anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Montag, 21. Oktober 2024
Wer hat's gemacht?
Herr Buddenbohm verlinkt ein YouTube-Video mit einem Song von Fleetwood Mac, ich lasse das Lied laufen, während ich neben K im Bett liege und warte darauf, wie viele Takte der einleitenden Trommelmusik er wohl braucht, um reflexartig Gruppe und Titel des Musikstücks zu nennen. Das macht er nämlich meistens, wenn irgendwo Musik aus den 70er oder den (frühen) 80er gespielt wird, sein Ehrgeiz besteht darin, nicht länger als fünf Sekunden für das Erkennen eines Musikstücks zu benötigen. Meistens ist er schneller als Shazam.
K hatte in den 70er und bis in die 80er eine intensive Tonband-Musikaufnahme-Sammelleidenschaft und kennt so ziemlich jeden Titel aus den jeweiligen Top 100 Jahres-Charts. Auch in den Titeln aus den 60ern ist er ziemlich gut orientiert, die hat er nachträglich noch abgearbeitet, denn in den 60ern war er selber noch zu klein, um schon aktiv zeitnah auf seinem Tonband die jeweils aktuellen Titel mitzuschneiden, sie wurden aber auch in den folgenden Jahrzehnten noch reichlich im Radio gespielt.

Faszinierend finde ich, dass er die Titel nicht nur blitzschnell erkennt (oft nach den ersten 1-2 Takten des Intros) und dann nicht nur den Namen des Stücks, sondern auch grundsätzlich den Interpreten dazu und oft auch das Veröffentlichungsjahr aufsagen kann. Ich bin in dieser Disziplin der komplette Vollversager, selbst wenn ich Musik kenne, habe ich doch sehr oft keine Ahnung, wie das Stück nun genau heißt und vor allem weiß ich fast nie, wer der Interpret ist oder war.

Das liegt sicherlich an meinem sehr schmalspurigen Musikgeschmack und dem daraus resultierenden, mangelnden Interesse für Populärmusik. Ich kann ja noch nicht mal die einzelnen Musikrichtungen wie Rock, Pop, Metal, Hardrock, Techno, House oder was auch immer es da gibt, benennen oder gar unterscheiden. Das einzige, was ich zuverlässig erkenne, sind Chansons oder Liedermacher.
Das meiste, was ich durch Zufall so im Radio höre, ist mir entweder zu schlagermusikig oder zu langweilig/eintönig oder zu künstlich (elektronisch erzeugte Musik wird von mir hartnäckig als "Plastikmusik" bezeichnet), zu laut, und/oder zu sehr gebrüllt.
Ich habe noch nie verstanden, warum so viele Sänger immer so schrecklich laut schreien müssen, die haben doch ein Mikrophon? Ich meine damit nicht nur irgendwelche kreischenden Wacken-Sänger, sondern auch Künstler wie Adele, die kann ja auch nicht in normaler Lautstärke singen, sondern grölt immer volle Kanne in ihr Mikro - mein Geschmack ist das eindeutig nicht.
Ich mag aber auch keine Opernsänger, deren Ehrgeiz ist ja auch stets je lauter desto toll.
Mein Lieblingswitz dazu ist der Dialog zwischen Fritzchen und seiner Mutter in der Oper:
Fritzchen: Warum droht der Mann der Frau dort mit dem Stock?
Mutter: Der droht nicht, der dirigiert.
Fritzchen: Und warum schreit die Frau dann so?

Ich bin eindeutig sehr dicht bei Wilhelm Busch, der treffend feststellte: Musik wird störend oft empfunden, da sie mit Geräusch verbunden.
Ich finde nicht, dass Lautstärke Musik schöner macht, ich bin ja schließlich nicht taub.

Ich habe also ausgesprochen wenig Ahnung von "moderner" Musik, von klassischer Musik verstehe ich zumindest theoretisch deutlich mehr, das gehörte zu meiner musikalischen Grundausbildung, schließlich hatte ich lange genug Klavierunterricht, aber auch hier fällt es mir teilweise schwer, Komponisten immer korrekt zu erkennen und/oder zu benennen.

Das ist bei mir übrigens keine Ignoranz, die sich nur auf die Musik beschränkt, das mache ich mit allen Künstlern (und mit allen Menschen) so, ich vergesse einen Namen meist schon eine Sekunde nach dem ich ihn gehört oder gelesen habe.
Am ehesten unterscheide ich noch Schriftsteller nach Namen, aber auch nicht zuverlässig und konsequent (Kästner und Ringelnatz zB verwechsele ich ständig und auch bei Rilke, Mörike, Heine und Co. bin ich nicht sattelfest.)
Vollständige Unfähigkeit mir irgendwelche Personen und Namen zu merken habe ich bei Schauspielern aller Art, was aber nicht verwundert, die inszenieren sich ja auch ständig neu und anders und außerdem gefällt mir ja wenn überhaupt, dann die jeweilige Rolle der Person. Der Schauspieler selber wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein komplett anderer Mensch sein, Namen von Schauspielern sind für mich deshalb komplett irrelevant.
Aber auch bei allen anderen "bildenden Künstlern"* gilt für mich leider: Ich mag ein Bild, eine Skulptur, eine Installation (oder ein Buch oder ein Lied) - aber ob der Hersteller nun Picasso, Manet, Monet, Otto oder Grass heißt - am Ende ist es mir einfach wurscht, weil mich persönlich nur das Produkt interessiert und nicht die Person dahinter - und auch nicht, wie der Hersteller sein Produkt genannt hat.
*ich muss hier leicht beschämt zugeben, dass ich viele Jahre lang dachte, bildende Künstler sind sowas wie Kunstlehrer, also Künstler, die (andere) bilden. Dass Bilden hier für Abbilden, oder etwas Bilden = Erschaffen und Gestalten steht, kam mir nicht in den Sinn.

Dass K sich nun von einer fast unüberschaubar großen Anzahl von Musikstücken nicht nur den Namen des Titels, sondern auch den Interpreten und das Erscheinungsjahr merkt, beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue, ich bewundere es allerdings völlig neidlos, weil ich selber überhaupt keine Neigung verspüre, Ähnliches zu können, ich finde es nur lustig, ihn immer wieder neu auf die Probe zu stellen.
Deshalb spielte ich heute auch das erwähnte Stück von Fleetwood Mac ab - und staunte, weil K es erst nach über 30 Sekunden erkannte. Die Kriterien, wann er schon in den ersten zwei Takten ein Lied erkennt, habe ich noch nicht genau definieren können, aber bei Fleetwood Mac und dieser wilden Trommelei am Anfang wäre ich sehr sicher gewesen, dass…
Naja, dann teste ich weiter, vielleicht erkenne ich ja irgendwann ein System.

Sonst so: Heute war ich exakt einmal draußen vor der Tür, für ca. 20 Sekunden, ich habe den Müll rausgebracht.
Ansonsten war ich nur drinnen und habe stundenlang an meinem PC gesessen und Dateien sortiert, aufgeräumt, überarbeitet, besser strukturiert, gesichert, kurz, all das getan, was viel Zeit braucht und was man immer vor sich herschiebt, weil es halt so viel Zeit braucht und nicht dringlich ist, worüber man sich aber auch immer ärgert, dass man es noch nicht getan hat.
Mir gefiel der Tag heute gut, ich bin zwar noch lange, lange nicht fertig, ich habe aber ja auch noch einen langen Winter ohne Büroverpflichtungen vor mir, ich freue mich drauf
.
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