran hängen, um selber auch ein gutes Leben zu haben.
Meistens beeinträchtigen oder schädigen sie ihren Wirt, wenn sie ihn töten, spricht man von Parasiten.

Dass Menschen unterschiedlich sind, ist eine Realität, die sich nicht übersehen lässt. Diese Unterschiedlichkeit hat enorm viele Facetten und beschränkt sich nicht nur auf angeborene biologische Unterschiede, sondern auch auf (angeborene) soziale Unterschiede. Ein Kind, was bei uns in Deutschland geboren wird, hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Leben deutlich besser als eines, was in Afghanistan geboren wird. Und Kinder mit reichen Eltern haben im Durchschnitt auch bessere Startvoraussetzungen als Kindern aus finanziell minderbemittelten Haushalten. usw. usw. All diese Unterschiede sind ungerecht. Natürlich sind die ungerecht, weil sie ja vollkommen willkürlich passieren und das frischgeborene Kind überhaupt keinen Einfluss darauf hat, mit welchen Eigenschaften und in welche Umgebung es hineingeboren wird.

Gleichzeitig sind sie aber auch Teil des Lebens, das gesamte Leben beginnt ungerecht und setzt sich auch ungerecht fort. Die Natur selber hat keinerlei ethische Gerechtigkeitsvorstellungen, das ist eine Variante, die erst durch den Menschen ins Spiel gebracht wurde, wahrscheinlich ist es der Hauptunterschied zwischen Mensch und Tier, nämlich dass der Mensch versucht, von der Natur zufällig verursachte Ungerechtigkeiten durch ein ethisches Moralsystem auszugleichen.
Das finde ich soweit auch alles richtig und gut, ich glaube allerdings nicht, dass es machbar ist, alle Unterschiede zu beseitigen und vor allem bin ich nicht der Meinung, dass diejenigen, die mehr haben, also mehr Möglichkeiten, mehr Fähigkeiten, mehr Reichtum etc., dass die alleine dafür verantwortlich sind, diejenigen, die weniger haben, "auszuleveln" und vor allem sehe ich keine Notwendigkeit, jemanden zu unterstützen, der im Grunde sehr gut alleine klarkäme, das aber durch seine eigenen Ansprüche selber boykottiert.
Selbstverwirklichung ist sicherlich etwas Tolles, wer träumt nicht von einem komplett selbstbestimmten Leben, nur tun und lassen, was einem selber gefällt und alles, was keinen Spaß macht, kurzerhand zur Seite schieben. Yolo, schon klar.
Und wenn man sich vor lauter Yolo in eine Sackgasse manövriert hat, wird da schon jemand sein, der einen wieder rausholt, da hat man schließlich einen Anspruch drauf.
"Ich möchte nur, was mir zusteht." ist so ein Satz, auf den ich in aller Regel sehr allergisch reagiere, damit wird nämlich eine Schuldumkehr bewirkt. Plötzlich sieht es so aus, als ob da jemandem etwas vorenthalten wird, was ihm aktiv weggenommen wurde. Diebstahl sozusagen, dabei übersehen viele Leute, dass sie im Zweifel niemals das Eigentum an dem hatten, was sie da "zurück"verlangen.

Triage ist als Wort erst zu einer flächendeckenden Bekanntheit gelangt, seitdem wir Pandemie haben, es beschreibt aber ein System, was sich auch außerhalb der Medizin vielfältig anwenden lässt. Nämlich immer dann, wenn begrenzte Ressourcen mit dem maximalen Nutzen für den gewünschten Output eingesetzt werden sollen. Ich helfe gerne anderen Menschen und ich gebe auch gerne ab, wenn ich selber schon versorgt bin, aber ich möchte erstens selber entscheiden, wem und was ich abgebe und außerdem versuche ich mit dem, was ich an Leistung/Geld/Zeit/Energie/Kraft abgeben kann, auch einen sinnvollen Nutzen zu erreichen, also Triage bei der Beurteilung, wen ich womit unterstütze.

Das alles ging mir so durch den Kopf, als ich über Schmerzen nachdachte, weil ich mir nicht sicher war, ob ich mich selber bemitleiden würde, wenn ich mein eigener Klon wäre, denn auch Mitleid ist eine Form von Unterstützung. Empathische Seelenunterstützung. Wer jemanden bemitleidet, gibt ihm etwas von seiner eigenen Kraft und Energie ab, denn man trägt das Leid des anderen ein Stück weit mit und entlastet ihn so.
Und im Ergebnis stellte ich fest, dass ich mich wahrscheinlich selber nicht bemitleiden würde (obwohl die Rückenschmerzen echt ganz schrecklich gruselig waren), aber ich hatte sie doch selber verursacht und in solchen Fällen versagt mein Mitleid komplett. Alles, was ich dann maximal bereit bin als Unterstützungsleistung anzubieten, sind nüchterne, pragmatisch notwendige Lebenserhaltungsmaßnahmen, in diesem Fall zwei Ibus und ein flüchtiges Kopftätscheln: "Wird schon wieder und beim nächsten Mal überleg dir vorher, ob du dein Wasserbett abgeben willst und mach vor allem gefälligst endlich mal vorbeugende Rückengymnastik. Und wenn du keinen Bock auf Rückengymnastik hast, na, dann beschwer dich nicht."

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Mittwoch, 3. März 2021
Rente mit 40
Gestern hatte ich keine Zeit, deshalb war ich sehr froh, dass J für mich eingesprungen ist und meinem Blog die Schmach eines Bloglochs erspart hat, auch wenn er selber grade hauptsächlich mit Erholen beschäftigt ist, denn er hat am Montag seine letzte Klausur geschrieben und kann das Semester nun offiziell als "bestanden" markieren und sich auf ausschweifende drei Wochen Semesterferien freuen, in denen er allerdings noch weiter in der Apotheke arbeiten wird, um sein Stundenkonto für das kommende Semester ein wenig auf Vorrat zu befüllen.
Entdeckt hat er dabei, dass man sich durch Arbeiten ganz schön viele Stunden Freizeit klauen kann, eine Erkenntnis, die seine Schwester parallel auch grade gewonnen hat und mir tun beide Kinder ein bisschen leid, weil ich keine Lösung weiß, wie ich sie an dieser Stelle vor der Brutalität des Lebens schützen kann.

Oder ist das jetzt genau das klassische Problem, das die Generation Y kennzeichnet?
Zitat aus der Wikipedia, die ihrerseits die Heinrich-Böll-Stiftung zitiert:
?Die Gruppe der heute 18 bis 38-Jährigen ist die erste Generation in westlichen Gesellschaften, die ohne Systemalternative aufgewachsen ist, nach den großen Ideologien. Als Generation Y [WHY] wird ihr nachgesagt, sinnerfüllende Arbeit und Freizeit mit einem hohen Maß an sozialer Sicherheit verbinden zu wollen. In den Augen dieser Generation scheint alles eine Frage der individuellen Prioritätensetzung zu sein. Leben diese jungen Menschen damit einen Traum, den bereits frühere Generationen träumten, ohne ihn verwirklichen zu können? Oder handelt es sich nur um die neueste Form eines Kapitalismus, der Non-Konformismus, Weltoffenheit und Technikaffinität braucht? Und wie wirkt sich die Dialektik von hohen Sinnerwartungen im Arbeiten einerseits und dem Rückzug ins private Freizeitglück andererseits auf das politische Leben aus?"

Für mich besteht die Alltagsrealität schon seit vielen, vielen Jahren schwerpunktmäßig aus Erwerbsarbeit, dass man sich mit Arbeit den ganzen Tag versauen kann, habe ich schon früh bemerkt, aber in den letzten 40 Jahren leider keine Alternative dazu gefunden.

Spannend finde ich den Ansatz der Frugalisten, deren bekanntester Vertreter wahrscheinlich der Blogger Oliver Noelting ist, der mit seinem Blog sogar 2019 den Finanzblog Award gewonnen hat.
Die Idee, einige Jahre beruflich voll reinzuhauen, dabei sparsam zu leben und in der Zeit so viel Kapital anzuhäufen, dass man dann schon mit 40 in Rente gehen kann, ist ja auch durchaus charmant, ich fürchte nur, es ist für die meisten nicht ganz so leicht umzusetzen, wie es sich auf den ersten Blick liest.

In der FAZ stand dazu gestern auch ein Text.
Der Artikel liegt hinter der paywall, aber die Kernaussage lässt sich kurz zusammenfassen:
Man muss sich überlegen, wie viel man meint, im Monat brauchen zu müssen, muss sich entscheiden, wie lange man (davon) leben möchte und sollte dann noch eine Meinung haben, ob man seine "Rente" inflationssichern möchte und wenn ja, wie hoch und mit welcher Verzinsung man für das vorhandene Kapital durchschnittlich rechnen kann.
Diese Eckwerte kann man dann entweder in eine Barwertformel in einer Excel-Tabelle eingeben oder man nutzt einen der praktischen online-Internet-Rechner, die die passende Formel hinter einer komfortablen Eingabemaske schon programmiert haben.
Im Artikel wurde die Seite Zinsen berechnen verlinkt, wo man zB ausrechnen lassen kann, dass man heute 716.732,61 Euro braucht, wenn man für die nächsten 40 Jahre monatlich 1.500 Euro ausgeben möchte und davon ausgeht, dass man nur 1% Rendite erhält, was man aber auch sofort wieder in eine Dynamisierung steckt, weil man auch mit einer Inflation von 1% rechnet.

Die Schwierigkeit ist auf der einen Seite, dass man sich heute schon entscheiden muss, wie lange man noch leben will, weil, wenn man den Plan so aufzieht, wie hier beschrieben, dann ist am Ende der Rentendauer eben auch das Kapital verbraucht, wenn dann noch Leben übrig ist, ist blöd.
Und auf der anderen Seite gibt es halt noch ein paar Imponderabilien, die nur schwer im Voraus zu berechnen sind.
Was ist, wenn ich nach einigen Jahren dann doch deutlich mehr Geld brauche, bspw. weil ich meine Kinder unterstützen will (oder muss)?
Was ist, wenn der Euro crasht?
Was ist, wenn die gewählte Geldanlageform keine gute war?
Was ist, wenn ich zwischendurch mal größere Ausgaben habe?
Was ist, wenn ich meine Bedürfnisse falsch kalkuliert habe und ich deshalb irgendwann mit der Rente nicht mehr auskomme? Denn mal ehrlich, 1.500 Euro habe ich jetzt nur so gegriffen, weil sich das ja schon viel anhört für nichts tun, aber man muss dabei auch bedenken, dass man sich dann privat krankenversichern muss und dann bleiben von den 1500 nur noch 1000 oder weniger über und dann wird es langsam eng. Wenn man davon auch noch Wohnen und Reisen und ab und zu mal ein paar Extras bezahlen will, wird man auf Dauer mit 1500 nicht auskommen.
Wahrscheinlicher wird man also eher 3000 im Monat brauchen, um noch ein bisschen Puffer zu haben, dass man sich von seiner eigenen Rente auch mal was ansparen kann, wenn ich aber 40 Jahre lang 3000 Euro Rente entnehmen möchte, dann brauche ich unter den gleichen Bedingungen eben auch einen doppelt so großen Kapitalausgangsstock, also über 1,4 Mio.
Wenn man sich dann noch überlegt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland inzwischen bei 81 Jahren liegt, was aber auch bedeutet, dass es eine Menge Leute gibt, die älter werden, dann muss man sich gut überlegen, ab welchem Alter man diese Rente beginnen will und wie viele Jahre man da wirklich einkalkuliert.

Sind halt schon eine Menge Unsicherheiten, auf die man sich mit so einem Modell einlassen muss, wenn man 25 Jahre früher als der Rest der Bevölkerung in Rente gehen will - für mich wäre das deshalb nichts gewesen, wenngleich ich grundsätzlich durchaus etwas Ähnliches gemacht habe. Ich habe auch im Laufe meines aktiven Arbeitslebens viele Jahre lang sehr sparsam gelebt, um nebenher an einem Vermögensaufbau zu arbeiten, der für mich immer die persönliche Altersvorsorge war. Ich habe ja eher wenig Vertrauen in staatliche Systeme, weshalb ich es klug fand, meine Altersvorsorge selber zu organisieren und das hat tatsächlich gut funktioniert, so dass ich mir heute schon keine Sorgen mehr um später machen muss. Aber wie gesagt, mit 40 hätte ich dazu noch nicht den Mut gehabt
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Freitag, 22. Januar 2021
Gendersprache
Zunächst hatte ich "Gendern" als Überschrift gewählt, daraus machte meine Autokorrektur aber "Geldern". Ich glaube, meine Autokorrektur kann sich nicht vorstellen, dass ich wirklich gendern will.
Ich habe deshalb die Überschrift angepasst, jetzt akzeptiert es auch meine Autokorrektur.

Ich habe mir ja schon mal Gedanken zur Gendersprache gemacht und bin dabei für mich zu dem Schluss gekommen, dass ich lieber meine eigene, alterspassende Sprachversion weiterverwende und lehne es deshalb aktiv ab, gegenderte Ausdrücke zu benutzen. Genausowenig wie ich "Alter" , "Digga" oder "Babo" sage, sage ich Mitarbeit*ende oder Arbeiter*innen. Wobei, Mitarbeit*ende, mit einem Glottal-Stop beim Sternchen, macht mir ja schon wieder Spaß.
Neulich habe ich den Kindern erklärt, wo die Außenbeleuchtung für das Haus bedient wird: "Ihr müsst den Schalter innen benutzen." - Was meine Tochter dazu brachte, mich verwundert zu fragen, weshalb ich jetzt doch gendere und dann ausgerechnet Schalter.

Nun ist es allerdings gesetzlich verankert, dass bestimmte Stellen eine "geschlechtsneutrale" Sprache benutzen müssen und da ich mit solchen Stellen viel zusammenarbeite, bin ich immer dann beruflich gezwungen Formulierungen in einer Sprache zu schreiben, die sich für mich an vielen Stellen anhört wie eine ziemlich abstruse Jugendsprache, wenn ich "offizielle" Schriftstücke erstelle. Dazu gehören Gesellschaftsverträge, Vorlagen und Protokolle, also all die Texte, die sowieso schon nicht mit schöner Sprache punkten. Konsequent durchgegendert werden diese Texte dann allerdings zu einer ungemein spaßigen Lachnummer, im Zweifel muss man also nur die richtige Brille aufsetzen, dann geht es schon wieder.

Da ich für all diese Texte jetzt also eine 150%ige Folgsamkeit plane, denn erst mit wirklich umfänglich umgesetzter Gendersprache wird es ein Spaß, alles andere ist nur peinlich und albern, habe ich mich im Netz informiert, wie hardcore Gendern professionell funktioniert und bin dabei auf diese Seite gestoßen:

Geschickt gendern


Genau genommen habe ich die Seite schon vor ein paar Tagen gefunden, ich konnte aber noch nichts dazu schreiben, weil ich vor lauter Kichern nicht mehr tippen konnte. So viel Spaß hatte ich wirklich selten. Andererseits muss man dazu auch gar nichts mehr schreiben, das Wörterbuch spricht einfach für sich.

Unabhängig von dem Spaßfaktor, den ich dem Ganzen verzweifelt versuche abzuringen, und unabhängig von der Tatsache, dass ich es schlicht eine Vergewaltigung der Sprache finde, wenn man mit der Brechstange versucht, Wörter zu ersetzen, die einer bestimmten Gruppe von Menschen (allerdings zugegeben, einer sehr lauten und sehr durchsetzungsstarken Gruppe von Menschen), die also einem Teil der Bevölkerung nicht mehr genehm sind, habe ich mir auch noch mal Gedanken darüber gemacht, wie ich die grundsätzliche Idee dahinter beurteilen würde, wenn ich 30 Jahre jünger wäre.

Ich habe als Begründung, weshalb Gendern in der Sprache wichtig ist, verstanden, dass es um die Sichtbarkeit der Frau geht und dass Feministen meinen, dass es für Frauen wichtig sei, dass sie sichtbarer werden, damit sie mehr Rechte bekommen.

Wenn das der einzige Grund ist, und ich habe tatsächlich noch keinen anderen gefunden, der sich nicht auf diese grundlegende Kernthese bezieht, ist es für mich relativ einfach, tatsächlich auch selber eine Meinung zum Gendern zu haben, dann lehne ich Gendern nämlich schon deshalb ab, weil ich bei der Kernthese nicht mitgehe.

Meine Grundüberzeugung ist, dass ich nicht glaube, dass man der Mehrheit der Frauen damit einen Gefallen tut, wenn man sie "sichtbarer" macht, weil "Rechte" überhaupt nichts mit Sichtbarkeit zu tun haben. Die kann man komplett unabhängig davon regeln und hat hier auch schon sehr, sehr viel geregelt.

Dass die Mehrheit der Frauen von einer erhöhten Sichtbarkeit nicht profitiert, ist soweit allerdings auch wirklich eine "Glaubensfrage", denn es wird schwer sein, die Mehrheit der Frauen danach zu befragen, ob sie sprachlich und damit in der Gesellschaft sichtbarer werden möchten. Eine einfache Umfrage brächte hier kein sinnvolles Ergebnis, weil ich gleichzeitig der festen Überzeugung bin, dass die allermeisten Frauen sich der Folgen dieses Sichtbarseins gar nicht bewusst sind. Auf den ersten Blick hört sich das nämlich nur positiv an, sichtbar zu sein, mit "unsichtbar" lassen sich spontan viel mehr negative Attribute verknüpfen.

Dabei hat sichtbar sein tatsächlich eine ganze Menge Nachteile. Das kennt doch jeder aus der Schule - in der letzten Reihe saß es sich einfach bequemer und friedlicher als vorne in der ersten Reihe, wo man pausenlos sichtbar war.
Wer sichtbar ist, muss sich auch sichtbar benehmen. Der muss vorangehen, die komplizierten Dinge im Leben regeln, die Verantwortung übernehmen und sich im Zweifel auch totschießen lassen.
Ich habe noch nie verstanden, wo dabei der Vorteil ist, ich kann aber sehr gut verstehen, dass die Männer keinen Bock mehr haben, immer alleine vorne zu stehen. Deshalb ist meine Theorie, dass der moderne Feminismus im Grunde ein reines Männerprojekt ist, weil es natürlich ärgerlich ist, dass Frauen heute alles dürfen und alles können, aber nicht alles müssen. Das ist ungerecht, das sehe ich durchaus, aber ich sehe nicht, weshalb ich mithelfen sollte, das zu ändern, so viel Altruismus bringe ich schlicht nicht auf.

Und deshalb lehnte ich eine Gendersprache auch dann ab, wenn ich 30 Jahre jünger wäre und mich nicht mehr bequem über das Alterstürchen rausmogeln könnte.
Denn hier kommt wieder Sprache ins Spiel: Worte machen Dinge wahr.
Genau deshalb möchte ich eigentlich gar nicht über eine unterschiedliche Sichtbarkeit reden und fände es perfekt, wenn man es lässt wie es ist. Jede Frau, die gerne sichtbar sein möchte, setzt sich in die erste Reihe und fertig.
Quoten für die Platzverteilung finde ich deshalb vollkommen in Ordnung, nur so kann man vermeiden, dass sich die Jungs, denen die hintere Reihe verwehrt wird, zusammentun, als Rüpelclique den Ton angeben und Frauen einen Platz in der ersten Reihe nur aus Nickeligkeit verwehren.
Da ich übrigens schon seit vielen Jahren sehr viel mit Politikern und politisch besetzten Verwaltungsbeamten zu tun habe, hat sich meine Meinung zum Thema "Quotenfrau" um 180° gewendet. Ich bin absolut für Quotenfrauen, weil ich finde, dass es nur fair ist, wenn neben den großen Mengen an inkompetenten Netzwerkjungs auch eine passende Anzahl an inkompetenten Frauen ihren Platz in der Verwaltung findet.


Zurück zur Gendersprache, da geht es viel um das generische Maskulin und dass das von übel ist.
Unabhängig davon, dass ich das mit dem "sichtbar machen" ja anders sehe, finde ich es auch ausgesprochen sinnvoll, einen einheitlichen, geschlechtsübergreifenden Begriff für alle Geschlechter zu haben, oder, um es andersherum auszudrücken, eben nicht permanent geschlechtsspezifische Unterschiede sprachlich zu markieren, weil es in ganz vielen Begriffen schlicht egal ist, ob der Mensch, von dem man redet, ein Männlein oder ein Weiblein oder etwas Unbestimmtes ist, weil es schlicht GAR NICHT auf das Geschlecht ankommt. Man unterscheidet ja auch nicht nach Schuhgrößen oder nach Haarlänge und erwähnt das jeweils extra. Frauen und Männer mögen sicherlich unterschiedlich sein, wenn es um körperliche Fähigkeiten wie Kraft, Stärke und Ausdauer geht, sie in sportlichen Disziplinen also nach Mann und Frau getrennt zu bewerten, scheint sinnvoll, aber alle Tätigkeiten, die nur was mit der Menge Grips im Kopf zu tun haben, kann man komplett geschlechtsneutral bewerten, denn hier gibt es keine messbaren Unterschiede. (außer dass Frauen natürlich klüger sind, aber das ist ein anderes Thema…)
Insoweit konzediere ich einer Sprachveränderung im Rahmen der geschlechtsneutralen Sprache eine gewisse Berechtigung, wobei ich persönlich als bekennender Chauvinist mit dem generischen Maskulin als geschlechtsneutrale Grundform sehr gut klar komme. Ich kann halt alles, was ein Mann kann, und was eine Frau kann, kann ich noch zusätzlich, das ist eine ganz natürliche Überlegenheit, die muss ich doch nicht verleugnen
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Mittwoch, 14. Oktober 2020
abgedriftete Gedanken
Die Wetterberichte berichten mal wieder über das Wetter von ganz woanders, hier im Münsterland war es auf alle Fälle heute weder regnerisch, noch stürmisch oder überhaupt sonstwie uselig, es war einfach nur Herbst, was ich Mitte Oktober aber auch ziemlich normal finde.
Viel erstaunlicher dagegen finde ich, dass die Störche in den Rieselfeldern wohl beschlossen haben, sich besser als die Menschen an die Coronaregeln zu halten und deshalb ihre Zugvogelgene einfach ignorieren und kurzerhand hierbleiben. Nix Überwintern im Süden dieses Jahr, jeder bleibt wo er ist, nur so kriegen wir das Virus in Griff.
Deshalb sind die Störche noch alle da und eben nicht ins Winterquartier abgeflogen.



Man kann sich nur wundern.

Überhaupt macht die Natur seltsame Dinge, mitten auf dem Rasen hinterm Haus ist eine Lilie aus dem Gras gewachsen. Wunderschön, kerzengrade und mit vielen Blüten. Wie kommt da die hin?

Irgendwie kommt mir doch recht unheimlich Matthäus 6 in den Sinn
Seht die Vögel unter dem Himmel: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen......
und seht die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen, sie arbeiten nicht, sie spinnen nicht......

und doch funktioniert alles.
Vielleicht steckt hinter dem ganzen Coronakram ja doch ein höherer Plan und wir sollen einfach nur alle mal lernen, dass dieses ewige hektische Rumwuseln im Grunde ziemlich überflüssig ist und es uns genauso gut geht, wenn wir einfach mal an einer Stelle bleiben.

Okay, Philosophie-Esotherik-Modus aus, aber es fasziniert mich halt schon, weshalb so viele Menschen meinen, nur wenn man viel unterwegs ist, lebt man das wahre Leben.

Ich war heute einfach nur im Büro, das ist, ganz unbestritten zugegeben auch nicht das wahre Leben, aber ich betrachte dieses Bürodasein ja auch als absehbar endlich, zumindest rechtfertige ich mich mit dieser Entschuldigung vor mir selber
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Dienstag, 12. März 2019
Einzelgedanken
Ich habe heute über diverse, zusammenhanglose Einzelthemen nachgedacht.
Heute morgen zB bin ich extra nochmal umgedreht (weil ich morgens meist noch im Nachtwandelmodus unterwegs bin und eigentlich immer nur die eine einzige, unveränderliche Streckenführung ins Büro beherrsche), weil mir einfiel, dass wir dringlich ein neues Brot brauchen, dass das abends aber fast immer schon ausverkauft ist und dass es deshalb klug sein könnte, es einfach mal morgens zu kaufen. Die einzige Schwierigkeit dabei ist, die seit Jahren zementierten Gewohnheitsbahnen zu durchbrechen.

Und als ich dann morgens um 9.30h bei Lidl stand und voller Andacht das volle Brotregal bewunderte, habe ich mir überlegt, dass es doch prima wäre, wenn ich mein Brot online kaufen könnte, es aber offline abends im Geschäft abholen müsste. Dann wäre das Problem mit dem abends ausverkauft gelöst und ich bin sicher, Lidl machte auch mit anderen Produkten noch viel mehr Umsatz. Wäre nur mal so eine Idee von mir.

Während des Tages habe ich dann mal wieder über den tiefbegabten Assistenten der Geschäftsführung nachgedacht. Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man ständig gespiegelt bekommt, dass man alles falsch macht (und auch die Sekretärin lässt ihn das sehr deutlich spüren), aber weiß, dass man auf der Gehaltsrangliste direkt nach Geschäftsführung entlohnt wird. Schämt man sich dann oder ist man von einer Dauerpanik begleitet? Dieser Mensch wird für mich ein Dauerphänomen bleiben.

Übermorgen ist Hexensabbat - der dritte Freitag des ersten Quartals, da werden reihenweise Optionen fällig. Ich war also während des Tages einige Zeit damit beschäftigt, Übersichten zu erstellen, bei welchen Optionen für welche Firma wir dringend irgendetwas entscheiden müssen und im Rahmen dieser Tätigkeit fiel mir auf, wie wenige Menschen freiwillig bereit sind, Dinge unter Risiko zu entscheiden und damit auch die Verantwortung für die Entscheidung zu übernehmen.
Ich glaube, das ist der Hauptgrund für die Langsamkeit der Verwaltung. Warum sollte ich etwas erlauben, was ich mit weniger Risiko viel besser verbieten kann?

In der Mittagspause habe ich heute mal die Beine hochgelegt und Blogs gelesen. Dabei bin ich auf diesen Eintrag von Isabel Bogdan gestoßen - noch mehr Weltfrauentag, aber ich glaube, diese Variante der Umsetzung gefällt mir. Ich muss das mal in Ruhe ausarbeiten, aber den Anfang habe ich schon:

Meine Lieblingsfarbe ist gelb. Zumindest wenn es um Autos geht und das Auto ein Punto Cabrio ist. Wenn das Auto ein Golf GTI ist, dann muss es natürlich rot sein. Und ein Beetle Cabrio ist nur in silber schön. British racing green finde ich auch toll, vor allem für Jaguars, den ich aber nur im Wege der Erbnachfolge mal kurz besessen habe. CW hatte einen, sogar einen links rechtsgesteuerten*, wie es sich gehört, wenn man auf Blödsinn steht, leider war der silber, was den Verkauf nach CWs Tod deutlich erleichterte. (ich meine damit, mir fiel die Trennung weniger schwer. Wenn der Wagen british racing green gewesen wäre, hätte es passieren können, dass ich ihn nicht hätte verkaufen wollen, was wiederum aus vielen anderen Gründen nicht gut gewesen wäre.)
*nachträglich geändert, denn das habe ich erst nachträglich begriffen, dass ich mal wieder die Seiten vertauscht habe. In Ländern mit Linksverkehr sind die Autos rechtsgesteuert, was für ein englisches Auto damit der "Originalzustand" ist und genau so eines hatte CW. Ich meinte also das andere Links.

Ansonsten ist meine Lieblingsfarbe immer die, die in dem jeweiligen Umfeld für das jeweilige Setting die aktuell beste ist.
Ich wundere mich sehr, dass es Menschen gibt, die nur eine Lieblingsfarbe haben. Ich habe viele.

Am Abend waren wir beim Griechen. Dort habe ich mich mit K unterhalten. Unter anderem über Babyphone. Die gibt es seit Mitte der 80er Jahre. (https://babyphone.info/seit-wann-gibt-es-babyphone/)
Ich hatte auch eines, allerdings stand die Gegenseite nicht im Kinderzimmer, sondern ich hatte sie im angeschlossenen Büro platziert, weil ich CW im Verdacht hatte, dass er zur Sekretärin, die er extra für das angeschlossene Hausbüro eingestellt hatte, deutlich zu enge Beziehungen pflegt. Dieser Verdacht hat sich allerdings nie bestätigt. Fürs Kinderzimmer fand ich das Babyphone aber immer ausgesprochen überflüssig, Babys erzählen noch gar nichts Spannendes, weshalb sollte man die also abhören? Wenn die ansonsten schreien, hört man sie entweder sowieso - und wenn man sie nicht hört, wird es wohl nicht so schlimm sein. Ich bezweifle hartnäckig, dass sich irgendein Mensch daran erinnert, dass er mit drei Monaten ungehört in der Wiege vor sich hinschrie und dass er sich deshalb nur verzögert entwickeln konnte.

Nach einem Griechenbesuch denke ich traditionell über nichts mehr nach, weil, nach zwei Ouzo und einem großen Bier ist das mit den Nachdenken nicht mehr so einfach
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