anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Samstag, 17. Dezember 2022
Einkaufsausflug und Ofenwärme
Nach dem Aufstehen heute Morgen schleppte ich mich an den Computer, weil es noch eine Menge an Arbeiten vor Jahresschluss zu erledigen gibt, aber dann verweigerte irgendetwas in mir drin hartnäckig und ich saß nur noch vorm Bildschirm und wusste nicht weiter. Das nutzt dann ja auch nichts, so wird keine der zu erledigenden Arbeiten fertig, also machte ich den PC wieder aus und beschloss, erst mal einkaufen zu gehen.

Jetzt ist es so, dass wir eigentlich überhaupt nichts brauchen, so etwas hindert mich aber nie daran, trotzdem einkaufen zu gehen, es wird sich etwas finden, und wenn nicht, dann ist nicht so schlimm, dann fehlt ja auch nichts, ich habe mich aber erfolgreich vor dem Schreibtisch gedrückt.

K fand die Idee ebenfalls prima, ich tippe, er hatte genauso wenig Lust auf Schreibtisch wie ich.
Ich wollte schon seit sehr, sehr langer Zeit gerne mal nach Saerbeck in einen ganz speziellen Krimskramsladen, aber bisher bin ich noch nie dazu gekommen.

Mittlerweile gibt es von diesen Läden ja ganz viele verschiedene, früher gab es nur Rudis Restrampe, da musste man nicht lange überlegen, wo man hingehen möchte, Heute gibt es x-verschiedene dieser "1-Euro-Reste-Billig-Läden", in die meisten mag ich schon gar nicht mehr reingehen, weil sie im Grunde alle den gleichen, schäbigen Billigkram aus China anbieten, aber bevor mir nichts anderes übrig bleibt, als mich vor den PC zu setzen und sinnvolle Arbeiten zu erledigen, finde ich einen Ausflug in die 1-Euro-Krimskrams-Welt doch noch attraktiver.

Dieser Laden in Saerbeck, zu dem ich fahren wollte, war früher in Greven und ist irgendwann nach Saerbeck umgezogen.
Als er noch in Greven war, bin ich dort öfter mal gucken gegangen, denn er gehört nicht zu einer dieser Riesenketten, die alle das gleiche im Sortiment haben, sondern ist individuell und inhabergeführt, so dass man nie weiß, was grade angeboten wird, jeder Besuch in diesem Laden ist wie Stöbern auf dem Dachboden.

Saerbeck ist eine kleine, niedliche und westfälisch-beschauliche Nachbargemeinde von Greven, keine 10km entfernt, ich hätte also schon längst mal dort hinfahren können, aber wie es eben so ist, sehr häufig kommt es ja auch nicht vor, dass ich an einem Wochenende hier in Greven bin und keine anderen Verpflichtungen habe, heute war endlich mal eine Gelegenheit, das uralte Vorhaben umzusetzen.

Ich schaute dann extra noch im Internet nach der Adresse, wir setzten uns ins Auto, programmierten das Navi und als ich ankam, sah alles seltsam bekannt aus. Einen sehr, sehr ähnlichen Laden haben wir in Greven auch, ich wollte ja gezielt in diesen anderen Laden, der nicht zu einer Kette gehört. Der Laden, für den wir jetzt extra nach Saerbeck gefahren waren, gehört zwar nicht zu einer deutschlandweiten Kette, die Kette ist aber immerhin groß genug, um mindestens 50 verschiedene Filialen zu haben, dafür wäre ich sicher nicht nach Saerbeck gefahren, wenn ich das gewusst hätte.

Aber nun ja, jetzt waren wir einmal da, da konnten wir auch reingehen und schauen, was es so gibt - und zu meiner Freude gab es Mützen und das war etwas, was ich tatsächlich suchte.

Die rosa Mütze (hellrosa, nicht die lachsfarbene) habe ich zunächst nur aus Gaudi aufgezogen, weil rosa üblicherweise wirklich nicht meine Farbe ist und ich wollte K nur demonstrieren, wie dämlich ich damit aussehe, es ergab sich aber, dass ich mit den anderen Mützen noch dämlicher aussah und so besitze ich jetzt eine hellrosa Puschelmütze und ein flauschiges, graues Ohrenband.

Anschließend fuhren wir weiter nach Emsdetten, da ist ein anderer Sonderpostenmarkt, wo ich neulich noch zu durchaus vertretbaren Preisen Brennholz gekauft habe, es war außerdem noch entschieden zu früh, um schon wieder zurück zufahren, da wartete nur der Schreibtisch.

Leider ist inzwischen auch in diesem Markt bekannt geworden, dass sich die Holzpreise verdoppelt haben, von dem günstigen Angebot war nichts mehr übrig, wir haben aber noch mal 10kg Holzbriketts mitgenommen, ich plane den Ofen auf Borkum 14 Tage durchzufeuern.

Auf dem Rückweg Zwischenstopp bei Lidl, allerdings nicht in Greven, sondern in Reckenfeld, erstaunlich, wie unterschiedlich hier das Angebot war. Dinge, die in Greven schon seit längerem komplett ausverkauft sind, gab es hier noch reichlich - und umgekehrt. Wird wohl daran liegen, dass in Reckenfeld andere Leute wohnen.

Wieder zuhause war es dann auch schon spät genug, mit der Essenszubereitung zu beginnen, das war eine perfekte Demonstration des Stückes: Wie drücke ich mich vor ungeliebter Schreibtischarbeit.

Während ich in der Küche die Sache wegräumte, hatte ich aber plötzlich eine schräge Idee, kann es sein, dass ich beim Googeln nach dem gesuchten Krimskramsladen in Saerbeck einen falschen Namen eingegeben hatte? Nur, wenn der Laden nicht Sonderpostenmarkt heißt, wie hieß er dann? Wie findet man einen Laden, von dem man den Namen vergessen hat?
Ich schmiss den Rechner an und wühlte mich durch verschiedene Googelseiten, bis ich es gefunden hatte: Der Laden heißt Sparparadies und ist ganz woanders in Saerbeck, wir sind tatsächlich zu dem falschen Laden gefahren.
Ich schätze, das werde ich dann nächstes Jahr noch mal neu probieren.

Als ich dann wieder in der Küche stand, um das Abendessen zu kochen, fand ich es doch recht frisch im Haus, 16°C sind nun auch keine Temperatur, bei der man ins Schwitzen kommt, aber K hat ja seinen Stolz darein gesetzt, in diesem Haus in diesem Winter ohne Heizung durchkommen zu wollen. Okay, das Arbeitszimmer ist warm, insofern ist die Aussicht, sich doch an den PC durchaus verlockend, aber erstens hatte ich Hunger und zweitens eine gute Idee, mir fiel nämlich das uralte Petroleumöfchen ein, was seit Jahren im Keller steht. Das habe ich reaktiviert und außerdem alle Kerzen angeschmissen, die ich finden konnte

und nach anderthalb Stunden war es schon fast warm im Wohnzimmer, geht doch
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Freitag, 16. Dezember 2022
Die Zewarolle
Ich bin heute zehnmal in den Keller gegangen, um eine neue Zewarolle zu holen.
Beim ersten Mal habe ich eine Flasche Mineralwasser mitgebracht, weil ich vergessen hatte, was ich überhaupt im Keller wollte, als ich unten war.
Beim zweiten Versuch habe ich eine neue Spüliflasche mitgebracht, weil die alte demnächst leer wird.
Als ich zum dritten Mal in den Keller ging, habe ich den Glasmüll mit runtergenommen, dafür nichts anderes mit hoch gebracht.
Beim vierten Anlauf habe ich nichts mit runter genommen und nichts mit hoch gebracht, dafür ein bisschen im Einpack-Geschenkekeller aufgeräumt in der Hoffnung, dass mir schon gleich einfallen wird, was ich überhaupt im Keller wollte. Während ich also darüber nachdachte, was mir einfallen sollte, fiel mir ein, dass ich allen drei Kindern das gleiche, selbstgemachte Geschenk schenken könnte. Um das sofort in Angriff zu nehmen, bin ich wieder nach oben gegangen.

Um das Geschenk herzustellen, musste ich erst mal die Küche aufräumen, da stand jede Menge Kram rum, der in den Keller gehörte, was ich sofort erledigte.

Als ich wieder oben war, fiel mir auf, dass ich ein Glas in den Keller gebracht hatte, was ich für das Geschenkt brauchte, und eine Zewarolle fehlte ja auch noch. Sechster Gang in den Keller, ich brachte das Glas wieder hoch, aber keine Zewarolle.

Wieder zurück in der Küche wusch ich das Glas ab und bemerkte, dass die neue Spüliflasche kein Spüli enthielt, sondern Klarspüler für die Spülmaschine, den ich sofort wieder in den Keller brachte. Auf dem Rückweg aus dem Keller war ich die Treppe zu zweidrittel oben, als ich bemerkte, dass ich weder Zewa noch Spüli mitgenommen hatte, drehte um und holte eine Flasche Spüli und einen neuen Topfputzschwamm, weil ich wusste, dass ich zwei Teile aus dem Keller holen wollte.

Weil ich einen frischen Topfputzschwamm geholt hatte, habe ich begonnen, den großen Suppentopf zu scheuern, das hatte ich schon seit Wochen vor. Dabei setzte ich die Küche etwas unter Wasser, weil der Topf sehr groß ist und nicht ganz in die Spüle passt. Um das sofort aufzuwischen, habe ich den Wischer aus dem Keller geholt, die Küche gewischt und dann den Wischer wieder runtergebracht. Als ich im Keller stand, fiel mir ein, dass ich ja noch etwas anderes aus dem Keller holen wollte, ich sah das Regal mit den Gläsern und nahm ein Glas mit hoch, weil ich nicht wusste, ob ich das schon getan hatte.

In der Küche stellte ich dann fest, dass ich jetzt zu viele Gläser hatte aber immer noch kein Zewa, ich habe mir deshalb Zewa auf meinen Handrücken geschrieben, bin mit dem überzähligen Glas in den Keller gegangen, um es zurückzustellen, drehte um, ging die Treppe wieder hoch, sah beim Lichtausschalten auf meinen Handrücken, drehte sofort wieder um und murmelte dabei konstant: Zewa, Zewa, Zewa vor mich hin, dann endlich gelang es und jetzt hängt eine frische Zewarolle in der Küche
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Donnerstag, 15. Dezember 2022
Alle krank
Ich war heute beim Arzt, meine vierteljährliche Schilddrüsenblutkontrolle stand an.
An diese Termine werde ich regelmäßig von meinem Arzt erinnert, allerdings wurde schon vor längerem eingeführt, dass ich für eine Blutabnahme einen Termin machen muss und nicht mehr einfach irgendwann während der Sprechzeiten vorbeikommen kann.

Vor zwei Wochen habe ich mich also schon darum gekümmert, einen Termin zur Blutabnahme zu buchen. Da mein Arzt eine vollautomatisierte online Praxis führt, kann ich alle Termine online buchen, was ich sehr schätze. Niemanden mehr anzurufen und nicht mehr mit Menschen persönlich sprechen zu müssen, ist für mich ja die perfekte Lösung.

Nicht so perfekt war die Tatsache, dass es online überhaupt keine verfügbaren Termine mehr vor dem 23. Dezember gab. Es war alles ausgebucht, auch die 5 Minuten Termine zum Blut abnehmen.
Ich buchte also den letztmöglichen Termin am 23. Dezember und kreuzte die Box an, in der stand: „Benachrichtigen Sie mich, wenn ein früherer Termin frei wird.“

Diese Benachrichtigung kam gestern, der frei gewordene Termin war heute um 9:45 Uhr, also beschloss ich kurzerhand, heute später ins Büro zu gehen, um erst mal diesen Medizinkram zu erledigen.
Deshalb war ich heute in einer Hausarztpraxis und uff, was soll ich sagen, so voll habe ich es dort noch niemals nie erlebt.

Es war unglaublich, ungefähr 500 Patienten drängten sich im Vorraum, im Wartezimmer und in den Gängen, alles schniefte, hustete und zitterte vor sich hin, ich kam mir vor wie im Mittelalter in einer der Pestabteilungen.

Ich finde ja, die Pandemie hat sowieso viele Vorteile für mich mit sich gebracht, in diesem Fall war ich der Pandemie aber auch noch für die Maskenpflicht dankbar.

Ich habe zwar keine Angst mehr vor Corona, ich habe aber auch überhaupt keine Lust auf eine von diesen sonstigen Viruserkrankungen, die derzeit kursieren. Deshalb war ich sehr froh, dass ich hinter meiner Maske verschwinden konnte und dass alle anderen Patienten auch eine Maske tragen mussten, allerdings noch froher war ich, als ich aus der Praxis wieder raus war.

Ich hadere ja oft genug mit meinem Beruf, aber irgendetwas im Gesundheitsbereich wäre für mich ein noch viel größerer Horror
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Mittwoch, 14. Dezember 2022
Verschoben
Nach einem sehr langen Arbeitstag im Büro, der vor allem von dem Dauergefühl „alle bekloppt“ geprägt war, kam ich heute spät und sehr müde nach Hause.
Der Rest des Tages wird auf morgen verschoben
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Dienstag, 13. Dezember 2022
Über die Bedeutung von Geld
Deutschland ist das viertreichste Land der Welt und kaum einer redet gerne über Geld, schon gar nicht über sein eigenes und auch nicht über sein Verhältnis zu Geld.

Für mich ist Geld elementarer Teil meines Berufes, mit mir reden die Leute über ihr privates Geld, so wie sie mit einem Urologen über Impotenz reden, ich unterliege an dieser Stelle einer vergleichbaren Verschwiegenheitsverpflichtung, vielleicht ist das für manche Leute der wichtigste Teil meines Berufes.

Vielleicht rede ich aber genau deshalb auch gerne ganz allgemein über Geld, so wie Dr. Ruth sich ja auch hauptsächlich allgemein für ihr Thema interessierte.

Bei vielen Themen, die mit einem Tabu belegt sind, beginnt die Prägung der eigenen Haltung oft bereits sehr früh durch Erlebnisse und Erfahrungen in der Kindheit, die das Kind dann selber verarbeiten muss, weil ja niemand drüber redet.

Ich bin in einer Lehrerfamilie aufgewachsen, d.h. es gab ein festes und sehr sicheres Beamtengehalt des Vaters ohne größere Entwicklungsmöglichkeiten, man strebte also auch keine finanzielle Veränderung an.
Meine Eltern waren sehr sparsam, denn große Sprünge konnte man mit einem kleinen Lehrergehalt und einer fünfköpfigen Familie nicht machen, ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass sie je ernsthafte Geldsorgen hatten, weil man auch mit wenig Geld auskommen kann, wenn man klug wirtschaftet. Ich habe dadurch sehr früh gelernt, dass der Umgang mit Geld eine intellektuelle Herausforderung ist.

Ich bin in Meerbusch zum Gymnasium gegangen und habe meine Jugend vor allem im Reitstall verbracht. In Meerbusch wohnen sehr viele reiche Leute, die meisten meiner Klassenkameraden kamen aus verhältnismäßig wohlhabenden Elternhäusern, meine beste Freundin hatte ein eigenes Pferd. Meine Eltern konnten mir kein eigenes Pferd bezahlen, es gab aber genug andere reiche Leute, die sich zwar das Pferd leisten konnten, aber dann keine Zeit hatten, es täglich zu bewegen. Deshalb hatte ich ein Pflegepferd, für das ich verantwortlich zuständig war. Ich bekam dafür kein Geld, aber ich konnte (musste) jeden Tag reiten und ich durfte auch an Turnieren teilnehmen. Der einzige Unterschied zu einem eigenen Pferd war, dass ich keine Kosten hatte für das Hobby.

Eine für mich prägende Erkenntnis für meine eigene Einstellung zum Geld, war die Erfahrung, dass Menschen, die offensichtlich sehr viel Geld haben, deshalb noch lange nicht klug sein müssen und dass sich der Wert einer Sache nicht an dem bemisst, was man dafür bezahlt, sondern dass es für fast alles auch einen Alternativmarkt gibt, wo man die gleichen Dinge für viel weniger Geld bekommen kann, wenn man bereit ist, ein paar Eigenschaften von Dingen als für sich selbst nicht notwendig einzustufen. "Fabrikneu" z.B. ist eine Eigenschaft, deren Nutzen sich mir nur selten erschließt.
Ich glaube, ich habe schon früh und ganz intuitiv das System des komparativen Kostenvorteils entdeckt und mich seitdem grundsätzlich daran orientiert.

Der Maßstab, nach dem Lehrer ihre Kinder messen, ist Klugheit und das war damit der Maßstab, mit dem ich aufgewachsen bin, denn er galt nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause.
Geld dagegen war niemals ein Maßstab, im Gegenteil, wer außer Geld sonst nichts im Kopf hatte, der war ein armer Tropf. Und wer sich einbildete, er sei etwas Besseres, nur weil er Geld hatte, der hatte ganz offensichtlich sonst nichts, auf dass er sich was einbilden konnte und war damit automatischer ein armer Tropf.

Ich habe deshalb Leute noch nie um ihr Geld beneidet, ich hatte auch nie den Bedarf, viel Geld haben zu wollen, um mir teure Dinge kaufen zu können. Die teuren Dinge, die ich haben wollte, die habe ich mir seit jeher schon gebraucht gekauft und habe die "armen" Leute bemitleidet, die es sich neu gekauft hatten und deshalb so viel Geld einfach zum Fenster rausgeworfen haben. Und natürlich habe ich die dummen reichen Leute dafür bemitleidet, dass sie sich ihr Leben so unbequem machen mussten, nur um ihren Reichtum als Statussymbol sichtbar zu machen. Ein Porsche zB ist als Auto ungemein unbequem, warum in alles in der Welt bezahlt jemand für diese Unbequemlichkeit so viel Geld?
Außerdem kannte ich die Sicherheitsmaßnahmen, mit denen die Millionärskinder aus meiner Klasse leben mussten. Das ist ungemein abschreckend und ich war schon sehr früh sehr überzeugt, dass ich mir meine persönliche Freiheit für kein Geld der Welt abkaufen lassen würde, denn wofür braucht man so viel Geld? Bessere Schulnoten konnten sie sich dafür nicht kaufen und mehr Spaß im Alltag hatten sie ganz offensichtlich auch nicht.

Für mich war Geld immer nur wichtig für all die kleinen Dinge des Alltags, für die es keinen Alternativmarkt gab (z.B. die einfach süchtig machenden Pommes Frites mit Schaschliksauce aus der Imbissbude gegenüber vom Bäcker, die 1,20 DM kosteten und durch nichts zu ersetzen oder irgendwie günstiger zu kaufen waren, die aber für mich, mit meinen 5 DM Taschengeld in der Woche, nicht täglich finanzierbar waren) und natürlich braucht man auch für einen Einkauf auf dem Flohmarkt ausreichend Kleingeld.

Ich habe mir deshalb sehr früh vorgenommen, dass ich immer so viel Geld haben will, dass ich nie mehr überlegen muss, ob ich mir lieber eine Portion Pommes oder eine Fanta in der Disco leisten möchte und dass ich niemals wieder auf einem Flohmarkt stehe und ein echtes Superschnäppchen (eine echte Wranglerjeans in meiner Größe mit der richtigen, seltenen 34er Beinlänge) für 5 DM nicht kaufen kann, weil ich kein Geld mehr habe.
DAS war ein traumatisches Erlebnis.

Ich wollte also nie superreich sein, sondern immer nur ausreichend reich, um mir all das kaufen zu können, wonach mir der Sinn stand, wobei auch gleichzeitig immer klar war, dass sinnlose Statussymbole mir von ganz alleine nie in den Sinn kommen würden, Statussymbole sind bei mir fest verknüpft mit dem "armer Tropf" Marker.

Durch die Tatsache, dass meine Eltern Lehrer waren, war auch klar, dass ihre Kinder Abitur machen würden, das war so selbstverständlich, dass es niemals überhaupt auch nur in Ansätzen thematisiert wurde.
Und auch wenn ich weiß, dass es für das Ausmaß der eigenen Arroganz keinen Unterschied macht, ob man sich etwas auf seine Klugheit oder auf sein Geld einbildet, so habe ich diesen Teil der Überzeugung selbst nach gründlichem Nachdenken von meinen Eltern übernommen und auf meine Kinder übertragen.
Deshalb hat auch mein jüngstes Kind, was sich die ersten 10 Jahre seiner Schullaufbahn massiv dagegen wehrte, letztlich Abitur gemacht. Es stand für mich nicht zur Diskussion.

Mein Westfalenmann dagegen hat einen komplett anderen familiären Hintergrund als ich.
Seine Eltern waren sogenannte "einfache Leute". Nach der Volksschule stand für sie Arbeit immer im Mittelpunkt ihres Lebens, die Werte des Lebens orientierten sich daran, dass man Geld verdienen musste, die moralischen Vorgaben lieferte die Kirche, für intellektuellen Schabernack oder philosophische Betrachtungen war überhaupt keine Zeit.
Natürlich gab es im Umfeld reiche Leute, aber die bewegten sich in einer dermaßen anderen Welt, dass es sozusagen keine Schnittpunkte gab.
Als der Sohn aufs Gymnasium wollte, haben die Eltern das zwar nicht boykottiert, aber unterstützen konnten sie ihn dort auch nicht, womit auch? Allein die Tatsache, dass der Sohn überhaupt aufs Gymnasium ging, bedeutete, dass er sich dort in einer Welt bewegte, die ihnen komplett fremd war.

Für den Sohn war die Welt dort allerdings genauso fremd und dementsprechend hat er nicht nur grundlegend andere Erinnerungen an seine Schulzeit als ich, sondern er erlebte auch den Reichtum in den Familien einiger Klassenkameraden aus einer völlig anderen Perspektive.
Für ein Lehrerskind ist es nicht schwer, zu den Klassenbesten zu gehören, es hat schließlich Eltern, die jede Frage beantworten können und die sich auch noch vorbeugend gleich auf die richtige Art und Weise darum kümmern, dass ihr Kind in der Schule (bei anderen Lehrern) keine Probleme hat.

Für ein Arbeiterkind sieht die Welt dagegen ganz anders aus, das ist in der Schule komplett auf sich alleine gestellt und muss sich anstrengen, um überhaupt mit den anderen mitzuhalten. Diese Bildungsarroganz, die ich quasi mit der Muttermilch aufgesogen habe, ist meinem Westfalenmann komplett fremd.*
Er unterschied deshalb die Leute nach denselben Kriterien wie seine Eltern: In reiche Leute und einfache Leute und er hatte stets den Drang, aus der Kaste seiner Eltern aufzusteigen. Das führte über Bildung, das war ihm klar, aber für ihn war Bildung nur ein Werkzeug, um Geld zu verdienen. Und er wollte unbedingt viel Geld verdienen, denn er wollte später einmal reich sein, einen Mercedes fahren, in einem großes Haus wohnen und, wenn er ganz abgehoben träumte, dann kam manchmal sogar auch ein Flugzeug darin vor. Für ihn waren das keine Statussymbole, um andere Leute zu beeindrucken, sondern Dinge, die ein völlig anderes Leben ermöglichten und von einer derart hohen Qualität waren, dass man eben viel Geld brauchte, um so etwas bezahlen zu können.

*an dieser Stelle muss ich eine lustige Anekdote erzählen: In der Anfangszeit unseres Kennens führten wir eine Fernbeziehung und schrieben uns deshalb natürlich regelmäßig E-Mails und SMS, was man halt so macht, wenn man sich noch viel zu erzählen hat, sich aber nicht täglich sehen kann. Als wir uns dann aber doch mal wieder persönlich trafen, sagte mir MWM, dass er es ganz toll findet, dass ich so gut wie keine Orthographiefehler in meinen Texten mache - und ich fiel vor Lachen fast um. Keine Rechtschreibfehler zu machen war/ist für mich genauso selbstverständlich wie der aufrechte Gang und in den Kreisen, in denen ich verkehrte, konnten alle Leute aufrecht gehen. Der letzte, der mich für meine fehlerfreie Orthographie gelobt hatte, war mein Vater als ich 10 Jahre alt war, danach war es auch für ihn selbstverständlich.


Ich dagegen hatte nicht nur eine gehobene Bildung als Selbstverständlichkeit eingebaut, für mich war es auch ganz normal, alle Ferien auf Borkum zu verbringen. Die Verwandtschaft auf Borkum hatte genauso wenig (sichtbares) Geld wie meine Eltern. Dass man im Sommer alle Zimmer an Gäste vermietete und dass die Familie dann in der Gartenlaube oder im umgebauten Kuhstall schlief, das war alles völlig normal.
Und deshalb war es auch völlig normal, dass meine Eltern ein (Ferien)haus auf der Insel bauten, das Grundstück war ja schon da und natürlich wurden auch in diesem Haus im Sommer die Zimmer an Gäste vermietet, so ließ sich der Bau des Hauses finanzieren und das war mal wieder ein Beweis, dass kluge Leute gut wirtschaften können und eindeutig ein Gegenbeweis dafür, dass Leute, die ein Haus am Meer besitzen, reich sein müssen.

Meine Einstellung zu Geld ist deshalb eine komplett andere als die von K.
Wenn Geld eine Person wäre, dann wäre es für mich so etwas wie ein Butler oder eine Haushaltshilfe. Geld sorgt für Bequemlichkeit und Komfort und ist eindeutig nice to have, aber niemand, der große Wichtigkeit hat, nach dem man sich richtet oder der gar etwas zu bestimmen hätte. Trotzdem behandelt man seine Hausangestellten natürlich mit Respekt und scheucht sie nicht unnötig durch die Gegend oder verlangt unsinnige Arbeiten von ihnen. Und außerdem sollte man immer in der Lage sein, sein Leben auch ohne Butler einigermaßen akzeptabel zu führen.
Ich denke, das beschreibt mein Verhältnis zu Geld sehr gut.

Interessant finde ich, dass Geld so viele verschiedene Gestalten annehmen kann. Für den einen ist es so etwas wie ein gütiger Opa, der einem immer etwas extra zusteckt und im Ernstfall auch mal die Kohlen aus dem Feuer holt, für den anderen ist es dagegen eher der zänkische Nachbar, der nur Probleme macht und für noch einen anderen ist es so unerreichbar wie der coole Typ aus der 10b, der noch nicht mal wahrnimmt, dass es zwei Klassen unter ihm auch noch Menschen gibt.
Jeder muss das wohl für sich selber beantworten
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Montag, 12. Dezember 2022
Kaputt
Durch eine unbedachte Bewegung habe ich gestern Abend mit der Außenseite meines Unterarm so stark auf die scharfe Kante der Marmorplatte meines Nachttischs geschlagen, dass ich spontan Sorge hatte, der Arm sei durchgebrochen.
Dafür war der Schwung dann aber wohl doch nicht groß genug, die Ulna hielt stand, signalisierte aber nachhaltig, dass sie an dieser Stelle jetzt für die nächste Zeit nicht mehr betriebsbereit ist.
Heute im Büro musste ich mir eine komplett andere Armhaltung angewöhnen, den Arm auf der Schreibtischplatte ablegen, um zB die Maus zu bewegen, ist völlig ausgeschlossen, Maussteuerung ist zur Zeit nur mit frei über der Tischplatte schwebendem Arm möglich, was etwas umständlich und vor allem zielunsicher ist. Aber lässt sich wohl nicht ändern.

In einem vermieteten Objekt wurde eine Heizungsstörung gemeldet, heute morgen klingelte Ks Handy als er unter der Dusche stand, er rief bei der angezeigten Nummer zurück und erklärte mir nach dem Telefonat, dass das Herr Mausetot gewesen sei, der mitgeteilt habe, dass die Heizung jetzt doch wieder funktioniert. Ich fragte zur Sicherheit nach "du meinst Herrn Sauerbier?", was K bestätigte und dann schauten wir zum x. Mal gemeinsam nach, wie der Mensch denn nun wirklich heißt. Er heißt Herr Stubenrauch.
Ich finde, wir lagen beide mit unseren Namensalternativen sehr dicht dran.

Im Büro eskalierte heute ein Ärger, der seit Wochen schwelt, zwischenzeitlich fast erledigt war, heute aber noch mal mit sehr hellen und alles zerstörenden Flammen hochkochte. Die Angelegenheit hat so viel grundsätzlichen Charakter, dass es im worst case dazu kommt, dass jemand zum roten Telefon greift und eine Atombombe zündet. Dabei kann niemand gewinnen, es gibt aber auch keiner nach. Leiwer duad as slav!

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Sonntag, 11. Dezember 2022
Sonntagsgedanken
Plangemäß war heute endlich Ks Steuererklärung dran, die sich aber als umfangreicher und komplizierter herausstellte als geplant, so dass wir erst nach 22h damit fertig waren. Doch auch wenn es länger dauerte, so ist es jetzt ein sehr angenehmes Gefühl, dieses Thema abgehakt zu haben.

Zu essen gab es den dritten Tag Gemüsesuppe, die ist jetzt auch endlich alle, uff.

In den meisten Räumen im Haus liegt die Temperatur zwischen 16°-17°C, nur für das Arbeitszimmer hat K eine Ausnahme von der strengen "die-Heizung-bleibt-aus-Regelung" erlaubt, hier durfte ich die Heizung immerhin auf Stufe 2 hochdrehen, so dass dort jetzt unsere Wärmestube ist, in der es kuschelige 19° C sind, das motiviert ungemein, freiwillig am PC sitzen zu bleiben.

Heute ist der dritte Advent und irgendwie kommt das gesamte Thema dieses Jahr gar nicht mehr bei mir an.
In den Vorjahren habe ich mich immerhin noch jedes Jahr aktiv darüber gefreut, dass ich mit dem Adventskram und der ganzen Vorweihnachtszeit nichts mehr zu tun habe, seitdem die Kinder groß sind und ich nicht mehr zuständig, aber noch nicht mal dieser Gedanke ist mir irgendeine Regung wert. Ich glaube, ich bin mit dem Thema einfach durch und lasse den Dezember genauso an mir vorbeiziehen wie den November, wesentliche Unterschiede kann ich nicht erkennen.

Interessanterweise begegnete mir aber das Thema Tod an verschiedenen Stellen, ob es dazu einen zeitlichen Zusammenhang gibt, habe ich noch nicht herausgefunden, ich habe es einfach nur bemerkt.
Zum einen haben sich Peter Wittkamp und Andreas O.Loff in der zweiten Folge ihres neuen Podcasts "Außer Tresen nix gewesen" ausführlich über dieses Thema unterhalten und ich konnte mal wieder staunen, wie emotional dieses Thema wohl offensichtlich ist und dann schickte mir J noch einen Link zu einem sehr interessanten Interview mit Jean-Remy von Matt, in dem er erklärte, warum er Uhren baut, die die verbleibende Lebenszeit runterzählen. (€)
Auch hier geht es um Tod, genauer um die Zeit, die einem noch bleibt, bis man stirbt, und dieses Interview hat mir deutlich besser gefallen als der für mich viel zu emotional und irrational verplauderte Podcast.
An einem einsamen Geburtstag vor Jahrzehnten habe ich mir, möglicherweise unter Alkoholeinfluss, die Frage gestellt: Warum zählen wir eigentlich die Jahre, die hinter uns liegen? Viel spannender ist doch, was vor uns liegt. Bei einer Milchtüte interessiert uns doch auch nicht, wann sie hergestellt wurde, sondern wie lange sie frisch bleibt. Von der Benzinanzeige wollen wir nicht wissen, wie weit wir schon gefahren sind, sondern wie weit es noch reicht. Also plante ich, eine Uhr zu bauen, die mir in Sekunden anzeigt, wie lange es bei mir noch reicht.

Ich finde den Gedanken, dass meine Zeit endlich ist und dass ich sterben werde, weder erschreckend, noch beklemmend oder bedrohlich, sondern einfach genauso normal wie den Gedanken, dass es nächstes Jahr (hoffentlich) auch mal wieder wärmer wird.

Erschreckend finde ich nur den Gedanken, dass ich vor lauter Rumtrödelei bis dahin wichtige Dinge vergessen habe zu erledigen und aus genau dem Grund fände ich es sehr angenehm, wenn mein letztes Datum jetzt schon genauso feststände, wie mein Ausscheiden aus dem Beruf. Hier sind es noch 649 Tage - und ich weiß genau, was ich bis dahin noch alles getan haben muss.
Ich finde, das gäbe mir viel mehr Sicherheit bei der Zeiteinteilung und auch bei der richtigen Priorisierung von Dingen, die ich noch so plane.

Ein bisschen grinsen musste ich aber auch über folgende Passage in dem Text:
ZEIT: Warum leben Frauen länger?
Von Matt: Einfach gesagt, weil sie weniger Mist bauen. Denn neben dem Gender-Pay-Gap scheint es auch einen Gender-Brain-Gap zu geben: Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag, die Weigerung, zum Arzt zu gehen, Suizide, Alkoholmissbrauch, all das ist typisch Mann. In Russland liegt der Unterschied in der Lebenserwartung übrigens bei fast zehn Jahren.


Gender-Brain-Gap - mein Reden
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