anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 23. Oktober 2024
Die Uhr hing schief
Noch ein Tag mit schönem Wetter, nur 2-3°C kälter als gestern, beim Fahrradfahren steckte ich immer abwechselnd eine Hand in die Jackentasche, mit Fahrtwind war es dann durchaus schon frisch für so nackichte Hände.

Ich merke aber auch, dass meine Kältetoleranz sinkt, wahrscheinlich werde ich im Alter zu einem von diesen alten Menschen, die ihre Wohnung immer auf mindestens 25°C heizen müssen, um nicht zu frieren.
Die Thermometer hier im Haus zeigen eine Raumtemperatur von 20°C, wirklich warm genug wird es mir abends aber nur, wenn der Ofen auch noch an ist.
Oder meine Heizdecke. Mein neues Lieblingsteil. Eine große, kuschelige elektrische Heizdecke. TOLL!

Ich musste heute noch mal ins Dorf, weil C nächsten Monat mit zwei Freundinnen für eine Woche nach Borkum kommt und sie alle zusammen gerne im Gezeitenland schwimmen gehen wollen, dazu braucht man eine Kurkarte.
Grundsätzlich müssen fremde Leute schon von Gesetz wegen hier Kurtaxe bezahlen, auch wenn sie nicht in einem gewerblichen Beherbungsbetrieb absteigen, aber wenn sie privat wohnen ist es natürlich schwieriger das zu kontrollieren.
Also war die Stadt so klug einzuführen, dass man in allen öffentlichen Einrichtungen seine Kurkarte vorzeigen muss, was den Anreiz, sich so ein Ding freiwillig zu besorgen, eindeutig erhöht.
Wenn man in einem Hotel oder bei einem registrierten Vermieter wohnt, ist der Vermieter verpflichtet, seine Gäste anzumelden, Leute, die privat untergebracht sind, müssen sich selber darum kümmern und ohne Anmeldung keine Kurkarte, ohne Kurkarte kein Schwimmbad (und vieles andere, was Gäste hier gerne so besuchen, auch nicht.)

Weil C und ihre Freunde am Wochenende anreisen
und die Gästeverwaltung nur an Wochentagen geöffnet ist, habe ich gesagt, dass ich mich jetzt schon mal um diese Anmeldung kümmern werde, macht es für alle Beteiligten einfacher.

Ich fuhr also in die Kulturinsel, stellte mich in die Schlange vor dem Schalter und schaute auf die Wand vor mir. Nach fünf Minuten brauchte ich dringend eine mentale Ablenkung, denn die Uhr hing schief und ich spürte immer intensiver, wie sich die Anziehung dieses Loriot-Sketches begann, meiner zu ermächtigen.



Bevor es zum Äußersten kam, drehte ich mich um und stand dann eben rückwärts in der Schlange. Hinter mir kam noch jemand, schaute auf die Uhr, sah, dass ich falschrum in der Schlange stand und fragte mich: "Stehen Sie an? Ist es die Uhr?", als ich nickte, sagte er, dass er das sehr gut verstehen könne und drehte sich auch um.
Leider kam danach niemand mehr, ich hätte es lustig gefunden, wenn eine richtig lange Schlange andersrum gewartet hätte.

Als ich schließlich an der Reihe war, besorgte ich für C eine Angehörigen-Jahreskarte, die ich ihr per E-Mail schicken ließ, was einwandfrei funktionierte und sie konnte den Auisweis auch sofort in ihrem Wallet speichern, endlich mal eine erfolgreiche und komfortable Umsetzung der Digitalisierung in der Verwaltung.
Den Antrag für diese Verwandtenkarte konnte ich vorab schon im Internet runterladen und ausfüllen, auch das war sehr komfortabel.

Den Antrag für die fremden Gäste gab es allerdings nicht im Internet und die Dame hinter dem Verwaltungstresen sagte, dass sie in mir auch nicht einfach so mitgeben dürfe, händigte mir aber zwei Blankoformulare aus, die ich dann an Ort und Stelle per Hand ausfüllen durfte.
Natürlich fotografierte ich das Formular sofort mit dem Handy, schon allein deshalb, weil es offiziell verboten war. Manchmal wundert man sich schon, wie lange solche skurrilen Verwaltungsstilblüten überleben können, denn grundsätzlich stand auf diesem Formular auch nichts wesentlich anderes als auf dem Antrag für die Verwandtenkarte.

Nach dem ich erfolgreich ganz viele Gästekarten für den kommenden Besuch erworben hatte, fuhr ich zum Kleinbahnschalter und besorgte mir noch zwei Fahrkarten. Es ist immer ein beruhigendes Gefühl, wenn man all diesen lästigen Verwaltungskram erledigt hat.

Zum Abendessen gab es Schnitzel, gemischtes Gemüse mit Pilzen, Jägersoße und Kartoffeln. Verglichen mit vielen exotischeren Gerichten, die deutlich komplizierter klingen, ist die Zubereitung nicht schwierig, aber aufwendig, allein das Panieren von Schnitzeln verursacht Mengen an dreckigen Töpfen und Tellern und Brettchen.
Morgen gibt es wieder was aus dem Tiefkühler
.
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