anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Samstag, 12. Juli 2025
Überlegungen zu künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist ja schon seit längerem ein großes und immer größer werdendes Thema und je mehr darüber gesprochen und geschrieben wird, umso mehr entfernt sich die Verwendung des Begriffs "KI" (oder Eyh-Ei, wie intellektuell besonders schicke Menschen sagen) von der Definition, die ursprünglich mal dafür entwickelt wurde.

Frage ich die KI (in meinem Fall Perplexity), was KI ist, dann bekomme ich Antworten wie:
- Oberbegriff für Technologien, die Maschinen dazu befähigen, Aufgaben zu erledigen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern.
- Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet die Fähigkeit von Maschinen oder Computersystemen, menschliche kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen, Problemlösen und Kreativität zu imitieren
Aber auch:
- Die Definition von KI ist nicht eindeutig, da auch der Begriff „Intelligenz“ unterschiedlich interpretiert wird. Grundsätzlich geht es aber immer um die Automatisierung von intelligentem Verhalten durch Computerprogramme und Algorithmen

Ich verfolge mit einem gewissen Amüsement, wie sich insbesondere echte und vor allem selbsternannte IT-Freaks richtig niedlich darüber empören können, wenn wieder irgendeine Omma den Begriff falsch verwendet und zB normale Anwendungsprogramme aus dem Bereich Smart Home als "KI" bezeichnet. Alleine um dieses Augenrollen zu provozieren, liebe ich es, meine über das Internet bedienbare Heizungssteuerung als "KI" zu bezeichnen, denn ich finde es absolut intelligent von der Maschine, dass sie meine Heizung von 15°C auf 20°C hochdrehen kann, eine Leistung an der echte Menschen, die in diesem Haus zu Besuch sind, regelmäßig scheitern, weil sie die manuelle Bedienung der Heizung nicht begreifen.

Eine recht neue Richtung nahm das Spiel mit der richtigen Begriffsbezeichnung vor einiger Zeit, als immer mehr Menschen begannen, auch noch die unterschiedlichen Anwendungsgebiete von KI sauber auseinanderzuhalten und für alle Bereiche, in denen man ein KI-Programm als Informationsquelle oder als "Gesprächspartner" nutzte, diese Anwendungen dann nur noch als "LLM" zu bezeichnen, denn wer sich wirklich auskennt, weiß natürlich, dass die meisten Anwendungsfälle einer "KI" für private Nutzer normalerweise durch ein "Large Language Modell" erbracht werden und deshalb sagen echte Kenner auch nur noch "LLM", wenn sie mit einem intelligenten Chatbot sprechen.

Meine Anwendungsfälle für die KI basieren fast ausschließlich auf LLMs, weil ich mittlerweile fast nur noch Perplexity statt Google verwende, hier kann ich einen echten Entwicklungsfortschritt erkennen.

Ich benutze aber "meine KI" auch durchaus als Problemlöser, etwa wenn mal wieder Gäste alleine in dem Haus auf Borkum sind und die Heizung nicht manuell hochdrehen können oder den Lichtschalter nicht finden…….

Ich bleibe dabei, ich finde es ungemein intelligent von diesen Maschinensystemen, wie zuverlässig sie über die GLT das Haus bedienen können. GLT = Gebäudeleittechnik, auch dies ein völlig überdimensionierter Begriff für meine simplen SmartHome Lösungen auf Borkum, aber immerhin, so habe ich ein altes Haus ohne KNX-System einigermaßen gut aufgerüstet.
Aber auch moderne KNX-Systeme gelten nicht als KI, weil sie mit festprogrammierten Regeln und Abläufen und nicht als "lernendes System" funktionieren.
Ich finde diese Begründung unsinnig, denn selbstverständlich befolgen auch "lernende Systeme" festvorgegebene Regeln und Abläufe. Was denn sonst?

Mein Westfalenmann sagt, KI unterscheidet sich von Automation dadurch, dass KI selber Entscheidungen trifft und meint, das sei die Erklärung, warum ein reines KNX-System ohne zusätzliche KI-Komponenten nicht als künstliche Intelligenz gilt, sondern als klassische Automatisierung. Erst durch die Integration von KI – z.B. für lernende, adaptive oder vorausschauende Steuerungen – wird aus der Gebäudeautomation über KNX ein KI-gestütztes System. (Perplexity gibt eine ähnliche Antwort, wenn man fragt, ob ein KNX-System bereits als KI gilt.

Ich finde, alle diese Argumente greifen nicht, um den Begriff "KI" sauber von Automation zu unterscheiden.

Was macht denn ein Bewegungsmelder? Der "entscheidet" doch auch, ob er das Licht anschaltet oder nicht.
Was machen Regensensoren? - Das Fenster zu, wenn es regnet.

Und in diese Automatisierungsprogramm kann man jetzt seit neuestem KI integrieren, so dass das Programm dann schon ahnt, wann ich nach Hause komme und das Licht schon vorher einschaltet, weil es meine typischen Bewegungsmuster analysiert oder die Fenster schon schließt, bevor es regnet, weil es klug gelernt hat, die Wetterdaten zu interpretieren.
Und wenn ich mein Türschloss mit einem Fingerprintsensor oder einer Gesichtserkennungssoftware koppele, dann wird aus dem elektrischen Schloss plötzlich ein "intelligentes" Schloss?

Also echt mal, so viel intelligenter finde ich das alles wirklich nicht, da wurde das System einfach nur mit mehr Daten gefüttert und mehr Auswertungskomponenten dahinter. In einer Excel-Tabelle kann ich Ergebnisse über eine "wenn-dann-Formel" ausgeben lassen und all diese "intelligenten" Anwendungen kann ich mir sehr gut in einer hochkomplexen Excel-Formel vorstellen, wobei Excel hier das falsche Programm ist, aber ich meine ja auch nur die Grundsätzlichkeiten.

Und auch, dass eine KI von "sich selber" lernt, finde ich nicht so wirklich bemerkenswert - denn es stimmt ja in der Form gar nicht. Das Programm lernt, wenn es externes (menschliches) Feedback bekommt, dass es irgendwo Fehler gab. Dann sucht es sich einen neuen Lösungsweg. Aber wirklich "magic" oder besonders intelligent finde ich das auch nicht, kann man alles programmieren, wenn es gelingt, das, was bei Excel "Zirkelbezug" heißt, zu vermeiden.

Am besten gefällt mir noch der Hinweis, dass die Definition von KI nicht eindeutig ist, weil auch die Definition von Intelligenz nicht eindeutig ist. Ich erinnere mich noch sehr gut an den tiefbegabten Assistenten der Geschäftsführung - formal die zweitwichtigste Person in dem ganzen Laden. Wenn man mit Sicherheit Murks produzieren wollte, dann musste man nur diesen Typen selbstständig Entscheidungen treffen lassen - das ging immer daneben. Dabei war er ausgewiesen intelligent - zumindest wenn man davon ausgeht, dass er all seine Examensurkunden nicht gefälscht hat, was ich ihm nicht zutraue, dafür war er wirklich zu blöd.

Ich habe über KI nachgedacht, weil ich das Gefühl habe, dass ich für mich nur wenig interessante Einsatzgebiete für KI sehe.
Klar, überall dort, wo man mit simpler Automation menschliche Arbeit entbehrlich macht, finde ich KI super, aber dann hadere ich ja schon wieder mit der Definition des Begriffs. Angeblich ist das ja keine KI.

Wenn ich mir dagegen vorstelle, dass KI eingesetzt wird, um die Entscheidungen von Menschen zu ersetzen, dann bin ich sehr sicher, dass ich immer einen großen Bogen um KI machen werde, denn ich kann mir dann sehr gut vorstellen, welche Art von Entscheidungen eine KI treffen wird: Die, die breite Masse gut findet, oder welche, die der Entwickler der KI gut findet, aber ganz sicher nur sehr selten welche, die ich gut finde.

Wenn ich eines gelernt habe in meinem Leben, dann, dass meine Entscheidungen in den allermeisten Fällen ganz anders ausfallen als das, was die breite Masse gut findet oder was einzelne Großunternehmen gut finden.

Ich habe in meinem Leben sehr, sehr, sehr viele Entscheidungen gegen ein erwartbares Verhalten im Mainstream getroffen und ich habe fast nie auf den Rat von erfahrenen Menschen gehört, sondern mir Menschen gesucht, die (m)eine Mindermeinung teilten und mich dabei unterstützten, ich habe mir aber auch immer viel Mühe gegeben, meine Entscheidungen logisch, rational begründbar und konsistent zu treffen und trotzdem hätte sich die allermeisten Menschen in sehr vielen Situationen anders entschieden.
Ich will hier gar keine Wertung im Sinne von guten oder schlechten Entscheidungen reinbringen, aber ich bin nach inzwischen über 60 Lebensjahren immer noch mit den allermeisten Entscheidungen, die teilweise sehr weit weg vom Mainstream waren, immer noch sehr zufrieden und das ist ja wohl das, worauf es am Ende am meisten ankommt.
Und außerdem kann ich natürlich sowieso immer alles alleine.
Keine guten Voraussetzungen, um sich Entscheidungen von einer Maschine abnehmen zu lassen.

Ich sehe übrigens auch keinerlei Nutzen oder Mehrwert darin, sich von einer KI Texte schreiben zu lassen oder Bilder zusammenzubasteln. Okay, wenn ich beruflich gezwungen bin, Texte zu schreiben, die ich eh blödsinnig finde, dann kann ich es verstehen, aber dann ist ein KI-Text auch nichts anderes als die Texte, die ich schon immer per Copy&Paste aus meinem riesigen Mustersatzfundus zusammengestückelt habe. Dann ist es eine Automation für eine lästige Tätigkeit - da bin ich sofort dabei, das eine Maschine machen zu lassen. Ich habe mich schon seit jeher gefragt, warum solche Texte überhaupt geschrieben werden müssen, weil sie ja im Grunde auch niemand richtig liest - aber das ist ein komplett anderes Thema.

Aber warum lassen Menschen private Blogbeiträge von einer KI schreiben? Lassen die dann auch ihre Gummipuppe für sich masturbieren, damit sie sich nicht selber damit beschäftigen müssen?

Ich meine, die haben doch einen Knall, warum haben sie dann überhaupt ein Blog? Geltungssucht? Minderwertigkeitskomplexe?
Ich werde es wohl nie begreifen.

Was bleibt, ist die Frage, wer was unter KI versteht. Für mich ist eine nützliche KI eine weiter fortgeführte, hochkomplexe Automation, das finde ich in allen Bereichen positiv.
Dabei ist es mir völlig wurscht, welcher Fachbegriff grade korrekt oder weniger korrekt oder falsch ist. Ich bin aus dem Alter raus, wo ich durch den gezielten Einsatz von fachgerecht verwendeten Imponiervokabeln Eindruck schinden möchte. Ich möchte eigentlich bei überhaupt gar niemandem mehr Eindruck schinden, einfach deshalb, weil ich es nicht mehr muss. Das ist eine sehr komfortable Situation, die ich auch sehr bewusst genieße, intellektuelles Verlottern nenne ich das und ich bin damit ungemein zufrieden
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(Abgelegt in anjemerkt und bisher 33 x anjeklickt)

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Sehr gut!
„Intellektuell besonders schicke Menschen“ gefällt mir gut, werde ich mir merken.

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