anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 8. September 2024
Wenn Flugzeuge auch nur Autos sind
Als ich vorhin überlegte, was heute so passierte und was ich aufschreiben könne, fiel mir zunächst mal gar nichts ein. Der Tag war gefühlt ohne Besonderheiten einfach so abgelaufen.

Gut, wir sind von Borkum nach Münster zurückgeflogen, aber der Flug war komplett unspektakulär, schlechte Sichten, wenig zu gucken, erst recht nicht zu knipsen, es war einfach nur ein Flug statt Fähre und Auto.
Immerhin macht so ein Flug die Reise deutlich schneller, 104 Minuten waren es heute von Haustür zu Haustür, wenn man das mit Fähre und Auto vergleicht, ist man auf der Strecke Borkum-Festland nach 104 Minuten noch irgendwo auf dem Wasser und umgekehrt, Greven-Borkum ist man nach 104 Minuten noch mindestens 30km vom Abfahrtshafen entfernt.

Als wir am Flugplatz den Flieger startklar machten, stand da sehr viel Publikum hinter dem Zaun rum und fand es ganz aufregend zuzuschauen, was wir da machten und dass wir dann ja wohl gleich starten. Grundsätzlich weiß ich, dass Fliegen für viele Leute immer noch ein Abenteuer ist und mit so einer kleinen Maschine erst recht, da haben die allermeisten Menschen überhaupt keinen Bezug zu und halten es deshalb für etwas ganz Besonderes.
Auf der rein rationalen Ebene ist mir das klar, gleichzeitig ist für mich das Fliegen in so einer kleinen Maschine aber nur ein bequemer Ersatz für Auto+Fähre und es gehört seit so vielen Jahren so selbstverständlich zu meinem Leben wie Autofahren, dass ich immer wieder erstaunt bin, wenn ich die Neugier, Spannung, Erwartung und Sensationslust der Menschen sehe, die auf Borkum am Flugplatz hinterm Zaun stehen und die startenden und landenden Flugzeuge bestaunen.
Oder behassen.
Heute hat K einer jungen Frau erklärt, dass so ein kleines Propellerflugzeug zwischen 200km/h - 300km/h schnell fliegt und dabei zwischen 14-20l Benzin für 100km verbraucht, ziemlich genauso viel verbraucht auch jedes Auto, wenn man damit zwischen 200-300 km/h schnell fährt. Ich glaube, die junge Frau war mit der Antwort sehr unzufrieden und fühlte sich schnöde um ihr Feindbild betrogen. Sie war sehr sicher gewesen, dass jedes dieser Flugzeuge Tausende von Litern Sprit verbrennt und damit die Erde noch viel schneller als eh schon an den Rand des Untergangs bringt. "Ungefähr so viel wie ein Auto" ist ein ganz gemeiner Vergleich, denn wenn sie ihre Ideologie jetzt stringent durchziehen will, darf sie künftig auch nicht mehr Autofahren.

Am Abend gab es schon wieder Schmorgurken mit Spitzkohl, diesmal aber nicht mit veganen Chunks ergänzt, sondern mit echten Hühnerfleischstücken, wir waren uns beide einig, dass das die deutlich schmackhaftere Variante ist.
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... ¿hierzu was sagen?

 
„darf sie künftig auch nicht mehr Autofahren“…Nein, darf sie künftig keine 180km/h mehr fahren.
Was tatsächlich auch exakt ein erklärtes Ziel der „Ideologie“ (nennt sich unter Experten übrigens auch Wissenschaft) ist: Tempolimit auf Autobahnen

... ¿noch mehr sagen?  

 
Keine Ideologie
Das stimmt natürlich und grundsätzlich bin ich ja auch für ein Tempolimit, weil die Raserei üblicherweise keinen spürbar nützlichen Zeitvorteil für die Fahrer bringt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Geschwindigkeit von >180 km/h für eine nennenswert längere Strecke beibehaltbar ist, ist gering, so dass diese Raserei auf die Strecke bezogen oft nur einen Zeitvorteil von wenigen Minuten ausmacht und im Verhältnis dazu überwiegen für mich eindeutig die Nachteile für den Rest der Welt.
Der für mich entscheidendste Vorteil ist, dass statistisch erwiesen ist, dass der Verkehr insgesamt für alle besser läuft, wenn alle auch einigermaßen gleich schnell fahren und da nicht alle mehr als 180 km/h fahren können oder wollen, ist es am sinnvollsten, ein für alle erreichbares Tempolimit vorzugeben. Schützt dann nicht nur die Umwelt, sondern auch alle nicht rasenden Verkehrsteilnehmer.

Die allermeisten Autobahn-Raser fahren so schnell, weil sie es können. Weil es erlaubt ist, weil es bezahlbar ist, weil sie ein Auto haben, dass das kann und weil es Spaß macht. Viele halten das Ausnutzen des nicht existenten Tempolimits für einen Ausdruck von Freiheit. Da diese Freiheit aber nachweisbar in vielen Punkten die Freiheit von anderen einschränkt, gilt es abzuwägen, welche Freiheit wie vielen Leuten wie viel mehr Nutzen bringt. Deshalb unterstütze ich das mit dem Tempolimit durchaus - auch wenn ich anschließend selber deutlich langsamer fahren müsste, denn mein Auto kann auch >200km/h und ich gebe zu, dass ich es gelegentlich auch ausnutze.
Aber solange es erlaubt ist, sehe ich keinen Grund, mich selber in vorauseilendem Gehorsam schon vorab einzuschränken, um mich anschließend über die bekloppten Raser noch mehr aufzuregen. Ne, da hätte ich gerne wirklich ein echtes, bußgeldbewehrtes Tempolimit, sonst nehme ich das nicht ernst. Es gibt so unendlich viele schwachsinnige Vorschriften und Regelungen, dass es aus meiner Sicht für den Staat ein Leichtes sein sollte, ein Tempolimit einzuführen.

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Für Tempolimit kann man also auch aus rationalen Gründen sein, dafür braucht es gar keine Ideologie.
Oft wird es aber aus rein ideologischen Gründen verlangt - und dann finde ich es blöd, so wie ich alle Ideologien blöd finde.

Was mich an Menschen, die Ideologien vertreten grundsätzlich und immer nervt, ist ihre eiserne Grundsätzlichkeit, die oft eben nur mit dem krampfhaften Glauben an das Bessere zu erklären ist und nicht mit irgendwelchen rationalen Ansätzen. Ich habe ein Problem mit selbstgebauten Heiligenscheinen und duldvollem Gandhi-Getue: Sieh hier, ich schränke mich ein, ich ertrage Leid, Schmerzen und Verzicht, ich opfere mich auf nur zum Wohl der sonstigen Menschheit.
Sorry, aber solchen Leuten gehe ich lieber aus dem Weg.