anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 4. Mai 2021
Ein neues Buch
Wenn ich früher* auf irgendwas zwischen 100-150 Bücher gekommen bin, die ich pro Jahr verschlungen habe, so ist mein Lesekonsum in den letzten Jahren ganz massiv zurückgegangen.
*okay, ziemlich viel früher, ich denke so ca. 30 Jahre früher oder anders ausgedrückt: Vor den Kindern, ich meine also ein Früher aus einer anderen Zeit

Zum einen liegt das daran, dass ich neben Lesen im Laufe der Jahre auch noch andere mehr oder minder attraktive Freizeitbeschäftigungen entdeckt habe, wobei manche der Freizeitbeschäftigungen eher mich entdeckten (die Kinder), manche bedeuteten aber wirklich einen echten Systemwechsel in Bezug auf Verwendung von Freizeit (Stempeln).

In den letzten Jahren* kam dann immer erschwerender das Internet samt Handy bzw. Tablet als alternative Lesequelle dazu, denn dort gibt es so unendlich viel interessanten, alternativen und vor allem jederzeit verfügbaren und bequem zu erreichenden Lesestoff, dass ich echte Bücher als immer unpraktischer empfand und deshalb immer weniger konsumierte.
*hier meine ich die letzten der Jahre seit früher, also so seit ca. 2010

Dass ich weniger Bücher las, bedeutete nicht, dass ich weniger Bücher kaufte, ich ging ja schließlich immer noch regelmäßig und oft auf Flohmärkte, wo sich traditionell ein hochattraktives Buchangebot für quasi geschenkt präsentiert und die Konditionierung, dass man im Grunde nie genug Bücher auf Vorrat im Haus haben kann, ist echt schwer zu löschen.
Als Folge besitze ich eine ungemein große Menge an Büchern, die ich alle eigentlich unbedingt demnächst mal lesen will, mittlerweile befürchte ich, schon den bestehenden Vorratsbestand werde ich bis zu meinem Lebensende nicht schaffen.
Was mich aber nicht abhält, mich immer weiter für neue Bücher zu interessieren, wenn jemand etwas Interessantes über ein Buch schreibt, was ich noch nicht kenne, kommt es sofort auf meine geistige Suchliste, irgendwann wird das sicher mal jemand gebraucht verkaufen (Flohmarkt), dann erkenne ich es wieder und nehme es mit.

Was ich mit dieser etwas umständlichen Einleitung sagen will: Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal (oder überhaupt je?) ein Buch ganz normal zum regulären Preis in einem regulären Buchladen gekauft habe.
Früher* (s.o.) habe ich so viel gelesen, dass es völlig ausgeschlossen gewesen wäre, die Bücher alle "normal" zu kaufen. Damals habe ich mich natürlich noch intensiv aus der Bücherei versorgt, das entfällt heute, weil der Bücherstapel der ungelesenen so groß ist, dass es keine Notwendigkeit mehr für Bücherei gibt, aber auch ganz früher gab es schon Flohmärkte und einen schwunghaften Gebrauchtbücherhandel, so dass ich auch früher*(s.o.) meine Bücher in aller Regel Secondhand erwarb, ich möchte behaupten, ich kenne es sozusagen gar nicht anders.

Nichtsdestotrotz bin ich immer sehr an Berichten über Neuerscheinungen oder Rezensionen interessiert und so ergab es sich, dass ich bei Herrn Carsten über ein neu erscheinendes Buch von Frau Wagenknecht las, was mich tatsächlich sehr neugierig machte. Ich fand die Besprechung dieses Buches so interessant, dass ich auch meinem Westfalenmann davon erzählte, wohl wissend, dass er als bodenständiger Westfale wenig für so abgedrehte linke Umverteilungsideologien übrig hat, aber ich wollte ihn schon mal schonend vorbereiten, dass es unter Umständen sein kann, dass ich irgendwann in 1-2 Jahren, wenn es das Buch günstig auf dem Flohmarkt gibt, auch eine ausgewiesene Kommunistin als Autorin eines mich interessierenden Buches auf meinen noch zu lesenden Bücherstapel legen würde.
So meine nicht ausformulierten Hintergedanken.

Mein Westfalenmann verstand meine nicht ausformulierten Hintergedanken aber als expliziten Bücherwunsch und machte sich auf, diesen Wunsch zu erfüllen. Zu diesem Zweck fuhr er letztlich extra in die Innenstadt von Münster, um dort in einem ganz normalen Buchladen dieses Buch auf ganz normale, analoge Art und Weise über den Ladentisch zu erwerben. (In Münster ist immer noch alles geöffnet.)
Voilà:

Ich besitze jetzt ein Buch, was wohl schon vor dem Erscheinen auf der Bestsellerliste stand und an vielen Stellen aktuell ausverkauft ist (sagt mein Westfalenmann, ich habe mich natürlich nicht damit beschäftigt), er war sehr stolz es trotzdem für mich erjagt zu haben.

Mit so einer erwerbsgeschichtlich aufregenden Hintergrundstory ziehe ich das Buch auf der Leseliste natürlich ganz nach vorne, die ersten drei Seiten habe ich schon gelesen, noch ist niemand gestorben
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Sonntag, 2. Mai 2021
Ein Sonntag der normalen Art
Heute war also der zweite Sonntag dieses Wochenendes, den ich auch so verbracht habe, wie ich gerne Sonntage verbringen, d.h. ich habe erst lange ausgeschlafen, dann das Internet halb leergelesen und anschließend ein wenig im Haus rumgepuzzelt und Dinge getan, für die ich im normalen Alltag abends absolut keine Lust mehr habe, die ich aber grundsätzlich schon gerne irgendwann erledigt haben möchte, weil es sich besser anfühlt, in einem Haus zu leben, das nicht in den Ecken überall systematisch verdreckt und runtergerockt ist.
Heute habe ich als erstes die Orangenpresse gründlich gereinigt, eine Arbeit, die man ruhig alle 20 Jahre mal machen kann, so lange besitze ich die Presse nämlich schon. Natürlich wird die Presse nach jedem Benutzen normal gereinigt, d.h. alle Teile werden auseinandergebaut, sorgfältig unter klarem Wasser abgespült, abgetrocknet und wieder zusammengesetzt. Aber nach 20 Jahren "nur spülen" hatte sich auf den Edelstahloberflächen von Sieb und Auffangbehälter eine sehr hartnäckige Kalkschicht abgesetzt. D.h., Kalk war das nicht, denn es ließ sich nicht mit Entkalker lösen, es war nur so ähnlich wie Kalk, eher so eine Art Zahnstein bzw. "Orangensaftstein", der sich nur mit sehr kräftigem Schrubben und Kratzen mühsam lösen ließ, an den Rändern und Ecken war es besonders kompliziert, da konnte ich nicht genug Druck zum wegschrubben ausüben. Nach einer Stunde intensiven Putzens war ich dann aber mit dem Ergebnis zufrieden, für die nächsten 20 Jahre muss das reichen.
Danach habe ich mich mit den Gardinen aus dem Arbeitszimmer beschäftigt, die ich vor drei Wochen abgenommen hatte, weil ich stattdessen halbhohe Scheibengardinen anbrachte. Die deutlich dichteren Raffrollogardinen fehlten mir dann aber doch sehr schnell, weil die Sonne jetzt unangenehm blendet. Also wollte ich die Raffrollos wenigstens als Option zum Runterlassen bei Bedarf wieder angebracht haben, gewaschen waren sie in der Zwischenzeit, ich musste sie jetzt nur noch bügeln und die Schnüre neu einziehen. Das konnte ich alleine, beim Anbringen hat mir dann K geholfen, weil der Schreibtisch vorm Fenster weggeschoben werden musste. Die Demontage neulich habe ich noch ohne Wegschieben des Schreibtischs hinbekommen, aber zum Neuanbringen sah ich ein, dass es sinnvoller ist, sich Platz zu schaffen. Dabei ergab sich die Gelegenheit, hinter/unter dem Schreibtisch auch gleich den Dreck der letzten Jahre zu entfernen und weil ich einmal so gut an die Fenster rankam, da konnte ich sie auch gleich putzen und mich mal wieder über den praktischen Fenstersauger freuen.
So kommt eins zum anderen, K hat sich anschließend noch ausführlich mit der Neuverkabelung aller Geräte beschäftigt, denn auch die Mehrfachsteckdosen mussten entstöpselt werden, um den Tisch zu verrücken, da bietet es sich an, das im Laufe der Zeit entstandene Kabelgewirr zu ordnen.

Ein grundsätzlicher Nachteil eines Sonntags ist aber, dass danach ein Montag kommt und mir der Gedanke daran regelmäßig die Hälfte des Sonntags versaut. Ich bin da ähnlich gestrickt wie Till Eulenspiegel, der beim Hinunterlaufen eines Berges auch immer stöhnte und jammerte, weil er sich bei jedem Schritt abwärts vorstellte, dass er das auch alles wieder hinauflaufen muss.
Genau deshalb fand ich den gestrigen Sonntag ja so schön, weil der am Abend schon sichtbare Folgetag eben kein Montag war.
Und im Vergleich zu einem Samstag sorgt der Sonntag für das deutlich bessere gefühlte Gewissen, weil ein Samstag halt noch ein normaler Werktag ist, deshalb müssen rein theoretisch und gefühlt am Samstag deutlich mehr Dinge erledigt werden als am Sonntag. Wenn der Samstag aber auch ein Sonntag ist, nun, dann geht das leider alles nicht und man kann sich mit komplett reinem Gewissen nur mit den Dingen beschäftigen, die man selber gerne tun möchte.

Unterm Strich ist das natürlich alles nur fette Einbildung, aber wenn es mir gelingt, mich in diesem Punkt gründlich und nachhaltig selber zu beschummeln, indem ich aus Samstagen einfach auch Sonntage mache, dann bin ich sehr sicher, dass ich so ein Wochenende auf Dauer deutlich mehr genießen kann
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Sonntag, 2. Mai 2021
Ein Samstag, der ein Sonntag ist
ist tatsächlich der bessere Samstag.
Faszinierende Erkenntnis des Tages: ein Wochenende mit zwei Sonntagen ist eindeutig besser als ein Wochenende der normalen Art.
Weshalb das so ist, habe ich noch nicht herausgefunden, aber als mir eben klar wurde, dass heute ja gar kein Sonntag war, obwohl sich der Tag so anfühlte und dass ich morgen noch einen kompletten Sonntag vor mir habe, war das ein sehr glücklicher Moment.

Vielleicht sollte ich mir überlegen, wie ich auch andere Samstage mit diesem Sonntagsgefühl überziehen kann, vielleicht ist das eine ganz hervorragende Idee
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Freitag, 30. April 2021
Ganz viel erledigt
So, heute wäre theoretisch von 8h-14h Home-Office gewesen, aber ich fürchte, ich muss da am Wochenende noch mal unauffällig was nacharbeiten, denn irgendwie hatte ich kaum Zeit für Office, weil ich Home grade wichtiger fand.
Also, nicht, dass ich jetzt gar nichts offiziell Berufliches getan hätte, ich war schon durchaus aktiv, ich habe zum Beispiel den remote server mit dem Bankprogramm zum Absturz gebracht und so dafür gesorgt, dass eine ganze Menge IT-Menschen sich heute nicht langweilen mussten.
Und ich habe mindestens 100 E-Mails bearbeitet, in dem ich zunächst auf "alle als gelesen markieren" geklickt habe und sie dann einzeln in die passenden Ablageordner verschoben habe. Das waren mindestens 100 und das Verschieben von so vielen Einzelmails dauert schon seine Zeit. Eventuell habe ich aber rund die Hälfte davon auch einfach nur gelöscht.
Außerdem habe ich noch eine Menge Telefonate geführt, allerdings waren die unter Umständen nicht alle streng beruflich, manche nur mittelbar.
So habe ich heute z.B. endlich!! einen Augenarzttermin vereinbart. Mittelbar hat das durchaus beruflichen Kontext, finde ich, denn wenn ich nichts mehr sähe, könnte ich auch nicht mehr arbeiten, also ist ein Augenarzttermin, der kontrolliert, ob meine Augen noch funktionieren, von großer beruflicher Wichtigkeit.

Dieser Augenarzttermin, den ich heute vereinbart habe, war ursprünglich schon für letztes Jahr im April angesetzt, wurde damals aber von der Augenarztpraxis aufgrund deraktuellensituation abgesagt.
Genau genommen hat sich dieaktuellesituation ja gar nicht verändert, aber die Augenarztpraxis hat sich längst daran gewöhnt und macht deshalb schon seit langem wieder normale Vorsorge- und Kontrolltermine.
Seit ungefähr Oktober hatte ich das als Aufgabe/Erinnerung ganz groß vorne auf der Startseite meines Handys stehen, ich dachte, das hilft, dass ich da besser dran denke. Nun, hat es ja auch, ich habe heute schließlich einen Termin gemacht.
Seit ab sofort steht da jetzt Zahnarzttermin, der ist erst seit Januar überfällig, mal schauen, wann ich das umsetze.


Dann habe ich noch Ks Hemden in die Bügelei gebracht, ich glaube, hier handelte es sich um die seit Januar gesammelten Werke, zum Glück hat K aber genug Hemden, er selber hat ja offensichtlich noch keinen Druck verspürt, aber ich war heute im Erledigungswahn.

Deshalb habe ich auch noch eine große Kiste mit Elektroschrott zum Wertstoffhof gebracht und ich habe mir außerdem einen Gewerbeschein aus den Akten gesucht (einige Gesellschaften aus CWs Imperium existieren immer noch), um mir damit Zutritt im örtlichen Baumarkt zu verschaffen, wo ich zwei Klemmzwingen und eine Wasserwaage erwarb, beides steht auf der "Mitnehmen nach Borkum-Liste".
Außerdem habe ich mich noch darum gekümmert, dass die Schreibtischfirma die fehlenden Schrauben und Beschlagteile nachliefert, und ich habe den Wochenendeinkauf erledigt. Das finde ich erwähnenswert, weil ich mich dafür vorher geduldig in eine irrelange Schlange vor den Einkaufswagenhäuschen des Discounters gestellt habe, denn wegen Inzidenz über 100 wurde die Zahl der zugelassenen Einkaufswagen halbiert, jetzt knubbeln sich die Leute nicht im Geschäft, sondern davor.

So Kleinigkeiten wie vier Maschinen Wäsche durchlaufen lassen, das gesamte Haus gesaugt und gewischt und die Küche aufgeräumt und durchsortiert sind kaum der Rede wert, fühlen sich aber gut an.

Wenn man richtig viel geschafft hat, darf man mit gutem Gewissen müde sein, ich denke, ich gehe jetzt gemütlich ins Bett
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Donnerstag, 29. April 2021
Schmerzempfinden
Als ich mich neulich wegen zunehmend unangenehmer werdenden Rückenschmerzen mit mir selber rumplagte, gab es verschiedene Fragen, die mir so nach und nach durch den Kopf gingen.
Zunächst dachte ich darüber nach, ob es wohl irgendeine Möglichkeit gibt, die Intensität von Schmerz zu messen.
Es ist jetzt schon länger her, dass ich Rückenschmerzen hatte und ich hätte die Intensität des aktuellen Rückenschmerzes gerne mit früheren Rückenschmerzen verglichen, weil ich mir ja jedesmal einbilde, dass es so schlimm wie jetzt noch nie war, zum Glück bleibt mir aber meist noch ein Rest Vernunft, um diese Aussage sofort anzuzweifeln, eben deshalb würde ich ja gerne objektiv vergleichen.
Im nächsten Schritt fand ich es aber auch interessant die Intensität des eigenen Schmerzes mit einem entsprechenden Schmerz anderer Menschen zu vergleichen.
Weil, wenn A sagt, dies oder jenes schmerzt so sehr, dass es nicht zum Aushalten sei und dringend nach Schmerzmitteln verlangt, dann kann es durchaus sein, dass B mit derselben Krankheit oder Verletzung zwar auch einen Schmerz empfindet, den aber weder als unerträglich einstuft noch nach Schmerzmitteln verlangt.
Mich fasziniert schon seit immer, wie unterschiedlich Menschen auf Schmerz reagieren und ich würde zu gerne wissen, was die Gründe dafür sind. Natürlich ist eine naheliegende und vor allem richtige Erklärung, dass sie unterschiedlich empfindliche Schmerzrezeptoren haben. Es gibt ja sogar Menschen, die haben gar keine. Dazu kommt, dass diese Schmerzrezeptoren noch nicht mal bei ein und demselben Menschen immer gleich arbeiten, d.h. es kann durchaus passieren, dass man einen im Grunde identischen Schmerz je nach Gusto der Rezeptoren an verschiedenen Tagen unterschiedlich intensiv empfindet. Das war übrigens das eigentliche Interesse an dieser Möglichkeit des Schmerzmessens, weil ich die Vermutung habe, ich werde aufs Alter immer zimperlicher.
Aber neben dem eigenen Vergleich im Zeitverlauf fände ich natürlich auch den Vergleich mit anderen interessant, d.h. mich interessiert sehr, warum die Schmerzrezeptoren so unterschiedlich arbeiten und daraus weitergeführt dann die Frage, warum die Menschen so unterschiedlich auf Schmerzen reagieren. So, wie Menschen unterschiedlich stark und unterschiedlich klug und unterschiedlich schwer und unterschiedlich groß und überhaupt in vielen Dingen eben unterschiedlich sind, so sind sie meiner Meinung nach auch unterschiedlich schmerzerträglich, oder wie auch immer das Adjektiv heißt, das beschreibt, wie gut jemand Schmerzen ertragen kann. Ertragen finde ich hier übrigens spannender als Empfinden, weil ich mir vorstellen kann, dass Ertragen eine größere psychologische Komponente hat als Empfinden, aber wenn man eh schon eine Skala für Vergleichswerte entwickelt, dann kann man auch gleich gucken, ob es einen Unterschied zwischen Ertragen und Empfinden gibt, das wäre richtig spannend, vielleicht ist es ja auch nur eine Frage der Definition. Um Schmerz aber überhaupt "objektiv" messen zu können, bräuchte man eine Mess-Skala mit Schmerzeinheiten, sonst kann man das ja nicht vergleichen.
Bei "Vergleichen" fiel mir dann die Antidiskriminierungsliga ein. Wenn man nämlich Schmerz vergleichen könnte, würden sofort diejenigen, die nur eine geringe Schmerzerträglichkeit haben, behaupten, sie würden diskriminiert, weil es natürlich Menschen geben wird, die sich über die "low performer" lustig machen. Andererseits: Machen sie das nicht heute schon? Ich meine, Begriffe wie "Heulsuse", "Memme", "Weichei" usw. gab es doch schon immer, nur wird heute halt subjektiv und willkürlich entschieden, wer deshalb gedisst wird. Wäre es da nicht praktischer, man könnte das tatsächlich messen und dann eine biologische Erklärung für unterschiedliches Schmerzempfinden als medizinischen Nachweis haben und damit berechtigter gegen die überheblichen Schmerzertrager vorgehen, die meinen, sie könnten auf Menschen mit weniger Schmerzerträglichkeit herabsehen, schließlich ist es dann nur eine Laune der Natur, ob man groß oder klein, oder viel oder wenig schmerzerträglich ist und wegen solcher unvermeidbaren "Schwächen" sollte wirklich niemand gehänselt werden.
Ein bisschen anders wäre es allerdings, wenn man Schmerzen ertragen üben und trainieren könnte, und damit eine Möglichkeit hätte, seine Fähigkeiten in diesem Punkt selber wenigstens bis zu einem gewissen Grad zu beeinflussen. So wie bei stark oder schnell oder klug oder schwer - da gibt es jeweils unterschiedliche, angeborene Basisdisponierungen und natürlich wird man aus einem Esel kein Rennpferd machen können, aber immerhin einen schnellen Esel, der, wenn er ausreichend trainiert und sich Mühe gibt, nachher problemlos untrainierte Pferde im Wettrennen schlagen kann.
Hier stellt sich dann natürlich sofort die Frage, wie viel Eigenverantwortung jeder einzelne Mensch zu übernehmen hat und wo der Unterschied ist zwischen "der ist eine Memme, weil der sich gar keine Mühe gibt, mal was auszuhalten" oder "der ist eine Memme, weil seine Schmerzrezeptoren ihn rauskicken."

An dieser Stelle fiel mir auf, dass meine persönliche Beurteilung von Menschen ganz extrem an diesen Punkt anknüpft und ich jederzeit bereit bin, Menschen zu helfen oder sie zu unterstützen, wenn ich das Gefühl habe, sie haben sich selber schon ganz viel Mühe gegeben, kommen jetzt aber aus eigener Kraft nicht weiter. Im Unterschied zu Menschen, bei denen ich den Eindruck habe, sie jammern aus reiner Bequemlichkeit und vor allem weil sie es ungerecht finden, dass es jemand anderem besser geht oder dass er mehr hat als sie, obwohl der auch nichts dafür getan hat.
Hier versagt nämlich mein Mitleid und ich gehe diesen Menschen gerne weit aus dem Weg, weil ich sie schmarotzig finde. In der Biologie sind Schmarotzer Kreaturen, die davon profitieren, dass jemand anderes etwas hat oder kann und die sich dann an den anderen dran hängen, um selber auch ein gutes Leben zu haben.
Meistens beeinträchtigen oder schädigen sie ihren Wirt, wenn sie ihn töten, spricht man von Parasiten.

Dass Menschen unterschiedlich sind, ist eine Realität, die sich nicht übersehen lässt. Diese Unterschiedlichkeit hat enorm viele Facetten und beschränkt sich nicht nur auf angeborene biologische Unterschiede, sondern auch auf (angeborene) soziale Unterschiede. Ein Kind, was bei uns in Deutschland geboren wird, hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Leben deutlich besser als eines, was in Afghanistan geboren wird. Und Kinder mit reichen Eltern haben im Durchschnitt auch bessere Startvoraussetzungen als Kindern aus finanziell minderbemittelten Haushalten. usw. usw. All diese Unterschiede sind ungerecht. Natürlich sind die ungerecht, weil sie ja vollkommen willkürlich passieren und das frischgeborene Kind überhaupt keinen Einfluss darauf hat, mit welchen Eigenschaften und in welche Umgebung es hineingeboren wird.

Gleichzeitig sind sie aber auch Teil des Lebens, das gesamte Leben beginnt ungerecht und setzt sich auch ungerecht fort. Die Natur selber hat keinerlei ethische Gerechtigkeitsvorstellungen, das ist eine Variante, die erst durch den Menschen ins Spiel gebracht wurde, wahrscheinlich ist es der Hauptunterschied zwischen Mensch und Tier, nämlich dass der Mensch versucht, von der Natur zufällig verursachte Ungerechtigkeiten durch ein ethisches Moralsystem auszugleichen.
Das finde ich soweit auch alles richtig und gut, ich glaube allerdings nicht, dass es machbar ist, alle Unterschiede zu beseitigen und vor allem bin ich nicht der Meinung, dass diejenigen, die mehr haben, also mehr Möglichkeiten, mehr Fähigkeiten, mehr Reichtum etc., dass die alleine dafür verantwortlich sind, diejenigen, die weniger haben, "auszuleveln" und vor allem sehe ich keine Notwendigkeit, jemanden zu unterstützen, der im Grunde sehr gut alleine klarkäme, das aber durch seine eigenen Ansprüche selber boykottiert.
Selbstverwirklichung ist sicherlich etwas Tolles, wer träumt nicht von einem komplett selbstbestimmten Leben, nur tun und lassen, was einem selber gefällt und alles, was keinen Spaß macht, kurzerhand zur Seite schieben. Yolo, schon klar.
Und wenn man sich vor lauter Yolo in eine Sackgasse manövriert hat, wird da schon jemand sein, der einen wieder rausholt, da hat man schließlich einen Anspruch drauf.
"Ich möchte nur, was mir zusteht." ist so ein Satz, auf den ich in aller Regel sehr allergisch reagiere, damit wird nämlich eine Schuldumkehr bewirkt. Plötzlich sieht es so aus, als ob da jemandem etwas vorenthalten wird, was ihm aktiv weggenommen wurde. Diebstahl sozusagen, dabei übersehen viele Leute, dass sie im Zweifel niemals das Eigentum an dem hatten, was sie da "zurück"verlangen.

Triage ist als Wort erst zu einer flächendeckenden Bekanntheit gelangt, seitdem wir Pandemie haben, es beschreibt aber ein System, was sich auch außerhalb der Medizin vielfältig anwenden lässt. Nämlich immer dann, wenn begrenzte Ressourcen mit dem maximalen Nutzen für den gewünschten Output eingesetzt werden sollen. Ich helfe gerne anderen Menschen und ich gebe auch gerne ab, wenn ich selber schon versorgt bin, aber ich möchte erstens selber entscheiden, wem und was ich abgebe und außerdem versuche ich mit dem, was ich an Leistung/Geld/Zeit/Energie/Kraft abgeben kann, auch einen sinnvollen Nutzen zu erreichen, also Triage bei der Beurteilung, wen ich womit unterstütze.

Das alles ging mir so durch den Kopf, als ich über Schmerzen nachdachte, weil ich mir nicht sicher war, ob ich mich selber bemitleiden würde, wenn ich mein eigener Klon wäre, denn auch Mitleid ist eine Form von Unterstützung. Empathische Seelenunterstützung. Wer jemanden bemitleidet, gibt ihm etwas von seiner eigenen Kraft und Energie ab, denn man trägt das Leid des anderen ein Stück weit mit und entlastet ihn so.
Und im Ergebnis stellte ich fest, dass ich mich wahrscheinlich selber nicht bemitleiden würde (obwohl die Rückenschmerzen echt ganz schrecklich gruselig waren), aber ich hatte sie doch selber verursacht und in solchen Fällen versagt mein Mitleid komplett. Alles, was ich dann maximal bereit bin als Unterstützungsleistung anzubieten, sind nüchterne, pragmatisch notwendige Lebenserhaltungsmaßnahmen, in diesem Fall zwei Ibus und ein flüchtiges Kopftätscheln: "Wird schon wieder und beim nächsten Mal überleg dir vorher, ob du dein Wasserbett abgeben willst und mach vor allem gefälligst endlich mal vorbeugende Rückengymnastik. Und wenn du keinen Bock auf Rückengymnastik hast, na, dann beschwer dich nicht."

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Donnerstag, 29. April 2021
Endlosschleife
Ich kämpfe mich hier aktuell durch ein klebriges Schwunglosloch.
Wenn ich morgens wach werde, verbrauche ich schon mehr als die Hälfte der Tagesenergie dafür, meinen Widerwillen gegen Aufstehen, Büro und das Abarbeiten von sinnlosen Dingen niederzuringen. Wenn ich dann regelmäßig erst entsprechend spät, weil, der Kampf gegen die innere Verweigerung ist kompliziert und dauert, wenn ich dann also irgendwann im Büro ankomme, schalte ich auf Autopilot und erledige all die Dinge, die halt erledigt werden müssen, ohne sie nach Sinn- oder Zweckhaftigkeit zu hinterfragen, solche Fragen kosten auch nur wieder Energie und bringen keinen Nutzen, weil die Dinge eben sind wie sie sind.
Weil ich erst spät angefangen habe, bin ich auch erst spät fertig. So ein ninetofive Job dauert in echt leider nicht acht Stunden pro Tag, sondern neuneinhalb, denn wenn man Freitags eher Schluss machen will, muss man die Zeit an den anderen Tagen vorarbeiten, außerdem gibt es eine Zwangsmittagspause und wenn man dann auch nicht um neun, sondern erst um zehn Uhr anfängt, dann hat man von Montags bis Donnerstags eben einen tentohalfpastseven Job und das bedeutet, dass ich regelmäßig erst nach 20h zu Hause bin.
Und dann habe ich keine Lust mehr.
Keine Lust zu irgendwas.
Ich mag dann nichts mehr kochen, nichts mehr reden, nichts mehr lesen, für all diese Dinge fehlt mir komplett die Energie, ich will dann eigentlich nur noch existieren.
Und ich will schlafen, damit ich am nächsten Tag ausgeruht genug bin, den frisch ausgeschlafenen Widerwillen gegen den neuen Tag auch wieder niederzukämpfen, und so vergeht ein Tag nach dem anderen und ich zähle langsam die Zahlen nach unten.
Noch 1.242 Tage
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Dienstag, 27. April 2021
KuK*
Heute war ich den ganzen Tag im Büro.
Mehr ist nicht passiert.

*Kurz und Knapp

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