anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 13. Dezember 2024
Problematisch
Ich habe mir Gedanken zu dem Wort "problematisch" gemacht.
Denn ich finde es nicht gut.

Auslöser ist die gefühlte Zunahme der Häufigkeit dieses Wortes, insbesondere aus der politischen Richtung, der ich mich trotz allem eher zugehörig fühle.

Mich hat das Wort immer gestört und das möchte ich hier versuchen auszuformulieren:

I. Der Duden definiert das Wort wie folgt: "1. schwierig, voller Probleme (BEISPIELE
er ist ein problematischer Mensch
das Kind ist problematisch (ist schwer zu erziehen)) 2. fraglich, zweifelhaft" und listet als Synonyme auf "heikel, kompliziert, mit Schwierigkeiten verbunden, nicht einfach"
Das deckt sich mit meiner Wahrnehmung von diesem Wort, denn es sagt eben nicht aus, dass etwas ein Problem sei sondern nur dass es Aspekte von einem Problem enthält. Es kann also gewissermaßen als abgeschwächte adjektiviserte Form des Wortes "Problem" gelten, oder anders ausgedrückt: "X ist ein Problem" und "X ist problematisch" sind nicht deckungsgleich.

Wenn man etwas als "Ein Problem" bezeichnet, dann stellt das für mich eine Haltung dar. Denn Dinge sind sehr selten rein und hundertprozentig schlecht und böse (hier fällt einem als Bodensatz der bundesrepublikanischen Kultur beispielsweise der Nationalsozialismus ein), sondern Dinge können auch gute Aspekte haben, Menschen können auch gute Dinge tun/sagen/denken, usw.
Man muss also zunächst abwägen, ob das schlechte das gute überwiegt.

II. Als nächstes, und das sehen erfahrungsgemäß viele Leute anders, muss die Sache auch eine gewisse Relevanz haben. Ich hätte beispielsweise Klaas-Ohm nicht als Problem bezeichnet, nicht, weil ich denke, dass hier das Gute das Schlechte überwiegt, sondern weil ich der Meinung war, dass die Sache keine Relevanz hat.
Hätten die Borkumer Jungs nicht frühzeitig verkündet, dass die Tradition des Schlagens abgeschafft ist, ich wäre jede Wette eingegangen, dass das Thema nach einer Woche bereits aus den Medien rauswäre. Und hier hätte ich (und diese Annahme ist durchaus robust, das gebe ich zu) geschlossen: Wenn es nach einer Woche schon aus den Medien raus ist, dann wird es die Leute nicht so sehr interessiert haben - dann wird es nicht so relevant sein. Es ist also scheinbar nichts, was ich als Problem bezeichnet hätte.


III. Was haben diese Gedanken mit dem Wort "problematisch" zu tun?
Benutzt man dieses Wort, so entzieht man sich diesen Stellungnahmen, man bezieht keine Position, man zeigt keine Haltung.
Natürlich ist xyz problematisch. Fast alles ist problematisch, denn fast alles hat eine Kehrseite!
Jeder Mensch wird irgendwo irgendwas irgendwie gesagt oder getan haben, das falsch ist.
Die reine Feststellung, dass ein gewisser Teilaspekt eines Ganzen nicht gut ist, ist keine Leistung, die interessiert. Sie rechtfertigt sicherlich nicht die Kommentare und Essays, die in Zeitungen oder Social-Media dazu verbreitet werden.
Das interessante ist das Abwägen und das Stellung beziehen.

Und dem entzieht man sich, wenn man Dinge nur "problematisch" nennt. Statt zu sagen (und zu begründen! und sich angreifbar zu machen!) was man meint, impliziert man es nur. Man endet mit "...", man vermittelt "du weißt ja was ich meine". Man tut so, als hätte man dem Leser ein fertiges Argument präsentiert, hat aber nicht mehr als einen rhetorischen Trick, einen Kniff angewandt.

Man könnte ja alternativ auch konstruktiv sagen "Bestimmte Teile sind ein Problem". Damit würde man aber viel deutlicher zu verstehen geben, dass Teilaspekte auch positiv sind. Warum wird das nicht gesagt? Wieso versteckt man das?

Mir bleibt als Fazit zu dem Wort nur:

Es ist feige.

Es ist eine Unart.

Es ist eine Methode der Kommunikation, die man verwendet, wenn man einen Mob aufpeitschen will, wenn man die Masse manipulieren will.
Vielleicht hat diese Art der Kommunikation sogar ihren Platz in der Welt, aber wo sie definitiv keinen Platz hat, ist in dem Austausch zwischen zwei Personen auf Augenhöhe.

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