Donnerstag, 6. Juni 2024
Wunschdenken und Lüge
anje, 23:10h
Heute bin ich ganz wunderbar genervt, denn der Tag bestand hauptsächlich aus Umständlichkeiten und Menschen, die sich diskussionslos an irgendeinem Bürokratismus festklammerten und damit eine pragmatische Problemlösung massiv verhinderten. Mit so etwas kann ich ganz wunderbar umgehen. Nicht.
Genervt bin ich auch von Menschen, die Sachen nicht auf die Reihe kriegen, sich aber maximal viel Mühe geben, dass ich das nicht erfahre. So Verschwörungsbitten wie "Wenn es Probleme gibt, dann sagen Sie bitte nichts zu Frau A, sondern wenden sich direkt an mich." kann ich nur dann akzeptieren, wenn die Leute entstehende Problem auch regelmäßig und zuverlässig selber lösen.
Aber jemand anderen mit den Problemen sitzen zu lassen, der sich dann nicht traut, mich anzusprechen, weil er ja versprochen hat, genau das nicht zu tun, so etwas kann ich ganz enorm gut leiden. Auch nicht.
Ich vertrete ja die feste Überzeugung, dass jeder selber schuld ist, wenn er angelogen wird, denn wenn jemand lügt, tut er das ja, weil er sich davon einen Vorteil erhofft und in den allermeisten Fällen besteht der erhoffte Vorteil darin, dass man versucht Ärger zu vermeiden.
Wenn man jetzt also jemand ist, der schnell Ärger macht, wenn Dinge nicht so laufen, wie man das selber will, dann muss man sich nicht wundern, wenn man viel angelogen wird.
Ich habe das mit dem Lügen schon früh und sehr gründlich gelernt, denn wenn ich meinem Vater Dinge erzählte, die mir gut gefielen, die ich gemacht hatte oder gerne machen wollte, dann konnte ich zu 100% sicher sein, dass er dazu eine komplett andere Meinung hatte und mir entweder alles verbot, was ich vorhatte (wenn ich vorher danach fragte) oder mir im Nachhinein einen Riesenärger machte, wenn er erfuhr, was ich getan hatte (zB nachts auf eine Party gehen.)
Zum Glück habe ich schon immer schnell gelernt und deshalb sehr früh begriffen, dass es das Klügste ist, den Vater systematisch und nachhaltig anzulügen.
Grundsätzlich war das auch nicht sehr kompliziert, weil mein Vater auch immer schon davon überzeugt war, dass seine Meinung (egal zu welchem Sachverhalt) die einzig wahre ist und er sich deshalb sowieso nur schwer vorstellen konnte, dass es Menschen gab, die seine Meinung nicht teilten. Da er gleichzeitig auch der festen Meinung war, dass sich alle Menschen an seine Moral und seine Ehrvorstellungen halten mussten, kam er gar nicht auf die Idee, dass es Menschen gab, denen seine Ideale schnurzepiep waren.
Da man aber ebenfalls gleichzeitig mit ihm darüber auch nicht diskutieren konnte, war es halt das allereinfachste, ihm immer genau das zu sagen, was er hören wollte - ohne sich auch nur in Ansätzen daran zu halten.
Ich habe also früh gelernt, dass manche Menschen belogen werden müssen, andere wiederum wollen belogen werden, weil sie die Wahrheit nervös machen würde. Meine Mutter zB konnte nicht schlafen, wenn sie wusste, dass ich spät nachts alleine unterwegs war, also erfand ich immer eine große Truppe an Freunden zur Begleitung, so konnte sie beruhigt schlafen und ich hatte meine Ruhe.
Menschen, die die Realität so akzeptieren, wie sie in ihrer gesamten Brutalität nun mal sein kann (die zB akzeptieren, dass Fehler passieren können und sich dann nicht mit Bestrafung des Schuldigen, sondern mit Schadensminimierung beschäftigen) und Menschen, die keinerlei missionarische Neigung haben, solche Menschen muss man nicht belügen, um Ärger zu vermeiden.
Solche Menschen werden aber immer dann belogen, wenn jemand selber gerne für etwas bewundert oder anerkannt werden möchte, was er in echt leider nicht ist, aber sehr gern wäre. Dem bleibt ja nur übrig, ein Bild von sich selber zu fälchen und die Fälschung dann maximal gut vor Entdeckung zu schützen. Sehr viele Menschen belügen genau deshalb auch sich selber.
Wenn ich nun mitbekomme, dass jemand sagt, er will nicht, dass ich bestimmte Dinge erfahre - dann liegt das fast immer daran, dass ich dazu neige, die Realität als das, was sie ist, offen auszusprechen und nicht bereit bin, ein albernes Schauspiel mitzumachen, bei dem sich jemand zu einer Größe und Kompetenz aufplustert, die er in echt eben nicht besitzt.
Und um hier den Kreis zu schließen: Ja natürlich bin ich selber schuld, wenn ich von solchen Menschen belogen werde, denn eben weil ich nicht bereit bin, so eine alberne Hochstapelei mitzuspielen, gerade deshalb müssen sie mich belügen, denn sonst fliegt ja alles auf.
Für all diese Leute gilt aber: Wenn sie mich belügen, müssen sie besser sein als ich, damit ich ihren Pfusch auf gar keinen Fall bemerke. Denn wenn ich mitbekomme, dass jemand sich auch noch aktiv anstrengt, um seine Scheinwelt vor mir zu schützen - dann habe ich erst recht keinerlei Hemmungen mehr, genau diese Welt mit Schwung zu entlarven.
Hat halt jeder seine eigenen Moral und Ehrvorstellungen und zu meinen gehört es, dass die Realität grundsätzlich eine größere Existenzberechtigung hat als das Wunschdenken
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Genervt bin ich auch von Menschen, die Sachen nicht auf die Reihe kriegen, sich aber maximal viel Mühe geben, dass ich das nicht erfahre. So Verschwörungsbitten wie "Wenn es Probleme gibt, dann sagen Sie bitte nichts zu Frau A, sondern wenden sich direkt an mich." kann ich nur dann akzeptieren, wenn die Leute entstehende Problem auch regelmäßig und zuverlässig selber lösen.
Aber jemand anderen mit den Problemen sitzen zu lassen, der sich dann nicht traut, mich anzusprechen, weil er ja versprochen hat, genau das nicht zu tun, so etwas kann ich ganz enorm gut leiden. Auch nicht.
Ich vertrete ja die feste Überzeugung, dass jeder selber schuld ist, wenn er angelogen wird, denn wenn jemand lügt, tut er das ja, weil er sich davon einen Vorteil erhofft und in den allermeisten Fällen besteht der erhoffte Vorteil darin, dass man versucht Ärger zu vermeiden.
Wenn man jetzt also jemand ist, der schnell Ärger macht, wenn Dinge nicht so laufen, wie man das selber will, dann muss man sich nicht wundern, wenn man viel angelogen wird.
Ich habe das mit dem Lügen schon früh und sehr gründlich gelernt, denn wenn ich meinem Vater Dinge erzählte, die mir gut gefielen, die ich gemacht hatte oder gerne machen wollte, dann konnte ich zu 100% sicher sein, dass er dazu eine komplett andere Meinung hatte und mir entweder alles verbot, was ich vorhatte (wenn ich vorher danach fragte) oder mir im Nachhinein einen Riesenärger machte, wenn er erfuhr, was ich getan hatte (zB nachts auf eine Party gehen.)
Zum Glück habe ich schon immer schnell gelernt und deshalb sehr früh begriffen, dass es das Klügste ist, den Vater systematisch und nachhaltig anzulügen.
Grundsätzlich war das auch nicht sehr kompliziert, weil mein Vater auch immer schon davon überzeugt war, dass seine Meinung (egal zu welchem Sachverhalt) die einzig wahre ist und er sich deshalb sowieso nur schwer vorstellen konnte, dass es Menschen gab, die seine Meinung nicht teilten. Da er gleichzeitig auch der festen Meinung war, dass sich alle Menschen an seine Moral und seine Ehrvorstellungen halten mussten, kam er gar nicht auf die Idee, dass es Menschen gab, denen seine Ideale schnurzepiep waren.
Da man aber ebenfalls gleichzeitig mit ihm darüber auch nicht diskutieren konnte, war es halt das allereinfachste, ihm immer genau das zu sagen, was er hören wollte - ohne sich auch nur in Ansätzen daran zu halten.
Ich habe also früh gelernt, dass manche Menschen belogen werden müssen, andere wiederum wollen belogen werden, weil sie die Wahrheit nervös machen würde. Meine Mutter zB konnte nicht schlafen, wenn sie wusste, dass ich spät nachts alleine unterwegs war, also erfand ich immer eine große Truppe an Freunden zur Begleitung, so konnte sie beruhigt schlafen und ich hatte meine Ruhe.
Menschen, die die Realität so akzeptieren, wie sie in ihrer gesamten Brutalität nun mal sein kann (die zB akzeptieren, dass Fehler passieren können und sich dann nicht mit Bestrafung des Schuldigen, sondern mit Schadensminimierung beschäftigen) und Menschen, die keinerlei missionarische Neigung haben, solche Menschen muss man nicht belügen, um Ärger zu vermeiden.
Solche Menschen werden aber immer dann belogen, wenn jemand selber gerne für etwas bewundert oder anerkannt werden möchte, was er in echt leider nicht ist, aber sehr gern wäre. Dem bleibt ja nur übrig, ein Bild von sich selber zu fälchen und die Fälschung dann maximal gut vor Entdeckung zu schützen. Sehr viele Menschen belügen genau deshalb auch sich selber.
Wenn ich nun mitbekomme, dass jemand sagt, er will nicht, dass ich bestimmte Dinge erfahre - dann liegt das fast immer daran, dass ich dazu neige, die Realität als das, was sie ist, offen auszusprechen und nicht bereit bin, ein albernes Schauspiel mitzumachen, bei dem sich jemand zu einer Größe und Kompetenz aufplustert, die er in echt eben nicht besitzt.
Und um hier den Kreis zu schließen: Ja natürlich bin ich selber schuld, wenn ich von solchen Menschen belogen werde, denn eben weil ich nicht bereit bin, so eine alberne Hochstapelei mitzuspielen, gerade deshalb müssen sie mich belügen, denn sonst fliegt ja alles auf.
Für all diese Leute gilt aber: Wenn sie mich belügen, müssen sie besser sein als ich, damit ich ihren Pfusch auf gar keinen Fall bemerke. Denn wenn ich mitbekomme, dass jemand sich auch noch aktiv anstrengt, um seine Scheinwelt vor mir zu schützen - dann habe ich erst recht keinerlei Hemmungen mehr, genau diese Welt mit Schwung zu entlarven.
Hat halt jeder seine eigenen Moral und Ehrvorstellungen und zu meinen gehört es, dass die Realität grundsätzlich eine größere Existenzberechtigung hat als das Wunschdenken
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berenike,
Freitag, 7. Juni 2024, 08:30
Schöne Reflektion zum Lügen und Belogenwerden. Danke. Gefühle vermeiden, die eigene Schwäche, Meinung, Inkompetenz, Freiheit, was auch immer nicht aushalten können und nicht aushalten können, dass das Gegenüber mich dafür vielleicht abwertet, anders sieht.