anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 2. Juli 2023
Baustelle
Heute war Ausräumen und Kaputtmachen angesagt.
Ging aber erfreulich schnell.



Morgen Vormittag klopft K noch neue Schlitze für Leitungen und Löcher für eine Vergrößerung der Steckerleiste, am Nachmittag kommt der Onkel und bringt sein Geschirr mit, das ist Handwerkersprech für Werkzeug, dann wird es ernst und irgendjemand muss in den Kriechkeller und dort Stromkabel vom Verteilerkasten bis zur Küche ziehen. Anschließen wird sie der Onkel, aber vorher müssen Anfang und Ende der Leitung an den richtigen Stellen liegen.

Am Abend wird der Herd abgeholt, bisher läuft alles nach Plan.

Das Wetter spielt auch mit, es ist mit 19° angenehm kühl und so windig, dass Radtouren keinen Spaß machen und Spaziergänge am Strand wegen wehendem Sand unmöglich sind, alle sind froh, wenn sie drinbleiben können und arbeiten
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Samstag, 1. Juli 2023
Reisetag
Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es halt noch nicht zu Ende.
Für das Tau und seine geplante Ankunft auf der Insel steht das Ende noch aus.

Ich hatte mich ja für meine ausgeklügelte Logistik schon heimlich gefeiert, denn schließlich war mit dem Emder Schiffsausrüster Shop vereinbart, dass ich das Tau dort heute kurz vor Ladenschluss, also eine Stunde vor Abfahrt der Fähre, abhole, um es dann im Auto mit nach Borkum zu nehmen. Alles war vorbereitet, die Rückbank des Autos leer, sprich tauaufnahmebereit, N war ebenfalls pünktlich mit mir zusammen am Schiffsausrüster Shop, um mir beim Einladen zu helfen, alles war perfekt, es fehlte nur noch das Tau.

Und dann das:
zu


Zum Glück war aber doch jemand da. Nachdem ich unter der Schranke durchgekrochen war, um auf dem Betriebshof zu gelangen, traf ich auf einen Arbeiter, der damit beschäftigt war, mit einem Gabelstapler Paletten zu verschieben - und den erklärte ich spontan zum Hauptzuständigen für die ansonsten geschlossene Firma. Diese Beförderung machte ihn stolz und er gab sich viel Mühe, mein Problem zu lösen. Er telefonierte mit mehreren Nummern und landete nach einigen erfolglosen Bemühungen wenigstens bei einem Kollegen aus der Tau-Abteilung, der ihm sagte, wo er suchen müsse. Dann liefen wir gemeinsam 20 Minuten durch die gesamte Firma, fanden große Menge an Tauen, aber keines, auf dem mein Name stand.

Der neue Hauptzuständige telefonierte wieder, erklärte die Lage und dass wir das Tau nicht finden, dass ich aber jetzt gleich mit der Fähre nach Borkum fahren müsse, wurde dann mehrfach weitergereicht und landete schließlich bei jemanden ziemlich weit oben, den er im Urlaub störte und der sagte ihm, dass die Firma das Tau dann eben auf eigene Kosten nächste Woche nach Borkum transportiert wird, nächste Woche wird es ja wohl wieder aufgetaucht sein und wenn ich nicht so lange warten wolle, nun, dann würden sie es mir eben hinterherschicken.

Die Geschichte des Taus ist also noch nicht zu Ende, ich bin immer noch zuversichtlich, dass es gut wird.

Die Überfahrt war ausgesprochen stürmisch, es wehte ein ziemlich heftiger Wind aus Westen, die Fähre schaukelte ab und zu und die Wellen klatschten gegen die Bullaugen im unteren Salon. Einige Touristen juchzten, andere jammerten, klassisches Stimmungsbild einer wild zusammengewürfelten Gesellschaft, wat dem einen sin Uhl ist dem annern sin Nachtigall.

Die Fahne draußen hatte sich komplett am Fahnenmast vertüddelt, vorne am Bug spritzte es beeindruckend, von oben blieb es aber trocken, die Regenwolken waren schon durch.

Geplant war, dass K und J mit dem Flieger kommen, gegen 17h fuhren sie zum Flugplatz, um 17.30h waren sie schon wieder zu Hause und ich bekam die lapidare Nachricht: Wir packen den Kühlschrank jetzt wieder voll.

Ich hatte nämlich K beauftragt, den Kühlschrankinhalt mitzubringen, da das Zeug im Flieger ja viel kürzer ungekühlt unterwegs ist als wenn ich es auf die etwas längliche Reise im Auto mit Zwischenstopp beim Vater und beim Tau und anschließender zweieinhalbstündiger Fähre mitschleppe.

Dementsprechend hatte K in Greven alles eingepackt, das Haus ordentlich urlaubsfest gemacht - um dann festzustellen, dass das Wetter so schlecht war, dass er einfach nicht starten konnte. Landen wäre hier auf Borkum kein Problem gewesen, hier hatte sich das Wetter schon gut beruhigt, aber wenn es beim Start so mies ist, dass er einfach nicht raus kommt, nun, dann bleibt nur, die Reise auf morgen zu verschieben.
Ich fürchte, K hat jetzt ziemlich schlechte Laune, ich gehe ihm telefonisch grade weiträumig aus dem Weg.

Da wir aber nun unerwartet einen leeren Kühlschrank hatten, sind wir als erstes mal einkaufen gefahren, sooo schlimm finde ich das auch nicht.

Zum Abendessen gab es gebratenen Reis mit Gemüse und Hähnchen, anschließend scrollte ich mich durch eine Spotify-Playlist und bin hier hängengeblieben


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Freitag, 30. Juni 2023
Abreisebereit
Alles erledigt, was noch zu erledigen war, die letzten Dinge eingekauft, die mit auf die Insel müssen, Haus geputzt und Blumen gegossen. Die können jetzt wählen, ob sie spontan ersaufen wollen oder jetzt durchhalten, dafür dann später verdursten, aber ich dachte mir, ich kipp mal reichlich Wasser in die Pötte und hoffe, dass K ab und zu wieder hier ist, und dann noch mal Wasser nachkippt. Wenn nicht, weiß ich nachher, welche Pflanzen auch den Klimawandel überleben werden.

Am Nachmittag kam eine E-Mail von einem Speditionsunternehmen, die mir mitteilten, dass sie mir demnächst mein bestelltes Fahrrad liefern werden.
Das kommt jetzt ungelegen, ist halt keiner da.
Anrufen konnte ich niemanden, weil es keine Telefonnummer gibt, aber ich fand auf der Website des Händlers die Möglichkeit, sich einen Rückruf zu buchen.
Den habe ich jetzt für Montag 9.30h gebucht und bin mal sehr gespannt, ob mich wirklich jemand anruft und wie das dann weiter geht mit der Logistik dieses Fahrrads.

Am Sonntag um 9.10h habe ich einen Mammographietermin, letzte Woche das Einladungsschreiben mit Termin für heute im Briefkasten, diesen Termin konnte ich aber problemlos online verschieben und finde das sehr klasse, dass die sogar Sonntags arbeiten. Einmal im Jahr kommt ein großer Bus mit einer kompletten Röntgenausstattung auf die Insel, so dass alle Insulanerfrauen, die im Mammographiealter sind, diesen Termin direkt auf der Insel wahrnehmen können. Ich muss dann immer versuchen, genau in dem Zeitfenster auch auf der Insel zu sein - für dieses Jahr hat das schon mal gut geklappt.

Ich hatte mir eine Liste gemacht, um nichts zu vergessen, was ich gerne dabei haben möchte, wenn ich jetzt sechs Wochen ohne Pendeln an einer Stelle bleibe, ich hoffe, ich habe an alles gedacht, auf alle Fälle ist das Auto schon ganz schön voll. Gut, dass wir letzte Woche noch den extra Transportflug gemacht haben
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Donnerstag, 29. Juni 2023
Letzter Bürotag
So, Büro ist fürs erste erledigt, morgen noch einen halben Tag Home-Office, hauptsächlich E-Mails aufräumen und letzte Telefonate führen - und dann ist für sechs Wochen Sommerpause.
Ich finde, es wurde Zeit.
In den letzten Wochen habe ich mich in immer kürzer zu wiederholenden Durchhalteparolen jeden Morgen aufs Neue aus dem Bett und ins Büro gequält, es wurde gefühlt mit jedem Tag anstrengender.

Jetzt also erst mal Abschalten, oder besser Umschalten, denn auf Borkum geht es in den nächsten Tagen ja sofort sehr quirlig weiter. Nächste Woche um diese Zeit ist die neue Küche hoffentlich schon fertig eingerichtet.

Und dann werde ich mich darum kümmern, die weiteren geplanten Projekte anzuschieben. Ein neues Gartenhaus ist mehr als überfällig - 2020 bin ich beim Umgraben vom Spaten gefallen - damals dachten wir noch, der Garten mit neuem Pflaster und neuem Gartenhaus ist in ein paar Wochen fertig. Immerhin ist der Fuß jetzt wieder einigermaßen heile, das ist ja auch was.
Die Außenanlagen sind inzwischen zwar fertig gepflastert (naja fast, bis auf die Stelle, wo jetzt noch das alte Gartenhaus steht und wo nachher unsere neue Terrasse sein soll), es fehlt aber noch die Mauer und überhaupt noch so einiges, was in diesem Zusammenhang getan werden muss.

Ein neues Bad habe ich auch letztes Jahr schon in Auftrag gegeben, hierfür wurden Badewanne und Dusche bereits geliefert und lagern jetzt im Vaterhaus, weil da Platz ist und sie niemanden stören, als Endlösung taugt das aber eher nicht, ich werde da deshalb mal bei dem Installateur die weitere Terminplanung abfragen.

K ist im Fliegerfieber. Die letzten Tage war er jeden Abend unterwegs und hat die neuen Instrumente ausprobiert, es ist schon sehr viel anders als vorher und es funktioniert auch noch nicht alles so wie es soll, aber das kennt er ja aus dem Tesla, da gibt es im Schnitt zweimal im Monat ein Update und dann funktionieren manche Dinge besser - und andere schlechter, der Klassiker bei Updates.

Den Tesla wird er jetzt wohl doch für eine längere Zeit behalten. Verkaufen lohnt nicht, die Gebrauchtpreise sind zu sehr gefallen und außerdem haben alle anderen E-Mobil-Alternativen eben auch so ihre Macken und wenn man sich mal ausführlich damit beschäftigt, dann erscheint mir eine fast problemlos funktionierende, überall vorhandene und meistens frei verfügbare Ladeinfrastruktur kombiniert mit dem absoluten niedrigsten Verbrauch aller E-Mobile schon einer der wichtigsten Vorteile zu sein, wenn man das Auto nicht nur als reinen Stadtwagen benutzt, sondern auch mal mehr als 400km an einem Tag fährt und zu Hause keine Wallbox hat.

Ich habe immer noch vieles an diesem Auto auszusetzen, aber es ist halt alles eine Frage der Benchmark - und da ich mittlerweile so viele andere E-Mobile kenne und ausprobiert habe, scheint der Tesla aktuell immerhin das sinnvollste E-Mobil zu sein, was sowohl das Preis-/Leistungsverhältnis als auch Alltags- und Reisetauglichkeit angeht.

Für mich selber sehe ich zur Zeit keine E-Mobil-Notwendigkeit, das nachhaltigste Auto ist das, was man nicht kauft, mein Golf wird dieses Jahr neun Jahre alt und ich hoffe, er hält noch ein paar weitere Jahre durch
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Mittwoch, 28. Juni 2023
Viel zu tun
Ich war heute den ganzen Tag sehr beschäftigt und bin erst abends spät nach Hause gekommen.
Zum Abendessen gab es Pellkartoffeln mit Heringsstipp, einen Topf mit Kartoffeln aufzusetzen, habe ich gerade noch so geschafft, bevor ich ermattet auf dem Sofa zusammenbrach.

Morgen ist der letzte Tag im Büro, übermorgen Home-Office, es gibt noch jede Menge Dinge aufzuräumen und vorzubereiten, langweilig wird mir so schnell nicht
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Dienstag, 27. Juni 2023
IT-Themen
Unsere Firma ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen.
Immer mehr Aufgaben kamen dazu und damit auch immer mehr Menschen, die zur Erledigung dieser Aufgaben eingestellt wurden.
Das gesamte Thema IT wurde bis letztes Jahr nebenbei vom Leiter Rechnungswesen mitbetreut, der seinerseits dafür eine externe Firma angeheuert hatte, in der jede Menge Fachleute arbeiteten, die sich um unsere IT-Themen kümmerten. Die externe Firma wurde zwischendurch mal gewechselt, es gab aber immer einen Ansprechpartner, der alle Probleme lösen konnte oder jemanden kannte, der die Probleme lösen konnte. Kleinere Probleme konnte der Leiter Rechnungswesen selber beheben, wenn es komplexer wurde, kam jemand von der fremden Firma. Grundsätzlich hatte ich immer das Gefühl, das alles gut funktioniert.

Im Mutterhaus gibt es eine sehr große IT-Abteilung, die für eine fünfstellige Menge an Mitarbeitern im Mutterhaus zuständig sind. Es ist klar, dass die IT in so einem großen Unternehmen ganz anders geregelt und betreut werden muss als in einem kleinen Miniunternehmen mit wenigen Mitarbeitern.

Je größer ein Unternehmen, desto komplexer wird die IT, es muss vielmehr automatisierte und vor allem verbotene Prozesse geben, weil ich nicht mehr für jeden Mitarbeiter einzeln eine individuelle Umgebung mit individuellen Nutzereinstellungen schaffen kann. Deshalb haben wir uns ganz bewusst nie an die IT im Mutterhaus angeschlossen, sondern haben uns lieber selber gekümmert. Wir konnten alles, bei uns funktionierte alles, und wir waren immer auf dem neuesten Stand der Technik.

Seit einem Jahr haben wir einen vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter als IT-Koordinator. Der arbeitet zwar auch noch mit externen Firmen zusammen, aber nicht mehr als Alltagsbetreuung, sondern nur noch als Ergänzung für Spezialthemen, die Alltagsthemen werden jetzt von unserem IT-Koordinator selber erledigt.
So viel Gezicke, wie die diversen IT-Geräte und Anwendungen im letzten Jahr produziert haben, so viel Theater gab es in den 10 Jahren davor nur insgesamt. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir halt immer mehr Mitarbeiter werden und damit auch die IT-Struktur immer komplexeren Anforderungen gerecht werden muss, oder ob ich ( bzw. in diesem Fall die gesamte Firma) einfach nur alt werden und mit der neuen Technik nicht mehr so intuitiv locker umgehen können wie früher mit neuer Technik, vielleicht liegt es aber auch daran, dass so ein IT-Koordinator ja auch etwas zu tun braucht und so hat er sich einfach Arbeit gesucht und gemacht, keine Ahnung weshalb, aber ich beginne eine immer größere Abneigung gegen unsere Firmen-IT zu entwickeln, weil sie immer mehr zu einem behindernden Umstand wird statt zu einer arbeitsunterstützenden Erleichterung.

Gestern haben wir eine neue Firewall bekommen.
Nach Aussage unseres IT-Koordinators war das eine Operation am offenen Herzen, aber es hat alles wunderbar funktioniert und er ist sehr zufrieden mit der Aktion.
Dummerweise funktioniert jetzt vieles nicht mehr.
Gestern funktionierte zunächst mal ganz viel nicht mehr, einiges davon ist inzwischen behoben und läuft wieder, es bleibt aber mühsam und hakelig und ich bin davon maßlos genervt.
Jedes Device muss neu eingerichtet werden, überall müssen die neuen Sicherheitszertifikate importiert und installiert werden, auf jedem Gerät funktioniert das anders, manchmal erst nach dem fünften Versuch, d.h. man macht fünfmal exakt dasselbe, viermal bekommt man eine Fehlermeldung, beim fünften Mal funktioniert es dann und man hat überhaupt keine Ahnung, wieso es plötzlich angenommen wird, denn man hat wirklich immer nur stur exakt das gleiche gemacht. Auch wenn ich diese seltsame Macke der modernen Technik kenne, weil mir das an anderen Stellen schon sehr häufig passierte, finde ich es unverändert ätzend.

So'ne Firewall soll ja verhindern, dass fremde Leute in unser Netzwerk eindringen und dort Schaden anrichten.
Die neue Firewall erhöht die Sicherheit schon dadurch, dass sie den Zugang zum Internet in vier von fünf Fällen einfach blockiert.
Unsere neue Firewall nimmt ihre Arbeit sehr ernst, Kommunikation übers Internet wird aber definitiv auch überbewertet.
Dafür bin ich das erste Mal sehr zufrieden, dass ich einen Handytarif mit nahezu unbeschränktem Downloadvolumen habe. Wenn ich nämlich das Firewall- geschützte Firmen-W-LAN abschalte, dann funktioniert wieder alles.
Jetzt muss ich nur noch lernen, mich nicht darüber aufzuregen
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Montag, 26. Juni 2023
Über Mitleid, Vorsatz und Gefahrenbewertung
Ich habe über diese Rammsteingeschichte nachgedacht und bin der Meinung, dass es extremst wahrscheinlich ist, dass dieser Herr Lindemann keinen respektvollen Umgang mit Frauen Menschen pflegt, ich bin deshalb überzeugt, dass all diese Frauen, die von übergriffigen sexuellen Handlungen und Erfahrungen mit diesem Herrn berichten, ihre eigenen Erlebnisse korrekt wiedergeben und zwar nicht, um sich wichtig zu machen, sondern einfach nur, weil sie es wirklich so erlebt haben.
Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das legal oder illegal ist, was da abgelaufen ist, das ist mir persönlich in diesem Fall aber relativ egal. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es theoretisch* illegal ist und dass der gute Herr Lindemann hier nach Ausnutzen der legalen Möglichkeiten zur Sexbeschaffung auch ein paar alternative Möglichkeiten angewendet hat, aber mein Mitleid mit den derart geschändeten Frauen hält sich trotzdem in Grenzen.

*theoretisch deshalb, weil es ihm ja erst noch formal juristisch nachgewiesen werden muss und da er sich problemlos einen extrem gewieften WinkelAdvokaten als Verteidiger leisten kann und natürlich auch so einen angeheuert hat, stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht, dass der alles Illegale wegdiskutiert.

Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis.
Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.

Sprüche meiner Großmutter, die sich in meinem Kopf verankert haben und dazu führen, dass ich die Eigenverantwortung wichtiger finde als eine mögliche Empathie.

Ja, es ist nicht in Ordnung, dass sich einzelne Menschen so benehmen wie Herr Lindemann, andererseits bin ich aber auch der Meinung, dass man wissen sollte, dass die Welt voll ist von Menschen, die sich scheiße benehmen und dass deshalb ein gewisser Abstand zu bestimmten Menschen sinnvoll ist. Jeder beurteilt selber, zu welchen Menschen er persönlich lieber Abstand hält, aber im Fall von Herrn Lindemann hätte ich persönlich den Sicherheitsabstand definitiv eingehalten.

Das liegt sicherlich zu einem Gutteil daran, dass ich so ziemlich das Gegenteil von einem Fan dieser Musikrichtung bin, denn bekanntlich ertrage ich Musik ja nur bis zu einer Lautstärke von 60 Dezibel, alles, was lauter ist, empfinde ich als Stress und Rammsteinmusik geht, glaube ich, erst bei 100 Dezibel los, wenn man sie ganz leise dreht.
Länger als drei Sekunden ertrage ich die Musik also sowieso nicht, ich hatte deshalb aus rein körperlichen Gründen gar keine Chance, mich dem Zauber dieser Musik zu nähern oder mich gar in sie zu verlieben.
Was mir etwas besser bekannt ist, sind die Texte dieser Gruppe und die Gedichte des Herrn Lindemann, denn die kann man ja einfach (leise) lesen, obwohl ich auch hier zugeben muss, dass ich sie nur teilweise kenne, ist auch eher nicht so meine Stilrichtung.

Wahrgenommen habe ich auf alle Fälle, dass die guten Herren Rammstein einen ziemlichen Lärm machen und dabei reichlich düstere Gewaltphantasien ins Mikrofon brüllen.
Nun mag es Menschen geben, die das toll finden, hier greife ich zu meinem Lieblingsspruch: Chacun à son goût.
Aus reiner Neugier wäre ich zwar grundsätzlich an einer psychologisch-wissenschaftlichen Antwort interessiert, welches Grundbedürfnis Menschen haben müssen, um so etwas zu mögen, meine küchenpsychologische Deutung sagt mir, dass Fans dieser Musik tief in sich drin eine ganz große Unzufriedenheit mit sich herumtragen, die sie üblicherweise aber so tief in sich verschlossen halten, dass sie sie oft selber gar nicht wahrnehmen.
Unzufriedenheit mit sich, mit der Welt, mit allem möglichen und dass sie deshalb dieses wütende, hasserfüllte Gebrüll als Kompensation benutzen. Sie möchten nicht selber hassen, finden es aber toll, wenn es andere tun, weil sie sich dann plötzlich nicht mehr so alleine und unverstanden fühlen, sondern sich ohne schlechtes Gewissen in diesen (künstlichen) Hass fallen lassen können. In dem Krach, der durch diese Musik ja eh schon erzeugt wird, geht ihr eigener Hass komplett unter, sie können ihn rauslassen, selber rausbrüllen und damit eben auch ein Stück weit loswerden.
Das ist nicht nur ein befreiendes Gefühl, sondern auch ein tröstliches, weil es erstens so viele sind, die das tun und weil es außerdem offiziell Kunst ist und Kunst darf alles. Kunst als Therapieform.

Da ich also kein Fan bin, habe ich natürlich auch überhaupt kein Bedürfnis, mich in irgendeiner Weise Herrn Lindemann zu nähern, Fans dieser Gruppe haben da verständlicherweise ganz andere Bedürfnisse.

Wenn ich aber Raubtiere, Giftschlangen oder Hannibal Lecter bewundere, weil die etwas in mir berühren, was sonst nur im Verborgenen ruht und ich es toll finde, wenn ich das mal rauslassen darf, ganz ehrlich, kann ich dann vernünftigerweise erwarten, dass die sich regelkonform benehmen, mit mir gepflegten Small Talk machen, gendern und sich politisch korrekt verhalten?

Ich mein halt, das sollte man vernünftigerweise nicht erwarten. Es wäre toll, wenn es so wäre, aber wenn es anders ist, nun ja, wer sich in Gefahr begibt…

Auch mit den im verschwundenen U-Boot verschollenen Menschen fällt es mir schwer, Mitleid zu haben. Hier verspüre ich eher so etwas wie "das musste doch auch wirklich nicht sein", wenn ich höre, dass die Passagiere aus reinem Geldüberfluss kombiniert mit oberschichtiger Langeweile eine Viertelmillionen Dollar dafür bezahlt haben, dass sie in diesem Mini-U-Boot die Titanic begucken fahren.

Mitleid habe ich dagegen mit den tausenden von Flüchtlingen, die aus schierer Verzweiflung ihre Heimat verlassen und sich auf äußerst gefahrvolle Wege ins Ungewisse begeben, weil sie der Überzeugung sind, dass sie es wenigstens versuchen wollen, ob sie etwas Besseres als den Tod irgendwo finden.
Vielen gelingt das nicht und sie finden den Tod im Meer, wenn mal wieder ein komplett überfülltes Flüchtlingsboot kentert, aber all diese Menschen haben sich weder aus Langeweile noch aus Übermut, Naivität oder Gedankenlosigkeit in die Gefahr begeben, in der nicht wenige dann auch wirklich umkommen - hier verspüre ich ein ganz enorm großes Mitleid, weil ich es schrecklich finde, wenn Menschen dem Schicksal so gnadenlos ausgesetzt sind
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